Ungemütlich für Bovenschulte – BD nimmt dritte Pensionierung gezielt aufs Korn
Die Ferien sind zu Ende. Der parlamentarische Betrieb läuft wieder an. Die dunklen Gewitterwolken über dem Senat von Dr. Andreas Bovenschulte haben sich in der zweiwöchigen Pause aber keineswegs verzogen. Im Gegenteil: Zu den Pensionsaffären um die Staatsräte Sven Wiebe (Wirtschaft) und Irene Strebl (Umwelt) gesellt sich offenbar eine dritte, die dem Senat noch gehörig Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Der Name: Karin Treu, die nach dem Verlust des Staatsratspostens 60-jährig zur Beamtin gemacht wurde.
Der Beschluss des Grünen Landesvorstandes, Fraktionschefin Dr. Henrike Müller (noch 49) auf den Schild der Umwelt- und Wissenschaftssenatorin heben zu lassen, löst zwar die Nachfolge der im Zuge der Pensionsaffäre zurückgetretenen Kathrin Moosdorf. Aber: In Wahrheit haben die Grünen halt keine andere Frau von Außerhalb gefunden, die bereit gewesen wäre, für nicht mal zwei Jahre (Wahl: Mai 2027) ins kleinste Ländchen umzusiedeln, um hier die Umweltsenatorin zu geben. Senatoren erhalten – anders als ihre Staatsräte – nämlich erst nach vier Jahren im Amt eine Pension.
Also, Müller wird Ressortchefin. Interessant, wer ihr als Fraktionschef folgen wird. Vermutlich der beinharte Umwelt-Ideologe Philipp Bruck (36), der sich auch durch verbale Attacken auf die SPD den Ruf eines Hardliners erworben hat.
Aktualisierung: Bruck will laut seiner Erklärung von heute nicht hochrücken. Er sei Vater geworden, was er als große Verantwortung empfinde.
Die Zeiten für Bovenschulte bleiben dennoch ungemütlich.
Dazu kommt: Die geschrumpfte Oppositionsfraktion von Bündnis Deutschland (BD), mit dem kämpferischen Ex-Bundespolizisten Jan Timke an der Spitze, nimmt nun auch die „Pensionierung“ der Ex-Staatsrätin Karin Treu im Arbeits- und Sozialressort aufs Korn. Ressortchefin ist Dr. Claudia Schilling (SPD).
Damit stehen nun alle drei Koalitionsparteien im Feuer.
Die Linken mit ihrer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt und dessen Ex-Staatsrat Sven Wiebe.
Die Grünen mit der Aufarbeitung der Pensionierung von Irene Strebl, ehemals Staatsrätin der mittlerweile Ex-Senatorin Kathrin Moosdorf.
Und die SPD mit einer ungewöhnlichen Altersregelung für Ex-Staatsrätin Karin Treu, übrigens nur von August 2023 bis Mai 2025 im Amt. BD hat offenbar einen im Beamtenrecht versierten Juristen befragt. Das Ergebnis kann der SPD noch die Sorgenfalten auf die Stirn treiben.
Laut Bremischen Beamtenrecht darf man „in der Regel“ nur bis zum 45. Lebensjahr „verbeamtet“ werden. Treu zählte aber schon stolze 60 Lenze, als man sie aus der Arbeits- und Sozialbehörde in eine GmbH beförderte. Treu kehrte nämlich in die Bremer Ausbildungs-Gesellschaft (ABiG) zurück. Nach den Recherchen von Bündnis Deutschland wurde sie in die „A-Besoldung“ überführt.
Zur Erklärung für beamtenrechtlich Unbedarfte:
Die A-Besoldung existiert ausschließlich im öffentlichen Dienst und ist dort im Beamtenrecht verankert.
Die Fragen: Weshalb wird die Mitarbeiterin/Geschäftsführerin einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft – auch wenn diese zu gleichen Teilen dem Land und der Stadt Bremen gehört – wie eine Beamtin im öffentlichen Dienst angeheuert und bezahlt? Ist ihre Stelle, obwohl bei der ABiG ausgewiesen, doch dem Stellenplan eines Senatsressorts zugeordnet? Wenn ja, welchem? Wer hat diese etwaige zusätzliche Stelle beantragt, und wer hat sie genehmigt?
