In Bremen kein Thema: Bundesregierung „kapert“ Öltanker / Estland entzieht Russen Wahlrecht
Allmählich krieg‘ ich die Krise. Da geschehen die unglaublichsten Dinge – und in Bremer Medien findest du nix dazu. Aber: Tägliche Meldungen über warnende Politiker und Experten: Dauert nicht mehr lange und, klar, „der Russe“ steht vor der Tür. Und was machen wir, die „Guten im Westen“? Mitglieder der Bundesregierung betätigen sich fast schon wie Schiffspiraten. Außerdem: In Estland (Mitglied der Nato und der EU) entzieht das Parlament den dort lebenden Russen ruckzuck das kommunale Wahlrecht. Soll das Frieden stiften, oder doch eher provozieren?
Liebe Leserinnen und Leser, sorry, es muss einfach sein: Der Blick geht überwiegend erneut über unser Bremchen hinaus.
Der NDR hat am Wochenende Unfassbares berichtet: Die Bundesrepublik Deutschland hat das Tankschiff „Eventin“ regelrecht gekapert. Erst wurde der Öltanker (löblich) wegen Motorschadens aus internationalen Ostsee-Gewässern nach Sassnitz geschleppt. Dann hat die Bundesregierung das in Panama registrierte Schiff kurzerhand beschlagnahmt. Mitsamt fast 100.000 Tonnen Schweröl im Wert von 40 Millionen Euro. Die Besatzung wurde gegen eine unseres Staates „ausgetauscht“. Die Aktion erinnert ein bisschen an somalische Piraten – wobei die Gangster die Schiffe mit Waffengewalt entern und Millionen erpressen.
Der Hintergrund: Der panamaische Tanker „Eventin“ hat russisches Schweröl für Ägypten an Bord, wird deshalb zur russischen „Schattenflotte“ gezählt.
Sascha Lohmann, laut NDR „Experte für Sanktionspolitik“ bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, hält das Vorgehen der Bundesrepublik für äußerst riskant. Es sei sehr fraglich, ob der Tanker und das Öl einzig durch das Abschleppen in deutsche Hoheitsgewässer plötzlich als deutsches Staatseigentum deklariert werden dürfe. Laut internationalem Seerecht stelle der Tanker ein Stückchen Panama dar, weil er dort gelistet ist.
Die Russen sind laut dem in Deutschland verbotenen Nachrichtenportal RT offenbar außer sich. (Auch wenn sie 2024 laut einem ukrainischen Thinktank Öl im Wert von 193 Milliarden US-Dollar in die ganze Welt verkauft haben.) Die Beschlagnahme des 270 Meter langen Schiffes bedeutet für sie vermutlich eher eine Demütigung, weniger einen wirtschaftlichen Schaden.
Nun kann man sagen: Passiert halt, wenn man gegen das von der EU verhängte Russen-Öl-Embargo verstößt. Handels- und seerechtlich ist dies laut Lohmann indes sehr riskant. Es stelle, sagt der Experte, eine weitere Stufe der „Eskalation“ gegenüber Putin dar.
In Sassnitz keimt jetzt – nicht zu unrecht – die Angst, Russland könnte sich vor Ort spürbar gegen die Kaperung des Schiffes wehren. Vielleicht wäre es gar nicht so dumm, schon mal präventiv Öl-Barrieren ums Schiff zu legen.
Für mich unerklärlich: Bremer Medien berichten über die neuartige, riskante Handlungsweise der „Bundesregierung auf Abruf“ nichts. Null. Nada.
Dabei hat BuBi erst vorige Woche darauf hingewiesen, dass in Bremen ein „bundesweit einzigartiges internationales Gericht“ entsteht. Themen dort laut ButenunBinnen: Internationale Streitfälle in der „Luftfahrt-, Weltraum- und Wasserstofftechnologie, sowie bei Fracht-, Spedition- und Lagergeschäften und im maritimen Handel„. Der offizielle Name des neuen Gerichts wurde auch genannt: „Hanseatic Commercial Court for aerospace, logistics and maritime trades“. Schade, dass die Kollegen nicht die gedankliche Verbindung zur „Eventin“ hergestellt haben.
Fassungslos macht auch ein Blick nach Estland. Dessen Parlament hat jüngst ohne Not beschlossen: 80.000 russischen und 2.700 belarussischen Staatsbürgern, die in dem baltischen Staat arbeiten und leben, wird ab sofort das kommunale Wahlrecht entzogen.
Putin wird den Esten dafür vermutlich keine Blumensträuße binden. Eher überlegen, ob er dieses Land irgendwann nicht auch mal „besuchen“ sollte…
Ich frage mich, ob dieser Beschluss irgend etwas Sinnvolles bewirken kann – außer Provokation. Man darf nicht vergessen, dass rund ein Viertel der Bevölkerung (von insgesamt 1,2 Millionen) ursprünglich russischstämmig ist. So wie bei uns im Ruhrgebiet halt viele „Koslowskis“ etc. früher mal Polen waren.
Jetzt folgt ein IRRTUM, den ich aber stehen lasse, weil sich darauf zwei Leserkommentare beziehen:
Ursprungstext: Erneut wundersam: Der Entzug des Wahlrechtes für Russen und Belarussen widerspricht EU-Recht. (Dies ist falsch, beziehungsweise differenzierter zu betrachten. Dazu hat ein Leser einen umfangreichen Kommentar angekündigt, den ich veröffentliche, sobald er vorliegt. Das Verhältnis Russen-Balten und umgekehrt ist historisch sehr vorbelastet).
Weiter mit dem ursprünglichen Text:
Der Parlamentsbeschluss von Tallinn passt übrigens zur Politik der neuen EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas, zuvor Premierministerin von Estland. Sie kämpft bei jeder EU-Konferenz für zig-Milliarden-schwere Waffenlieferungen zugunsten der Ukraine.
Da überrascht es auch nicht, dass die EU den Schwarzmeer-Deal zwischen Putin und Trump (Getreidehandel über See) boykottiert, indem „Europa“ weiter das Swift-Bankensystem für russische Transaktionen sperrt.
Genug des Internationalen, das freilich bis nach Bremen wirkt. Der Weser-Kurier kommentiert heute beispielsweise locker-flockig: „Neue Vorratslager mit Verbandsmaterial und Lebensmittelkonserven? Zahlreiche Kriegsverletzte , die auch in zivilen Kliniken versorgt werden müssen? Es gibt dazu kaum Informationen…“
Liebe Leserinnen und Leser: Der nächste Blog wird – ich schwör’s – wieder voll-bremisch. Und: Völlig anders als Sie es bisher von mir gewohnt sind.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Schauen Sie noch mal in den vorigen Beitrag „CDU will an die Spitze…“. BD-Fraktionshef Jan Timke hat recherchiert, warum er über keinen Dienstwagen verfügt. Steht unter den Kommentaren.
Nicht-EU-Bürger haben in Bremen auch kein Wahlrecht, auf keiner Ebene – null, nichts, nada. Warum sollen Russen dann in Estland wählen dürfen?
Herr Schuller, Ihre „Offenheit“ gegenüber Russland, die ja ihr Nachbarland überfallen haben, finde ich sehr befremdlich.
Verehrter Herr Schuller, es ist zum Verzweifeln mit Ihnen. Sie wollen es einfach nicht verstehen: Der Gute, einmal gut, kann gar nicht anders, als gut zu handeln, der Böse, einmal böse, nicht anders, als böse zu handeln. Wenn Sie dies einmal richtig begriffen hätten, würden Sie nicht immer so völlig amoralisch rumdifferenzieren, Handlungen auf ihre Wirkung hin betrachten und ähnlich Unsinniges tun. Sie könnten im Gegenzug ohne das leben, was der kleine Rabe Socke kindgerecht „Nachdenkkopfschmerzen“ und die akademische Psychologie „kognitive Dissonanz“ nennt. Die führen nur zu inneren Spannungen und Stress. Machen Sie es wie die Kollegen vom Weser-Kurier: Schauen Sie nicht zu genau hin, kultivieren Sie ein monolithisches Weltbild! Dann wissen Sie sich einig mit der Mehrzahl Ihrer journalistischen Community, sind voll des Wohlgefühls moralischer Rechtschaffenheit und halten Ihren Blutdruck niedrig. So geht gesunder Journalismus – für Sie und Ihre Leserschaft!
