Dokumentation – Bau-Lobbyist Peter Sakuth: „Bauen muss wieder einfacher werden“
Liebe Leserschaft, hier die versprochene erste Doku zum Thema. Ich lege Ihnen einen Beitrag von Peter Sakuth, Sprecher der ARGE freier Wohnungsbau, ans Herz. Er weist auf mehrere Fehlentwicklungen im Baubereich hin und beschreibt den neuen Weg, den Schleswig-Holstein eingeschlagen hat. In einen weiteren, gesonderten Doku können Sie außerdem einen Beitrag eines schleswig-holsteinischen Vordenkers lesen. Hier zunächst der Beitrag von Sakuth, der in „seiner“ Zeitschrift der Bremer ARGE erschienen ist.
Peter Sakuth schreibt:
„Bauen und Sanieren ist derzeit so teuer wie nie. Die Folge: Es wird weniger gebaut in Deutschland. Und Entspannung ist nicht in Sicht. Davon ist vor allem die Wohnungswirtschaft betroffen, da Wohnraum zwar dringend benötigt, aber nicht gebaut wird. Mittlerweile führt das vor allem bei Neuvermietungen zu Preisen, die sich kaum noch jemand leisten kann und will. Zudem wurden über die Jahre im Wohnungsbau Standards etabliert, die nicht nur die Kosten in die Höhe geschraubt haben, sondern auch den Ressourcenverbrauch, den planerischen Aufwand und die Bauzeiten. In Bremen ist dies in besonderem Maß geschehen. Resultat: Die Neubauvorhaben sind massiv zurückgegangen.
Unsere ARGE hat diese Entwicklung vorhergesehen. Erinnern wir uns: Im September 2022 haben wir in einem Brief an das damalige Bauressort vor der Einführung der kostentreibenden „Bremer Stan- dards“ wegen der sich abzeichnenden Konjunkturentwicklung gewarnt. Gleichzeitig schlugen wir vor, die Einführung um wenigstens zwei Jahre zu verschieben. Heute, gut 24 Monate später, hat der Senat die Konsequenzen gezogen und inzwischen die „Bremer Standards“ nicht nur auf den Prüfstand gestellt, sondern sogar erklärt: Bremen wird die allgemeinen, im Bund geltenden Werte/Festsetzungen als Grundlage für Regelungen beim Bauen festsetzen. Gut so.
Schleswig-Holstein hat eine entsprechende Kehrtwende bereits eingeleitet. Hier heißt es: „Bauen muss wieder einfacher werden“, um die Ministerin für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport, Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU), zu zitieren. Ihre Einschätzung beruht auf der unlängst veröffentlichten Studie „Regelstandard Erleichtertes Bauen“ der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V., in der es in erster Linie um die Frage geht, wie das Bauen einfacher und wieder bezahlbar werden kann und welche Erleichterungen den Wohnungsbau ankurbeln können.
Der etablierte Standard sei nämlich – so die Ministerin – „über die Jahre immer aufwändiger, teurer und nicht zuletzt durch hohen Ressourcenverbrauch auch klimaschädlicher geworden.“ Deshalb werde es Zeit für einen neuen Standard – den „Regelstandard Erleichtertes Bauen.“ Sütterlin-Waack: „Bis zu 25 Prozent der Baukosten können dadurch eingespart werden.“ Elementare Voraussetzung sei eine kostenbewusste und intelligente Planung, die den Fokus auf den tatsächlichen Bedarf richtet.
Die bisher in der Praxis gemachten bisherigen Erfahrungen sind in der zitierten Studie zusammengefasst. Daraus geht hervor, dass sich insbesondere bei den Bauwerkskonstruktionen und beim technischen Ausbau ein nennenswerter Teil der Baukosten einsparen lässt. Darüber hinaus werden weniger Ressourcen verbraucht und Treibhausgase ausgestoßen.
Aber auch betriebswirtschaftlich ergeben sich laut Studie positive Effekte. Bereits die Verringerung der Decken- und Wandstärke lässt die Baukosten sinken, schafft mehr Wohnfläche und erhöht den Ertragswert bei gleichbleibenden Außenmaßen.
Konkrete Maßnahmen sehen zudem den grundsätzlichen Verzicht auf Keller vor, ein weiterer Punkt zielt auf den Einbau von Aufzügen ab, die sowohl in der Anschaffung als auch im Betrieb sehr kostenintensiv sind. Künftig wird daher bis zur vierten Haltestelle lediglich die Vorrüstung von Aufzugsanlagen anerkannt, sofern es sich nicht um Gebäude mit erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit handelt.
Weiter stellt die Kieler Studie fest, dass die gesetzlichen energetischen Anforderungen nach dem Gebäudeenergiegesetz bereits sehr anspruchsvoll ausfallen. Jede weitere Effizienzsteigerung ist nicht nur teuer, sondern lässt sich in der Regel nur zusammen mit aufwändigen technischen Lösungen realisieren. Diese verursachen auch im Betrieb Kosten und sind nach ihrer Lebensdauer zu ersetzen. Insbesondere bei der Nutzung von klimaneutraler Wärmeenergie führt das zu keinerlei Vorteilen. Der Regelstandard zielt daher auf den gesetzlichen Mindeststandard ab.
Sabine Sütterlin-Waack ergänzte, die Erkenntnisse aus der sozialen Wohnraumförderung könnten auch im frei finanzierten Wohnungsbau die Kosten spürbar senken. Der Bund und andere Bundesländer sind also aufgefordert, entsprechend zu handeln. Warten wir’s ab.
ENDE des Zitats von Peter Sakuth
Na, Appetit auf die zweite Doku zum Thema gemacht? Dann scrollen Sie bitte auf meiner Seite, „Blogs“, weiter. Dort finden Sie den Beitrag des Kieler Architektur-Professors.
Weiteren Erkenntnisgewinn
wünscht
Ihr Axel Schuller