Ist Bovenschulte Bürgermeister aller Bremer oder eher oberster Wahlkampfmanager der SPD?

28.01.2025 10 Von Axel Schuller

Das Amt eines Ministerpräsidenten (bei uns: Präsident des Senats) ist ein hervorgehobenes. Ein besonderes. Er oder sie wird zwar von den jeweiligen Regierungsparteien ins Amt gewählt, aber: MPs sind für alle Bürger m/w ihres jeweiligen Bundeslandes zuständig und verantwortlich. Bei Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) habe ich zunehmend den Eindruck, dass er sich immer mehr in der Rolle des SPD-General-Wahlkampfmanagers von Bremen gefällt.

Manchmal grenzt es schon an Polit-Clownerie, wie der – eigentlich zur Nüchternheit ausgebildete – Jurist eher emotional getrieben agiert.

Zwei Beispiele.

Erstens: Der Bürgermeister kommentiert die berechtigten Sorgen der Handelskammer und der Hafenbetriebe, die eingleisige Zufahrt zur geplanten Bahnwerkstatt könnte sich als Engstelle für die Betriebe – auch von ArcelorMittal – erweisen, regelrecht abschätzig. In sozialen Medien schrieb er:

„Es vergeht kaum ein Tag, an dem der Senat nicht nachdrücklich aufgefordert wird, endlich für eine nachhaltige Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zu sorgen. Außer natürlich, es sind eigene Interessen berührt. Dann kann es gar nicht genug ergänzende Untersuchungen geben.

Was lehrt uns das? Es ist beim Thema Bürokratie wie im richtigen Leben: Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall 😉.“

Unglaublich: Auf der einen Seite setzt dieser Bürgermeister jeden erreichbaren Politiker unter Druck, die 250 Millionen Landesmittel für die Transformation der Stahlwerke (zum Wasserstoff) freizugeben, gleichzeitig macht er nun die Handelskammer und Hafenbetriebe lächerlich, weil diese ein belastbares Gutachten und eben kein Briefchen der DB (stets hochtrabend „Testat“ genannt) zur Leistungsfähigkeit einer eingleisigen Strecke verlangen. Fast noch schlimmer: Bovenschulte stellt die Betriebe und ihre Interessenvertreter indirekt auf eine Stufe mit häufig quengelnden Umweltverbänden, die zuweilen nach der Devise zu handeln scheinen: „Worum geht’s? Wir sind dagegen.“

Zweites Beispiel für „Bovenschulte auf Wahlkampf-Abwegen“: Die mehrheitslose Bundesregierung hat vorige Woche vollmundig ein Gesetz auf den Weg gebracht, wonach der Bund die Städte und Gemeinden zu 50 Prozent entschulden will.

Wow. Endlich.

Und unser Bürgermeister, also zurzeit eher der Bremer Chef-Sozi?

Der tönt in den sozialen Medien wie folgt:

„Für viele Städte ist es ein wichtiges Signal, dass sich die Bundesregierung jetzt auf eine Lösung für die kommunalen Altschulden geeinigt hat. Auch für Bremen und Bremerhaven.“

Die Kollegen von Radio Bremen und Weser-Kurier meldeten das brav und ohne die notwendige Einordnung.

Bremen ist mit 23,5 Milliarden Euro verschuldet. Endlich winkt also Hilfe der einsichtigen Bundesregierung.

Wirklich? Die Wahrheit ist: Weder die bremische Regierungszentrale des Herrn Bovenschulte noch das Finanzressort von Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) sehen sich in der Lage, den Jubel mit einer Summe zu hinterlegen.

„Das ist ein sehr kompliziertes Rechenverfahren.“ „Können wir überhaupt nicht beziffern.“ „Muss man abwarten, was am Ende herauskommt.“ „Auf jeden Fall wird der Bund nicht die Hälfte der 23,5 Milliarden übernehmen.“ „Es geht um die Kassenkredite der Städte.“ So ein Ausschnitt der Antworten aus Rathaus und Finanzressort.

Jetzt wird es echt blöd: Das Land Bremen hat die Städte Bremen und Bremerhaven bereits entschuldet. Mithin dürfte es um eine Übernahme einer relativ kleinen Summe gehen. Ob ein- oder zweistelliger Mio-Betrag – steht in den Sternen.

Aber Herr Dr. „Bovi“, der rastlose SPD-Wahlkämpfer (übrigens: bezieht er sein Gehalt eigentlich auch von Wählern anderer Parteien?), fightet unermüdlich weiter.

Jüngst postet er:

„Die Blockade des Altschulden-Erlasses durch die Union ist ein schwerer Schlag für die Kommunen. Und ich verstehe die Motivation nicht: Der Erlass würde doch auch den Kommunen in schwarz regierten Ländern zu Gute kommen. Mag Herr Merz einfach keine kommunale Selbstverwaltung?“

Echt jetzt, geht’s noch hohler?

Fakt ist: CDU und FDP lehnen den Gesetzentwurf der Restrampe-Bundesregierung von SPD und Grünen ab, weil ihnen niemand die genaue Belastung der Bundeskasse nennen kann. Und: Für die Entschuldungs-Aktion ist zuvor auch eine Änderung des Grundgesetzes notwendig.

Aber all das bremst unseren Bürgermeister nicht.

Und weil er so in Wahlkampf-Rage ist, hat Bovenschulte gestern zusammen mit sechs anderen SPD-Ministerpräsidenten die CDU vor dem „Einriss der Brandmauer zur AfD“ gewarnt.

Welch ein politisch motivierter Blödsinn! Friedrich Merz’ Formulierung trifft in diesem Fall auf die Zwölf: „Das, was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen.“

Mal streng logisch, Herr Dr. der Jurisprudenz Bovenschulte: Dürfte eine demokratische Partei stets nur noch Anträge zur Abstimmung stellen, bei denen sie absolut sicher ist, dass die AfD auf jeden Fall nicht zustimmen wird, dann könnten Bundestag und alle Parlamente schließen.

Die Denke von SPD, Grünen, Linken in Sachen „Das darf man doch nicht machen“ erinnert mich übrigens an das ehrlichste Bremer Interview des Jahres 2023.

Seinerzeit hat sich der damalige CDU-Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder empört, es sei doch Unfug, nur deshalb gegen einen Antrag zu stimmen, weil ihn nicht die eigene Partei eingebracht habe.

SPD, Grüne, Linke stimmte auch damals sofort das Gejaule an: Der Christdemokrat Meyer-Heder wolle wohl die „Brandmauer zur AfD einzureißen“ – eine AfD; die in Bremen keinerlei Rolle spielte.

Die Union nutzte dennoch die Chance, Meyer-Heder abzuservieren. In Wahrheit hatte sich der Unternehmer für den politischen Betrieb als ungeeignet herausgestellt. Doch die Bremer CDU war so feige, dass sie ihn letztlich aus Angst vor dem Brandmauer-Gequatsche von der Polit-Bühne holte.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller