„Aufgesetztes Parken mit Markierung möglich“ – andere Urteils-Interpretation / Wichtiges P.S.

13.10.2024 13 Von Axel Schuller

Klagende Bürger m/w gegen das aufgesetzte Parken in Wohnstraßen haben – auch mit Hilfe meiner Kollegen von Weser-Kurier und Radio Bremen (*siehe unten) – die Deutungshoheit über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema „aufgesetztes Parken“ erhalten. Liebe Leserschaft, Sie wissen: Ich bin ein Anhänger des Grundsatzes, dass eine faire Berichterstattung beide Seiten zu Wort kommen lassen sollte.

Bevor jetzt jemand rumnölt: „Im Blog liest man aber fast immer Einseitiges“. Richtig. bremensogesehen versteht sich als Medium, das häufig einen ganz „anderen Blick“ auf Bremen wirft und dabei einseitig ist. Es sind ja schließlich Kommentare.

Nachfolgend präsentiere ich meiner Leserschaft eine Zusammenfassung des Gerichtsurteils zum Gehweg-Parken, das die Bürgerinitiative „Mobilitätsfrieden für Bremen“ erstellt hat. Nicht (nur) durch die Betroffenheitsbrille, sondern nach anwaltlicher Beratung, ob man die Äußerungen der Leipziger Richter richtig wiedergebe.

Nun die Dokumentation des Scripts – mit völlig anderem Zugenschlag als die Bremer Kläger via BuBi und WK in Umlauf gebracht haben.

ZITAT Anfang:

„BI Mobilitätsfrieden für Bremen / 11.10.2024

Inhalt des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts

zum „Gehwegparken“ v. 06.06.2024 (Zusammenfassung)

I. Anwohner können von der Straßenverkehrsbehörde verlangen, dass über das Gehwegparken vor ihrem Haus entschieden wird.

II. Einen solchen Anspruch haben Anwohner nur bezogen auf den Straßenabschnitt vor ihrem Haus bis zur Einmündung der nächsten Querstraße.

III. Voraussetzung ist, dass die Anwohner durch parkende Fahrzeuge „erheblich beeinträchtigt“ sind.

IV. Ist dies der Fall, muss die Behörde eine Entscheidung über ein Einschreiten gegen das Gehwegparken treffen. Wie die Behörde dann vorgeht, liegt in ihrem Ermessen („ermessensfehlerfreie Entscheidung“).

Was bei der Feststellung einer „erheblichen Beeinträchtigung“ zu beachten ist (die Ziffern in den Klammern beziehen sich auf Seite/Absatz des BVerwG-Urteils v. 06.06.2024, dort kann die Urteilsbegründung im Original nachgelesen werden – vgl. PDF- Datei BVerwG Urteil 06.06.2024):

Die Benutzbarkeit des Gehwegs muss erheblich, in „qualifizierter Weise“ beeinträchtigt sein (19/45).

Ob parkende Fahrzeuge die Gehwegbenutzung erheblich beeinträchtigen, „hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab“ (20/46).

Zu prüfen sind:

• Die verbleibende Gehwegbreite

• Die Länge der Verengung

• Das Verhältnis des in Anspruch genommenen Parkraums zum Gehweg

• Die Dichte des Gehwegverkehrs (Frequenz)

Ausweich-Möglichkeiten

• Die Dauer der Beeinträchtigung

Die Gehwegbreite ist dabei nicht entscheidend, erforderlich ist „stets eine Gesamtwürdigung der jeweiligen Umstände“ (20f./46).

Auch bei Mülltonnen auf Gehwegen bleibt die Annahme, dass regelmäßig Freiräume verbleiben („vertretbare tatrichterliche Würdigung“ des von den Klägern vorgelegten Bildmaterials – 23/52).

Im Hinblick auf das Argument der Kläger, Gas- und Wasseranschlüsse würden zugeparkt und Lösch- und Rettungsfahrzeuge behindert, wird angemerkt, dass es dazu keine „tatsächlichen Feststellungen“ gibt (23/53).

Weiteres Vorgehen der Behörde

Nicht akzeptabel ist „eine bloße weitere Duldung des bisherigen verbotswidrigen Zustands“. Die Behörde kann aber ein „Konzept für ein stadtweites Vorgehen“ verfolgen und dabei Prioritäten setzen (24/56).

Vorgaben für ein solches Konzept werden nicht gemacht, der Handlungsspielraum bei der Beseitigung des „verbotswidrigen Zustand“ ist offensichtlich gegeben (z. B. Parkerlaubnisse durch

Verkehrszeichen oder Markierungen; Verbotsschilder…).BI Mobilitätsfrieden für Bremen / 11.10.2024 Interessensausgleich

Das Gericht gibt einen Hinweis darauf, dass eine ersatzlose Beseitigung des vorhandenen Parkraums rechtlich fragwürdig ist. Verwiesen wird auf einen erforderlichen Interessenausgleich zwischen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern:

Dem Interesse der Kläger stehe ein öffentliches Interesse gegenüber, den ruhenden Verkehr so zu regeln, dass „die Interessen von Fußgängern, Fahrzeugführern und gegebenenfalls weiteren Nutzern im öffentlichen Straßenraum zu einem angemessenen Ausgleich“ gebracht werden.

In bestimmten Situationen müssten die „schutzwürdige Interessen“ auch von Fahrzeugführern beachtet werden. Die Behörde muss dann „die gegenläufigen Interessen in der jeweiligen örtlichen Situation ermitteln und zu einem Ausgleich bringen.

Hierbei muss sie auch die Auswirkungen ihrer Maßnahmen auf andere Straßen und deren Anwohner berücksichtigen; die Regelungen können dort erlaubtes Parken erheblich erschweren“ (23f./55).“

ZITAT Ende

Liebe Leserschaft, diese interpretierende Zusammenfassung des höchstrichterlichen Urteils durch die Bürgerinitiative „Möbilitätsfrieden für Bremen“ liest sich deutlich anders, als Berichte in bremischen Medien, die überwiegend auf Darstellungen der Kläger beruhten.

*Ich erinnere an Überschriften wie: „Parken auf Gehwegen: Bundesgericht gibt Bremer Klägern recht“ („butenunbinnen“ vom 6. Juni 2024) und „Gericht bekräftigt: Bremen muss gegen aufgesetztes Parken vorgehen“ (Weser-Kurier vom 26.9.2024).

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Endlich hat der Staatsgerichtshof einen Termin zur mündlichen Verhandlung über die Klagen Arbeitgeber gegen die geplante Ausbildungs-Zwangsabgabe anberaumt: 11. November 2024, 10 Uhr. Mal schauen, ob und wie Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) dort auftritt. Zur Zeit gefällt er sich ja offenbar darin, Wirtschaftsleute zu beschimpfen – siehe Bund der Steuerzahler…