Noch blöder: Sozialquote in Top-Gebieten scheitert am leeren Fördertopf der Behörde
„Wie dumm und weltfremd Wohnungspolitik sein kann“ hatte ich Ihnen, liebe Leserschaft, am 22. Januar (zugegebenermaßen sehr drastisch) dargelegt. Linke, SPD und Grüne wollen die Immobilienwirtschaft zwingen, in Gebäuden ab 6 Einheiten 30 Prozent, also zwei Sozialwohnungen auszuweisen. Die „Baupolitiker“ haben jedoch nicht nur den Markt außer Acht gelassen, sondern auch die finanzielle Realität: Die Behörde hat für neue Sozialwohnungen aktuell nämlich kein Geld.
Wer sich die Mühe macht, mit Vertretern der Bremer Immobilienbranche zu sprechen, nimmt in Kreisen der Praktiker nacktes Entsetzen wahr. Die Urteile über den Beschluss der Bürgerschaftsmehrheit von SPD, Grünen und Linken lautet: „unsinnig“, „abstrus“, „völlig unrealistisch“, „Das führt eher zur Vernichtung geplanten Wohnraums“.
Fazit in Beamten-Denke: Zwei Löcher rein – abheften. Und ab dafür.
Man fragt sich: Wie konnten Bürgerschaftsabgeordnete, die sich intensiv mit der Baupolitik beschäftigen (sollten), ein solches Papier im Schweinsgalopp, ohne Anhörung der betroffenen Firmen und Verbände, als „Dringlichkeitsantrag“ durchpeitschen? Was treibt die an?
Die Motivation der Linken kann man ja noch halbwegs nachvollziehen: In ihrem Weltbild sind alle Menschen gleich, also müssen auch alle Schichten in allen Stadtteilen untergebracht werden. Koste es, was es wolle – natürlich nur, solange andere dafür zahlen. Und wer mehr Geld als andere hat, ist eh ein blutsaugender Ausbeuter.
Die Bremer Grünen – sie driften mittlerweile soweit nach Links ab, dass man sich über ihre Unterschrift unter dem Antrag kaum noch wundert.
Die SPD aber – sie wirft mal wieder Rätsel auf. Der in 2023 noch als möglicher Bausenator gepriesene Falk Wagner, nunmehr Landesvorsitzender der einstigen Volkspartei SPD, müsste die Problematik der Sozialquote von 30 Prozent ab sechs Wohnungen kennen. Der Draht zwischen ihm und der Baubehörde von Özlem Ünsal (SPD) sollte an sich glühen. Und dennoch hat Wagner die Unsinns-Forderung der Linken zum Sozialwohnungsbau in Schwachhausen, Oberneuland und Horn mit unterschrieben.
Wollte Wagner den Linken kurz vor der Bundestagswahl etwa helfen, einen Antrag für das Wahlkampf-Schaufenster zu beschließen? Wieso, weshalb? Wagners eigene Bundestagsabgeordnete Ulrike Hiller hat mit ihrem bislang als ziemlich müde wahrgenommenen Wahlkampf – und vor allem mit dem Spitzenkandidaten Scholz – selbst genug zu tun.
Zu den harten Fakten: Die Bremer Baubehörde hat 2024 den Neubau von von gerade mal 120 Sozialwohnungen gefördert. Dann war der Topf leer. Weitere von Bremer Immo-Unternehmen beantragte Zuschüsse zu Sozialwohnungen mussten abgelehnt werden.
Für 2025 ist im bremischen Haushalt bislang überhaupt kein Fördergeld vorgesehen.
Nichtwissende könnten jetzt meinen: Och, baut mal los, das Geld wird schon später fließen.
Das dumme an der Sache ist nur: Wer öffentliche Zuschüsse zu was auch immer (auch für die Erstellung von Sozialwohnungen) beantragt, muss stets folgende Regel beachten:
Förderantrag an die Behörde stellen, Bescheid abwarten und erst dann loslegen. Ansonsten heißt es: Pech gehabt.
