Dokumentation: Senatsantwort zur „Demokratieerziehung“…
Liebe Leserschaft, echt jetzt: Ich will Sie NICHT quälen! Gleichwohl biete ich Ihnen mit der heutigen Dokumentation die Chance, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Nämlich davon, welche Themen den Bremer Regierungsparteien offensichtlich so wichtig sind, dass sie den Senat zu zeitaufwendigen Antworten zwingen. Das Dollste: SPD, Grüne und Linke sind dank unzähliger Vorlagen in Parlament, Fachdeputationen und Ausschüssen informiert – wollen es aber – weil’s so berauschend gut ist? – noch mal auf einen Blick vor sich haben.
Liebe Leserschaft, ich empfehle dringend, den schier endlosen Text zu lesen. Das Parlament soll – unter anderem – die Regierung kontrollieren. Im vorliegenden Fall kommt jedoch eher der Gedanke an – sorry – politische Selbstbefriedigung auf. Nach dem Motto: Was sind wir doch so gut… Und: Die Verwaltung scheint so sehr von der Zusatzarbeit genervt, dass sie die Abgeordneten regelrecht mit Infos „zufüllt“. Noch etwas: Angeblich existiert in den bremischen Behörden kein Zwang zum Gendern – aber alle machen es. By the way: Eine Bewertung der Wirksamkeit all der Maßnahmen und deren Kosten sucht man im gesamten Text vergeblich.
Beginn der Dokumentation
BREMISCHE BÜRGERSCHAFT
Drucksache 21/1376
Landtag (zu Drs. 21/1303)
21. Wahlperiode 30. September 2025
Mitteilung des Senats
Demokratische Diskussionskultur schützen
Große Anfrage
der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und Die Linke vom 19.08.2025
und Mitteilung des Senats vom 30.09.2025
Vorbemerkung der Fragestellerinnen:
Die Verbreitung von Falschinformationen („Fake News“) stellt eine zunehmende Herausforderung für demokratische Auseinandersetzungen dar. Insbesondere im Kontext von Wahlkämpfen – wie etwa dem jüngsten Bundestagswahlkampf – zeigt sich immer wieder, dass Desinformationen gezielt eingesetzt werden, um gesellschaftliche Spaltungen zu vertiefen, das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben und schlussendlich Wähler*innen und Wahlen zu beeinflussen.
Diese Problematik ist nicht nur in Bund und Ländern zu beobachten, sondern spiegelt eine weltweite Entwicklung wider.
Auch in zahlreichen europäischen Ländern nehmen Akteur*innen
gezielt Einfluss auf den öffentlichen Diskurs, verbreiten Verschwörungserzählungen, falsche Behauptungen und delegitimieren demokratische Institutionen. Daher wird auch auf EU-Ebene verstärkt darüber diskutiert, welche Maßnahmen notwendig sind, um politische Bildung, Medienkompetenz und Demokratieerziehung zu stärken. Die Fähigkeit, Desinformation klar als solche zu benennen und ihr Fakten wirksam entgegenzusetzen, ist jedoch essenziell für eine informierte Öffentlichkeit in einer funktionierenden Demokratie, insbesondere auch für junge Menschen, die sich in einer Phase der politischen Identitätsfindung befinden.
Der Senat beantwortet die Große Anfrage wie folgt:
1. Welche Handlungsmöglichkeiten sieht der Senat, um politische Bildung und Demokratieerziehung – insbesondere mit Blick auf den Umgang mit „Fake News“ und popu-
listischen Strategien – zu stärken? Welche Maßnahmen hat der Senat bereits unternommen oder ggf. geplant in den Bereichen Schule, Jugendbildung und Erwachsenenbildung?
Demokratieerziehung ist im schulischen Kontext zunächst verbindlich durch Schulgesetze und Lehrpläne verankert. Sie erfolgt kontinuierlich, regelmäßig sowie anlassbezogen im Fachun-
terricht, insbesondere in Fächern wie Gesellschaft und Politik (Oberschule Sek I), Welt-Umweltkunde: Geschichte, Geografie, Politik (Gymnasium Sek I), aber auch durch Lektüren im
Deutsch- und Fremdsprachenunterricht, im Kunst- und Musikunterricht sowie im Rahmen von (Demokratie-)Projekttagen und -wochen. Zu solchen Themen gehört immer auch Medienbil-
dung als Querschnittthema. Die Diskussionskultur wird explizit gestärkt durch den von der Senatorin für Kinder und Bildung, der Bremischen Bürgerschaft und der Gemeinnützigen Hertie-
Stiftung durchgeführten Wettbewerb „Jugend debattiert“ und „Jugend debattiert in Sprachlernklassen“. Zum Umgang mit Fake News, Populismus und Themen wie (Cyber-)Mobbing werden
Lehrkräfte kontinuierlich und auch im Rahmen schulinterner Fortbildungen geschult und geben dieses Wissen an Schüler:innen weiter. Insbesondere die Unterstützung der Schulen auf its-
learning ist hier als breit aufgestellt und wirksam hervorzuheben.
Stärkende Maßnahmen sind außerdem:
– Fachtage des Netzwerkes „Schulen ohne Rassismus – Schule mit Courage“ (46 Schulen im Land Bremen) u.a. zu den benannten Themen,
– die Einführung eines „Demokratietags an Schulen“ im Land Bremen,
– die Einführung von „Lernen durch Engagement“,
– Medienfortbildungen des Referates 10 – Medien und Bildung in der Digitalen Welt,
– Empowerment-Angebote des LIS (Bereiche Soziales Lernen bzw. Gesundheit/Sucht-
prävention),
– Kooperation mit Externen (z.B. Workshop „Populisten-Poker“ des Bremer Jugendrings).