Fragen über Fragen.
BD hat zwar einen Antrag auf einen Untersuchungsausschuss gestellt, aber mit kaum einer Realisierungs-Chance. Die CDU könnte ihn mit ihren 24 Stimmen allein beschließen, will aber noch den Auftritt von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt im Haushalts- und Finanzausschuss abwarten.
Vogt darf sich dort auf bohrende Fragen gefasst machen. Beispielsweise, weshalb sie den Parlamentariern trotz Nachfrage die Unwahrheit gesagt hat. Wir erinnern uns: Sie hatte 2023 in der Wirtschaftsdeputation (ehrlich) erklärt, ihr Staatsrat Sven Wiebe habe sich entschieden, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Deshalb versetze sie ihn in den einstweiligen Ruhestand. Erst als Moosdorf bei der Entlassung ihrer Staatsrätin ins Schleudern geriet, schob Vogt eine andere Erklärung für Wiebes Ausstieg nach. Er habe das Amt nicht mehr ausreichend ausfüllen können. Wegen Familie und so. Deshalb habe sie nicht mehr mit ihm arbeiten können, habe ihn entlassen müssen.
Für diese schier wendehalsige Umdeutung schaltete sie schließlich auch noch eine Anwaltskanzlei ein. Weshalb Bürgermeister Bovenschulte in diesem Zusammenhang nur Kommunikationsfehler ausmacht, bleibt wohl sein Geheimnis.
Vogt hätte es einfacher haben können.
Allerdings hätte Wiebe dann selbst kündigen und auf seine wunderbare Übergangsbesoldung verzichten, oder im Amt weiterarbeiten müssen. Immerhin ist er ja heute als Geschäftsführer der Initiative Stadtbremischer Häfen tätig.
Egal, welche Erklärung Vogt dem Haushalts- und Finanzausschuss präsentieren wird – zurzeit deutet alles auf einen Untersuchungsausschuss hin. Der könnte alle drei „Pensionierungen“ aufarbeiten. Und hinterfragen, weshalb der Senat den zwei vorzeitigen Pensionierungen und einer „Alt-Verbeamtung“ zugestimmt hat.
Keine gemütlichen Aussichten für Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Die Steuergelder sind bei diesem Senat nicht sicher! Er verplempert die Steuern für ständig neue „goldene Handschläge“. Dafür soll es dann richten: die Erhöhung der Lehrerzeit, die Erhöhung der Grunderwerbssteuer, teuere Müllabfuhrgebühren, und Leistungen des Staates für den Bürger auf allen Ebenen. Diesem Senat muss das Handwerk gelegt werden. Liebe Leser dieses blog: wählen Sie 2027 wenn auch immer, nur nicht Rot-Grün-Rot!!!
Selbst Wehner hat vor seinem Tod aus Versorgungsgründen noch schnell seine Nichte geheiratet. Da spielt Links oder Rechts wohl keine Rolle, wenn´s ums Geld geht. Kapitalismus ist ein Naturgesetz. Beamtentum nicht, das kann man ändern.
Lieber Axel Schuller,
danke für das „Aufdröseln“ dieses „Tohuwabohu“s des Bremer Senats.
Exakt auf den Punkt gebracht.
Allerdings befürchte ich sehr, dass Dr. Bovenschulte auf seine ‚Aussitzstrategie“ zurückgreifen wird!
Oder er benutzt wiederum die“Floskel“ von der schlechten Kommunikation.
„Das ist schlecht kommuniziert worden“….
sein Totschlagsargument!
Den Schneid, diesem ganzen Theater durch „Neuwahlen“ ein Ende zu machen. besitzt er nicht.
Leider.