@Robert Hannemann. Ja, sorry, ich habe mich geirrt. Türken, Nicht-EU-Bürger, dürfen auch in Bremen nicht an den Kommunalwahlen teilnehmen. Freilich frage ich mich, warum Russen und Belarussen bislang in Estland kommunal mitwählen durften, jetzt aber nicht mehr.
Lieber Axel Schuller, bitte weiter aufregen! Denn es ist ungeheuerlich, was dort passiert – unter dem Deckmantel, „Freiheit und Demokratie für die Ukraine“ zu verteidigen.
Aber du solltest Dich nicht alleine aufregen; wir könnten das endlich alle mal lauter werden lassen, unseren Wunsch nach Frieden statt nach Kriegstreiberei. Vielleicht beim Ostermarsch am 19.4. 2025 um 12 Uhr auf dem Bremer Marktplatz
Freue mich schon auf den nächsten Blog, der sich dann sicherlich mal ausführlich mit den russischen Kriegsverbrechen befasst. Ach nee, lieber doch nicht. Das wäre ja eine Provokation.
Auch ich halte die Überführung des Öltankers MS Eventin in deutsches Eigentum, wie auch der Experte Sascha Lohmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik schreibt, für rechtlich höchst problematisch. Ich bin gespannt, wie der Flaggenstaat Panama und/oder der Eigentümer der Ladung darauf reagieren. Wie man auf die absurde Konstruktion kommen konnte, dass hier der Versuch gemacht worden sei, das Öl widerrechtlich in die EU einzuführen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Ladung befand sich bis jetzt noch auf dem „Staatsgebiet“ von Panama. Diese abenteuerliche Aktion der deutschen Regierung mit Diebstahl oder Piraterie zu vergleichen, ist nicht abwegig.
1. Wenn es den Russen in Estland nicht gefällt, könnten Sie auch gehen.
2. Die Ukrainer in den besetzen Gebieten des Donbaß werden zwangsrussifiziert oder sie müssen ihre Heimat verlassen, deadline 10.09.25
3. Ist Krieg!
4. Diesen hat ohne Not Putin-Rußland angefangen.
5. Und diesen will Putin-Russland nicht beenden.
6. Kriege sollte man gewinnen, sonst ist man der Arsch!
7. Der Scheißtanker ist eine Riesengefahr für die deutsche Umwelt
8. Die anderen Scheißtanker sollten wir auch festsetzen, bevor es eine Ölpest in der Ostsee gibt.
9. Putin-Rußland hat bei uns Krieg angefangen und droht uns.
10. Im Krieg gibt es Gewalt und kein Recht und was zählt, sind die deutschen und europäischen Interessen und die sind durchzusetzen!
Herr Schuller, Estland hat allen Nicht-EU-Ausländern das kommunale Wahlrecht entzogen, nicht nur den Russen und Belarussen. Russen mit estnischer Staatsbürgerschaft sind davon nicht betroffen. Inwiefern widerspricht das europäischem Recht? Und wenn Sie sich schon irren, wie Sie in einer anderen Antwort zugegeben haben, dann sollten Sie es auch im Artikel ändern und vermerken und die Falschbehauptung nicht stehen lassen.
