Zwei „Stückchen“ zum Wochenende – die hoffentlich nicht im Hals stecken bleiben
Für die Zeitungs-freie Zeit am Wochenende habe ich Ihnen, liebe Leserschaft, zwei „Stückchen“ aufgehoben. Mögen Ihnen diese – bitte – nicht im Hals stecken bleiben. In Stichworten: Cleverer Weser-Kurier-Chef und: offenbar noch ungewissere Zukunft von ArcelorMittal.
Ich fange heute mal mit dem „Positiven“ an. Ist aber durchaus denkbar, dass nicht alle Blog-Leser m/w am Ende des ersten Stückes begeistert seien werden. Denn immerhin ist Bremen ein Haushalts-Notlageland. Und: Bremens Leiden ist so groß, dass das kleinste Bundesland gerade im Bundesrat als einziges (!) Land eine Änderung der Schuldenbremse beantragt hat (jetzt zur Beratung in den Fachausschüssen).
Weser-Kurier
Keine Bange, heute kein Wort zur Redaktion. Vielmehr Anerkennung für Verlagschef David Koopmann. Eines muss man dem – nach meiner Erinnerung – ehemals aktiven Jungsozialisten lassen: Er verfügt über exzellente Drähte in die Bremer Politik. Und manchmal drückt sich das sogar in klingender Münze aus.
Vorige Woche stellte „sein“ Blatt eine Aktion mit Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) vor. In seiner Rolle als Vorsitzender des Zeitungsverleger- und Digitalpublisherverbandes Bremen (ZVVB) bedankte Koopmann sich artig beim Grünen Finanzsenator für die Unterstützung des „Medienprojektes Tageszeitungen für Auszubildende des Landes Bremen“.
Beide Akteure wiesen freudig auf die Möglichkeit hin, dass staatliche Azubis E-Paper einer von drei Tageszeitungen für ein Jahr kostenfrei zu beziehen.
Merkwürdig: In dem Bericht lobten drei weibliche Auszubildende und Berufsanfänger (24, 25 und 31 Jahre alt) die Möglichkeit, jetzt seriöse Informationen kostenfrei zu beziehen.
Hinweise auf die dafür vorgesehene Staats-Knete und die maximale Teilnehmerzahl des „Medienprojektes“ hatte der WK-Autor des Berichts glatt „vergessen“, oder – ach, was weiß ich.
Auf Anfrage von bremensogesehen reichte das Finanzressort die Fakten nach:
Demnach hat die Finanzbehörde „750 Azubis und Berufseinsteiger der Freien Hansestadt eingeladen, das E-Paper von Weser-Kurier, Nordsee-Zeitung oder taz zu beziehen.“ Dafür stellt der Finanzsenator maximal 177.750 Euro bereit. Nicht schlecht, Herr Specht…
Sollten sich weniger als 750 junge Staatsbedienstete für das Angebot erwärmen, sinkt der finanzielle Aufwand für das „Projekt“. Das Geld wird nicht dem Weser-Kurier zur Verfügung gestellt, sondern dem „Zeitungsverleger- und Digitalpublisherverband Bremen (ZVVB), dessen Vorsitzender David Koopmann ist.
Bevor, Sie liebe Leserinnen und Leser, jetzt zum Rechenschieber greifen: 177.750 dividiert durch 750 macht: 237 Euro Jahresaufwand pro Azubi. Oder: 19,75 Euro pro Nase und Monat. Maximum.
Nächstes Thema: ArcelorMittal (AM). Während sich die rund 3.300 Mitarbeiter m/w der Bremer Hütte seit der Auskunft der Bremer IG Metall-Chefin und Aufsichtsrätin von ArcelorMittal Deutschland, Dr. Ute Buggeln, in Sicherheit wiegen („Bremen bleibt beim grünen Stahl im Rennen“), schrillen andernorts im ArcelorMittal-Reich die Alarmglocken.
Laut FAZ hat das ArcelorMittal-Werk in Duisburg zum Jahr 2027 den Bezug von 1 Million Tonnen Roheisen aus dem ebenfalls in Duisburg befindlichen Thyssenkrupp-Stahlwerk aufgekündigt. Der Grund laut Arcelor: Die jährlich steigenden CO2-Kosten seien zu hoch, könnten nicht aufgefangen werden. Wie es mit den 800 ArcelorMittal-Mitarbeitern in Duisburg weitergeht, ist ungewiss.
Diese Abgaben fallen in der EU an, wenn man zu viel CO2 in die Umwelt bläst. CO2 entweicht zwar auch bei der Stahlproduktion in China in die Atmosphäre, wird dort aber nicht besteuert.
AM Duisburg überlegt jetzt, ob sie wie in Bremen auf Elektrolichtnöfen setzen und das Roheisen selbst erzeugen, oder von anderer Stelle beziehen. Die Umstellung auf grünes Roheisen ist aber brutal teuer.
Laut Experten kann man das Material nicht über größere Entfernungen transportieren.
In Bremen schürte die IG-Metall-Funktionärin und AM-Aufsichtsrätin zwar die Hoffnung, dass das Bremer Werk die Transformation auf Wasserstoff-basierte Stahlerzeugung schaffen könne. Vorausgesetzt, die Strompreise fallen dramatisch. Und, es sei eine „Verbesserung der Abläufe“ im Werk notwendig. Das dafür vermutlich realistischere Wort von Personalabbau nahm die Gewerkschafterin nicht in den Mund.
Unterm Strich: Die Zukunfts-Aussichten, dass dereinst „grüner Zahl“ an der Weser hergestellt werden wird, scheinen trotz aller (gut gemeinten) Durchhalteparolen nicht gerade rosig zu sein.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Kleine Randbemerkung zur Förderung des Zeitunglesens bei jungen Menschen: Der WK sollte mal seine wöchentliche Kinderrätselseite entstauben. Die beiden Worträtsel „Buchstabensalat“ und „Kreuzwort-Gitter“ scheinen eher für hochbetagte Philologen statt für Kinder gemacht zu sein. Da tauchen immer wieder veraltete Wörter oder Fachbegriffe aus der Erwachsenenwelt auf: Amtsgehilfe, Archetyp, Augenglas, Binder, bombig, Burschenschaft, Cuvee, ehern, Fiskus, Hausse, Nubuk, Nudismus, Rebus, Salem, Schisma, Schleuderware, siech, Totalitarismus oder Zeilenschalter. Manche Begriffe muss man auch als Erwachsener erst im Lexikon nachschlagen, z. B. Ekloge, Erato, Fra, Hel, Isthmus, Moa, Navelorange, Nereus, Pli. Und die Bilderrätsel („Fehlersuche“) sind nur etwas für Menschen mit Adleraugen: Manche Unterschiede zwischen den zwei abgebildeten Grafiken sind selbst mit Lupe kaum zu erkennen. Das ist für Kinder (aber auch für miträtselnde Erwachsene) unnötig entmutigend.
Die Linkslastigkeit Bremens ist nicht nicht zu übersehen.
Gratisabos für den Bezug der taz…meiner Meinung nach ein klarer Fall der Rotlichbestrahlung.
Ich habe dem eine „Kchel der Bedenklichkeit“ bei FB spendiert. https://www.facebook.com/profile.php?id=100036885881902