„Eventim“ erobert die Welt / Hammer: 542 Millionen Gewinn bei 2,8 Milliarden Umsatz

22.05.2025 4 Von Axel Schuller

Liebe Leserschaft, haben Sie eine Ahnung, welche Bremer Unternehmen mehr als eine Milliarde Euro Jahresumsatz machen? Über die BLG (1,2 Milliarden Umsatz, 98 Millionen Euro Gewinn) liest man in den bremischen Medien alle Nase lang etwas. Über OHB auch (1,4 Mrd. Umsatz / 111 Mio. Gewinn). Von der Zech Group (4,5 Mrd. / – ) und der Lürssen-Werft (2 Mrd. / –) sind die Umsätze in etwa bekannt, die Gewinne werden nicht veröffentlicht. Cordes & Graefe dürfte mit 14,5 Mrd. Umsatz der Bremer Champion sein. Über das in Bremen gegründete Ticketing- und Event-Unternehmen CTS Eventim (2,8 Milliarden / 542 Millionen) erfährt man aus Bremer Medien leider gar nix.

Liebe Leserschaft, ich fand die Ansprache des Eventim-Gründers und CEO Klaus-Peter Schulenberg (KPS) bei der Aktionärs-Versammlung im Parkhotel so eindrucksvoll, dass ich diese (etwas gekürzt) veröffentliche. Lesen Sie selbst, welch unglaubliche Entwicklung dieses inzwischen weltweit aktive Unternehmen genommen hat.

Zitat KPS Anfang:

„(…) Auch wenn wir unseren offiziellen Verwaltungssitz im vergangenen Jahr nach Hamburg verlegt haben, da wir dort immer mehr Management-Funktionen bündeln, bleibt der Maschinenraum doch in Bremen.

Einen Steinwurf von hier entfernt entwickeln unsere Teams neue Technologien und arbeiten an der Sicherheit unserer Systeme. Wir haben – und daran zweifeln nicht einmal unsere Mitbewerber – die leistungsfähigsten und zuverlässigsten Ticketsysteme weltweit.

Diese sind das schlagende Herz unseres Unternehmens, geben unseren weiteren Segmenten wie dem Veranstalter– und Venue (Veranstaltungsort)-Geschäft Sicherheit und schaffen oft den entscheidenden Vorteil, um im Markt zu reüssieren.

Dabei profitieren wir nicht nur selbst von diesen Vorteilen, sondern lassen auch unsere Veranstalterkunden daran teilhaben. Denn neben unseren Fähigkeiten sind Transparenz, Fairness und ganz besonders Wettbewerbsoffenheit wesentliche Erfolgsfaktoren.

Mehr als 90 Prozent der über unsere Systeme vermarkteten Tickets kommen von Drittveranstaltern, die nicht Teil der CTS EVENTIM Gruppe sind. Diese Zahl steht nicht nur für unseren wirtschaftlichen Erfolg, sondern vor allem auch für das Vertrauen, das die Branche in uns setzt.

Genauso setzen auch Sie als Aktionärinnen und Aktionäre Ihr Vertrauen in uns. Sie vertrauen darauf, dass wir die Chancen des globalen Live Entertainment Markts erkennen und nutzen. Und dass wir damit den Wert des Unternehmens auch in unserem gemeinsamen Sinne steigern. In aller Bescheidenheit möchte ich anmerken, dass uns das bislang sehr gut gelungen ist.

Unser Geschäftsmodell ist skalierbar, wachstumsstark und gleichzeitig widerstandsfähig gegenüber externen Einflüssen. Wir denken nicht in Quartalen, sondern in deutlich längeren Zeiträumen.

(…)

Als ich 1996 das kleine und eher unbedeutende Münchener Unternehmen „Computer Ticket Service“ erworben habe, das sich mit Programmen für den digitalen Ticketvertrieb in Vorverkaufsstellen befasst hat, da war das Internet für die meisten tatsächlich noch nicht sichtbar.

Als 2000 die Dotcom-Blase platzte, zeigte sich die Werthaltigkeit unseres Geschäfts. Als die LANXESS Arena drohte, zu einem Millionengrab für ihre Investoren und die Stadt Köln zu werden, haben wir den Betrieb übernommen und aus dem maroden Konstrukt eine der erfolgreichsten Arenen Europas gemacht. Und als die Pandemie über uns alle hereinbrach, haben wir nichts abgewickelt, sondern – ganz im Gegenteil – wir haben in unsere Plattformen investiert, um sogar gestärkt aus der aufgezwungenen Krise hervorzugehen. (…)

Wir haben einen langen Atem, und wir wissen, was wir tun. So haben wir auch 2024 genutzt, um unser Wachstum weiter voranzutreiben – sowohl organisch als auch durch Akquisitionen und Partnerschaften.

Ticketing:

Im Segment Ticketing haben wir – Sie wissen das – die internationale Ticketing-Gruppe See Tickets von Vivendi übernommen. Ein Unternehmen, das vor allem in den USA und UK eine gute Position im Markt besitzt.

Wir haben mit diesem Geschäft aber nicht nur Marktanteile hinzugewonnen. Wir haben auch Ticketing-Technologien erworben, die unser Portfolio hervorragend ergänzen und helfen, neue Kundensegmente zu erschließen. Und wir haben Know-how in Form fähiger Experten und hervorragend arbeitender Teams hinzugewonnen.

(…) Im vergangenen Jahr haben wir die Mehrheit an France Billet übernommen und damit die Kontrolle über den Marktführer in einem der wichtigsten europäischen Entertainment-Märkte. (…)

Und auch die beiden Marktführer in Chile und Peru „Punto Ticket“ und „Teleticket“, die wir im November 2023 akquiriert hatten, haben sich im vergangenen Jahr hervorragend entwickelt und ihren Beitrag zum Gesamterfolg des Konzerns geleistet.

Die Olympischen Spiele in Paris waren die ersten, die mit unserer Hilfe ein voll digitales Ticketing umgesetzt haben. Wir haben die Kundenströme während der globalen Verkaufsperioden durch ein innovatives System von Buchungsslots so verteilt, dass wir die Fan Experience auf ein vollkommen neues Level bringen konnten. Und auch während der Spiele waren wir mit unseren Teams vor Ort und haben für einen reibungslosen Service gesorgt. Aus meiner Sicht also kein Wunder, dass vor wenigen Tagen das Ticketing für Paris 24 von einem Branchenmagazin (TheTicketingBusiness) als Kampagne des Jahres ausgezeichnet wurde.

Offensichtlich ist dieser Erfolg nicht unbeachtet geblieben. Denn inzwischen ist klar: Wir übernehmen das Ticketing auch für die olympischen Spiele in Milano Cortina 2026 und in den USA für Los Angeles 2028. Hier übrigens in Kooperation mit einem US-amerikanischen Partner.

Nicht zu vergessen eine neue Partnerschaft mit TikTok, die unsere Reichweite in der Ticketvermarktung noch einmal vergrößert.

Live

Auch im Segment Live Entertainment, also im Veranstaltergeschäft war 2024 ein gutes Jahr. Auch wenn hier der steigende Kostendruck besonders spürbar ist – sei es durch die hohen Kostensteigerungen für Personal und Infrastruktur oder auch durch die gestiegenen Gagen-Erwartungen der Künstler.

Gleichwohl hat das Live Entertainment gut abgeschnitten, im Vergleich zu globalen Mitbewerbern sogar außerordentlich gut.

Wir haben starke Festival-Marken im Portfolio. In Deutschland zum Beispiel das Hurricane, das Deichbrand oder das legendäre Rock am Ring. Rock am Ring feiert in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag und ist nicht zuletzt aus diesem Grund längst ausverkauft – in neuer Rekordzeit wohlgemerkt.

Die Marke besitzt eine überragende Anziehungskraft – nicht nur für Rockfans, sondern auch für Sponsoring-Partner. Wir konnten mehrere Deals neu verhandeln, neue Partner begrüßen und haben in diesem Jahr erstmals die BILD-Gruppe als Medien- und Streaming-Partner gewonnen. (…)

Neben den USA ist vor allem Asien eine Fokusregion für weiteres Wachstum. Die Bedeutung der asiatischen Popkultur wächst, wie man am Beispiel Koreas gut sehen kann. Grund genug für uns, unsere Präsenz im asiatischen Raum weiter auszubauen.

Und nicht zuletzt analysieren wir gerade weitere Wachstumschancen in Lateinamerika. Da wir mit Brasilien, Chile und Peru bereits in drei der wichtigsten Märkte als Ticketing-Anbieter aktiv sind, verfügen wir hier über eine hervorragende Positionierung, um auch im Veranstalter-Geschäft Fuß zu fassen und die gegenseitige Befruchtung der beiden Segmente vom Start weg zu nutzen.

(…)

Venue (Arenen)

Augenblicklich gibt es im Konzern nur einen Ort, an dem wir noch schneller wachsen als im Ticketing oder im Veranstalter-Geschäft, und das ist Mailand.

Wie berichtet bauen wir dort zurzeit Italiens größte, modernste und nachhaltigste Mehrzweck-Arena. Fertigstellung: bereits Ende des Jahres, was für eine Arena extrem schnell ist und für italienische Verhältnisse geradezu Lichtgeschwindigkeit bedeutet.

Bereits ab dem kommenden Jahr wird es in dieser ARENA MILANO Sport- und erstklassige Musik-Events geben. Den Auftakt machen die Olympischen Winterspiele Milano Cortina mit ihren Eishockey-Wettbewerben. Es folgt ein Programm wie man es aus der LANXESS Arena kennt.

Dank unserer Erfahrung im Bau und späteren Betrieb großer Event-Arenen haben wir im vergangenen Jahr auch den Zuschlag der Stadt Wien für den Bau einer neuen Arena erhalten. Wir befinden uns gerade in guten Gesprächen, um eine vertragliche Grundlage für die Zusammenarbeit zu finden.

Wir werden manchmal gefragt, ob wir ein Immobilienkonzern werden wollen. Jetzt, da wir uns auch als Bauherr engagieren. Die Antwort ist ganz klar: Nein. Wir sind und bleiben ein Entertainment-Konzern. Es ist nicht unsere Absicht, Arenen, die wir selbst bauen, später auch selbst zu besitzen. Ganz im Gegenteil.

Unser Ziel ist ein anderes: Wir wollen diese Arenen langfristig und erfolgreich betreiben. Das können wir umso besser, je mehr Möglichkeiten die Arena bietet. Und wer wüsste besser, was eine moderne Arena leisten muss als wir selbst. Schließlich verfügen wir als langjährige Venue-Betreiber und Konzertveranstalter über genau die Erfahrung, die dafür erforderlich ist. Damit schließt sich der Kreis.

Im Kern bauen wir keine Arenen, sondern wir sichern uns einen äußerst lukrativen Teil des Geschäfts – und zwar für Jahrzehnte. Und damit bleiben wir unserem Grundsatz treu, langfristig zu denken und dafür zu sorgen, dass unser Geschäft nicht nur wachstumsstark ist, sondern auch resilient bleibt trotz aller Unbilden der globalen Wirtschaftsentwicklung.

Ausblick

Die gesamtwirtschaftlichen Aussichten sind nicht eben rosig. Nicht nur unsere eigene Volkswirtschaft befindet sich unter Druck. Wer zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Innovation setzt, der wird schon bald bestraft werden.

(…)

Wenn Presse oder Politik wie so häufig nach einem deutschen Digitalchampion suchen, können sie gerne bei uns vorbeikommen. Nummer eins in Europa. Nummer zwei in der Welt. (…)

Damit wir unsere globale Marktposition in Zukunft sogar noch ausbauen, investieren wir aktuell massiv in den Ausbau unserer Systeme und Fähigkeiten. Ein Schwerpunkt ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz, oder auch kurz KI.

KI und hier vor allem die generative KI ist bei uns schon heute an vielen Stellen im Einsatz. Wir treiben die Einführung in immer mehr Bereichen mit großer Kraft voran. Denn KI ist auf dem besten Weg, zur 5. Industriellen Revolution zu werden.

Was bei manchen Unternehmen vielleicht Sorge auslöst, fällt bei uns auf fruchtbaren Boden. Denn wir haben ein in weiten Teilen digitales Businessmodell, wir haben die Daten und wir haben das Know-how – also die besten Voraussetzungen, um unser Geschäft durch den Einsatz von KI zu beschleunigen und und weiterzuentwickeln.

Es geht dabei um Datenanalysen für noch bessere Erkenntnisse und Vorhersagen, um ein noch besseres Entscheidungsmanagement zu erreichen – übrigens nicht nur bei uns, sondern auch für unsere Kunden und Partner, mit denen wir unsere Fähigkeiten teilen. Es geht um die schnelle und marktgerechte Entwicklung neuer Produkte. Es geht um besseren und schnelleren Service sowohl für unsere Business-Kunden als auch für Konsumenten. Und es geht um eine Optimierung von Prozessen, sodass wir unsere Ressourcen und unsere Kreativität in Zukunft noch effizienter und gewinnbringender einsetzen können.

(…)

Um das alles tun zu können schlagen wir vor, auch in diesem Jahr wieder die Hälfte des Konzernergebnisses in die Zukunft des Unternehmens zu investieren und die verbleibende Hälfte auszuschütten. Das entspricht einer Dividende von 1,66 EUR pro Aktie.

Allein in den vergangenen 20 Jahren (2006–2025) – haben wir in 17 von 20 Fällen eine Dividende ausgeschüttet. Zusammengerechnet waren das in dieser Zeit 857 Millionen Euro. Einzige Ausnahme: die Corona-Jahre (2020/2021/2022). Die Dividende ist im Schnitt um 16 Prozent pro Jahr gestiegen.“

ZITAT Ende

Noch ein paar Kennziffern: CTS Eventim hat 2024 rund 300 Millionen Tickets über seine Systeme vermarktet – online, mobil und stationär. Der Konzern setzte 2024 rund 2,8 Milliarden Euro um, der Gewinn betrug 542 Millionen Euro. Für das Unternehmen sind mittlerweile 4.434 Mitarbeiter plus 730 Aushilfen tätig. Das Unternehmen ist im MDAX gelistet.

Liebe Leserschaft, ich weiß, das war jetzt ein mörderlanger Text. Ich hoffe jedoch, dass er für Sie interessante Infos enthalten hat. Immerhin sind vermutlich viele unter Ihnen, die schon einmal Ticket von oder über Eventim gekauft haben.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

Transparenz-Hinweis: Ich bin (leider nur) Mini-Mini-Aktionär und war von 1999 bis 2015 für KPS als Weser-Report-Chefredakteur tätig.  Der Verlag gehört heute nicht mehr zu seinem „Reich“.