Ungemütlich für Bovenschulte – BD nimmt dritte Pensionierung gezielt aufs Korn

26.10.2025 9 Von Axel Schuller

Die Ferien sind zu Ende. Der parlamentarische Betrieb läuft wieder an. Die dunklen Gewitterwolken über dem Senat von Dr. Andreas Bovenschulte haben sich in der zweiwöchigen Pause aber keineswegs verzogen. Im Gegenteil: Zu den Pensionsaffären um die Staatsräte Sven Wiebe (Wirtschaft) und Irene Strebl (Umwelt) gesellt sich offenbar eine dritte, die dem Senat noch gehörig Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Der Name: Karin Treu, die nach dem Verlust des Staatsratspostens 60-jährig zur Beamtin gemacht wurde.

Der Beschluss des Grünen Landesvorstandes, Fraktionschefin Dr. Henrike Müller (noch 49) auf den Schild der Umwelt- und Wissenschaftssenatorin heben zu lassen, löst zwar die Nachfolge der im Zuge der Pensionsaffäre zurückgetretenen Kathrin Moosdorf. Aber: In Wahrheit haben die Grünen halt keine andere Frau von Außerhalb gefunden, die bereit gewesen wäre, für nicht mal zwei Jahre (Wahl: Mai 2027) ins kleinste Ländchen umzusiedeln, um hier die Umweltsenatorin zu geben. Senatoren erhalten – anders als ihre Staatsräte – nämlich erst nach vier Jahren im Amt eine Pension.

Also, Müller wird Ressortchefin. Interessant, wer ihr als Fraktionschef folgen wird. Vermutlich der beinharte Umwelt-Ideologe Philipp Bruck (36), der sich auch durch verbale Attacken auf die SPD den Ruf eines Hardliners erworben hat.

Aktualisierung: Bruck will laut seiner Erklärung von heute nicht hochrücken. Er sei Vater geworden, was er als große Verantwortung empfinde.

Die Zeiten für Bovenschulte bleiben dennoch ungemütlich.

Dazu kommt: Die geschrumpfte Oppositionsfraktion von Bündnis Deutschland (BD), mit dem kämpferischen Ex-Bundespolizisten Jan Timke an der Spitze, nimmt nun auch die „Pensionierung“ der Ex-Staatsrätin Karin Treu im Arbeits- und Sozialressort aufs Korn. Ressortchefin ist Dr. Claudia Schilling (SPD).

Damit stehen nun alle drei Koalitionsparteien im Feuer.

Die Linken mit ihrer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt und dessen Ex-Staatsrat Sven Wiebe

Die Grünen mit der Aufarbeitung der Pensionierung von Irene Strebl, ehemals Staatsrätin der mittlerweile Ex-Senatorin Kathrin Moosdorf.

Und die SPD mit einer ungewöhnlichen Altersregelung für Ex-Staatsrätin Karin Treu, übrigens nur von August 2023 bis Mai 2025 im Amt. BD hat offenbar einen im Beamtenrecht versierten Juristen befragt. Das Ergebnis kann der SPD noch die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Laut Bremischen Beamtenrecht darf man „in der Regel“ nur bis zum 45. Lebensjahr „verbeamtet“ werden. Treu zählte aber schon stolze 60 Lenze, als man sie aus der Arbeits- und Sozialbehörde in eine GmbH beförderte. Treu kehrte nämlich in die Bremer Ausbildungs-Gesellschaft (ABiG) zurück. Nach den Recherchen von Bündnis Deutschland wurde sie in die „A-Besoldung“ überführt.

Zur Erklärung für beamtenrechtlich Unbedarfte:

Die A-Besoldung existiert ausschließlich im öffentlichen Dienst und ist dort im Beamtenrecht verankert. 

Die Fragen: Weshalb wird die Mitarbeiterin/Geschäftsführerin einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft – auch wenn diese zu gleichen Teilen dem Land und der Stadt Bremen gehört – wie eine Beamtin im öffentlichen Dienst angeheuert und bezahlt? Ist ihre Stelle, obwohl bei der ABiG ausgewiesen, doch dem Stellenplan eines Senatsressorts zugeordnet? Wenn ja, welchem? Wer hat diese etwaige zusätzliche Stelle beantragt, und wer hat sie genehmigt?

Fragen über Fragen.

BD hat zwar einen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss gestellt, aber mit kaum einer Realisierungs-Chance. Die CDU könnte ihn mit ihren 24 Stimmen allein beschließen, will aber noch den Auftritt von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt im Haushalts- und Finanzausschuss abwarten.

Vogt darf sich dort auf bohrende Fragen gefasst machen. Beispielsweise, weshalb sie den Parlamentariern trotz Nachfrage die Unwahrheit gesagt hat. Wir erinnern uns: Sie hatte 2023 in der Wirtschaftsdeputation (ehrlich) erklärt, ihr Staatsrat Sven Wiebe habe sich entschieden, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Deshalb versetze sie ihn in den einstweiligen Ruhestand. Erst als Moosdorf bei der Entlassung ihrer Staatsrätin ins Schleudern geriet, schob Vogt eine andere Erklärung für Wiebes Ausstieg nach. Er habe das Amt nicht mehr ausreichend ausfüllen können. Wegen Familie und so. Deshalb habe sie nicht mehr mit ihm arbeiten können, habe ihn entlassen müssen.

Für diese schier wendehalsige Umdeutung schaltete sie schließlich auch noch eine Anwaltskanzlei ein. Weshalb Bürgermeister Bovenschulte in diesem Zusammenhang nur Kommunikationsfehler ausmacht, bleibt wohl sein Geheimnis.

Vogt hätte es einfacher haben können.

Allerdings hätte Wiebe dann selbst kündigen und auf seine wunderbare Übergangsbesoldung verzichten, oder im Amt weiterarbeiten müssen. Immerhin ist er ja heute als Geschäftsführer der Initiative Stadtbremischer Häfen tätig.

Egal, welche Erklärung Vogt dem Haushalts- und Finanzausschuss präsentieren wird – zurzeit deutet alles auf einen Untersuchungsausschuss hin. Der könnte alle drei „Pensionierungen“ aufarbeiten. Und hinterfragen, weshalb der Senat den zwei vorzeitigen Pensionierungen und einer „Alt-Verbeamtung“ zugestimmt hat.

Keine gemütlichen Aussichten für Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte. 

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller