Ist Bovenschulte Bürgermeister aller Bremer oder eher oberster Wahlkampfmanager der SPD?
Das Amt eines Ministerpräsidenten (bei uns: Präsident des Senats) ist ein hervorgehobenes. Ein besonderes. Er oder sie wird zwar von den jeweiligen Regierungsparteien ins Amt gewählt, aber: MPs sind für alle Bürger m/w ihres jeweiligen Bundeslandes zuständig und verantwortlich. Bei Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) habe ich zunehmend den Eindruck, dass er sich immer mehr in der Rolle des SPD-General-Wahlkampfmanagers von Bremen gefällt.
Manchmal grenzt es schon an Polit-Clownerie, wie der – eigentlich zur Nüchternheit ausgebildete – Jurist eher emotional getrieben agiert.
Zwei Beispiele.
Erstens: Der Bürgermeister kommentiert die berechtigten Sorgen der Handelskammer und der Hafenbetriebe, die eingleisige Zufahrt zur geplanten Bahnwerkstatt könnte sich als Engstelle für die Betriebe – auch von ArcelorMittal – erweisen, regelrecht abschätzig. In sozialen Medien schrieb er:
„Es vergeht kaum ein Tag, an dem der Senat nicht nachdrücklich aufgefordert wird, endlich für eine nachhaltige Beschleunigung von Genehmigungsverfahren zu sorgen. Außer natürlich, es sind eigene Interessen berührt. Dann kann es gar nicht genug ergänzende Untersuchungen geben.
Was lehrt uns das? Es ist beim Thema Bürokratie wie im richtigen Leben: Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall 😉.“
Unglaublich: Auf der einen Seite setzt dieser Bürgermeister jeden erreichbaren Politiker unter Druck, die 250 Millionen Landesmittel für die Transformation der Stahlwerke (zum Wasserstoff) freizugeben, gleichzeitig macht er nun die Handelskammer und Hafenbetriebe lächerlich, weil diese ein belastbares Gutachten und eben kein Briefchen der DB (stets hochtrabend „Testat“ genannt) zur Leistungsfähigkeit einer eingleisigen Strecke verlangen. Fast noch schlimmer: Bovenschulte stellt die Betriebe und ihre Interessenvertreter indirekt auf eine Stufe mit häufig quengelnden Umweltverbänden, die zuweilen nach der Devise zu handeln scheinen: „Worum geht’s? Wir sind dagegen.“
Zweites Beispiel für „Bovenschulte auf Wahlkampf-Abwegen“: Die mehrheitslose Bundesregierung hat vorige Woche vollmundig ein Gesetz auf den Weg gebracht, wonach der Bund die Städte und Gemeinden zu 50 Prozent entschulden will.
Wow. Endlich.
Und unser Bürgermeister, also zurzeit eher der Bremer Chef-Sozi?
Der tönt in den sozialen Medien wie folgt:
„Für viele Städte ist es ein wichtiges Signal, dass sich die Bundesregierung jetzt auf eine Lösung für die kommunalen Altschulden geeinigt hat. Auch für Bremen und Bremerhaven.“
Die Kollegen von Radio Bremen und Weser-Kurier meldeten das brav und ohne die notwendige Einordnung.
Bremen ist mit 23,5 Milliarden Euro verschuldet. Endlich winkt also Hilfe der einsichtigen Bundesregierung.
Wirklich? Die Wahrheit ist: Weder die bremische Regierungszentrale des Herrn Bovenschulte noch das Finanzressort von Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) sehen sich in der Lage, den Jubel mit einer Summe zu hinterlegen.
„Das ist ein sehr kompliziertes Rechenverfahren.“ „Können wir überhaupt nicht beziffern.“ „Muss man abwarten, was am Ende herauskommt.“ „Auf jeden Fall wird der Bund nicht die Hälfte der 23,5 Milliarden übernehmen.“ „Es geht um die Kassenkredite der Städte.“ So ein Ausschnitt der Antworten aus Rathaus und Finanzressort.
Jetzt wird es echt blöd: Das Land Bremen hat die Städte Bremen und Bremerhaven bereits entschuldet. Mithin dürfte es um eine Übernahme einer relativ kleinen Summe gehen. Ob ein- oder zweistelliger Mio-Betrag – steht in den Sternen.
Aber Herr Dr. „Bovi“, der rastlose SPD-Wahlkämpfer (übrigens: bezieht er sein Gehalt eigentlich auch von Wählern anderer Parteien?), fightet unermüdlich weiter.