„Russland gefährdet unsere europäische Sicherheit nicht nur mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine, sondern auch mit durchtrennten Kabeln, verschobenen Grenzbojen, Desinformationskampagnen, GPS-Störsendern, und eben auch mit maroden Öltankern.“ Aus dem Auswärtigen Amt hieß es zudem, Schiffe wie der havarierte Öltanker vor Rügen dienten der gezielten Umgehung westlicher Sanktionen. Demnach wurden bisher von der EU 79 Schiffe mit Sanktionen belegt.“
Zudem laufen einige der short-term Sicherheitscertifikate der Eventim am 17.4.2025 aus, d.h. das Schiff muß vor dem 17.4.25 in verschiedenen Bereichen auf Schiffs-Sicherheit und Fahrbereitschaft extern überprüft werden. Der Totalausfall der Bordelektrik (absolute Manövrierunfähigkeit) macht dies nachdrücklich und dringend erforderlich. Die Klassifikations-gesellschaft DNV – eine Art Schiffs-Tüv- ist damit aktuell beauftragt. Ergebnis ?
Neben den nachvollziehbaren Argumenten von R. Kunkel, stellt sich zudem die Frage, wer wird eigentlich den erheblichen materiellen und personellen Havarieaufwand bezahlen? Allein der Öltanker „Yannis P.“ verursachte durch seine Havarie in der Ostsee Kosten in Höhe von 250.000 Euro. Hinzu kommt, dass diese Schiffe meistens nicht ausreichend versichert sind.
Als aktueller Eigner der Eventim ist seit Mai 2024 die Reederei Laliya Shipping Corp с/о Vaigai Lines Inc. in den Vereinigten Arabischen Emiraten als letzter Schiffseigner registriert.(the beneficial owner, Fractal Marine Dmcc, based in the United Arab Emirates, has been sanctioned by the UK government) !!!.
Hier geht es neben vielen anderen berechtigten Gründen (Durchsetzung von Sanktionen) auch um einen dringlich durch zu setzenden Schutz der Ostsee und der angrenzenden Länder vor Umweltkatastrophen durch solche Öltanker (Hier bspw. 99.000 t Öl ). Auch dieses Risiko ist Teil der hybriden Bedrohungslage in der wir alle – spätestens durch den Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine- hineingezogen worden sind.
Zudem fehlt ersichtlich auf russischer Seite jedwede, ernst zu nehmende Absicht Putins, diesen Krieg zu beenden. Zumindest dies sollte inzwischen glasklar geworden sein. Mit einem weiteren „Kopf-in- den-Sand-Pazifismus“ – so sehr man das beklagen mag- wird es nicht mehr gehen! Die Historie der Mißerfolge einer solchen Appeasement-strategie ist leider sehr lang und zeigt leider auch, dass der Appetit des Aggressors mit jedem Erfolg wächst.
Nähere Infos zur Problematik dieser „schwarzen Öltankerflotte:
:https://www.linkedin.com/posts/amidaniel_another-shadow-fleet-related-event-in-the-activity-7283507056274247682-Mcf4
@Stefan Koch: Schauen Sie bitte mal in den Text.
Abgesehen davon, dass man das Vorgehen und auch die Ignoranz des WK in Sachen Öltanker durchaus kritisch sehen kann, finde ich Ihren Vergleich mit somalischen Piraten dann doch etwas hanebüchen.
Beim Wahlrecht muss man schon genauer hinschauen: Weltweit ist das Wahlrecht meist an die Staatsbürgerschaft gebunden. Beim Kommunalwahlrecht macht die EU die (löbliche) Ausnahme, dass EU-Bürger, die länger als 3 Monate ihren Wohnsitz irgendwo innerhalb der EU haben, ein kommunales Wahlrecht in dieser Gemeinde haben. Umgekehrt gilt auch für Auslandsdeutsche, dass sie bei einem Wohnsitz im Ausland kein Kommunalwahlrecht bei uns haben. Eine vernünftige Regelung finde ich.
Estland ist einen Schritt weiter gegangen und hat allen Einwohnern mit einem Wohnsitz in Estland das kommunale Wahlrecht gewährt. Also nicht nur EU-Bürgern, sondern auch Russen, Chinesen, Indern, Amerikanern und allen sonstigen Ausländern. Diese hatten bisher in Estland ein kommunales Wahlrecht, wenn sie ihren ständigen Wohnsitz dort hatten. Diese Besonderheit ist durch die Verfassungsänderung vom 26. März nun Geschichte. Künftig haben nur noch estnische und EU-Bürger das Wahlrecht.
