hanseWasser-Eigentümer zeigen dem Senat den politischen Stinkefinger
Das meine Damen und Herren des Senates ist ein „Kriegserklärung“: Die Haupteigentümer von hanseWasser (swb AG und Gelsenwasser) schmeißen die beiden Geschäftsführer Ekkehart Siering und Florian Franz zum 1. April raus. Folgen wird vermutlich ein GF, welcher Bremen die Verstaatlichung des Unternehmens (stets harmlos „Rekommunalisierung“ genannt) sehr schwer, sprich teuer, machen wird. swb und Gelsenwasser sind offenbar stinksauer, dass Bremen sie Ende 2028 rausdrängen will.
Damit haben die Naiven, aber auch die (selbsternannten) Klugen im Senat nicht gerechnet. Die Abberufung von Siering und Franz hat die Herren und Damen der Landesregierung kalt erwischt.
Alle Koalitionsparteien – SPD, Linke und Grüne – haben in den vergangenen Monaten rumgetönt, hanseWasser müsse unbedingt komplett unters staatliche Dach zurückgeholt werden. So, als ginge ansonsten die Welt in Bremen unter. Heftigste Bedenken der Handelskammer sowie von CDU, FDP und BD wurden einfach beiseite gewischt.
Die SPD argumentiert wie die Linken: Abwasser und Wasser gehörten zur Daseinsvorsorge des Staates. Die Privatisierung 1998 durch die Große Koalition unter dem damaligen Bürgermeister Dr. Henning Scherf (SPD) müsse nach Auslaufen des Vertrags Ende 2028 unbedingt rückgängig gemacht werden.
Der Staat, so SPD und Linke, benötige den Zugriff auf Wasser und Abwasser.
Die Grünen fordern dies auch, um via hanseWasser „bestimmen“ zu können, Bremen zur „Schwammstadt“ umzubauen.
Gemeinsam argumentieren die drei Parteien ferner, Wasser und Abwasser seien in den meisten deutschen Städten in staatlicher Hand. Also beschreite Bremen mit der Rekommunalisierung keinen Sonderweg.
Aufgrund der schlechten Gebühren-Erfahrung mit der teil-rekommunalisierten Müllabfuhr, ließen sich SPD, Linke und Grüne von Gutachtern einen tricky Weg aufzeigen:
Bremen kauft zwar für rund 40 Millionen Euro die Anteile von swb und Gelsenwasser an der hanseWasser Eigentümer-Gesellschaft zurück. Aber das operative Geschäft soll bei der privaten hanseWasser-Gesellschaft bleiben.
Also bei den 400 Menschen, die sich aktuell um die Kanäle, Pumpen, Klärwerke und Regenüberlaufbecken etc. in der Stadt kümmern. Und übrigens: Das auch gut machen.
Auf meine Frage an die zuständigen Koalitionspolitiker, wie sie sich das konkret vorstellten, erhielt ich stets eine seltsam wolkige Antwort: „Die, die das heute alles machen, bleiben und machen das alles einfach weiter.“
Durch diese Rechnung haben swb und Gelsenwasser den vermeintlich besser Wissenden in der Koalition einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht.
swb und Gelsenwasser „berufen“ die von ihnen bestimmten Geschäftsführer ab. Die Zeit des Kuschelns ist vorbei. Die beiden Haupteigentümer mit zusammen 74,9 Prozent der Geschäftsanteile (Bremen hält 25,1 %) setzen Bremen damit massiv unter Druck.
Das Koalitions-Modell der Rekommunalisierung inklusive einer angeblichen Gebührensenkung für die Bevölkerung funktioniert nämlich nur, wenn die Finanzbehörde der neuen staatlichen Gesellschaft für Wasser und Abwasser die Umsatzsteuer erlässt.
Auf diese millionenschwere Zu- oder Absage wird sich das „Finanzamt“ aber vermutlich erst zum Jahresende festlegen.
Dumm nur, dass Bremen den Vertrag mit den beiden Mehrheitsgesellschaftern offenbar vorher kündigen muss, um swb und Gelsenwasser bis Ende 2028 „rauszukriegen“.
Die beiden jetzt geschassten Geschäftsführer Siering und Franz werden ab nächsten Monat nicht zu Sozialfällen. Beide haben mit hanseWasser laufende Verträge.
Der technische GF Franz kam erst 2023 aus Hamburg zur hanseWasser. Sein Vertrag dürfte üblicherweise bis 2026 gelten.
