Letztes Konzert des Panikorchesters auf der „Andreas Bovia“?

07.09.2024 14 Von Axel Schuller

Udo Lindenberg hätte bei ein paar Eierlikörchen vermutlich seine wahre Freude. Das Panikorchester auf der „Andreas Bovia“ spielt (vermutlich) zum letzten Konzert auf. Aus der nackten Angst vor dem Stabilitätsrat und dessen Veto gegen jährlich 400 Millionen Euro für Bremen. Oder auch letzten Endes vor dem Sparkommissar des Bundes. Egal, Bremens Senats Trio Infernale wirft alles über Bord, was die drei gerade in die Hände bekommen. Nur an die großen Teile – BSAG und GeNo – trauen sie sich mangels Kraft nicht ran.

Man muss sich das mal vergegenwärtigen. Nur wenige Monate nach Beschlussfassung ihrer Haushalte durch das Parlament funken die Ressorts für Bildung, für Soziales, für Umwelt und jetzt auch noch Justiz : „Mayday, Mayday ,unser Geld reicht vorne und hinten nicht. Wir können uns nur noch durch Haushaltssperren über Wasser halten.

Bremens Senats Trio (Boviale) – Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD), Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (LINKE) – sieht nur noch einen Ausweg: Alles über Bord, was unnötiger Ballast ist. Darunter: viel Krimskrams.

Die richtig schwierigen Teile rührt man nicht an – zu groß, zu schwer, zu unhandlich, zu konfliktreich in der Handhabung.

So soll der Senat am Dienstag noch vor jeder eigenen echten Sparanstrengung beschließen, wie man schneller ans Portemonnaie der Untergebenen – gemeinhin steuerzahlende Bürger genannt – kommt.

Eltern müssen mehr fürs Essen der Kinder in Kitas und Schulen zahlen, Studenten wieder die alten (zuvor warum auch immer abgesenkten) Verwaltungsgebühren abdrücken und den Kauf von Immobilien erschwert man durch eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer. Menschen, die man mit nem eigenen Häuschen eigentlich fester an Bremen binden möchte, werden „not amused“ sein.

Eigentlich wird abgeschafft.

Die „Hilfsscheriffs“ müssen mehr Knöllchen schreiben und die Radarfallen-Bauer sollen sich mehr ins Zeug legen. Getreu dem Motto aller Geld-Erotiker: Das meiste kann dienen. Die Citytax für Übernachtende 🙂 wird auch steigen.

Der Geldschnitt soll aber nicht nur Otto Normal treffen, sondern auch die Großkopferten. Immerhin will man über die künftige Höhe der Gehälter von staatlich bestellten Geschäftsführern nachdenken.

Übrigens, nicht zu vergessen: Es wird auch Erfreuliches avisiert. Das Baurecht wird teil-entschlackt, Bauen wird günstiger. Und: Bremens Regierung will die Arbeit der zahlreich eingespannten freien Träger – Flüchtlingsbetreuung, Migrantenunterbringung, Sozialbetreuung von Gemeinschafts-Inkompatiblen – auf den qualitativen und monetären Prüfstand stellen.

Das stelle ich mir lustig vor: Wenn rot-, grün- und links-tickende staatliche Auftraggeber ihren roten, grünen und linken Helfershelfern klarmachen müssen, dass deren Arbeit zurzeit uneffektiv und/oder zu teuer ist.

Zur Kasse bitten will der Senat nahezu alle Bürger.

Der General-Ukas lautet: Alle Kostensteigerungen bei staatlichen Leistungen – durch Tariferhöhungen und Inflation – werden unverzüglich ans Volk weitergegeben.

Das gilt – beispielsweise – auch für die Leistungen der Bremer Straßenbahn AG. Jedes Jahr auf die Tarife druff. Da freut sich der Kunde – und lacht die Fahrzeugindustrie.