Jüngst postet er:
„Die Blockade des Altschulden-Erlasses durch die Union ist ein schwerer Schlag für die Kommunen. Und ich verstehe die Motivation nicht: Der Erlass würde doch auch den Kommunen in schwarz regierten Ländern zu Gute kommen. Mag Herr Merz einfach keine kommunale Selbstverwaltung?“
Echt jetzt, geht’s noch hohler?
Fakt ist: CDU und FDP lehnen den Gesetzentwurf der Restrampe-Bundesregierung von SPD und Grünen ab, weil ihnen niemand die genaue Belastung der Bundeskasse nennen kann. Und: Für die Entschuldungs-Aktion ist zuvor auch eine Änderung des Grundgesetzes notwendig.
Aber all das bremst unseren Bürgermeister nicht.
Und weil er so in Wahlkampf-Rage ist, hat Bovenschulte gestern zusammen mit sechs anderen SPD-Ministerpräsidenten die CDU vor dem „Einriss der Brandmauer zur AfD“ gewarnt.
Welch ein politisch motivierter Blödsinn! Friedrich Merz’ Formulierung trifft in diesem Fall auf die Zwölf: „Das, was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen.“
Mal streng logisch, Herr Dr. der Jurisprudenz Bovenschulte: Dürfte eine demokratische Partei stets nur noch Anträge zur Abstimmung stellen, bei denen sie absolut sicher ist, dass die AfD auf jeden Fall nicht zustimmen wird, dann könnten Bundestag und alle Parlamente schließen.
Die Denke von SPD, Grünen, Linken in Sachen „Das darf man doch nicht machen“ erinnert mich übrigens an das ehrlichste Bremer Interview des Jahres 2023.
Seinerzeit hat sich der damalige CDU-Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder empört, es sei doch Unfug, nur deshalb gegen einen Antrag zu stimmen, weil ihn nicht die eigene Partei eingebracht habe.
SPD, Grüne, Linke stimmte auch damals sofort das Gejaule an: Der Christdemokrat Meyer-Heder wolle wohl die „Brandmauer zur AfD einzureißen“ – eine AfD; die in Bremen keinerlei Rolle spielte.
Die Union nutzte dennoch die Chance, Meyer-Heder abzuservieren. In Wahrheit hatte sich der Unternehmer für den politischen Betrieb als ungeeignet herausgestellt. Doch die Bremer CDU war so feige, dass sie ihn letztlich aus Angst vor dem Brandmauer-Gequatsche von der Polit-Bühne holte.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Lieber Axel Schuller,
ich danke Ihnen für den Beitrag und Ihre Sichtweise. Obwohl ich die Anmerkungen der Handelskammer gerne vor 5 Jahren gehört hätte. Ich möchte jedoch an einer Stelle eine Sache klarstellen: Niemand in der CDU hat Carsten Meyer-Heder “abserviert ”. Carsten hat eigenständig entschieden, nicht erneut als Landesvorsitzender zu kandidieren. Diese Entscheidung hat er selbst öffentlich gemacht, so kam es zu einem Interview bei Herrn Krömer von Buten und Binnen, in dem diese Aussage gefallen ist.
In einem Punkt stimme ich Ihnen allerdings zu: Die Art und Weise, wie man ihn letztlich von der Bühne geholt hat, war aus meiner Sicht nicht notwendig, subprofessionell und wurde seiner Leistung nicht gerecht. Das hätte definitiv anders gelöst werden müssen.
Mit besten Grüßen
Heiko Strohmann
Es irritiert mich zutiefst, mit welcher Geringschätzung Bürgermeister Bovenschulte auf die sachlich und fundiert vorgebrachten Bedenken der Bremer Wirtschaft, insbesondere der Hafenbetriebe, reagiert. Dass der SPD der Mittelstand oft suspekt erscheint und sie ihre Prioritäten lieber in den Dialog mit Großindustrien wie Alstom legt, ist bekannt. Doch die Art und Weise, wie hier auf Kritik eingegangen wird, ist nicht akzeptabel. Meines Wissens nach hat die Handelskammer schon frühzeitig erhebliche Einwände gegen die Ansiedlung der Bahnwerkstatt vorgebracht. Sollten diese Einwände in der Senatskanzlei keine Beachtung gefunden haben, wirft dies die Frage nach strukturellen Defiziten auf.
Ebenso muss in Frage gestellt werden, ob Bürgermeister Bovenschulte tatsächlich mit den beiden sogenannten ‚Testaten‘ der Deutschen Bahn vertraut ist – jeweils nur zwei Seiten. Sollte er sie gelesen haben und dennoch den Eindruck vertreten, dass hier eine gründliche Prüfung stattgefunden hat, drängt sich der Zweifel an seiner Urteilsfähigkeit auf. Es erinnert fast an das Märchen des Kaisers neue Kleider – offenbar wagt niemand, dem Bürgermeister zu sagen, dass der eingeschlagene Weg in Oslebshausen ein Irrweg ist.
