Dokumentation: „Erleichtertes Bauen“ macht Sozialwohnungen 25 Prozent günstiger

28.11.2024 0 Von Axel Schuller

Jetzt noch eine zweite Dokumentation. Der Kieler Architektur-Professor und Vordenker für günstigeres Bauen, Dietmar Walberg, hat in der Zeitschrift der Bremer ARGE Freier Wohnungsbau – „Bauen in und um Bremen“ einen Beitrag über die neue Denke hoch im Norden veröffentlicht. Ich zitiere diesen („Erleichtertes Bauen fängt im Kopf an“) mit Genehmigung der Bremer ARGE.

ZITAT Anfang

„Die gesamte Baubranche, egal ob es sich um Architekten, Ingenieure, Wohnungs- oder Bauwirtschaft handelt, klagt – zu Recht – über eine Unmenge von Normenvorschriften und Regelwerken, die das Bauen immer komplexer gestalten. Vieles davon ist entstanden, weil unsere Gesellschaft bestrebt ist, ein immer höheres Maß an Sicherheit in allen Bereichen zu gewährleisten. Mit dem gleichen Effekt trägt aber die Branche selbst dazu bei, dass unreflektiert Normen beim Bauen umgesetzt werden, die eigentlich weder anerkannte Regeln der Technik noch eingeführte Technische Baubestimmungen sind.

Das beste Beispiel dafür ist zum Beispiel die DIN 18015 (elektrische Anlagen in Wohngebäuden), die ungefiltert übernommen wurde und damit dazu beigetragen hat, dass wir Wände teilweise mit Steckdosen übersäen, ohne die Sinnfälligkeit zu überprüfen. Dies ist nur ein kleines Beispiel für den Umgang mit Normen, und das über die gesamte Branche, einschließlich der Verwaltung und Ministerien sich durchziehende Problem des Umgangs mit Regelwerken.

Insgesamt hat es dazu geführt, dass die anerkannten Regeln der Technik, die doch von der gesamten Branche über das Leistbare definiert werden sollen, aus der Hand gegeben wurden und im Streitfall vor Gericht von Fachfremden juristisch beurteilt werden.

Mit dem gleichzeitigen Versuch an jeder Stelle im Bau noch ein bisschen mehr Sicherheit einzubauen, wurden die Primärkonstruktionen der Wohngebäude in Deutschland nach und nach aufgerüstet. Die richtigen Kostentreiber können aber dennoch an anderer Stelle verortet werden, nämlich im ordnungsrechtlich induzierten Versuch mit dem Bauen – insbesondere Wohnungsbau – gleich die ganze Welt zu retten. Das Energieeinsparungsgesetz hat im Jahr 2016 (mit der dort umgesetzten Novellierung der Energieeinsparverordnung von 2014) den Pfad der Wirtschaftlichkeit und auch den des Beitrags zum Klimaschutz verlassen. Sogenannte „Effizienzhäuser“ dienen dem Absatz von Dämmstoffen und Technologien und haben mit der Umsetzung der Transformation der Wohngebäude in Richtung Klimaneutralität vordergründig wenig zu tun. Der unternommene Versuch, jedes einzelne Gebäude über zu optimieren – insbesondere die KfW trägt ihren Teil dazu bei – anstatt auf Einsatz von Material und Technik (Graue Emissionen) und einem effizienten Einspareffekt (operative Emissionen) zu setzen, ist nicht zielführend.

Das Ergebnis aus all dem vorgeschilderten Handeln ist, dass die Bauwerkskosten im Wohnungsbau sich innerhalb von 24 Jahren verzweieinhalbfacht, in einigen Bereichen sogar verviereinhalbfacht haben. Bei den sich dadurch aufgeschaukelten Investitionskosten im Wohnungsbau auf ca. 5.000 €/m² Wohnfläche (oder mehr) ist das bezahlbare Bauen und Wohnen jedenfalls kaum noch möglich.

Und eins ist doch klar: Was jetzt getan werden muss, muss sofort wirken. Schleswig-Holstein setzt daher auf den „Regelstandard Erleichtertes Bauen“, der bei allen Einführungen auf den Mindeststandard wie z.B. technische Ausstattung, Stellplätze, Nebenräume etc. setzt.

Gleichzeitig soll und kann jede Tragwerksplanung auf Optimierung hin untersucht werden. Die Untersuchungen an den Referenzgebäuden der ARGE zeigen, dass allein durch letztere Maßnahme bis zu 40 % der Primärkonstruktion zum Klimaschutz beitragen. Der Einspareffekt ist nachweisbar: Alle Projekte der letzten Monate, die nach diesem Standard (der auch für die Soziale Wohnraumförderung verpflichtend gesetzt wurde) realisiert wurden, sind um ca. 25 % günstiger als Projekte am übrigen Markt.

„Regelstandard Erleichtertes Bauen“ kann als Blaupause für den deutschen Wohnungsbau insgesamt gelten. Gerade der freifinanzierte Bereich hat sich in den letzten Jahren als kaum mehr finanzierbar, damit entsprechend als nicht mehr vermiet- und verkaufbar, entwickelt. Alle Erfahrungen mit Projekten dieses Standards, die auch schon länger in der Nutzung sind, zeigen:
Es ist
kein Komfortverlust zu verzeichnen, lediglich der Abstimmungsbedarf auf der Baustelle ist höher als zuvor. Nur die Nebenkosten sind dieser Stelle sinnvoller investiert als in weitgehend unsinnigen Zertifizierungen jedweder Art, die uns beim Bauen nachweislich nicht weiterbringen werden

Professor Dietmar Walberg, Dipl.-Ing. Architekt

Geschäftsführer Arbeitsgemeinschaft zeitgemäßes Bauen e.V., Kiel, Oktober 2024“

ZITAT Ende

Herzlichst

Ihr Axel Schuller