Wer soll das bezahlen? Verdi-Forderung haut allein bei der BSAG mit 13 Millionen rein

24.02.2025 9 Von Axel Schuller

Gewerkschaften fordern in der Regel Lohnerhöhungen, damit die Beschäftigten am Gewinn florierender Branchen beteiligt werden. Die Verdi-Forderungen für den öffentlichen Dienst – 8 Prozent, mindestens jedoch 350 Euro monatlich, drei zusätzliche freie Tage – passen jedoch null Komma null in dieses Raster. Der Deutsche Städtetag klagt, fast alle Städte steuerten auf eine Pleite zu. Bremen ist mit 24 Milliarden Euro verschuldet. Ich zeige heute beispielhaft auf, wie katastrophal die Verdi-Forderungen allein die Bremer Straßenbahn AG treffen würden.

Morgen, liebe Leserschaft, sollen Sie mal wieder dran glauben: An Ihre Hilflosigkeit, wenn im öffentlichen Dienst gestreikt wird. Für Dienstag hat Verdi in Bremen folgende öffentliche Firmen/Einrichtungen zur ganztägigen Arbeitsniederlegung aufgerufen: Erneut die BSAG (hatte bereits am Freitag alle Bahnen und Busse in den Depots behalten), Kita Bremen, Beschäftigte der GesundheitNord, Umweltbetrieb Bremen, Werkstatt Bremen, Theater Bremen, Wasser- und Schifffahrtsamt (u.a. Schleusen), Immobilien Bremen.

Gute Nachricht am Rande: Die von Bezahlmedien als weiterer betroffener Betrieb genannte swb hat mit dem Streik nix zu tun.

Schauen wir mal Verdis Forderung an: Der öffentliche Dienst sei materiell notleidend, von der Arbeit überfordert und finde keinen Nachwuchs, sagt die Gewerkschaft. Am Rande: Ein Busfahrer steigt mit 3.000 Euro ein, erreicht im Laufe der Jahre 4.000 Euro brutto. Nicht die Welt, aber eben auch kein Hungerlohn.

Die Arbeitgeberseite, auf Bundesebene durch den Bremer Finanzstaatsrat Dr. Martin Hagen vertreten, weist auf die leeren Kassen hin. Der Staat bietet in der aktuellen Verhandlungsrunde bislang – NICHTS.

Was bedeuten die Gewerkschaftsforderung für die Bremer Straßenbahn AG.

Ich warne vor: Die folgende Rechnung unterscheidet sich krass von dem – sagen wir mal – freundlichen WK-Artikel von heute („Was hinter dem BSAG-Streik steckt“).

Also: 8 Prozent mehr Lohn, mindestens 350 Euro/Monat und drei weitere freie Tage. „Natürlich“ soll der Abschluss später auch auf den gesamten öffentlichen Dienst, ergo auf die Bremer Beamten und die „Versorgungsempfänger“ (also die Pensionäre) übertragen werden.

Zur BSAG: Die hat aktuell 2.370 Mitarbeiter m/w. Rechnen wir nur mal die „Mindesterhöhung“ von 350 Euro. 2.370 multipliziert mit 350 mal 12 Monate.

Macht im Jahr eine rein tarifliche Mehrbelastung von fast 10 Millionen Euro im Jahr aus. Dazu kommen drei zusätzliche freie Tage.

Im öffentlichen Dienst gibt es einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Macht unter dem Strich: 231 Arbeitstage. Insider kalkulieren die Kosten eines zusätzlichen freien Tages mit 0,5 Prozent „Gehaltserhöhung“. Da die an diesen Tagen nicht geleistete Arbeit von anderen (zusätzlichen Mitarbeitern) erbracht werden muss, dürfte die Verdi-Forderung allein die BSAG mit nahezu 13 Millionen Euro zusätzlich belasten. Natürlich nur, sofern Verdi sich durchsetzt.