Vergessen die Blütenträume von Rot-Grün-Rot, den ÖPNV massiv zu verdichten und in Richtung Kostenfreiheit für die Bevölkerung zu entwickeln.

Zur unwirtschaftlichen Leistungserbringung der BSAG (siehe Vergleiche mit der hannoverschen ÜSTRA) heißt es lediglich sehr vage: Das zuständige Senatsressort müsse versuchen, die Kosten zu deckeln. Über das Wie schweigt man sich lieber aus.

Nach dem gleichen Strickmuster sollen die Autofahrer die Kasse füllen. Alle Kostensteigerungen bei der Parkhaus- und Parkplatz-Gesellschaft Brepark sollen an den Ausfahrtsschranken abkassiert werden. Da hört man den Bremer Innenstadthandel doch schier vor Glück schreien

Die GesundheitNord, die Bäder-Gesellschaft und den Messe-Betrieb muntert man mit dem Hinweis auf, sie müssten endlich Pläne zur eigenen Sanierung vorlegen. Wie der Senat den monetären Niedergang der städtischen Gesellschaften stoppen will, vermisst man in den Konzert-Unterlagen auf der „Andreas Bovia“.

Mit den größten Kostentreibern des Staates selbst, dem ungeheuren Personalzuwachs, will man sich auch beschäftigen. Mit einer Personaleinsparquote. Da schafft es die Regierung freilich, die Böcke allesamt zu Gärtnern zu machen. Bovenschulte, Fecker und Vogt wollen künftig als oberstes Gremium entscheiden, ob einzelne Ressorts neue Stellen schaffen dürfen. Na, das können die drei, bzw. ihre Beamten-Apparate, besonders gut. Andreas Bovenschulte, der sein Rathausreich um unnütze Stellen zur Betreuung der Bremer FreiKarte aufgebläht hat. Oder Kristina Vogt, die aus einer teuer bezahlten Abteilungsleiterstelle z w e i gemacht hat. Und Feckers Apparat, der unter seinem Vorgänger Dietmar Strehl nahezu alle von der Vor-Vorgängerin Karoline Linnert hart erkämpften unbesetzten Stellen von den Ressorts wieder hat besetzen lassen.

Hoppla, nicht zu vergessen, die blödsinnige Ausbildungszwangsabgabe, für deren Eintreiben – Sie ahnen es längst – gerade zusätzliche Stellen geschaffen werden.

Unterm Strich sind in den vergangenen 6 Jahren im öffentlichen Dienst über 2.000 neue Stellen geschaffen worden. Für die wir Steuerzahler brav aufkommen dürfen. Und für deren Gehaltssteigerungen sowie inflationsbedingt höhere Kosten (wie Büromaterial) wir fortan im jährlichen Steigerungs-Rhythmus blechen müssen.

Funfact von der Stellenfront: Dieser fabelhafte Senat hat es vor nicht langer Zeit zugelassen, dass sogar die ehemalige Senatskommission für das Personalwesen (heute vornehm: PerformaNord) , also die Gehalts-Abrechnungsstelle des öffentlichen Dienstes, eine Pressesprecherin einstellen durfte.

Absurdistan at it‘s best.

Ein großer Kostenfaktor des öffentlich Dienstes behält übrigens seinen Status des Unberührbaren: das Bremische Personalvertretungsgesetz. So darf weiter jede Behörde Pöstchen mit Beauftragten für dieses und jenes vergeben. Und alle sind immer zu allem anzuhören. Das steigert die Effektivität und die Laune.

Und unser Panikorchester auf der „Andreas Bovia“? Es wird weiter üben, bis der Bund und die Geberländer des Länderfinanzausgleichs endgültig die Nase voll haben werden – von den ewigen Kostgängern an der Weser mit den Sonderwünschen. Da wird der kraftvoll gemeinte Titel des jüngsten Senatspapiers vermutlich wenig ändern: „Bremen begibt sich auf den Weg zur Haushaltssanierung.“

Warum eigentlich erst jetzt?

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller