Wie gut, dass Ulrich Mäurer noch Bremens Innensenator ist

07.05.2025 10 Von Axel Schuller

Oh Bremen, welch Glück du doch manchmal hast: Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gehört zu diesen „Pluspunkten“. Er behielt in der gestrigen Bürgerschaftsdebatte zum angestrebten Verbot der AfD als einer der wenigen einen kühlen Kopf. Allerdings könnte ihn dies noch in diesem Jahr sein Amt kosten. Mäurers Plädoyer, doch erst einmal das Verfassungsschutz-Gutachten mit dessen Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ zu lesen, zu prüfen und anschließend  daraus Schlüsse zu ziehen, mochten die meisten Parlamentarier partout nicht hören.

Ulrich Mäurer nahm in der Bürgerschaft kein Blatt vor den Mund. Der Mann wird im Sommer 74, absolviert (bis 2027) vermutlich seine letzte Amtszeit, genießt auf der politischen Bühne im Grunde eine völlige Unabhängigkeit – was zuweilen auch „Narrenfreiheit“ genannt wird.

Aus dieser Situation heraus erlaubte Mäurer sich eine Generalkritik an seiner Genossin Nancy Faeser. Er beschrieb die Veröffentlichung des Verfassungsschutz-Papieres durch die (vorige Woche) Noch-Bundesinnenministerin, dass man fast an einen Mini-Staatsstreich von ihr denken musste.

Demnach hatte Faeser am „Brückentag“ 2. Mai das 1.100-seitige Papier das Bundesamtes für Verfassungsschutz ohne vorherige Prüfung durch die zuständige Fachabteilung ihres Ministeriums veröffentlicht. Auch habe sich Faeser – völlig unüblich – in keinerlei Weise mit den Innenministerien der Bundesländer, auch nicht mit ihm, Mäurer, als Vorsitzendem der Innenministerkonferenz abgestimmt.

Da saßen nun die Bürgerschaftsabgeordneten von SPD, Grünen und Linken staunend und verärgert. Hatten sich doch die Fraktionschefs Mustafa Güngör (SPD), Dr. Henrike Müller (Grüne) und Sofia Leonidakis (Linke) fest vorgenommen, die AfD-Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ endlich und sofort zu nutzen, um im Bundesrat ein AfD-Verbotsverfahren voranzutreiben. Begründung: Die AfD gefährde die Demokratie.

Doch Mäurer führte den Parlamentariern ruhig und sachlich vor Augen, dass man die 1.100 Seiten doch sinnvollerweise zunächst lesen möge. Danach könne man ja immer noch Forderungen daraus ableiten. Dies erschien den bereits auf ein Verbotsverfahren festgelegten Abgeordneten offenbar zu langwierig.

Wundersam verhielt sich übrigens die CDU-Fraktion unter der (gestrigen) Anführerschaft von Dr. Wiebke Winter, der vermutlich künftigen Fraktionschefin. Erst berichtete sie, sie habe das Gutachen als Mitglied der parlamentarischen Kontrollkommission lesen dürfen, dann gab sie jedoch zu, dafür nur eine Stunde Zeit gehabt zu haben.

Entweder kann die Frau – wie man früher Bürgermeister Dr. Henning Scherf nachsagte – Texte per Handauflegen erfassen, oder aber sie hat gestern einfach übertrieben. 1.100 Seiten in einer Stunde zu lesen (also 18,3 Seiten pro Minute), dürfte selbst die intelligente Frau Winter überfordern.

Auf jeden Fall votierte sie überraschend zusammen mit 15 anderen Christdemokraten mit den drei Koalitionsparteien für die Aufforderung, der Senat solle sich sofort im Bundesrat für ein AfD-Verbot einsetzen.

Mäurer wies indes mit Bedacht darauf hin, dass der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bereits vorigen Freitag erklärt habe:  

„Die AFD muss man nicht wegverbieten, sondern wegregieren; und sich über die Themen unterhalten, die die AFD großgemacht haben“.  

Dobrindt hatte zudem angekündigt, er werde dafür sorgen, dass die entsprechende Fachabteilung im Bundesinnenministerium das Gutachten zunächst prüfen werde.

An diesen Kurs will sich auch Mäurer halten. Er hat das 1.100 Seiten Papier der Verfassungsschützer auf die Tagesordnung der nächsten Innenministerkonferenz vom 11. bis 13. Juni in Bremerhaven gesetzt. Dort solle über weitere Schritte beraten werden.

Nebenbei: Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer (SPD) nervte am Ende der gestrigen Debatte kolossal, indem sie alle 30 Sekunden die Sitzungsglocke anklingen ließ. Als Zeichen, Mäurer solle seine Rede beenden. Eigentlich völlig daneben. Sechs Abgeordnete sprachen jeweils 7 Minuten, also eine Dreiviertel Stunde – und dem zuständigen Fachsenator wird dann eine Redezeit von insgesamt 7 Minuten zugestanden. Wer sich nicht daran hält, bimmelt die Präsidentin alle 30 Sekunden an… Armes Bremen.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller