Scheut Bovenschulte aus Feigheit einen Koalitionswechsel?
Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (SPD) ist ein Mysterium. Einerseits bemüht er sich in Gesprächen mit Gott und der Welt, wie Everybody’s Darling rüber zu kommen. Andererseits keilt er ohne Rücksicht auf Verluste gegen die Union. Vor der Bundestagswahl war ich geneigt zu wetten, dass Bovenschulte nach dem Wahltag am 23. Februar Grüne und Linke aus der Bremer Koalition wirft. Wird wohl nix. Bovenschulte ist einfach zu vorsichtig. Manche meinen auch: zu feige.
Herr Bovenschulte, viel Spaß beim Weiterregieren mit Ihren koalitionären Wadenbeißern! Selber schuld.
Die Linken haben bei der jüngsten Wahl reichlich Oberwasser bekommen: 15,9 Prozent der Zweitstimmen; bei der Bürgerschaftswahl 2023 waren es gerade mal 10,9 Prozent.
Und die Grünen (Bundestag: 18,5 Prozent gegenüber 11,9 Prozent Bürgerschaftswahl 2023) muddeln noch weiter vor sich hin. Der Hang zum Unauffälligen wird sich jedoch rasch ändern. Denn das Ergebnis der SPD fiel am 23.2. mit 21,9 Prozent grotten-schlecht aus (Bürgerschaft 2023: 29,8 Prozent).
Der Bremer Senat hatte vor dem Bundes-Wahltermin manche Entscheidung „liegen lassen“. Bovenschultes „Senatskommission für Wohnungsbau“ hatte zwar am 17. Dezember 2024 über eine Absenkung der Bremer Baustandards auf das Niveau des Bundes gesprochen.
Das Protokoll zur Sitzung mit abweichenden Meinungen der Grünen gibt es jedoch bis heute nicht.
Das nächste Thema, Verschärfung der Baumschutzsatzung ist ebenfalls strittig.
Noch so nen Ding: Die von Bund und Ländern verabredete Bezahlkarte für Asylbewerber wird in der Hansestadt endlich ab diesem Wochenende eingeführt. Anders als die meisten Ländern lässt Bremen es zu, dass von den monatlich gewährten 460 Euro üppige120 Euro in bar abgehoben werden dürfen. In Niedersachsen sind es nur 50 Euro. Und dies übrigens seit Dezember 2024.
Den Bremer Sonderweg durchgesetzt haben – dreimal dürfen Sie raten – die Linke und die Grünen.
Nebenbei: Bremer Flüchtlings-Helfer hatten jüngst bei einer Demo angekündigt, in der Zionsgemeinde werde eine Tauschstelle eingerichtet, sobald die „unmenschliche und diskriminierende“ Bezahlkarte eingeführt werde. Asybewerber könnten dann dort ihren kompletten Monatsbetrag in Bargeld tauschen. Ergo die Bezahlkarte ad absurdum führen.
Auf meine Frage an das Sozialressort , ob die Behörde dagegen vorgehen werde, hieß es gestern: „Weil in Bremen die Bargeldobergrenze mit 120 Euro höher liegt als in anderen Bundesländern, gehen wir davon aus, dass es keinen bis sehr wenig Anreiz für InhaberInnen der Bezahlkarte geben wird, sich zusätzlich Bargeld zu beschaffen. Insofern erwarten wir nicht, dass solche Gutschein-Einlöseaktionen in Bremen überhaupt nennenswerte Bedeutung erlangen werden.“
Tipp: Insbesondere den ersten Satz mal auf sich wirken lassen…
Zurück zum „regierenden“ Bürgermeister.
Vor dem 23. Februar war in SPD-Kreisen mehrfach zu hören, Andreas Bovenschulte habe die Nase von den Grünen und Linken Querulanten gestrichen voll. Nach der Wahl werde er die Koalition womöglich beenden. Die Spekulation: Die Linken wären dann auf Bundesebene arg gerupft, und die Fixierung der Grünen auf Radwege und Fahrradbrücken sei angesichts der maroden Weser-Querungen einfach nur nervig.
