Kein Protest der Aufsichtsrätin Vogt gegen Arbeitsplatzabbau bei BLG-Halbtochter?
In den Medien hieß es routiniert: Die DCP (Dettmer Container Packung), ein Gemeinschafts-Unternehmen der Dettmer-Group und der BLG hat Insolvenz angemeldet. Aber merkwürdig: Seit wann speist die halbstaatliche BLG 239 Arbeitnehmer mit Konkurs-Ausfallgeld ab statt auskömmliche Abfindungen zu zahlen? Immerhin sitzt im BLG-Aufsichtsrat mit Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt eine Linke. Zum Vergleich: Sollen bei „Gestra“ in Findorff 80 Arbeitsplätze wegfallen, organisiert die IG Metall vorsorglich eine Demo – mit Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte an der Spitze.
DCP, Spezialist für Container-Packing, Lagerung und Reparatur der Blechkisten, sitzt am Neustädter Hafen; in Nachbarschaft der „BLG Automotive“. In der offiziellen Begründung für die Insolvenz werden „anhaltende wirtschaftliche Schwierigkeiten und fehlende Fortführungsprognose“ genannt. Das Unternehmen hat den Eigentümern dem Vernehmen nach bereits länger „keine Freude bereitet“.
Den „Todesstoß“ – so ein Insider – habe jetzt aber der halbstaatliche Mitgesellschafter (BLG) der DCP versetzt. Und zwar mit der Forderung, die Miete für Außenflächen und Hallen um angeblich 50 Prozent zu erhöhen.
Die zusätzliche Last mochte Mitgesellschafter Heiner Dettmer offensichtlich nicht mittragen. Deshalb ist nun Schluss.
Unabhängig von der geforderten gewaltigen Mieterhöhung hat sich bei der BLG ein Wandel vollzogen. Früher hätte man das Ende der Firma wohl nach „hanseatischer Kaufmannsethik“ abgewickelt. Bedeutet: Liquidation statt Insolvenz. Liquidation klingt nach Fallbeil weil endgültig, hat aber für die Arbeitnehmer den Nebeneffekt, Abfindungen aus einem Sozialplan zu erhalten. Bei einer Insolvenz werden die Gehälter bis zu drei Monate als Konkurs-Ausfallgeld aus der Kasse der Agentur für Arbeit bezahlt.
Bei Lichte betrachtet gibt es tatsächlich ein Unterschied zu „früher“. Während man dem ehemaligen BLG-CEO Frank Dreeke nachsagte, beim Thema Rendite manchmal zu nachsichtig gewesen zu sein, regiert jetzt Matthias Magnor den Laden. Er gilt als Mann der Effizienz, der den Gewinn der BLG in die Höhe treiben will. Für DCP zuständig ist der ebenfalls neue BLG-Vorstand Axel Krichel, mit ähnlichem Mindset.
Das ist auch die originäre Aufgabe von Vorständen. Bemerkenswert hingegen ist, dass mit Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt dem Aufsichtsrat der halbstaatlichen BLG eine Linke angehört. Und natürlich Arbeitnehmervertreter der Lagerhaus-Gesellschaft – alle mit der Selbstverpflichtung zur Solidarität.
Wie zu hören ist, hat der Vorstand den Aufsichtsrat über den Sachstand bei DCP informiert. Eine förmliche Abstimmung hat offenbar nicht stattgefunden.
Gleichwohl seltsam: Von Vogt, von den Arbeitnehmer-Vertretern, von Gewerkschaften war kein Protest gegen den Verlust von 239 Arbeitsplätzen (davon 133 in Bremen sowie über 100 in Duisburg und Hamburg) zu vernehmen.
Gibt es einen – mir bislang unbekannten – Unterschied zwischen diesen 239 Arbeitsplätzen und den 80 bei Gestra?
Nachtrag: Jens Eckhoff, Haushaltsexperte der CDU, hat gestern Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte aufgefordert, sich endlich zum Fall Vogt zu äußern. Immerhin sei die Senatorin nach Ex-Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) nun auch in den Fokus der Staatsanwaltschaft geraten. Bovenschulte, so der CDU-Politiker, „sitzt die Debatte mal wieder aus und führt nicht.“ Eckhoff wörtlich: „Frau Vogt ist zu einer Belastung für ihre Partei, für den Senat und für die Wirtschaft geworden. Sie würde gut daran tun, die gleichen Konsequenzen wie Frau Moosdorf zu ziehen.“
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Noch etwas aus der Ecke Klatsch und Tratsch: Bremens DGB-Chef Dr. Ernesto Harder (Ehemann von Ex-Bildungssenatorin Dr. Claudia Bogedan) strebt zu neuen Ufern. Der DGB-Bundesvorstand schlägt ihn als neuen Vorsitzenden des DGB-Großbezirkes Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt vor. Die Wahl findet am 6. Dezember in Hannover statt.
Und: Mark Rackles, der die Bremer Bildung als neuer Senator endlich auf Vordermann bringen soll, leidet 1. entweder selbst unter Schreibschwäche – oder ist 2. einfach ein Unglücksrabe. Ich tippe auf zweitens. Auf seinem Account bei LinkedIn ist jedenfalls zu lesen: „Mark Rackles, Senator für Kinder und Bindung in Bremen (hier privat unterwegs)“.
Nix für ungut. Kann ja vielleicht seine neue Büroleiterin Annette Kemp, Bogedans Ex-Sprecherin (und beim Weser-Report „meine“ Ex-„Chefin vom Dienst“) gelegentlich korrigieren. 🙂
P.P.S.: Mark Rackles ist auf jeden Fall schnell. Bis Mitternacht nannte er sich noch Senator für Bindung, heute morgen heißt es bei LinkedIn nun korrekt: Senator für Kinder und Bildung.
Sehr verehrter Axel Schuller, vielen Dank auch für diesen Blog. Ich finde es ebenso erfrischend, wie der neue Vorstandsvorsitzende Matthias Magnor das Thema Hafen angeht – endlich wieder mit dem Blick auf die BLG als Hafenbetreiber und nicht als reinen Automobillogistiker.Natürlich muss dabei Effizienz und Produktivität im Blick bleiben, aber ich bin überzeugt, dass sich neue Arbeitsplätze ergeben werden.
Überrascht hat mich, dass weder Senatorin Vogt noch Bürgermeister Bovenschulte laut geworden sind. Wenn ein amerikanischer Konzern Entscheidungen trifft, wird sofort die Antikapitalismuskeule geschwungen – aber wenn das Problem im eigenen Haus liegt, herrscht Schweigen. Es zeigt sich wieder einmal, dass Bürgermeister Bovenschulte, sonst so wortgewandt und schnell mit Sprüchen zur Hand, auffallend ruhig geworden ist, wenn es um das Chaos in seinem eigenen Senat geht.
Dieser Zustand ist nicht mehr tragbar. Frau Vogt ist als Senatorin kaum noch haltbar, und Bovenschulte muss als Präsident des Senats erklären, wie es zu diesen Vorgängen kommen konnte. Die Entscheidungen wurden schließlich im Senat getroffen. Und er weiß ja, wie Abwahlverfahren laufen – aus seiner Zeit in Weyhe. Aber vermutlich wird er auch diesmal nichts sagen. Vielleicht sehen wir ihn am Wochenende auf dem Freimarkt, Gitarre spielend – oder im Karussell, als Rekommandeur am Musikexpress: „Neue Fahrt, aber diesmal rückwärts!“
Abschliessend möchte ich noch einmal auf meinen Kommentar vom 23.9. hinweisen zum Blog;
Sechs wichtige Argumente gegen die Ausbildungsabgabe,
Herr Bürgermeister
Ich pflichte Herrn Strohmann auf ganzer Linie bei!
Ich habe das „Gebaren“ von Dr. Bovenschulte am eigenen Leib erfahren.
Ich war in Weyhe/Dreye jahrelang in Sachen Umwelt aktiv.
NaBu, DJV ( Deutscher Journalisten Verband), BUND – auch Herr Lemmermann (Vorgänger von „Bovi“), alle haben mich unterstüzt.
Bovenschulte aber hat uns allen seinen „Bluthund“ Nadrowski ( Baudirektor) auf den Hals geschickt.
Kritiker in seiner Verwaltung hat er (nach meiner Wahrnehmung) mundtot gemacht.
Als Nadrowski dann in einer nicht öffentlichen Sitzung von CDU Ratsherren und auch von Rainer Zottmann ( Ex-Leitender Polizeidirektor in HB) auf diverse Fehlverhalten angesprochen wurde, hat er gekündigt.
Heute arbeitet Nadrowski wo?
In Bremen bei der Bausenatorin!
Noch Fragen?