@alle Kommentatoren. Bitte beachten Sie, dass ich Kommentare OHNE Vor- und OHNE Nachnamen NICHT veröffentliche. Wer eine Meinung hat, möge diese bitte auch mit dem kompletten Namen vertreten.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Lieber Kollege, ich glaube, man muss aufpassen, dass man unterschiedliche Dinge nicht vermengt. Aus einer sozusagen fernen Perspektive aus der Schwesterstadt scheint mir der Fall von Karin Treu ganz anders zu liegen als bei den Ex-Staatsräten Umwelt und Wirtschaft. Zum einen war Frau Treu nicht die ominösen zwei Jahre im Amt und hat bzw. hatte keine vergleichbar komfortablen Pensionsansprüche wie die anderen Ex. Zum anderen ist es offensichtlich keineswegs klar, dass Frau Treu auf einen anderen Beamtenposten wechselte, Sie schreiben ja ganz richtig „wie eine Beamtin“ angeheuert. Dazu fällt mir nur ein, dass es bei einigen der dem Staat bzw. der Stadt gehörenden Gesellschaften durchaus üblich ist, die Geschäftsführerinnen oder Abteilungsleiter analog der Beamtenbesoldung zu bezahlen, ohne dass sie de jure Beamte wären. Und dass sie wahrscheinlich aus einer Position vergleichbar der B-Besoldung in eine vergleichbare A-Besoldung gewechselt ist, scheint mir nicht tadelnswert zu sein. Außerdem darf ich Sie auf einen kleinen Fehler aufmerksam, machen, denn wenn Sie schreiben, Frau Treu „kehrte nämlich in die Bremer Ausbildungs-Gesellschaft (ABiG) zurück“, dann ist das falsch. Sie war vor ihrer Ernennung zur Staatsrätin Geschäftsführerin des AfZ (Arbeitsförderungszentrum im Lande Bremen); dass man angesichts der vielfältigen Gesellschaften in öffentlichem Besitz etwas durcheinander kommen kann, verstehe ich allerdings. Doch BD Positionen ungecheckt übernehmen sollte man nicht…
Wer oder was beschützt eigentlich diesen verlogenen Haufen!? Angeführt von einem inkompetenten Bürgermeister. Wird Zeit, das mal richtig aufgeräumt und ausgemistet wird.
Sehr geehrter Herr Heigenmooser,
Wortmanufaktur (deren Inhaber Sie sind), klingt gewaltig!
Ihre journalistische Qualifikation steht außer Frage!
Aber um was geht es eigentlich?
Journalistische und/oder juristische Spitzfindigkeit?
Ich denke, es geht eigentlich ums „Große und Ganze“.
Man sollte wirklich den „Souverän“ (Wähler) entscheiden lassen, was er von diesem ganzen Schmierentheater hält!
Denn dann würden die Verhältnisse wieder zurecht gerückt.
Fragen Sie Ihren (evangelischen) Gott.
Ihre Voreingenommenheit gegenüber „Bündnis Deutschland“ kann ich verstehen!
Denn Timke ist unangenehm und so ähnlich wie mein Jagdterrier!
Knallhart und lässt nicht locker!
Vielen, vielen Dank für die gute Zusammenfassung. Nur: Es wird nichts ändern. Die Bremer sind an diesen Klüngel, den Filz und die Selbstbedienungsmentalität gewöhnt. Dass Sie den Mist auch noch selber bezahlen dürfen, ist den meisten nicht klar. Dieses Bundesland ist lost.
Verhältniswahlrecht zwingt zu Koalitionsregierungen, damit hat kein Mitglied der Bürgerschaft, der „Regierungskoalition“ ein intrinsisches Interesse an der Kontrolle der Administration, sondern nur Interesse an Reibungslosigkeit, um am Futtertrog zu bleiben. Von denen ist nichts zu erwarten.
Warum die Opposition keine wirksame Kontrolle ausübt oder ausüben kann, steht auf einem anderen Blatt.. Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass sich die Administration ein undurchdringliches Dickicht aus Behörden und zahlreichen privatrechtlichen GmbHs geschaffen hat. Laut dem LLM Grok sind das 60–70 staatlich privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen, an die öffentliche Aufgaben ausgelagert sind. Allein schon die Unschärfe ist ein Problem, aber hauptsächlich entzieht es dem Volk und Parlament die Möglichkeit der demokratischen Kontrolle.
Aber es ermöglicht natürlich die Schaffung von Versorgungsposten für verdiente Apparatschiks, die man sonst vielleicht für nichts gebrauchen kann.
Wie konnte sich das eigentlich unter einer seit ewigen Zeiten regierenden, angeblich „linken“ Regierung entwickeln? Für den unvoreingenommenen Beobachter sieht das Ganze ja eher wie ein außer Rand und Band geratener, pervertierter Korporatismus aus. Warum stellt das keiner grundsätzlich in Frage? Oder anders gefragt, wer findet das warum gut?