Neben den ‚Testaten‘ sollte der Bürgermeister sich zudem die Antwort seines eigenen Senats auf die Große Anfrage der FDP genauer ansehen (Drucksache 21/888). Er hat sie selbst am 03.12.2024 beschlossen. Daraus würde deutlich hervorgehen, dass bereits heute eine Pünktlichkeitsquote von nur 43 Prozent im Güterverkehr im Bremer Bahnknoten herrscht und die geplante Bahnwerkstatt den europäischen Schienengüterverkehr-Korridoren (Strecke 1401) um mehr als 20 Prozent zusätzliche Zugverkehre belasten wird. Der gravierendste Punkt jedoch ist, dass Bürgermeister Bovenschulte mit diesem Vorgehen sein ambitioniertestes politisches Projekt – die grüne Transformation der Stahlindustrie in Bremen – selbst aufs Spiel setzt.
Es ist höchste Zeit, dass der Bürgermeister aus seiner Selbstgefälligkeit erwacht und sich intensiv persönlich den vorliegenden Fakten widmet.
Lieber Axel Schuller, die Merzinitiative kann nur mit den Stimmen der AFD eine Mehrheit haben. Darum geht es im Kern. Sie soll der Mehrheitsbeschaffer sein. Ist es verwegen zu vermuten, dass so eine Koalition vorbereitet wird? Würde die Merzinitiative auch nur einen gewaltbereiten psychisch Kranken abhalten? Es ist eine unwürdige Posse.
Bovenschulte ist der Ruin für Bremen.
Diese politische Überheblichkeit, die in den letzten Jahren nicht nur in Berlin Einzug gehalten hat, macht auch nicht vor unserem jetzigen Bürgermeister halt. Seine Selbstgerechtigkeit und Eigenliebe bleiben dem Bürger nicht verborgen. Leider zeichnet sich unser Bürgermeister dazu noch über ein gerüttelt Maß an fachlicher Unkenntnis bei allen relevanten Industrieprojekten aus. Ob es nun die Klärschlammverbrennungsanlage, die Bahnwerkstatt an der Reitbrake oder die europäischen Schienengüterverkehr-Korridore sind.
Ich hoffe inständig, dass der Wähler dieses bei der Wahl berücksichtigt.
….wenn man ein öffentliches Amt bekleidet, dann benimmt man sich , nicht so autokratisch! Oder haben wir hier schon , amerikanische Verhältnisse “ Bovenschulte first“? Es ist schlicht eine Frechheit, wie man , mit fundierten Fakten und den Bürgern um geht! Seine Haltung, treibt die Wähler in die Rechte Ecke, zumindest in den betroffenen Stadtteilen!
Was ich beim Schreiben des Blogs nicht berücksichtigt habe: Vllt beruht Bovenschultes außer Rand und Band geratenes Engagement für die SPD ja darauf, dass er seiner ehemaligen Ehefrau Ulrike Hiller unbedingt zum Abgeordnetenmandat verhelfen möchte.
Die SPD und Bovenschulte machen uns gemeinsam mit den Grünen zur Lachnummer in Europa. Besonders die Grünen, die durch Ahnungslosigkeit glänzen. Der Wirtschaftsminister, ein Kinderbuchautor, die Außenministerin, eine Trampolinspringerin, sowohl Frau Roth als auch Hehr Nouripour ohne abgeschlossene Ausbildung.
Lieber Axel Schuller, genau solche Haltungen wie die Ihre halten Frauen davon ab, politische Verantwortung zu übernehmen: Ulrike Hiller einzig über ihren ehemaligen Ehemann zu definieren, ist schlicht eine Frechheit.
Das komplette Desinteresse für Kleinst- und Kleinbetriebe, ach eigentlich für alle KMUs. Die einseitige Fokussierung auf Großprojekte mit Großbetrieben und Konzernen. Das totale Ignorieren der gewachsenen Mischquartiere. Die stoische Beratungsresistenz.
Alles Charaktereigenschaften der SPD. Wirtschaft ist für die SPD nur dann interessant, wenn sie Macht ausübt und Macht bietet.
Meine elenden Erfahrungen im Versuch für die Belange meines Stadtteils, indem ich lebe und meinen Betrieb habe, bei der SPD Gehör zu finden.
Was übrigens das Verhalten der anderen Regierungsparteien gegenüber uns Kleinbetrieben nicht aufwerten soll.
Es besteht bei jedem Gespräch ein ungutes Gefühl unterm Tisch den Stinkefinger gezeigt zu bekommen.