Aber: Denkste. Der Wähler, das unbekannte Wesen…
Bovenschulte ist angesichts der aktuellen Wählerlage offenbar so von der Rolle, dass er sich regelrecht irrational verhält. Statt die Bundes-Realität an sich heranzulassen (höchstwahrscheinlich eine schwarz-rote Bundesregierung) holzt der Bürgermeister in übelster Sozi-Rowdy-Manier gegen alles was schwarz ist.
Wie schon mein WK-Kollege Jürgen Theiner zurecht festgestellt hat: Statt angesichts der verheerenden SPD-Niederlage Demut zu zeigen, ätzte Bovenschulte noch in der Wahlnacht weiter gegen Friedrich Merz.
Wie verblendet darf man als Bürgermeister eigentlich sein?
Bremen braucht in der neuen Bundesregierung unbedingt Fürsprecher, beispielsweise für die Häfen. Ohne jährlich eine halbe Milliarde Euro vom Bund werden die Kajen der norddeutschen Häfen verrotten.
Aber unser Herr Bürgermeister gibt weiter den Sozi-Einpeitscher. So macht man sich im Bund garantiert gaanz viele Freunde. Anders ausgedrückt: Bovenschulte schadet Bremen eher, als das Wohl „seines“ Bundeslandes zu mehren.
Und zuweilen macht er sich – mit schon fast kindlich anmutendem Eifer – lächerlich. So postet er kurz vor der Wahl (als ob das die SPD noch retten könnte): Bremen habe 2024 die meisten Baugenehmigungen erteilt. Jedoch außer Acht lassend, dass viele Genehmigungen derzeit nicht genutzt werden, sondern in Firmen-Schubladen zwischenlagern: wegen derzeit wahnsinnig hoher Baukosten, wegen der immer noch überzogenen und damit teuren Bremer Baustandards, wegen der Erhöhung der Grunderwerbssteuer, wegen der in der Koalition – siehe oben – umstrittenen Baumschutzordnung.
Zu Jahresbeginn hatte Bovenschulte dem CDU-Kandidaten Friedrich Merz dreist unterstellt, dieser gefährde mit seinem Zweifel an der Wasserstoff-Technolgie das Stahlwerk an der Weser.
Als dann auf Bundesebene in der Stahlbranche die Alarmglocken laut anschlugen (SPIEGEL-Ausgabe 7/25) – hüllte der Bürgermeister sich in Schweigen.
Bovenschulte macht einen unzufrieden Eindruck. Ich könnte mir vorstellen, dass er für die nahe Zukunft noch übleres Sperrfeuer seiner erstarkten Koalitionäre von Linken und Grünen fürchtet. Gleichzeitig kriegt es der Regierungschef aber nicht hin, die beiden Parteien gegen die CDU einzutauschen.
Die Union wäre mit Sicherheit ein „pflegeleichterer“ Regierungspartner. Die drei insgeheim unbeliebten Ressorts Finanzen, Bildung und Inneres in CDU-Hand – und für Bovenschulte könnte das Regieren geradezu entspannend werden.
Aber dafür braucht es keinen Sicherheitsfanatiker, sondern einen Spitzenpolitiker, der auch „Konflikt kann“. Feigheit ist dabei ein schlechter „Berater“.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Für den morgigen Freitag kündige ich schon mal ein ganz ungewöhnliches Stück im Blog an. Schauen Sie einfach ab Mittag rein. Es wird keinen eigenen Newsletter dafür geben!