Sierings Rauswurf wird deutlich teuerer. swb und Gelsenwasser kauften 2020 den damaligen Staatsrat im Wirtschaftsressort als kaufmännischen GF ein. Sein Vertrag wurde erst – laut Weser-Kurier – vor einem halben Jahr verlängert. In der zweiten Anstellungsperiode sind fünf-Jahres-Verträge in Unternehmen üblich.
swb und Gelsenwasser hatten gehofft, mit Hilfe des Sozialdemokraten Siering die Regierung beeinflussen zu können. Nämlich dahin gehend, dass hanseWasser nicht verstaatlicht wird. Dabei überschätzte man jedoch Sierings Position in der SPD. Er wird in der Regierungspartei dem sogenannten konservativen Flügel zugerechnet. Und der macht in der Bremer SPD keinen Stich.
Hier herrschen Kräfte, die generell meinen, der Staat sei der bessere Unternehmer. Speziell die Sozialdemokraten Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte und der Finanzpolitiker Arno Gottschalk sind wie der Teufel hinter der armen Seele her, wenn es darum geht, den Staat in die Rolle des Unternehmers zu bringen.
Bovenschulte hat bereits in der Zeit als SPD-Landesvorsitzender (2014-2019) immer an der Rekommunalisierung gearbeitet. Stromnetze, Müllabfuhr, jetzt hanseWasser – stets will er (man fühlt sich fast schon an die DDR erinnert) die Hand auf allen Versorgungsleistungen haben.
Dabei sind die Erfahrungen mit staatlichen Unternehmen in früheren Zeiten nicht positiv: kein Kostenbewusstsein, keine Innovationskraft und Betriebsräte, die letzten Endes ihr Heil bei der Politik suchen.
Ich habe in meinen 46 Bremer Jahren nicht einen Regierungschef erlebt, der sich im Zweifelsfall auf die Seite der Betriebsleiter geschlagen hätte. Immer waren den Bürgermeistern die Wählerstimmen der Belegschaften wichtiger als die Entwicklung der staatlichen Betriebe und Ämter. Das war seit Hans Koschnick so. Er hat Bremen als ehemaliger ÖTV-Sekretär (heute Verdi) 1974 übrigens das überzogene „Bremische Personalvertretungsgesetz eingebrockt.
Dennoch: Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Das Grundraster ist doch hinlänglich bekannt: Der Staat erfüllt derzeit schon seit längerem und leider zunehmend seine Kernaufgaben nicht bzw. unzureichend. Nein – wie im oben beschriebenen Beispiel erweitert er seinen Macht- und Einflussbereich ausufernd auf (fremde) Steuerzahler-Kosten und mit neuen Schulden zulasten der Folgegenerationen. Teilweise erklärt er sich geradezu mit Heilsversprechen für allzuständig. Der Bürger erwartet dementsprechend vom Staat inzwischen mehr als von sich selbst (!) und verlernt die Eigenverantwortung sowie den Einsatz für das gesellschaftliche Miteinander. Es herrscht in weiten Teilen Staats- und Politikverdrossenheit; diese ist wiederum laut Sigmar Gabriel (SPD) in der F.A.Z. „das Spiegelbild der Wählerverachtung durch die Parteien“. Und Bremen bildet dies repräsentativ im Kleinen ab. Höchster Schuldenstand pro Kopf und nicht etwa in Sachen Infrastruktur deswegen top-investiert! Dafür hohe Armuts- und Arbeitslosenquoten bei niedrigsten Pisa-Ergebnissen. Und die seit Jahrzehnten ununterbrochen regierende Regierungspartei ist dafür natürlich überhaupt nicht ursächlich verantwortlich . . . Weiter so!
Naja, also man sollte sich schon fragen, ob Bremen (also wir alle!) einen guten Deal macht, wenn der Monopol-Konzessionär überdurchschnittliche Renditen erwartet und die Preise für uns bestenfalls im Mittelfeld sind. Warum wird hier nur auf Rekommunalisierung geprügelt, ohne das auch so intensiv zu benennen? Das ist doch nicht fair.
Dass man die Steuertricks aus beiden Seiten sehen muss – also auch den Einnahmenverlust rechnen muss – finde ich einen wichtigen Hinweis für die Debatte!
@Martin Gerken: Auf die Tatsache, dass Bremen bei einem Wegfall der Umsatzsteuer eben etwa 53 Prozent dieser Steuer verlöre, hatte ich bereits im ersten Beitrag („Mutiert hnseWasser nach 20 Jahren… vom 15.2.) hingewiesen.
@ Martin Gerken
Als Landesbehörde wird es noch viel teurer, da dann niemand auf Effizienz und Kostenbewusstsein achtet und unfinanzierbare Parteiträumereien dann über die Wassergebühren finanziert werden.