Das Problem dieser Entscheidung ist, dass damit eine – vorwiegend russischstämmige – Bevölkerungsgruppe betroffen ist, die sich als Esten fühlen, völkerrechtlich aber als staatenlos gelten. Es handelt sich dabei auch nicht um russische Staatsbürger, die nach Estland migriert sind, sondern um Sowjetbürger, die in Estland geboren wurden, aber mit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten nicht eingebürgert wurden. Als die Sowjetunion dann zerbrach, waren sie staatenlos. Dies wiederum ist Ergebnis einer problematischen Ethnopolitik der Staaten Estland und Lettland: Während Litauen mit Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1990 allen Einwohnern die litauische Staatsbürgerschaft anbot, beschritten Estland und Lettland den Sonderweg, die Staatsbürgerschaft nur den Einwohnern anzubieten, die ihre Abstammung von estnischen bzw. lettischen Staatsbürgern vor der Besetzung durch die Sowjetunion 1940 nachweisen konnten. Wer von Stalin in die baltischen Staaten verschleppt worden und dort seine Heimat gefunden hatte, war ab 1990 plötzlich kein Staatsbürger von Estland bzw. Lettland mehr. Natürlich konnte man sich dann noch einbürgern lassen, aber zu Bedingungen, die für Ausländer gelten. Das kann diskriminierend empfunden werden und hat natürlich zu Spannungen geführt. Europarat wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben das mehrfach moniert. Leider hat auch Brüssel diese Ethnopolitik bei den Beitrittsverhandlungen passieren lassen. Seitdem hat es in Estland und Lettland sicherlich eine Reihe von Gesetzesänderungen gegeben, die diesen sozialen Zündstoff entschärfen sollten. Es hat aber auch immer Widerstand von ultra-nationalen Parteien in Estland und Lettland gegen diese Änderungen gegeben. In diesem Zusammenhang ist auch das jüngste Vorhaben der lettischen Regierung, das Unterrichtsfach Russisch an Schulen bis 2031 abzuschaffen, bedenklich. Denn man muss sehen, dass die Mehrheit der Esten und Letten russisch verstehen und sprechen. Mehrsprachigkeit ist ein Vorteil; der Krieg in der Ukraine wird irgendwann zu Ende gehen. Und dann braucht man Brückenbauer. Das sieht selbst die TAZ so. Ein kulturelles Erbe aus überschwänglichem Nationalismus zu leugnen ist gefährlich und wir sehen daran, dass wir Entwicklungen im östlichen Teil der EU immer noch nicht verstanden haben und verstehen.
Seit Ende Februar 2022 wurden 16 Sanktionspakete sowie weitere Verbote und Beschränkungen der EU gegen Russland und Belarus verabschiedet
Im 16. Sanktionspaket vom 24. Februar 2025 wurden zusätzliche Handels und Exportbeschränkungen, eine erweiterte Liste sanktionierter Personen und Organisationen und Sanktionen gegen russische Medien verabschiedet.
Aber beschlossen wurden auch schärfere Maßnahmen gegen die „russische Schattenflotte“.
„Die EU hatte bereits zuvor knapp 80 Schiffen das Einlaufen in Häfen untersagt und Unternehmen verboten, ihnen Dienstleistungen anzubieten. Nun werden 73 weitere Schiffe auf die Sanktionsliste gesetzt. Zudem wurden Regeländerungen vorgenommen, die es ermöglichen, nicht nur die Betreiber, sondern auch Eigentümer und Kapitäne dieser Schiffe mit Sanktionen zu belegen.
Die Schattenflotte besteht aus Schiffen mit undurchsichtigen Eigentumsverhältnissen, die zur Umgehung von Sanktionen genutzt werden. Russland setzt zunehmend auf überalterte Tanker aus Drittstaaten, da eigene Schiffe nicht mehr so einfach einsetzbar sind. Neben dem Transport von Rohöl gibt es zudem Befürchtungen, dass diese Schiffe für Sabotageaktionen gegen Unterwasserinfrastrukturen genutzt werden könnten.“(Quelle: Bundesregierung)
Es ist anzunehmen, dass der Öltanker “Eventin“ von der Bundesregierung mit dieser Begründung festgesetzt wurde.
