Beweis: Bremens „politische Führung“ zu groß / Bittere Nachricht für Stahlwerker

03.12.2024 3 Von Axel Schuller

Bremen hat mit dem Stabilitätsrat des Bundes und der Länder ein Sanierungsprogramm für die Jahre 2025 bis 2027 ausgearbeitet. Das Papier zeigt im Detail auf, in welchen Bereichen das kleinste Bundesland zu viel, und wo es zu wenig Personal beschäftigt. Und dann gibt’s heute im Blog leider noch eine Hiobsbotschaft von ArcelorMittal Belgien, möglicherweise mit Auswirkungen bis an die Weser.

Liebe Leserschaft, ich bin nun – die Ausbildung eingerechnet – seit 50 Jahren journalistisch tätig. Aber wenn mir brisante Unterlagen unter die Augen kommen, kriege ich weiter Puls.

Ein solches „Papier“ ist mir gestern „zugeflogen“.

Ich will Sie nicht lange auf die Folter spannen. Das mit dem Stabilitätsrat ausgehandelte Sanierungsprogramm für die kommenden drei Jahre weist Daten aus – „da geht dir der Hut hoch“.

Das 42-seitige Papier enthält eindeutige Aussagen darüber, wo in Bremen – im Vergleich zu den beiden anderen Stadtstaaten Berlin und Hamburg – massiv zu viele Beamte und Angestellte tätig sind, und wo sie brutal fehlen. Letzteres ist übrigens häufiger der Fall!

Für die „politische Führung und zentrale Verwaltung“ leistet sich Bremen 8,04 Vollzeit-Arbeitskräfte pro 1.000 Einwohner. Während Hamburg mit 6,38 Mitarbeitern pro 1.000 Bewohner auskommt, schafft Berlin dies sogar mit nur 3,75 staatlich Bediensteten.

Hammer, oder?

Bei der „Polizei“ kehrt sich das Bild um (jeweils Mitarbeiter pro 1.000 Einwohner:

Bremen: 5,27 Hamburg: 5,90 Berlin: 7,29 (MA/1.000 Einwohner)

Gerichte und Staatsanwaltschaften“:

Bremen: 1,51 Hamburg: 2,14 Berlin: 2,29

Justizvollzugsanstalten“:

Bremen: 0,58 Hamburg: 0,86 Berlin: 0,80

Finanzverwaltung“:

Bremen: 1,23 Hamburg: 2,42 Berlin: 2,02

„Allgemeinbildende und berufliche Schulen“:

Bremen: 11,22 Hamburg: 12,11 Berlin: 12,17

„Öffentliche Hochschulen und Berufsakademien“:

Bremen: 5,67 Hamburg: 4,51 Berlin: 4,95

Wow! Diese Auswertung unzähliger Datensätze, Statistiken und Übersichten von Planstellen zeigt jetzt im Detail auf, wo dringend gespart werden muss, und wo neue Stellen benötigt werden.

Engagierte Blog-Leser erinnern sich an den Beitrag vom 22.11.2024 („Lob: Senat tritt auf die Personal-Bremse“), in dem ich die Absicht des Senats gewürdigt hatte, endlich Stellen in der Kernverwaltung abzubauen. Bekanntlich sind seit 2018 rund 2.000 neue Stellen geschaffen worden.

Liebe Leserschaft, der Vertrag mit dem Stabilitätsrat soll übermorgen, also am 5. Dezember, unterzeichnet werden. Dabei wird Bremen das „Glück“ zuteil, dass mit dem neuen Finanzminister Dr. Jörg Kukies wieder ein Sozialdemokrat mitsamt der parlamentarischen Staatssekretärin aus Bremen, Sarah Ryglewski, zuständig sind. Mit Finanzminister Christian Lindner wäre die Unterzeichnung des Plans angesichts der enormen Bremer Schuldenlast (pro Bürger: 36.586 Euro) womöglich schwieriger geworden. Für die Länder wird Doris Ahnen (SPD), Finanzministerin von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Finanzministerkonferenz, unterschreiben; für Bremen macht dies Finanzsenator Björn Fecker (Grüne).

Liebe Leserschaft, ich möchte jetzt den restlichen Platz nutzen, um Sie über eine ungute, aber wichtige Nachricht aus Belgien zu informieren. Im Werk Gent hat ArcelorMittal seinen 5.000 Mitarbeitern jüngst eröffnet, dass die beabsichtigte Umstellung auf Wasserstoff-basierten „grünen“ Stahl vorerst nicht weiterverfolgt wird.

Ich zitiere nachfolgend eine Meldung des öffentlich-rechtlichen Programms der flämischen Gemeinschaft in Belgien (VRT):

„Der internationale Stahlkonzern ArcelorMittal verschiebt seine Entscheidung zu einer Milliardeninvestition in den Standort Gent bis auf weiteres. Die Nachrichtenagentur ‚Belga‘ meldet, der Konzern gehe davon aus, dass es derzeit nicht rentabel ist, Stahl umweltfreundlich zu produzieren. Die Gewerkschaften bitten um mehr Deutlichkeit dazu und fordern eine außergewöhnliche Betriebsratsversammlung.

Der Korrespondent berichtet:

Schon seit geraumer Zeit herrscht in Gent eine gewisse Unruhe darüber, ob ArcelorMittal in Gent in die Produktion von „grünem Stahl“ investiert oder nicht. Ursprünglich war eine Megainvestition von 1,1 Milliarden Euro in dieses Vorhaben vorgesehen, doch daraus wird zumindest vorerst nichts.

Der Konzern glaubt aktuell nicht daran, dass eine nachhaltige Produktion von Stahl Gewinne einfahren würde. Für wie lange die Investition ausgesetzt wird oder ob sie überhaupt kommen wird, ist derzeit unklar. Ein Timing gab ArcelorMittal ‚Belga‘ gegenüber nicht an.

Welchen Impakt (Wirkung; Anm. d. Redak.) dieser Beschluss des Konzerns auf den Stahlstandort Gent hat, ist nicht abzusehen. Abgesagt hat ArcelorMittal die Investition nicht. Es besteht wohl noch Hoffnung, dass die Milliarden vielleicht trotzdem kommen, denn das Unternehmen arbeitet an dem Vorhaben, in Gent nachhaltig Stahl herzustellen, schon seit 2021.“

ZITAT Ende.

Dennoch: Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Beachten Sie bitte die Leserkommentare zu den beiden jüngsten Themen im Blog (Radio Bremen, Wirken der Bausenatorin)!