Unglaublich: Bremer FreiKarte wird auf Ebay verhökert

11.10.2024 8 Von Axel Schuller

Aktuell verbinde ich mit Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) Sprachbilder wie: „Getroffene Hunde bellen laut“. Der Regierungschef hat sich – wie ich finde – in unflätiger Weise über den Bund der Steuerzahler geäußert. Ferner hat er die „Wahrheit“ womöglich auf eine Art „Streckbank“ gelegt. Und der absolute Hammer: Die von Bovenschulte so brutal verteidigte „FreiKarte“ für 0- bis 18-Jährige wird aktuell auf Ebay verhökert, sprich zu Bargeld gemacht.

Zur Erinnerung: Bürgermeister Bovenschulte hatte 2022 verkündet, der Senat wolle den durch die Pandemie-Einschränkungen besonders betroffenen Kindern und Jugendlichen einen „Ausgleich für zwei Jahre des Verzichts“ bieten und damit „ein Stück Normalität zurückgeben“. Als Mittel dient die FreiKarte, seit Herbst 2022 jährlich mit je 60 Euro aufgeladen. Weil die Girokarte weit über 120.000mal genutzt wurde, verlängerten die rot-grün-roten Koalitionäre die Schenkung an alle Bremer und Bremerhavener m/w – vom Neugeborenen bis 18-Jährigen, ob arm oder reich – für die Jahre 2023, 2024 und 2025.

Der Bund der Steuerzahler geißelte diese millionenschweren Ausgaben jetzt im seinem „Schwarzbuch“ der Steuersünden.

Das brachte Herrn „Bovi“ offenbar so sehr in Wallungen, dass er die üblichen sprachlichen Dämme eines seriösen Regierungschefs mal eben durchbrach. Er – so muss man wohl sagen – pöbelte gegen den Steuerzahlerbund: „Ganz normalen Familien gönnt er nicht das Schwarze unter den Fingernägeln.“

Wer so rumholzt, fühlt sich ertappt – und/oder muss noch schlimmere Finanzaussichten im Hinterkopf haben. Bovenschulte neigt leider zum breitbeinigen Auftritt eines Parteisoldaten, wenn er Kritiker mundtot machen will. CDU und FDP können davon ein Klagelied anstimmen. Als beide Parteien Zweifel am kreditfinanzierten Landeszuschuss zur Transformation des Bremer Stahlwerks von ArcelorMittal äußerten, griff Bovenschulte in die unterste sprachliche Schublade und warf der FDP „Sabotage“ am Stahlwerk vor.

Die CDU kam etwas glimpflicher davon. Ihr unterstellte der Rathaus-Regent „Sommertheater“. Bald schlimmer, weil Arroganz-triefend: Er mache sich „fast ein bisschen Sorgen um die inhaltliche Qualität unserer Opposition“, diktierte er dem Weser-Kurier in den Interview-Block.

Das mag er so einschätzen, aber ein ordentlicher Bürgermeister sagt so etwas nicht. Schließlich gehört es zur Rolle eines Regierungschefs, alle Bürger m/w nach außen zu vertreten, also auch für CDU- und FDP-Wähler.

Für derlei Sprüche hat eine Partei Landes– oder notfalls Fraktionsvorsitzende.

Jetzt holzt Bovenschulte also wieder herum. Den für einen Ministerpräsidenten würdelosen Spruch vom „Schwarzen unter den Fingernägeln“ garnierte er mit der Behauptung, der Bund der Steuerzahler argumentiere auch „rein sachlich falsch“. Denn: Der Steuerzahlerbund und sein Bremer Vorsitzender, Carl Kau, behaupte, die Kosten der ersten FreiKarte (2022 und 2023) seien mit 15,7 Millionen Euro aus dem Ruder gelaufen.

Bovenschulte glaubt hingegen: „Richtig ist, dass sie für die Jahre 2022 und 2023 nur 11,4 Millionen Euro gekostet hat.“

Wirklich Herr Bürgermeister?