Zur Gesamtwirkung der Sanktionspakete schreibt die EU:
Nach Angaben der Europäischen Kommission betraf das Verbot der EU seit Februar 2022 Waren im Wert von 48 Mrd. €, die nach Russland ausgeführt worden wären, und Güter im Wert von 91,2 Mrd. €, die aus Russland eingeführt worden wären. Das bedeutet, dass im Vergleich zum Handelsvolumen von 2021 derzeit 54 % der Ausfuhren und 58 % der Einfuhren einem Embargo unterliegen. (Europäischer Rat ; Rat der Europäischen Kommission)
Außerdem haben die EU und die G-7-Staaten gemeinsam bis dato mehr als 300 Milliarden Euro in russischen Vermögenswerten eingefroren. Nur ein Bruchteil davon sind Privatvermögen, das meiste sind Reserven der russischen Zentralbank. (welt.de)
Es lässt sich sagen, dass sich die Außenpolitik der EU und der BRD in Sanktionen gegen Russland und Waffenlieferungen für die Ukraine erschöpft. Es finden sich keine Ansätze für eine diplomatische Lösung.
Angesichts der Kommentare eine weitere Anmerkung von mir: Stefan Koch hat recht, dass sich die Verfassungsänderung nicht gegen Russen und Belarussen richtet, sondern gegen alle Ausländer in Estland – sofern sie nicht EU-Bürger sind. In den Schlagzeilen unserer Medien wird das so dargestellt, als richte sich die Maßnahme gegen Russen und Belarussen und sei Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Aber das stimmt so nicht.
Wirklich betroffen sind in Estland die Staatenlosen, deren Vorfahren von Stalin nach der Annexion 1940 ins Baltikum verschleppt wurden, dort mittlerweile ihre Heimat gefunden haben, aber im Zuge der erneuten Unabhängigkeit der baltischen Staaten nicht die Staatsbürgerschaft ihres Landes zugesprochen bekommen haben. Sie erhielten lediglich ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht, das kommunale Wahlrecht und den offiziellen Status „Personen mit unbestimmter Staatsbürgerschaft“. (In Lettland heißen diese Personen „Nichtbürger“, für die es sogar einen eigenen Pass gibt.)
Wie groß diese Gruppe ist, ist nicht genau ermittelbar. Schätzungen sprechen aber davon, dass diese Personengruppe bei der Unabhängigkeit 1990 ein Viertel der Bevölkerung repräsentierte (s, OSZE-Jahrbuch 2015, Baden-Baden 2016, S. 199-215). Also keine Randgruppe. Mittlerweile ist die Zahl natürlich kleiner geworden, weil viele dieser „Nichtbürger“ dem Druck nachgegeben haben und sich der Einbürgerungsprozedur für Esten und Letten unterworfen haben. Im Laufe der Zeit sind die Einbürgerungsvorschriften für diese Bevölkerungsgruppe auch erleichtert worden. Aber bis vor wenigen Jahren waren Neugeborene dieser Bewohner nicht automatisch Esten. Dagegen gab es eine starke politische Opposition. Man musste erst die Abstammung von Esten aus der 1. Republik vor 1940 nachweisen, um automatisch estnischer Bürger zu werden.
Es ist also nicht Putin, sondern ein offensiver und etablierter Nationalismus der sich seit 1990 gegen diese Bevölkerungsgruppe richtet. Es ist auch nicht – wie bei uns- mit mangender mangelnder Integration zu begründen: Laut OSZE-Bericht empfinden sich die Mehrheit dieser „Nichtbürger“ als Patrioten und vier Fünftel dieser estnischen Russen empfinden gemäßigte bis starke nationale Identität. Woher auch: Sie leben seit mehreren Generationen in Estland, sprechen die Mehrheitssprache und viele ihrer Familien haben für die Unabhängigkeit gekämpft.
