BEZ-Sonderausgabe: Kulturknete für Linken-Kick / Stahlwerk verstaatlichen / Bommel-Fischer

28.06.2025 3 Von Axel Schuller

Achtung, Achtung. Sonderausgabe der Bremer-Ergänzungs-Zeitung (BEZ). Nicht ein, nicht zwei, nein: mehrere Themen, von denen Sie vermutlich wieder nix erfahren haben. Wussten Sie, dass ein linkes Fußballturnier Geld aus dem Kulturetat erhält? Oder, dass die Jungsozialisten endlich die Lösung für die Bremer Stahlwerke gefunden haben? Oder, dass ein interner Zwischenbericht dem Arbeitsressort ein saumäßig schlechtes Zeugnis ausgestellt hat? Oder, dass WK-Co-Chefredakteur Benjamin Piel ausgerechnet „Bommel-Fischer“ als Kronzeugen für die Meinungsvielfalt „seines“ Blattes bemüht hat?

Da sitzt du – und kannst es einfach nicht fassen.

Die Kulturdeputation tagte, erörterte und beschloss. Thema: Wofür mal wieder nicht genug Geld da ist.

Was Sie nicht erfahren haben: Die Kulturdepu setzte mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linke durch, dass ein – laut Eigendarstellung – „einzigartiges Fußballturnier, das die linke Community in Bremen und darüber hinaus verbindet“ mit 7.000 Euro unterstützt wird. Ja, Sie haben richtig gelesen. Die Kulturdeputation hat dies entschieden. Der Trick: Die Antragsteller hatten als „Projektsparte“ den Begriff „Musik“ gewählt.

Knete aus dem Kulturetat erhielten ferner 16 weitere Initiaven aus dem „Bereich Junge Szene/Subkultur“ – 78.533,33 Euro.

Eine Ermittlungsgruppe hat Arbeitssenatorin Dr. Claudia Schilling (SPD) jüngst ein Prüfungs-Zwischenergebnis zum Thema Verbleib des ESF-Mittel vorgelegt, die bekanntlich plötzlich weg waren, obwohl sie bis 2027 reichen sollten. Die Quintessenz der Prüfer: Die Zustände in Sodom und Gomorra müssen im Vergleich zu Schillings Ressort wohl als geordnet und gesittet eingestuft werden. Konkret monierten die vom Ressort selbst eingesetzten Prüfer „Lücken im Kontrollingkonzept“, verschieden IT-Systeme des Arbeitsressorts seien intern nicht verbunden, eine Prozesskontrolle sei „nicht erkennbar“. „Ehrlich“ gesagt: Da kann man Schiss vor dem endgültigen Prüferbericht bekommen.

Leider erfuhren Bezieher von gedruckten „Werken“ nix davon. In diesem Fall hat sich übrigens ButenunBinnen um die Erkenntnisvermittlung verdient gemacht.

ESF – Europäischer Sozialfonds. Klingelt es bei Ihnen? Ihr Kult-Blog bremensogesehen hatte am 3.4.25 berichtet, dass die staatliche Ausbildungswerkstatt einen zweistelligen Millionenbetrag verbraten und keine 100 Jugendlichen zum Berufsabschluss geführt habe. Dies war aber nur ein Projekt des Arbeitsressort, in das fast 200 Millionen an Bundes- und Bremer Mitteln geflossen waren.

Wie gesagt, man kann es nicht fassen.

Das Bremer Stahlwerk ist aktuell echt mies dran. Alte Werksleitung, Senat, IG Metall und viele Regierungspolitiker hatten die rund 3.000 Stahlarbeiter schier besoffen geredet. Die Transformation zum CO2-Freien/armen Stahl – dat löppt schon.

Pustekuchen. Die Linke krähte noch am Tag der Absage durch Mittal: Kapitalismus nervt, der Staat muss den Laden übernehmen. Dann laufe auch die Dekarbonisierung.

Wenig später meldete sich eine gewisse Selin Ece Arpaz zu Wort:

„(…) Das vom Land Bremen bereitgestellte Geld zum klimaneutralen Umbau der Hütte muss jetzt genutzt werden, um die Verstaatlichung des Stahlwerkes voranzutreiben. Das wäre der notwendige Schritt, um Industriearbeitsplätze in Bremen zu sichern und den klimagerechten Umbau voranzutreiben. Unsere Forderung bleibt weiterhin die Demokratisierung von Schlüsselindustrien – für eine sozial gerechte und ökologische Industriepolitik.“

Nun könnte man sagen, na ja, was willst du von der Juso-Landesvorsitzenden anderes erwarten?

Aber, diese 26-jährige Studentin ist nicht nur Lautsprecher:in 🙂 der Jusos, sondern auch Mitglied der SPD-Bürgerschaftsfraktion und dort Mitglied des Fraktionsvorstandes.

Bevor ich’s als Chefredakteur der BEZ vergesse: Irgend etwas davon auf Papier gedruckt gelesen?

Zur halben Ehrenrettung der SPD-Fraktion muss man anfügen, dass deren wirtschaftspolitischer Sprecher Volker Stahmann positiv hervorstach. Er sagte zwar nix zu Arpaz, aber mahnte – durch und durch Realist – Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke), Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche nicht – wie bei ButenunBinnen – öffentlich niederzumachen. Immerhin könne es doch sein, dass Bremen die Bundeswirtschaftsministerin noch als Vermittlerin zu ArcelorMittal benötige.

Ja, und dann entpuppte sich WK-Co-Chefredakteur Benjamin Piel als wahrer Witzbold. Der Bremer SPD-Politiker Arno Gottschalk, Erstunterzeichner des jüngsten SPD-Manifestes für den Frieden, mahnte auf seinem Facebook-Account mehr Meinungsvielfalt im WK an. Ständig schreibe der Berliner Korrespondent von der Notwendigkeit, Deutschland kriegsbereit zu machen. Nie gäbe es eine andere Stimme. In die vielstimmig fb-Diskussion – an der auch ich mich beteiligt habe – kam Piel mit dem Brüller der Woche um die Ecke. Der WK habe doch den Friedensaktivisten Joachim Fischer in einem Beitrag (Ende April) zu Wort kommen lassen.

Echt jetzt? Ausgerechnet „Bommel-Fischer“ musste nun für Piels Theorie herhalten, dass doch nicht nur Militär-Befürworter im WK zu Wort kämen. Herr Fischer, der sich in Redaktionen seinen Beinamen Bommel wegen seiner Kopfbedeckung erworben hat, ist zwar „Friedensaktivist“. Dass er aber irgend eine spezielle Peilung von neuesten US-Waffen auf deutschem Boden hätte, ist mir bis heute nicht bekannt.

Liebe Leserschaft, BEZ gelesen, dabei gewesen. Nein, ich neige bekanntlich nicht zur Übertreibung. Aber manchmal reibe ich mir schon meine kleinen Äugelein, was man alles aus gedruckten Periodika nicht erfährt.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Tipp: Lesen Sie unbedingt die Kommentare zum vorigen Beitrag über Dr. Andreas Bovenschulte. Dort hat sich – u.a. – Ex-WK-, Ex-RB-Redakteur und Ex-MDR-Werbechef Niels von Haken als Autor eines Mini-Polit-Schwanks hervorgetan. Prädikat: lesens- und lachenswert.