Bravo! Bausenatorin Ünsal trotzt den Grünen mit ihrem Weg zum einfachen und günstigen Bauen
Erinnern Sie sich noch, liebe Leserschaft, wie Journalisten und heimische Politiker die Nase gerümpft haben, als Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) Özlem Ünsal aus Kiel als Bausenatorin vorgestellt hat? Inzwischen ist wohl allen klar: Die Powerfrau aus dem hohen Norden hat deutlich mehr drauf als ihr Journalisten vorab zubilligten. Ünsal scheut keinen Kampf mit den in der Vergangenheit verwöhnten Grünen. Ihr Leitfaden: Warum soll Bremen beim Bauen mehr teuren Umweltschutz fordern als der Bund? Meine Prognose: Hier wächst eine mögliche künftige Bundesbauministerin heran.
Die Grünen sind neuerdings im lautem Mimimi-Geheul vereint. Erst kassierte/verschob Ünsal – immer im Verbund mit ihrem sach- und ortskundigen Staatsrat Dr. Ralph Baumheier zu sehen – die unbezahlbaren Fahrradbrücken. Dann lenkte sie die begrenzten Mittel auf die dringend notwendige Brücken-Sanierung. Leider lässt sie das Premium-Radweg-Programm weiter umsetzen. Dies führt am Osterdeich zu unsinnigen Verkehrs-Einschränkungen, auf einer der wichtigen Verkehrsachsen in die und aus der Stadt heraus.
Was die Grünen im heutigen Weser-Kurier im Rudel-Gejaule zusammenführt, ist der knallharte Schwenk in der Baupolitik. Der Senat hatte zwar Anfang September in seinem Sanierungsprogramm festgelegt, dass städtische Immobilien nicht mehr nach dem extrem strengen Energiehaus 40-Standard, sondern nach EH 55 gebaut werden. Doch jetzt verlangt Ünsal (100pro mit Bovenschultes Rückendeckung), dass der einst von Dr. Maike Schaefer (Grüne) vorangetriebene „Bremer Standard“ (EH 40) abgesenkt wird – nicht etwa auf ein afrikanisches Lehmhütten-Niveau aus Kolonialzeiten, sondern auf das reguläre deutsche Maß.
Und schon blasen Grüne Bürgerschaftsabgeordnete die Backen auf, drohen wortgewaltig: „Das machen wir nicht mit.“
Außerdem wehren sich die Grünen gegen das geplante Aussetzen des Mobilitätsbauortsgesetzes mit den teuren Mobi-Hubs für Fahrräder, Roller und Car-Sharing. Wenn dieses Gesetz bis 2027 ausgesetzt würde, müssten – wie ich höre – bei Neubauten selbstverständlich trotzdem Auto-Stellplätze nachgewiesen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren der (Noch-)Regierungspartei Die Grünen: Sie hätten mit ihrem Gejammer und ihrer Verweigerungshaltung ja Recht, wenn Ünsal jetzt einen überholten Nachkriegs-Baustandard anstreben würde. Tut sie aber doch gar nicht. EH 55 ist unterm Strich fast genau so gut wie EH 40, dafür aber deutlich günstiger. Und Ünsal befindet sich damit noch nicht einmal an der Spitze der vermeintlich Rückwärts-Gewandten.
In Schleswig-Holstein – dort regiert die CDU mit den G r ü n e n – gibt die CDU-Wohnungsministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack den neuen Takt vor. Sie setzt auf das „erleichterte Bauen“.
Dazu finden Sie, liebe Leserschaft, heute gleich zwei Dokumentationen als weitere Blogstücke (unter diesem). Darin lasse ich zunächst den Sprecher der hiesigen ARGE freier Wohnbau, Ex-Senator Peter Sakuth (übrigens weiter in der SPD) zum Schwenk in Schleswig-Holstein zu Wort kommen. Ferner finden Sie in einer zweiten Doku einen Beitrag des Architekten, der als Vordenker des neuen Bauens im hohen Norden gilt. Professor Dietmar Walberg weitet nach meiner Meinung die Sicht aller, die sich mit dem Thema Bauen beschäftigen – also Politiker, Fachverwaltungen und Bauherren, aber auch Menschen, die dringend eine bezahlbare Wohnung suchen.
