Weser-Kurier-Auflage fällt erstmals unter 100.000 verkaufte Exemplare

27.04.2025 6 Von Axel Schuller

Achtung, heute falle ich mit der Tür ins Haus: Erstmals in der Verlagsgeschichte ist die verkaufte Auflage des Weser-Kurier im ersten Quartal eines Jahres unter die 100.000er Marke gerutscht. Wäre ich einer der Eigentümer der Bremer Tageszeitungen AG, Dr. Ulrich Hackmack und Christian Güssow (übrigens Schwiegersohn des genialen Bremer Grafik-Professors Fritz Haase), würde ich mir spätestens jetzt Sorgen um mein Verlags-Eigentum machen. Und immer wieder stellt sich die Frage: Ist das Blatt vielleicht auch selbst an der Misere schuld?

Damit Sie, liebe Leserschaft, nicht meinen, ich sei unter die Miesmacher gegangen, hier die konkreten Zahlen, die der Verlag der Werbewirtschaft (ivw) zur Prüfung selbst meldet. Also: knallharte Fakten.

Demnach betrug die verkaufte Auflage im ersten Quartal 2025: 96.265 Zeitungen (inklusive 22.032 ePaper). Ein Jahr zuvor (1.Qu. 2024) sahen die Zahlen noch ein klein wenig freundlicher aus: 101.739 (davon 20.166 ePaper) verkaufte Zeitungen.

Der bezahlte Verkauf sank damit um 5,38 Prozent. Die Zahl der treuesten Leser, nämlich der Abonnenten, sackte gar um 6,07 Prozent ab – von 90.230 auf 84.753.

Unter Auflagenverlust leiden die meisten Tageszeitungen. Einsam strahlender Stern am Auflagenhimmel ist hingegen die ZEIT: 636.000 verkaufte Exemplare (plus 5,2 Prozent). Dies ist die höchste Auflage seit Bestehen der Wochenzeitung.

Hat der Weser-Kurier mit seiner Art der Qualität womöglich zumindest einen Eigenanteil am rasanten Auflagenschwund? Ist wohl nicht auszuschließen.

Generell kämpfen alle lokalen Blätter gegen den Trend an, dass junge Leute nach Ausbildung oder Studium nicht mehr „automatisch“ eine Tageszeitung abonnieren. Doch manchen Zeitungen gelingt zumindest das Halten der Alt-Abonnenten besser als anderen.

Zu bedenken ist: Insbesondere ältere Leserinnen und Leser können es absolut nicht verknusen, Texte mit eingebauter Notwendigkeit zur Selbstrecherche zu lesen. Bedeutet: Du liest ein Stück und hast hintermehr bald mehr offene Fragen als zuvor.

Oder: Es mangelt vor der Veröffentlichung an einer gründlichen Korrektur. Oder: Angebliche informative Berichte transportieren in Wahrheit die Haltung/Meinung des Autoren. Und das schlimmste: Auf der Hand liegende Fragen stellt die Redaktion einfach nicht.

Von diesen No-Gos des seriösen Journalismus leistet sich der WK noch immer zu viele. Auch wenn jetzt Benjamin Piel als Co-Chefredakteur angeheuert hat.

Zwei Beispiele aus jüngster Vergangenheit: „Papst aus Afrika“, und: „Novellierung der Abgeordneten-Pensionen“.

Des weltweiten Interesses wegen fange ich mit dem Papst an.

Da stellt sich unser Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte hin und erklärt so ein bisschen onkelmäßig, es wäre doch eigentlich ganz schön, wenn der nächste Papst aus Afrika käme. Bremer Medien posaunen diese Meinungsäußerung des Bürgermeister und „Kirchensenators“ umgehend – Palast-Herolden ähnelnd – in die Welt hinaus. Erläutern, Hinterfragen, Einordnung – alles Fehlanzeige.

Dabei wirkt Herrn „Bovis“ Vorschlag irritierend, wenn man sich ein klein wenig mit dem Thema beschäftigt.

Ausgerechnet der per Eigendefinition linke und damit natürlich sehr „progressive“ Sozialdemokrat Bovenschulte wünscht den Katholiken (er ist keiner) einen afrikanischen Papst. Laut überregionalen Medien – von der Neuen Zürcher bis zum NDR – gelten gerade die afrikanischen Kardinäle als besonders konservativ; als Gegner der Schwulenehe; als Verteidiger des Zölibats usw.

Dies erfahren Nutzer von Weser-Kurier und Radio Bremen aber nicht. Dabei leistet sich der WK sogar einen Kirchen-Schreiber. Und jede öffentlich-rechtliche Anstalt verfügt – wie wir nach dem Tod von „Franziskus“ lernen durften – über „Kirchenredaktionen“.

Nächstes Thema: Novellierung der Abgeordneten-Pensionen“. Meine Kollegen berichteten zwar darüber, dass der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss (VGO) des Parlaments über die Gesetzes-Novellierung beraten hat. Als strittig werden zwei Punkte genannt: 1. Ab wann die neue Versorgung wirksam werde – in der nächsten Legislaturperiode (Mitte 2027) oder doch schon in der laufenden? Und 2.: Wird es eine Höchstgrenze für Abgeordneten-Pensionen geben? Details? Fehlanzeige. 

Infos, wie und wo ein Limit gelten könnte, wurden nicht mitgeliefert. Dafür am Sonnabend ein deftiger WK-Kommentar, der offenbar eher das Ziel verfolgte, Volkes Seele zum Kochen zu bringen.

Zwei, drei Nachfragen unter Mitgliedern des VGO-Ausschusses hätten rasch für Erkenntnisgewinn sorgen können. Während der erste Entwurf des Gesetzentwurfes eine Pensionsgrenze von 60 Prozent eines Monatsgehaltes (Diät von 6,176,55 Euro) enthielt, plädieren CDU und SPD jetzt für eine Obergrenze von 42 Prozent.

Wow, das wäre ja immerhin eine ordentliche Reaktion auf Kritik an den ursprünglich angepeilten 60 Prozent nach 36 Jahren, also 3.705,93 Euro. Die neue Überlegung, die jetzt noch in den Fraktionen abgesegnet werden muss: Nach 24 Jahren der Abgeordnetentätigkeit gibt’s max. 42 %. Wer noch länger in der Bürgerschaft sitzt, erwirbt keine zusätzlichen Pensions-Prozente. Aktuell wäre (ab dem 63. Lebensjahr) bei 2.594,15 Euro Schluss.

Diese Zahlen findet man in der Berichterstattung leider nicht.

Übrigens: Wie wäre es mal mit einem  Gegenmodell? Alle Berufstätigen – Arbeiter, Angestellte, Politiker und Beamte – zahlen in eine gemeinsame Rentenkasse ein. Unternehmer gerne auch. Beim Erreichen der Altersgrenze erhalten dann alle eine Rente entsprechend der Einzahlungen. Wär doch mal was: Mehr für normale Rentner, weniger für Beamte und Politiker.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Liebe Leserschaft, herzlichen Dank für die vielen privaten Beileidsbekundungen zum Tod „meines“ Technikers Willi Karg. Danke auch für Angebote, mich künftig technisch zu unterstützen. Ich werde darauf zurückkommen.