Darf ich Sie erinnern, dass Ihre Senatskanzlei in einer Senatsvorlage vom 13.10.2023 vorgerechnet hatte: „Gegenüber dem bereitgestellten Budget von 9.524.616,54 Euro ergibt sich (für 2023; meine Anm.) somit eine Unterdeckung in Höhe von 3.282.449 Euro.“

Aus diesem Grund bewilligte der Senat am 17. Oktober 2023 folgende Haushaltsmittel für die FreiKarte.

2022: 2.675.383 Euro.

2023 (Hochrechnung): 12.999.172 Euro – nach zunächst bewilligten 9.524.616,54 Euro.

Liebe Leserschaft, ich weiß, Zahlen liegen nicht jedem. Aber für Interessierte: In den Jahren 2024 und 2025 belastet die FreiKarte den Landeshaushalt laut Senatskanzlei mit weiteren 18.744.286 Euro. Unterm Strich kostet die Schenkung an die Jugend Bremen von 2022 bis 2025 rund 34,4 Millionen Euro.

Carl Kau trocken: „Für dieses Geld hätte man über 1 Million Nachhilfestunden finanzieren können.“

Und nun zum anfangs angesprochenen – wie ich finde – Skandal. Auf Kleinanzeigenportalen wie Ebay kann man dieser Tage lesen:

„Freikarte Bremen 50€ VB – ich möchte meine Freikarte verkaufen, da ich sie nicht gebrauchen kann. Es sind 60€ auf der Freikarte.

Anbieter: 28199 Bremen-Neustadt.“

Oder:

Bremer Freikarte, 120 Euro 2 Stück, 100€, 28237 Gröpelingen.“

Wer’s nicht glauben mag: Ich verfüge über Screenshots dieser und weiterer Anzeigen.

Liebe Leserschaft, angesichts des offensichtlichen Missbrauchs zumindest dieser Karten versage ich mir eine Schlussbemerkung.

Für Ihre Meinungen steht Ihnen wie immer die Kommentarspalte des Blogs zur Verfügung – verbunden mit dem Appell: Sprachlich bitte nicht (strafrechtlich) ausfallend zu werden.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Her Bürgermeister Dr. Bovenschulte, haben Sie mal über einen Entschuldigungsbrief an den Bund der Steuerzahler gedacht?

Nachtrag: Senatssprecher Christian Dohle hat sich bei mir gemeldet und darauf hingewiesen, dass Bovenschulte mit seiner Aussage Recht habe, dass für die FreiKarte 2022 und 2023 „nur 11,4 Millionen Euro“ ausgegeben worden seien. Der Bund der Steuerzahler hatte die Zahl 15,4 Millionen Euro für beide Jahre genannt. Beide Summen – 11,4 und 15.4 Mio – stimmen. Wie das? Bovenschulte wusste als „Insider“ die tatsächlich ausgegebene Summe, der Bund der Steuerzahler hatte die 15,4 Mio einer Senatsvorlage entnommen. Die Regierung hatte Ende 2023 eine Aufstockung der erlaubten Ausgaben auf 15,4 Mio beschlossen. „Vorsorglich“, wie der Senatssprecher gestern sagte. Aus meiner Sicht hätte es der Bürgermeister in der Hand gehabt, die Wogen nicht unnötig hochgehen zu lassen. Statt dem Steuerzahlerbund vorzuwerfen, dieser argumentiere „falsch“, hätte Bovenschulte souverän erklären können: „Wir haben das bereitgestellte Budget von 15,4 Mio. Euro doch nicht voll ausschöpfen müssen, sodass sich die realen Ausgaben am Ende nur auf 11,4 Mio. Euro belaufen haben“.

Dann wäre der Vorwurf des falschen Rechnens an die „Pfennigfuchser“ vom Bund der Steuerzahler überflüssig gewesen…