Zur Erinnerung: Die BSAG hat dem Senat bereits angekündigt, dass der benötigte staatliche Zuschuss (Verlustausgleich) in 2025 bei über 100 Millionen Euro liegen wird.

Die 13 Millionen Euro kämen obendrauf!

Liebe Verdi-Gewerkschafter: Wo soll das Geld aus Ihrer Sicht herkommen?

Verdi-Verhandlungsführer: Soll die BSAG Personal entlassen oder Investitionen streichen? Die BSAG müht sich seit geraumer Zeit, die Fahrpreise jährlich mindestens um die Inflationsrate anzuheben, um Diesel für die Busse und Strom für die Straßenbahnen bezahlen zu können.

Und jetzt nochmal 13 Millionen zusätzlich?

Und dies vor dem Hintergrund, dass das Deutschland-Ticket die Haushalte der Länder und Städte zu sprengen droht. Die Beibehaltung des D-Tickets dürfte auch den BSAG-Eigentümer Bremen in Schwierigkeiten bringen. Der deutschlandweit verbilligte Tarif reißt nämlich bei Verkehrsunternehmen Löcher in die Budgets.

Beispiel: Kostete 2023 eine BSAG-Monatskarte noch 67,80 Euro, zahlten die Kunden 2024 fürs Deutschland-Ticket lediglich 49 Euro. Seit Januar dieses Jahren werden zwar monatlich für 58 Euro fällig – was aber eben trotz gestiegener BSAG-Betriebskosten fast 10 Euro weniger ist als 2023.

Verdisten“, erschließt sich Ihnen die Differenz?

Und: Kredite für Gehälter aufzunehmen, ist selbst in Bremen tabu.

Liebe Leserschaft, dies war die Übertragung der Verdi-Forderungen (nur) auf die BSAG. Dazu kommen Bremens öffentlicher Dienst mit rund 30.000 Mitarbeitern, und nicht zu vergessen: knapp 16.000 Pensionäre!

Zur Erinnerung: Erst 2023 erzielte Verdi für den öffentlichen Dienst folgenden Abschluss: 3.000 Euro steuerfrei als Inflationsausgleich. Plus 200 Euro höhere „Sockelbeiträge“. Darauf 5,5 Prozent höhere Gehälter, bzw. mindestens monatlich 340 Euro mehr. Verdi hatte nach der vorigen Tarifrunde stolz verkündigt, der neue Tarifvertrag entspreche einer Einkommens-Steigerung von 11,5 Prozent.

Liebe Leserinnen und Leser, behalten Sie diese Zahlen bitte im Hinterkopf, wenn Ihnen am morgigen Dienstag Demonstranten auf dem Weg zum Marktplatz begegnen. Viele Bremer m/w äußern bekanntlich schnell Verständnis für Streikende. Das Erwachen, sprich Erkennen der Auswirkungen, setzt häufig erst etwas später ein. Man denke nur an die Steigerung der Pflegekosten in Heimen nach den allgemein bejubelten Gehaltssteigerungen in der Pflege…

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Liebe Leserschaft, ich wollte das heutige Stück nicht zu sehr mit Mathematik überfrachten. Sollte es Sie jedoch interessieren, wie unser „Bremchen“ zur Kasse gebeten würde, sollte Verdi seine horrenden Forderungen durchsetzen, rechnen Sie mal spaßeshalber die Kosten allein für die 30.000 öffentlich Bediensteten aus. Die Gleichung lautet: 30.000 (Beschäftigte) x 350 (Mindestzuschlag) x 12 (Monate). Aber Obacht: Das reicht bei weitem nicht. Eine beachtliche Zahl öffentlicher Bediensteter (bis hin zu den Senatoren) werden bei einer 8-prozentigen Gehaltssteigerung deutlich mehr als 350 Euro erhalten. Ab einer Gehaltshöhe von 4.375 Euro würde bei 8 Prozent mehr fällig. Dazu kommen die 16.000 Pensionäre