Unkluger Senat – Gewerkschaften hätscheln, aber eigene Führungskräfte missachten
Sozialdemokratische Leser m/w müssen heute tapfer sein. Ich halte den von Sozis geradezu verehrten Bürgermeister „Bovi“ Bovenschulte – auf dem Feld der Mitarbeiterführung – für einen „Loser“. Moderne Unternehmen bringen sowohl den „Malochern“ als auch den leitenden Angestellten Wertschätzung entgegen. In Bremen ist das anders. Da schmeißt sich der Bürgermeister alljährlich Betriebs- und Personalräten an die Brust. Aber die im Koalitionsvertrag vom 3. Juli 2023 (endlich) angekündigte jährliche Klausur mit den Führungskräfte hat noch nicht ein einziges Mal stattgefunden.
Wie kann der Chef des „Konzerns Bremen“ so schlecht mit den Leuten umgehen, die Zielvereinbarungen mit dem Senat einhalten und gleichzeitig mit Arbeitnehmervertretern klarkommen müssen, die sich dank politischer Rückendeckung nahezu unangreifbar vorkommen – und entsprechend verhalten.
Mittwochabend war es alle Jahre wieder soweit. Übrigens: Der olle Psychodoktor Siggi Freud hätte seine Freude gehabt. In die offizielle Terminübersicht des Senats hatte sich glatt ein „Freund’scher“ eingeschlichen. Statt auf den „Senatsempfang für…“ hinzuweisen, hieß es:
„Mittwoch, 13. November 2024,18:00 Uhr: Bürgermeister Bovenschulte nimmt teil an dem Betriebs- und Personalräteempfang des DGB. (Bremen, Rathaus)“
Haha. Die DGB-Gewerkschaften haben den rot-grün-roten Senat so sehr im Griff (siehe u.a. Ausbildungs-Zwangsabgabe), dass die Verfasser des regierungsamtlichen Terminkalenders schon im vorauseilenden Gehorsam vom „Empfang des DGB“ schreiben. (Gerade so als gäbe es keine anderen Arbeitnehmervertretungen.)
Eigentlich eine Petitesse, aber hammermäßig bezeichnend für die gefühlte Abhängigkeit der linken Landesregierung von den organisierten Arbeitnehmervertretern.
Fehlt eigentlich nur noch, dass die Regierungszentrale – bei uns Senatskanzlei genannt – dem DGB die Einladung der Gäste überließe. Für Porto, Getränke und Häppchen kommen natürlich die Steuerzahler auf.
Seltsamerweise waren Vertreter des konkurrierenden Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) am Mittwoch nicht eingeladen worden.
Hatte der DGB etwa schon in diesem Jahr das Regime über die Einladungsliste erhalten?
Zutrauen muss man dies dem amtierenden Senat.
Während die Vorstände, Geschäftsführer und leitenden Mitarbeiter von BSAG, Brepark, Umweltbetrieb Bremen, DBS (Stadtreinigung), Gewoba, BREBAU, Hansewasser, Immobilien Bremen u.a. noch immer darauf warten, dass die Landesregierung ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag vom 3. Juli 2023 (siehe am Ende *) – wenigstens einmal – umsetzt, war dieser linke Senat erst vor einem Monat über Stunden in der DGB-Zentrale präsent.
Am 23. Oktober 2024 beehrten unter anderem Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte und gleich vier Staatsräte die „Betriebs- und Personalrätekonferenz“ des DGB, um über Digitalisierung, Fachkräftemangel und Energiewende zu diskutieren.
Themen, über welche die Führungskräfte kommunaler Unternehmen mit Sicherheit ebenfalls gerne mit ihren obersten Dienstherren des Senats einmal sprechen würden.
Zu dieser Art der Personalführung passt ein weiterer Passus aus dem Koalitionsvertrag.
„Die Koalition sieht in der Mitbestimmung der Personalräte einen wichtigen Faktor für die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Gemeinsam mit dem Gesamtpersonalrat und den Gewerkschaften werden wir erörtern, wo Mitbestimmungsprozesse in beiderseitigem Interesse gestrafft werden können. Das BremPersVG (Bremische Personalvertretungsgesetz) soll dabei unverändert bestehen bleiben.“
Von Vorständen und Geschäftsführungen kommunaler Betriebe ist in diesem Zusammenhang kein Wort zu lesen. Nicht eine einzige Silbe. Dabei müssen die leitenden Mitarbeiter m/w täglich mit den Auswirkungen des BremPersVG umgehen – man könnte auch sagen: sich herumschlagen.