In Zahlen: 68% der estnischen Bevölkerung spricht russisch, 29% als Muttersprache und 39% als Fremdsprache. In Städten wie Narva sprechen 95% russisch und in Tallin sind immerhin 45% keine ethnischen Esten. Deshalb muss es für Deutsche beklemmend sein, dass dort die richtige Abstammung Merkmal für echte estnische Staatsbürgerschaft war und ist und es offensichtlich starke Kräfte im Land gibt, die die russische Vergangenheit tilgen wollen. Auf diesem Hintergrund fällt es schwer zu glauben, dass diese Verfassungsänderung nur aus Angst vor Putin gemacht wurde. Sie hat einen nationalistischen Kern.
Natürlich gibt es auch besonnene Kräfte und es ist auch wahr, dass Estland schwer gelitten hat, als Stalin 1940 Estland besetzte und zehntausende Esten nach Sibirien deportieren ließ. Die Unabhängigkeit ist eben nicht einfach so entstanden. Deshalb ist es eben auch so schade, dass dies in den Medien nicht reflektiert wird.
Und wir sollen weiter tatenlos zusehen, wie schrottreife Schiffe Anker verlieren und Leitungen beschädigen? Das würde Putin sich auch nicht gefallen lassen.
Dass Nicht-EU-Bürger in anderen EU-Staaten (wie Deutschland) kein kommunales Wahlrecht haben wurde ja schon oft genug erwähnt.
Ich frage mich auch, was ais wessen Seite Sie stehen und was das alles soll. Apeasement-Politik hat uns in die jetzige Krise gebracht – das machen wir doch bitte nicht weiter!
Jedem, der hier gebetsmühlenartig die brav von den Medien verbreitete Formel „völkerrechtwidriger Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“ wiederholt, sei dieser Artikel von John Pilger, einem wirklich renommierten englischen Journalisten ans Herz gelegt https://www.theguardian.com/commentisfree/2014/may/13/ukraine-us-war-russia-john-pilger?CMP=share_btn_url
Sowas kommt eben von sowas, und wir alle sind gut beraten, das, was man uns erzählt, kritisch zu hinterfragen und zu versuchen, beide Seiten zu sehen. Auch die Amerikaner würden es nicht zulassen, dass Russland Truppenübungen in Kuba oder Mexiko durchführt, die dortigen Regierungen stürzt und gegen russenfreundliche austauscht. Und, wer möchte denn gerne in den Krieg ziehen, oder seine Kinder dahin schicken? Alle säbelrasselnden Politiker sicher nicht! Alle Sanktionen gegen Russland haben nur uns geschadet, die wir dasselbe Öl jetzt über Drittländer zum dreifachen Preis einkaufen. Selbst mit amerikanischer Hilfe konnte dieser Krieg bisher nicht gewonnen werden, jetzt wollen wir allein in 5 Jahren soweit sein, trotz Fachkräftemangel, maroder Infrastruktur und Bauzeiten, die sich über Jahre hinziehen? Wollen wir das, wirklich? Oder wird es uns einfach immer wieder eingehämmert, dass wir das wollen müssen? Können wir absehen, wieviel Lobbyismus durch Profiteure dahinter steckt? Wäre es nicht an der Zeit, es einmal mit Ernst gemeinter Diplomatie zu versuchen?
Es ist übrigens interessant, wer von den (noch) amtierenden Regierungspolitikern, inkl. Panzer-Toni und Grünen-Unterstützern den Wehrdienst absolviert hat – die Mehrheit wollte seinerzeit nix von miefigen Kasernen wissen, sondern zog – fast immer als „Heimschläfer“ – häufig den Ersatzdienst vor. Außer dem viel geschmähten rausgeworfenen Finanzminister Christian Lindner. Nebenbei: Die -zig Wirtschaftsverbände, die jetzt die schwarz-roten Fast-Koalitionäre zum Aufschwung der Wirtschaft auffordern, haben Lindner und die FDP am Ampel-Ende schmählich im Regen stehen lassen.