Wurden die Mehrheitsverhältnisse für die derzeitige Landesregierung im Amt nicht demokratisch durch die WählerInnen geschaffen? Gilt das demokratische Votum plötzlich nicht mehr, weil »Bremen in der neuen Bundesregierung unbedingt Fürsprecher braucht.«? Gelten in solchen Fällen Legislaturperioden von vier Jahren nicht mehr? Und was ist bundespolitisch mit Friedrich Merz? Muss der auch Mehrheiten finden oder kann der jetzt mit seinen sensationellen CDU-Ergebnis autoritär DURCHREGIEREN? Oder lässt der Herr Merz sich auch demnächst (oder jetzt schon?) auf der Nase herumtanzen? Könnte eine Koalitionsbildung mit dieser BundesSPD uns ihren Erfolgsträgern wie Klingbeil und Esken noch schwierig werden? Ein autoritäres Politikverständnis mit einem Bürgermeister oder Kanzler, der auf den Tisch haut, scheint mir auf eine autoritäre Vorstellung von Führung hinzuweisen, dass bei komplexen politischen Lösungsfindungsprozessen erfreulicherweise noch nie möglich war und die Realität abgebildet hat. Weil: Permanente Konsensbildung (Neudeutsch in etwas anderer Ausprägung: einen Deal machen) zeichnet Politik in einer Demokratie aus. Konsensbildung könnte bundespolitisch zwischen CDU und SPD mit dem beidseitigen Personal schwierig werden. Aber wie sagte einst der Kaiser: Schauen wir mal.
@Herrn Rätsch: Ich zitiere Sie: „Wurden die Mehrheitsverhältnisse für die derzeitige Landesregierung im Amt nicht demokratisch durch die WählerInnen geschaffen?“
Rückfrage an Sie: Hat das irgendwer bezweifelt? Und weitere Frage: Wäre eine SPD-CDU Koalition nicht auch demokratisch durch den Wählerwillen geschaffen?
Neugierig auf Ihre Antwort wartend
Hartmut Paul
@Hartmut Paul. 1. Nein. 2. Ja. Axel Schuller schreibt: »Gleichzeitig kriegt es der Regierungschef aber nicht hin, die beiden Parteien gegen die CDU einzutauschen.« Tja, wie soll der Regierende in der Tauschbörse in der Bürgerschaft das akut machen? Durchregieren schließt bei demnächst in Berlin veränderten Rahmenbedingungen keinen Tauschhandel ein. Da muss »unser Bovi« (Sicht der SPD) ohne Richtlinienkompetenz in seinem Bundesland die Koalition schon platzen lassen, um Neuwahlen zu bekommen. DAS wird aber nicht passieren, auch nicht mit der Begründung »Bremen braucht in der neuen Bundesregierung unbedingt Fürsprecher«, vermutlich von und in der CDU? Das mag ja alles so sein, aber was ist das für eine seltsame DENKE als Maßstab für Regierungshandeln einer für vier Jahre gewählten Koalition??
@Herrn Rätsch: Danke für die Antwort. In der Sache kann ich Ihnen logisch nicht folgen. Für 4 Jahre ist in Bremen keine Koalition, sondern ein Landesparlament gewählt worden. Drei Fraktionen haben gemeinsam einen Bürgermeister und Senatoren gewählt. Wenn die Senatoren der SPD und der BGM zurücktreten, ist die Koalition beendet. Anschließend können sich der BGM und die Senatoren, ergänzt um Senatoren des neuen Koalitionspartners, in dem selben Parlament wieder wählen lassen. Die erforderliche Mehrheit dafür hätten SPD und CDU locker. Das bedeutet demokratische Legitimation ohne Neuwahlen. Wo ist das Problem?
@ Herrn Paul: danke für die Antwort. Sie beschreiben ein Szenario, das möglich, aber derzeit nicht gegeben ist.. Was aus CDU Sicht ist das Problem ist hatte ich bereits beschrieben: »Da muss »unser Bovi« (Sicht der SPD) ohne Richtlinienkompetenz in seinem Bundesland die Koalition schon platzen lassen, um Neuwahlen zu bekommen. DAS wird aber nicht passieren«. Wie ist die Lage? Solange die Senatoren der SPD und der Bürgermeister nicht zurücktreten, ist die Koalition auch nicht beendet. Solange wird es auch keine Neuwahlen geben. Eigentlich ganz einfach.