Meine dringende Empfehlung: lesen!
Übrigens Ünsals Bilanz könnte noch besser ausfallen, wenn sie es schaffte, die zu teuer „produzierende“ BSAG finanziell auf Vordermann zu bringen. Auch muss dem immer noch ungebremsten wilden und damit zu teurem Anmieten von Flächen durch Behörden endlich Einhalt geboten werden (siehe Umwelt- und jüngst Bildungsbehörde). Die hauen die Millionen raus als gäbe es kein Morgen.
Und zu guter Letzt, Frau Ünsal: Halten Sie die Pläne wirklich für sinnvoll, das Parkhaus Mitte mit seinen 1.000 Stellplätzen einfach platt zu machen? Ausgerechnet das Parkhaus mit der besten Auslastung.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Ich werde nicht müde, Sie, liebe Leserschaft, immer mal wieder daran zu erinnern, dass so manches Blogstück im Nachhinein durch interessante Kommentare ergänzt wird.
Ein Blick auf den in Jahrzehnten mühsam angehäuften Schuldenberg von EUR 23 Milliarden ( -in Worten Milliarden und nicht Millionen-) zum besseren Verständnis umrechnen in DM – erklärt schon alles. Weltmeister im ausgeben und spendieren von Steuergelden – das andere erarbeiten durften. Endlich mal nicht „“ rote Laterne !““.
„Mimimi-Geheule“ und „Rudel Gejaule“….Wie sicher ist man sich eigentlich der eigenen Meinung, wenn man es nötig hat, eine andere politische Meinung so zu bezeichnen? Es ist legitim, in der Güterabwägung schnell bauen versus besonders nachhaltig bauen für das erstere einzutreten. Es ist auch legitim, das Agieren der Grünen im Sinne des Klimaschutzes für übertrieben, zu bürokratisch, unsozial, wirtschaftsfeindlich oder was auch immer zu halten, aber ebenso übertrieben ist so eine hasserfüllte Wortwahl und das Negieren der Existenz von Zielkonflikten.
@Frau Linnert: Als polemisch würde ich die von Ihnen bemängelte Wortwahl auch bezeichnen, aber hasserfüllt? Vergreifen Sie sich hier nicht auch in der Wortwahl?
Ansonsten lese ich aus dem Kommentar von Herrn Schuller in erster Linie einen großen Frust darüber, dass der Begriff Grenznutzen im grünen Denken bei der Lösung von Zielkonflikten offenbar keine Rolle spielt.
Wenn man sich die Entwicklung der Stadt Bremen ansieht, als Ergebnis der rot-grünen Politik, ist die Wortwahl durchaus angemessen um die Reaktion der Grünen zu beschreiben.
Das besonders teure Bauen in Bremen fördert nur einen Wohnungsbau den sich nur noch extrem gutverdiende oder Erben leisten können. Danke ihr Grünen.
Frau Ünsal ist auf genau den richtigen Weg. Sie denkt an die Menschen, die dringend Wohnraum brauchen. Leistbaren Wohnraum! Wir vom BFW, Niedersachsen Bremen fordern schon seit langem, dass der Bremer Standard ausgesetzt oder eben auf ein vernünftiges Normalmaß eingedampft wird. Der Bremer Standard ist wie die Formel 1, für die letzten 10 % werden unglaublich teure Techniken und Mittel aufgewendet, die Wohnraum unsinnig teuer machen und wenig bringen. Es wäre doch viel cooler, wenn der Bestand auf einen guten Standard gebracht und saniert wird. Jedes Haus, dass mehr gebaut und mehr saniert wird, ist ein wertvolles Haus. Jede Wohnung, die durch das absenken dieses Standards ermöglicht wird, ist eine gute Wohnung. Es gibt leider viele Politiker aller Couleur, die die Bürger, die eben keine Wohnung haben oder dringend eine neue Wohnung brauchen, vergessen. Diese Bürger haben leider keine große Stimme. Ich freue mich unglaublich, dass Frau Ünsal hier einen vernünftigen Weg einschlägt, und sie hat unsere uneingeschränkte Unterstützung!
Liebe Frqu Linnert, ja, die Sprache von Herrn Schuller ist evtl. pointiert. Wenn Sie darüber erstaunt sind, haben Sie lange nicht mehr mit Normalbürgern in Bremen gesprochen. Da könnten Sie die Sprache drastisch bis hasserfüllt nennen. Die Krankenschwester, der Handwerker oder die Friseurin bringen die GRÜNEN um ihren Lebenstraum. Ein kleines Häuschen in einem ganz normalen Stadtteil! Doch die Preise galoppieren dank Baustandard, dem Herzstück GRÜNER Politik.
Bravo ! Da muß erst eine Politikerin aus Schleswig-Holstein kommen, um den Bremer Grünen zu zeigen, wo hier im wahrsten Sinne des Wortes “ der Hammer hängt „. Endlich hat ´mal jemand Rückgrat genug, um einer ideologisch gesteuerten Antibürger-Politik genügend Widerstand zu leisten. Zu fragen bleibt allerdings sehr kritisch , warum die SPD dieses grüne Spielchen „Bremer Standard“ ursprünglich mitgemacht hat. Hier zeigt sich auch mehr als deutlich die Schaukelpolitik von Bürgermeister Bovenschulte und der SPD-Fraktion. Die Drohung der Grünen nach dem Motto „das machen wir nicht mit “ sollten alle Protagonisten ernst nehmen und sie unverzüglich aus dem Senat entfernen. Alles andere werden hoffentlich die Bremer und Bremerhavener Bürger bei der nächsten Wahl erledigen !
@Brigitte Dreyer: Der Baumeister Karl H. Grabbe hat eine Antwort geschickt, die aber (warum auch immer) nicht im Kommentarsystem der Seite gelandet ist. Ich füge Herrn Grabbes Text hier ein (was den Nachteil hat, dass mein Name ungerechtfertigterweise davor steht).
„Hallo Frau Dreyer, leider verursacht der von Ihnen beschriebene „Lebenstraum“ immense Kosten für uns alle. In Bremen leben (Zahlen lt. Internet) 1548 Einwohner je Quadratkilometer (Durchschnittseinkommen 55.810 €), im Monaco der Reichen und Schönen (Durschnittseinkommen 126.516 €) teilen sich 17.968 Menschen 1 QKM. Je Quadratmeter Grundstück, je QM Wohnfläche wachsen die öffentlichen Kosten exponentiell, nicht linear! Das erfordert entsprechend mehr Straßen, Verkehr und CO2, ganz abgesehen von den Kosten für Entsorgung, Versorgung, Müllabfuhr, Post, Leitungsverlegung und vielem Anderen mehr.
Bei der Ausbildung der Stadtplaner liegt vieles im Argen. Einfache mathematische Zusammenhänge zwischen Kosten und Grundstücksverbrauch werden Wunschträumen untergeordnet, die zu Lasten der Allgemeinheit gehen. Vergessen wir nicht, dass in deutschen Großstädten mittlerweile um die 50 % der Einwohner in 1-Personen Haushalten leben. Dafür Ansätze zu schaffen, die entlasten und die Baudichte entsprechend erhöhen, erfordert Vorgaben der Politik.
Schon bei der Neugestaltung der Grundsteuer wurde ein bürokratisches Monster geschaffen. Statt den Grundstücksverbrauch pro Wohn- oder Gewerbefläche zugrunde zu legen – in diesem Wert sind alle öffentlichen Kosten enthalten – werden jetzt tausende öffentlich Mitarbeiter teuer tätig, die Eigentümer mit Papier belastet. Die Verbindung von vorhandenen Archivdaten hätte ohne ständige Überarbeitung das Gleiche schneller und im Vergleich fast kostenlos erreicht.
Wie wenig die Probleme planerisch erkannt werden geht daraus hervor,, dass es mittlerweile Zahlen über den Grundstücksverbrauch je Haus oder Wohnung in der amtlichen Statistik nicht mehr gibt. Das ist kein Fehler der Statistiker, sondern ein Beweis für mangelndes Bewusstsein für Wirtschaftlichkeit in Planung und Politik. Die Grundlagen volkswirtschaftlich sinnvoller Planungsentscheidungen, Statistik und Soziologie, spielen beim Architekturstudium kaum eine Rolle und sind doch die Fundamente des Städtebaus.“ Karl H. Grabbe