„Bremer Bau-Standard“ viel zu teuer – BREBAU beweist: weniger ist mehr!

08.10.2024 5 Von Axel Schuller

Oh, wie blöd: Bauen nach den extra strengen Grünen Vorschriften – dem „Bremer Standard“ EH 40 – rettet (angeblich) die Umwelt. Pustekuchen: EH 40 erzeugt MEHR CO2, bedeutet WENIGER Wohnraum und kostet MEHR Geld. Dies, liebe Leserschaft, ist keine Erfindung von mir, sondern von Experten errechnet. Der neuerdings auf den Euro achtende Senat hat’s schon kapiert. Die Stadt baut ab sofort nur noch nach dem bundesweit anerkannten Öko-Standard EH 55. Der schadet der Umwelt NICHT und SPART Geld.

Tja, liebe Leserschaft, ich sehe Sie vor meinem geistigen Auge gerade schier grübeln. Wie kommt dieser feine Herr Journalist jetzt schon wieder auf so eine abenteuerliche Aussage, nachdem er uns erst kürzlich mit der (bewiesenen) Behauptung gequält hat: Das Mitregieren der LINKE kostet Bremen Millionen.

Gerne lasse ich Sie an meinen jüngsten Recherche-Erkenntnissen teilhaben.

Das städtische Immobilien-Unternehmen BREBAU hat „Architekt*innen und Fachplanende“ eines großen Bauprojektes in Bremen-Walle gebeten, die Unterschiede zwischen den in Bremen und im Bund geltenden Umwelt-Standards gegenüber zu stellen, die Ergebnisse detailliert darzulegen – und mit Zahlen zu hinterlegen.

Überschrift der Arbeit: „Vergleich des EH55- und EH40-Gebäudeernergiestandards auf ökonomische und ökologische Relevanz im Neubau“.

Keine Bange, ich schalte gleich wieder auf meine Sprache um 🙂

Zuvor nenne ich vorab zwei – wie ich finde: unfassbare – Ergebnisse der Studie des städtischen Unternehmens, das der ARGE – Verband Freier Wohnbau Bremen – angehört.

Fazit:

„Aus den hohen Dämmstärken des EH40-Standards resultieren weniger Wohnraum und höhere Investitionskosten, zwangsläufig steigen die Quadratmeter-Mietpreise.“

Und: „Die CO2-Bilanz fällt positiv für den EH55-Standard aus, sofern das Gebäude von erneuerbaren Energieträgern (z.B. Wärmepumpe und Photovoltaik) versorgt wird.“

Da legst di nieder…

Für Schnellleser: Das war’s.

Aber natürlich nicht für Menschen, die den Fakten gerne auf den Grund gehen.

Die Architekten m/w und Fachplaner, derer sich die BREBAU in Walle bedient, haben auf Grundlage des von ihnen ausgewählten Beispiel-Gebäudes (19 Wohneinheiten zwischen 55 und 95 Quadratmeter Wohnfläche, Gesamtwohnfläche: 1.500 Qm) folgendes herausgefunden.

EH40 schreibt eine Außenwanddämmmung von 32 Zentimeter vor; EH55 nur 24 Zentimeter. Bei der Flachdach-Dämmung beträgt das Zahlenverhältnis 38 (EH40) zu 32 Zentimeter (EH55). Dämmung Kellerwände: 20 zu 16 cm; Sohldämmung: 22 zu 14 cm; U-Wert Fenster: 0,80 zu 0,95.

U-Wert bedeutet übrigens „unit of heat transfer“, also des Wärmeverlustes.

Lüftungsanlage im Haus: Zentrale Abluft mit Wärmerückgewinnung bei E40 / zentrale Abluft ohne Wärmerückgewinnung bei EH55.

Beim Bau des Beispielhauses bedeutet dies:

Bei EH40 ist die Dämmung der Gebäudehülle 150.000 Euro teurer. Die Fenster nach EH40 kosten 31.000 Euro mehr. Die Lüftungsanlage nach EH40 verschlingt 39.000 Euro mehr. Die Baunebenkosten schlagen mit zusätzlich 75.000 Euro zu Buche.

Unterm Strich sind die Baukosten (ohne jeden Innenausbau) 290.000 Euro höher.

Bitte bedenken: Dies bezieht sich auf ein Haus mit 19 Wohneinheiten.

Neubau-Gebiete wie beispielsweise an der Oberneulander Mühle umfassen rund 200 Einheiten (Einzel-, Reihen-, Doppel und Mehrfamilienhäuser. Da geht es um ganz andere Größenordnungen.

Zurück zum BREBAU-Vergleichsmodel.

Die Heizkosten einer 55 Qm-Wohnung werden nach EH40 High-End-Standard mit 167 Euro kalkuliert – nach EH55 sind es 229 Euro pro Jahr (also 62 Euro mehr).

Die Werte für eine 95-Qm-Wohnung: 288 Euro nach EH40; 395 Euro nach EH55 – 107 Euro mehr; pro Jahr.

CO2-Emissionen: Kaum zu glauben, aber aus der Feder der Experten: Beim Bau der Gebäudehülle nach EH55 fallen 273 Kilogramm weniger CO2 an als bei EH40 – weil der „Bremer Standard“ eben deutlich mehr Dämm-Material erfordert, bei dessen Herstellung CO2 anfällt.

Werden beide Gebäudearten (EH40 und EH55) mit Wärmepumpe und Photovoltaik erwärmt, gibt es keine CO2-Unterschiede.

Achtung, für Grüne (wie Ex-Bausenatorin Dr. Maike Schaefer) und Umwelt-Freaks, jetzt kommt der ökologische Knockout:

Bei exakt den selben Planvorgaben nach Bebauungsplan beträgt die Wohnfläche im Beispielgebäude nach EH55 1.500 Quadratmeter, nach EH40 nur 1.474 Qm (dickere Hülle auf derselben Grundfläche).

Und es kommt noch dicker. Die Planungsexperten schreiben: „Bei einer Quartiersentwicklung wie in der Holsteiner Straße (Walle) ergibt sich aufgrund der Projektgröße ein Flächenverlust von ca. 350 Qm, dies entspricht rund 5 Wohnungen.“

Zurück zum Ausgang. Für sich selbst hat der Senat bereits verstanden, dass EH55 ausreicht und viel Geld spart.

Bauträger, die in der Planungs- und kurz vor der Umsetzungsphase sind, haben bisher nix davon. Für bereits genehmigte Projekte ist EH40 (noch) Standard, weil im Bebauungsplan festgeschrieben. Und ein B-Plan ist nicht irgendeine Zeichnung, sondern ist eine Satzung, welche die Stadtbürgerschaft beschlossen hat.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Heute als Goodie eine Dokumentation der besonderen Art: Die umfangreiche Beschreibung der Bürgermeister-Reise nach Südafrika und Namibia (in Begleitung seiner Frau) aus der Feder der Senatspressestelle. Achten Sie unbedingt aufs Ende: Dort erfahren Sie, wer alles dabei war. Es lohnt sich.