Oh mein Gott, wie peinlich diese Koalition doch ist…
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Hier der Passus* aus dem KoaVertrag zum Thema leitende Mitarbeiter:
„Wir werden künftig einmal im Jahr eine Strategieklausur mit den Führungskräften im Konzern Bremen durchführen.“
Ergänzung: Das hat Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte nun wirklich nicht verdient. „Seine“ Gewerkschaft Verdi (ja, der gehört er als oberster Arbeitgeber des Landes tatsächlich noch immer an) hat am selben Tag, als Herr „Bovi“ den Betriebs- und Personalräten alljährlich huldigte, auf dem Marktplatz gegen Sozialkürzungen in Bremen demonstriert. Okay, aber das Demo-Motto ist für Bovenschulte, dessen Regierung und die rot-grün-rote Koalition unverschämt, beleidigend und niederträchtig. Die Demo war überschrieben: „Demokratie schützen – soziale Teilhabe stärken – Faschismus zurückdrängen“. Nicht nur ich habe mich gefragt: „Haben die noch alle Tassen im Schrank? Bovenschulte selbst – mittlerweile etwas dünnhäutig – holzte laut „ButenunBinnen“ kräftig zurück: „Dass Verdi gegen das Sanierungsprogramm des Senats demonstriert, ist völlig legitim. Dass dies unter der Parole ‚Faschismus zurückdrängen‘ geschieht, lässt mich allerdings an der politischen Zurechnungsfähigkeit der Gewerkschaft, der ich seit 35 Jahren angehöre, zweifeln.“
Nachtrag 2: Henning Röderer, Chef der Nicht-DGB-Gewerkschaft DHV hat Erhellendes zum Bremer Empfang für Betriebs- und Personalräte gepostet. Offenbar war meine Ahnung zutreffend, dass das Rathaus die Einladung zum Empfang in die Hände des Bremer DGB gelegt hatte. Wenn dem so wäre – und wenn ich ein Oppositionspolitiker wäre, wüsste ich aber genau, was zu tun wäre.
Hier der Originalpost des DHV-Bundesvorsitzenden aUF LinkedIn.
ZITAT: SENATSEMPFANG IN BREMEN ENTPUPPT SICH ALS DGB-VERANSTALTUNG!
In Bremen fand jüngst eine zum Himmel stinkende Verquickung von Politik und DGB statt.
Jährlich richtet der Bremer Senat einen Empfang für Betriebs- und Personalräte aus. der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB) wurde stets eingeladen. Als CGB-Vertreter nahmen stets rund 25-30 Personen teil.
Dieses Jahr wurde der CGB allerdings nicht eingeladen. Warum, enthüllt das nachfolgende Zitat aus einer Anfrage des CGB-Landesvorsitzenden Bremen, Peter Rudolph, an die Senatskanzlei. Der Text spricht für sich. Anscheinend gehen in Bremen nicht nur DGB-Vertreter beim Senat ein und aus. Vielmehr scheint der Senat kein Problem damit zu haben, einen Teil der Politik an den DGB „outzusourcen“.
❗ „Seit Jahrzehnten findet jährlich ein Betriebs- und Personalräte-Empfang in der Oberen Rathaushalle statt, zu dem die gewerkschaftlichen Dachverbände der Senatskanzlei entsprechende Funktionsträger benenen, die dann eingeladen werden.
Der Terminübersicht des Senats für die Woche 9. – 17.11.24 entnahm ich daher mit Erstaunen für Mittwoch, 13.11.24 folgenden Eintrag:
18:00 Uhr Bürgermeister Bovenschulte nimmt teil an dem Betriebs- und Personalräteempfang des DGB. (Bremen, Rathaus)
Ich habe heute daraufhin bei der Protokollabteilung des Senats angerufen und nachgefragt, ob der Senatsempfang abgeschafft wurde und jetzt als DGB-Veranstaltung stattfindet. Dies wurde zurückgewiesen. Bei dem Termin am 13.11.24 handele es sich um keinen DGB-Empfang, sondern um den jährlichen Senatsempfang für Betriebs- und Personalräte. Auf den Hinweis, dass der CGB von diesem Termin nichts wusste und keine Aufforderung zur Einreichung von Personalvorschlägen erhalten habe, verwies die Protokollabteilung auf einen längeren, krankheitsbedingten Personalausfall in der Senatskanzlei, aufgrund dessen man die Einladungsorganisation offensichtlich dem DGB überlassen habe.
Es ist also davon auszugehen, dass zum diesjährigen Empfang weder christliche Gewerkschafter, noch Vertreter des Beamtenbundes oder unabhängiger Gewerkschaften wie Marburger Bund oder Cockpit eingeladen wurden (entsprechende Rückfragen bei den vorgenannten Organisationen habe ich allerdings nicht getätigt.) Fakt ist, es findet in diesem Jahr zwar kein Betriebs- und Personalräteempfang des DGB statt, jedoch ein Empfang ausschließlich für DGB-Funktionsträger, der zudem – ebenfalls irrtümlich – in der Terminübersicht der Senatskanzlei als DGB-Empfang ausgewiesen wurde.“ ❗
Der Blogger Axel Schuller hat diese offensichtlicher Vetternwirtschaft von Bremer Senat und DGB zum Anlass für einen bissigen Kommentar genommen:
https://lnkd.in/dE5wJ_9P “
ZITAT ENDE
Mein Kommentar: Die Nummer ist offenbar noch schlimmer als von mir zunächst angenommen.