Ohnehin hohe Gehälter – was soll der unnötige Warnstreik bei Radio Bremen?

30.11.2024 14 Von Axel Schuller

„ButenunBinnen“ am Donnerstag? Fehlanzeige. Freitag? Auch nix. Reguläres Radio-Programm? Na ja. RB-Online – kannste knicken. Was ist los? Bei Radio Bremen läuft noch bis Sonntag, 0.15 Uhr, ein Warnstreik. Zur Rettung des Senders? Nee. Zur Verteidigung der Pressefreiheit? Auch nicht. Nein, die Beschäftigten verlangen sage und schreibe 10,5 Prozent mehr Lohn. Was soll das? Immerhin gibt es für den SWR bereits eine Einigung – mit geringerer Lohnsteigerung.

Erinnern wir uns. Der Öffentlich Rechtliche Rundfunk (ÖRR) hat in den vergangenen Jahren an Vertrauen und Ansehen verloren. Und zwar aus eigenem Verschulden. Die Öffentlich Rechtlichen haben es einfach zu doll getrieben. Einige wollen uns erzählen, wie wir zu reden haben, was political correct ist und was nicht. (Wenigstens das Gendern hat sich Radio Bremen verkniffen). Und dann ist da die häufig einseitige Ausrichtung der Programme. Viele Hörer und Zuschauer werden allmählich ungeduldig und ungnädig.

Radio Bremen „glänzte“ jüngst mit dem Einklinker „Warnmeldung“ (statt „Eilmeldung“) zur Nominierung von Thomas Röwekamp zum Bundestagskandidaten der CDU. Trotz des offensichtlichen Flüchtigkeitsfehlers brach im Netz kurzzeitig ein Sturm gegen „die“ Öffentlich-Rechtlichen los.

Das sollte den Kolleginnen und Kollegen zu denken geben.

Der ÖRR ist halt nicht mehr so unumstritten wie noch vor 20 oder 30 Jahren.

By the Way: Damals hatte die „andere Seite“ der Gesellschaft auch noch eine „eigene“ Sendung: Gerhard Löwenthal verlieh den Konservativen wenigstens ab und zu eine öffentliche Stimme. Aber heute…

Zurück zum „Warnstreik“ bei Radio Bremen.

Verdi hatte für alle ÖRR gefordert, die Gehälter um 10,5 Prozent zu erhöhen. Beim SWR haben sich Arbeitgeber und -nehmer bereits am 18.11. auf einen Kompromiss geeinigt. 4,7 Prozent im ersten Jahr der Laufzeit, 1,2 Prozent im zweiten Jahr.

Jetzt raten Sie mal, was Radio Bremen seinen Arbeitnehmern angeboten hat? 4,71 im ersten und 1,23 Prozent im zweiten Jahr der Laufzeit. Und das, obwohl die oberen Finanzermittler aller Öffentlich-Rechtlichen für die geplante Gebührensteigerung gerade mal jeweils 2,71 Prozent für 2025 und 2026 eingeplant hatten.

Aber die Arbeitnehmervertreter an der Weser machen trotzdem weiter Rabatz. Wieso, weshalb, warum?

Sind sich die Mitarbeiter des kleinsten ARD-Senders eigentlich ihrer besonderen Stellung bewusst? Die Anstalten öffentlichen Rechts mussten – meines Wissens – noch nie betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Grund: Sie sind – auch in Bremen – in der Verfassung abgesichert. Also, würde RB insolvent, müsste der Staat einspringen.

Man kann auch sagen: Diese Arbeitsplatzsicherheit entspricht der des öffentlichen Dienstes. Sie müsste regulär als Lohnabschlag bewertet werden.

Die Gehälter der ÖRR entsprechen aber keineswegs denen des Öffentlichen Dienstes. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs – KEF – stellt alle paar Jahre fest, der ÖRR habe sich deutlich vom ÖD entfernt.

In der aktuellen Tarifauseinandersetzung bei Radio Bremen fordern die Gewerkschaften aber ähnlich viel, wie der Öffentliche Dienst voriges Jahr eingesackt hat. Die Staatsdiener und Pensionäre wurden (übermäßig) mit nahezu 11 Prozent plus Einmalzahlung belohnt.

Die IG Metall hat in der aktuellen wirtschaftlichen Anspannung dagegen viel gefordert, aber maßvoll bei 2 im ersten und 3,1 Prozent im zweiten Laufzeitjahr abgeschlossen.

Radio Bremen-Mitarbeiter bestehen dagegen weiterhin auf 10,5 Prozent. Der ohnehin zur Hälfte von anderen Rundfunkanstalten finanzierte Sender bietet – wie gesagt – insgesamt fast 6 Prozent.

Bevor doch noch Mitgefühl mit den RB-Kollegen aufkommt, möchte ich Ihnen, liebe Leserschaft, ein paar Zahlen an die Hand geben.

Nur wer das Ausgangsniveau der Gehälter kennt, kann die Forderungen einordnen und beurteilen.

Also, Redakteure bei Radio Bremen erhalten laut Eigendarstellung des Senders zwischen 4.651 und 8.108 Euro Monatslohn. An Sekretäre bzw. Sachbearbeiter m/w werden beispielsweise zwischen 3.056 und 5.431 Euro gezahlt.

Die von-bis-Angaben beziehen sich auf Berufseinstieg und Laufbahn-Ende. Die reguläre Gehaltstabelle reicht bis Stufe XII, in der Endstufe bedeutet dies 9.802,59 Euro. Solche Gehälter beziehen „Hauptabteilungsleiter“. Dazu gehören wohl Chefredakteure m/w und der Chef von ButenunBinnen.

Alles was darüber hinaus geht – wie Programmchefs – findet sich in der Tabelle der Außertariflichen wieder. Endstufe bei Radio Bremen: 12.887,44 Euro – plus Familienzuschlag, Beihilfe, Vermögenswirksame Leistung, Essensgeld – so steht es auf der RB-eigenen Seite.

So, liebe Leserschaft, nun können Sie sich vielleicht ein besseres eigenes Bild machen, worum es geht.

Ich versage es mir, die teilweise deutlich niedrigen Gehälter deutscher Tageszeitungen dagegen zu stellen. Das wäre der Solidarität der Journalisten untereinander vermutlich abträglich.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller