Will Bovenschulte den SPD-Parteivorstand als Sprungbrett nutzen?

02.05.2025 7 Von Axel Schuller

Nun ist der „Kater aus dem Sack“. Dr. Andreas Bovenschulte kandidiert für einen Sitz im SPD-Bundesparteivorstand. Damit werden vieler seiner Äußerungen bei LinkedIn und X etwas besser nachvollziehbar. Dort geriert er sich seit vielen Wochen als Ober-Linker seiner Partei. Ist zuletzt sogar der SPD-Linken Saskia Esken zur Seite gesprungen. Dennoch erlaube ich mir eine Frage: Hat Bovenschulte in Bremen wirklich alles erledigt, also nix mehr zu tun? Aber Hallo! Mehr als genug.

Schauen wir uns bloß den Zustand seiner rot-grün-roten Koalition und noch schlimmer – die Finanzlage des kleinsten Bundeslandes – an.

Finanzen: Alle Bremer Landespolitiker geiern regelrecht auf die Millionen, die aufgrund der Mega-Neuverschuldung des Bundes auch in der Bremer Kasse erwartet werden. Das Geld wird dringend benötigt, schließlich ist unser Bundesländchen so heftig wie kein anderes verschuldet. Und die Spendierhosen mag man an der Weser partout nicht ausziehen. Ich sage nur: FreiKarten für alle Menschenkinder zwischen 1 Tag und 18 Jahren.

Die harten Fakten für die Neuverschuldung sehen aktuell jedoch extrem düster aus: Der Bundestag hat zwar für die nächsten zehn Jahre eine Neuverschuldung in Höhe von 500 Milliarden Euro mehrheitlich für gut geheißen.

Aber, und jetzt kommt ein ganz großes ABER: Kann Deutschland diese dramatische Schuldenerhöhung in der EU überhaupt durchsetzen, ohne wahrscheinliche Einsprüche der Ober-Schuldenmacher wie Frankreich, Italien, Spanien und Griechenland teuer „abkaufen“ zu müssen?

Zu diesem Thema empfehle ich dringend die glasklaren Ausführungen von Gabor Steingart und mehreren Finanzexperten im Mediendienst „The Pioneer“ vom 2.5.25.

Der scheidende Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) hat demnach die 400 Milliarden Extra-Schulden für die Aufrüstung in Brüssel angemeldet. Guten Gewissens, weil dieser Topf mit „außergewöhnlichen Umständen“ erklärlich ist.

Für den 500 Milliarden umfassenden Infrastrukturtopf hat Kukies bei der EU indes keine Genehmigung beantragt. Der Grund: Er kann nicht überzeugend begründen, warum Deutschland heile Brücken und Straßen nicht aus den laufenden Einnahmen begleichen kann.

Außerdem: Nimmt Deutschland so viel Geld an Krediten auf, steigen die Zinsen insgesamt. Auch in Europa. Damit natürlich auch für jetzt schon höchst verschuldete Mitgliedsstaaten.

Eine denkbare Lösung laut Finanzwissenschaftlern wären die von Deutschland bislang wie die Pest gemiedenen „Euro-Bonds“ – also dank noch immer deutscher Stabilität verbilligte Kredite für alle Euro-Länder. Für die Deutschland im Fall der Fälle zu großen Teilen geradestehen müsste. 

Sehr fraglich, ob Friedrich Merz nach seinem Bruch des Versprechens, keine neue Schulden zu machen, auch noch bei der bislang unverbrüchlichen Euro-Bonds-Position einknickt. Wenn ja, könnte sich der feine Herr Merz aus der Politik zurückziehen und seine dann überlange Pinocchio-Nase pflegen…

Liebe Leserschaft, und was hat das alles mit Bremen zu tun? Sehr viel: Darf der Bund keine 500 Milliarden oder deutlich weniger aufnehmen, wird die Erlaubnis für die Länder, neues Geld zu pumpen, ebenfalls entfallen/reduziert.

Neben der zentralen Finanzfrage hätte Bovenschulte immer noch genug Arbeit in Bremen: Das Schulsystem ist weiterhin derart im Eimer, dass eigentlich nur ein kompletter Reset helfen kann.

Weiter im Horrorladen: Bremen hat die höchste Armutsquote aller Bundesländer. Die Arbeitslosigkeit beträgt mittlerweile 11 Prozent (Bund: 6,4%).

Der dringend notwendige Neubau von bezahlbaren Wohnungen kommt nicht voran.

Andreas Bovenschulte hat das Thema zwar mit dem Einsetzen der Senatskommission für Wohnungsbau zur Chefsache gemacht. Doch bislang ohne allgemein-gültige Ergebnisse. Die Grünen blockieren bislang das Protokoll der Kommissionssitzung (runter mit dem Bremer Standard auf Bundeslevel, Vereinfachung der Baugenehmigungen etc).

Bislang muss man zu dem Thema leider feststellen: Außer Spesen nix gewesen.

Oder, zugespitzter: Außer schnacken nix gebacken.

Symptomatisch für die zerstrittene rot-grün-rote Koalition ist ein Fleckchen Erde im Technologiepark. Die „Horner Spitze“ würde beispielsweise OHB eine geeignete (und dringend benötigte) Erweiterungsfläche bieten.

Eine Bürgerinitiative hat dort nun zusammen mit dem Grünen Ralf Saxe eine überlebenswichtige „Frischluftschneise“ ausgemacht.

Und der Senat? Wartet ab.

Nebenbei: Während in Bremen über die Frischluftzufuhr nachgedacht wird, sorgen sich bundes- und europaweit denkende Zeitgenossen eher um die Wettbewerbsfähigkeit von OHB. Der Grund: Das Thema Raumfahrt wandert ins CSU-geführte Ministerium für Forschung und Raumfahrt. Die Betonung der Raumfahrt ist zwar klasse, aber die CSU hat ihre Zuständigkeiten für Fachgebiete in der Vergangenheit (siehe Verkehrsministerium) stets zu nutzen gewusst – um das eigene Bundesland extrem zu bevorzugen. Die künftige Ministerin Dorothee Bär (CSU) dürfte da nicht anders ticken als früher ihre Parteifreunde. Einziger Lichtblick am bajuwarischen Horizont: OHB verfügt dort über eine Tochterfirma…

Zurück zu Andreas Bovenschulte. Schaut man sich seine überwiegend linksgerichteten Posts bei LinkedIn und X der vergangenen Monate an, insbesondere jene gegen die Wirtschaft, wird durch seine nunmehr bekanntgegebene Kandidatur für den SPD-Parteivorstand ein Schuh draus.

Angesichts der mannigfachen Probleme in Bremen wäre ein gewisser Fluchtinstinkt zumindest menschlich erklärlich.

Hoppla, da fällt mir ein: Martin Schulz, Ex-EU-Parlamentspräsident, dann SPD-Spitzenkandidat der Bundestagswahl 2017, wurde mit dem Vorsitz der SPD-bestimmten Friedrich-Ebert-Stiftung abgefunden. Schulz wird in diesem Jahr 70. Spekuliert Bovenschulte – wird dieses Jahr 60 – mit der Zwischenstufe SPD-Parteivorstand womöglich auf den Sprung an die FES-Spitze? Der Job ist zwar schlechter als das Bremer Bürgermeisteramt bezahlt, aber auch sehr viel geruhsamer. Immerhin ist der Mann seit noch nicht mal einem Jahr frisch mit Kerstin Krüger verheiratet.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihre Axel Schuller