Ergo: Der „Dringlichkeitsantrag“ von SPD, Grünen und Linken in der Januar-Bürgerschaftssitzung wurde zwar von der Koalition ratzfatz ohne irgendeine Experten-Beteiligung beschlossen, bewirkt aktuell aber nix. Es fehlt einfach am der schnöden Mammon. Ohne Moos ist bekanntlich nix los.
Unterm Strich hat die koalitionäre Hektik im Januar nur eines bewirkt: Tiefe Verärgerung der Immo-Wirtschaft. Deren Investoren werden sich entweder andernorts engagieren, oder aber in Bremen Klein-Immobilien nur noch mit höchstens 5 Einheiten bauen – wenn überhaupt.
Bleibt nur die bange Hoffnung, dass der Senat etwas realitätsnäher ist als die Parlamentarier. Das bedeutet: Betroffene wie die Immo- und Bau-Wirtschaft anhören. Diese Erkenntnisse auswerten, bewerten – und dann mangels Umsetzungsmöglichkeit beiseite legen. Eben nach dem guten, alten Beamtenmotto: „Lochen und abheften“.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Der Vorgang rund um diesen Eilantrag und der Beschluss an sich ist schon wunderlich. Denn der Antrag stützt sich auch auf ein Bundesgesetz, dessen Gültigkeit im Dezember 2024 abgelaufen ist. Dazu die leeren Fördertöpfe, die auch den Abgeordneten, die diesen Antrag formuliert und unterstützt haben, bekannt sein müsste. Aus Verbandskreisen ist zu erfahren, dass Falk Wagner erklärt hat, dass auch in der Kommunikation einiges schief gelaufen ist. Denn am Morgen des Beschlusstages gab es eine Pressekonferenz, von der offensichtlich nur „Buten und Binnen“ und der WK informiert waren. Die breite Öffentlichkeit und auch die Parlamentarier der Opposition haben erst im Laufe des Tages vom Antrag erfahren. Wir vom BFW Landesverband und auch die Vertreter der ARGE Freier Wohnungsbau in Bremen haben ja nur durch Zufall vom Vorhaben erfahren – für eine Reaktion war es längst zu spät. Und ja, Sie haben recht – die Unternehmer/innen in Bremen, die bezahlbaren Wohnbau realisieren wollen, sind blank entsetzt und irritiert. Das Problem ist ja auch, dass nun auch keine Projekte zur Bildung von Wohneigentum realisiert werden können. Wenn die Unternehmer/innen nun darauf zurück gehen und nur mehr Geschosswohnungsbau mit 5 WE bauen, dann ist das auch aus ökologischen Gründen Unsinn. Denn die Grundfläche, die verbraucht wird, ist die gleiche wie bei einem Haus mit 6 oder 8 Wohnungen. Das bedeutet: Weniger Wohnungen auf der selben Fläche – für die Grünen sollte das eine bittere Pille sein. Dass wir auch Wohnungen zur Bildung von Wohneigentum brauchen, sieht man aus den aktuellen Interesse der Bürger. Wenn nun diese Wohnungen nicht mehr gebaut werden, bleiben die Menschen entweder im Mietermarkt oder ziehen ins Umland und zahlen dort ihre Steuern. Diese Bewegung wird wieder mehr Verkehr verursachen und die ohnehin schon gestressten Verkehrswege in Bremen weiter belasten. Im Großen und Ganzen : Blanker Unsinn.
Lieber Herr Schuller, von Ihnen als immer noch aktiver Journalist hätte ich bei diesem Thema erwartet, dass Sie bei den Akteuren mal nachfragen, wie der Beschluss und der leere Fördertopf zusammenpassen. Aber das können Sie ja gerne noch nachholen.
@Lothar Stein: Hab ich ja getan. Antwort: War immer so.