Im Bereich der Erwachsenenbildung unterstützt der Senat mit dem „Gesetz über die Weiterbildung im Lande Bremen (Weiterbildungsgesetz – WBG)“ u. a. die Entwicklung von Angebo-
ten der Weiterbildung zur politischen Bildung. Die von der Senatorin für Kinder und Bildung nach diesem Gesetz anerkannten Weiterbildungseinrichtungen können von ihr u. a. eine För-
derung für Maßnahmen der politischen Bildung erhalten. An den Maßnahmen können grundsätzlich alle Bürger:innen teilnehmen. Die Förderung unterstützt die genannten Weiterbildungseinrichtungen auch darin, Angebote der politischen Bildung auf Grundlage des Bremischen Bildungszeitgesetzes (BremBZG) zu realisieren. Diese richten sich an alle Arbeit-
nehmenden, deren Beschäftigungsverhältnisse ihren Schwerpunkt in der Freien Hansestadt Bremen haben. Im Kontext dieser Gesetze bieten beispielsweise die Bremer Volkshochschule
(vhs), die Volkshochschule Bremerhaven, die Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Bremen e.V., Bildungsgemeinschaft Arbeit und Leben Bremerhaven e.V. oder die Wirtschafts- und So-
zialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen gGmbH Bildungsformate zu den Themen Fake News, Desinformation, Medienkompetenz und Demokratiebildung an.
Um Fragen rund um Medienkompetenz(bildung) zu erörtern, für die Thematik in der Weiterbildung zu sensibilisieren und ihre Akteur:innen strukturell zu stärken, wurden von der Senatorin
für Kinder und Bildung für einen gemeinsamen Austausch mit Weiterbildungseinrichtungen beispielsweise die Bremische Landesmedienanstalt (brema) und die Digital Impact Labs Bre-
men eingeladen. Zur Unterstützung von Dozierenden in der Weiterbildung werden im Jahr 2025 von der Senatorin für Kinder und Bildung zwei Argumentationstrainings bei populisti-
schen Äußerungen und Desinformation organisiert und finanziert.
Ebenfalls 2025 hat der Landesausschuss für Weiterbildung „Handlungsoptionen für (Weiter)Bildungseinrichtungen bei
extrem rechten Vorkommnissen“ beschlossen. Diese sollen Einrichtungen für demokratiefeindliche und menschenverachtende Ereignisse sensibilisieren und ihnen Verfahren aufzeigen, auf diese zu reagieren. Unter Vorbehalt kommender Haushaltsbeschlüsse sollen die benannten Bildungsangebote und strukturell stärkenden Maßnahmen (z. B. Fortbildungen, Expert:innen-Inputs und Austauschrunden für Akteur:innen) im Bereich der Weiterbildung für Erwachsene fortgeführt bzw. ausgebaut werden.
In der außerschulischen Jugendbildung braucht es Projekte, die jungen Menschen Räume eröffnen, um digitale Medien kritisch zu reflektieren, kreative Ausdrucksformen zu erproben und digitale Öffentlichkeiten aktiv mitzugestalten. Dabei geht es nicht nur um technische Kompetenzen, sondern vor allem darum, Jugendliche in ihrer Rolle als mündige Demokrat:innen zu stärken und sie zu ermutigen, digitale Räume als Orte demokratischer Auseinandersetzung zu begreifen. Eine interdisziplinäre Ausrichtung, die Ansätze aus politischer Bildung/Demokra-
tiebildung und Medienpädagogik zusammenführt, ist hierfür empfehlenswert.
Besonders wirksam sind qualitativ hochwertige Angebote, die Jugendliche kontinuierlich begleiten und es ihnen ermöglichen, Lernprozesse über längere Zeiträume zu vertiefen. Im Unterschied dazu haben eine Vielzahl kurzzeitpädagogischer Einzelworkshops eher begrenzten Effekt, da sie kaum Raum für vertiefte Auseinandersetzung und langfristige Lernerfahrungen
bieten.
Damit Jugendliche in diesem Prozess gut angeleitet werden können, müssen auch die Fachkräfte, die die Jugendlichen begleiten, entsprechend fortgebildet werden. Sie benötigen Si-
cherheit und praxisnahes Handwerkszeug, um Themen wie Fake News oder populistische Strategien im pädagogischen Alltag aufzugreifen – und um den Anschluss an die medialen Lebenswelten junger Menschen nicht zu verlieren.
Fake News und Populismus sind keine ausschließlich jugendspezifischen Phänomene. Eine Fokussierung ausschließlich auf Jugendliche greift daher zu kurz. Vielmehr sollte die Stärkung
von Medien- und Demokratiekompetenzen als lebenslanger Bildungsauftrag verstanden werden, der alle Altersgruppen einbezieht.
Angesichts der hohen Dynamik und Schnelllebigkeit der digitalen Welt ist es entscheidend, dass Bildungsangebote flexibel gestaltet werden und kontinuierlich an neue technologische und gesellschaftliche Entwicklungen angepasst werden.
Eine nachhaltige Stärkung von Medien- und Demokratiebildung ist nur möglich, wenn qualitativ hochwertige und langfristig angelegte Projekte initiiert und strukturell abgesichert werden.
Dazu gehört insbesondere eine verlässliche finanzielle Förderung, die über eine kurze Projektlaufzeit hinausgeht und eine kontinuierliche Begleitung sowie Weiterentwicklung von Ju-
gendlichen und pädagogischen Fachkräften ermöglicht.
Ein gutes Beispiel für die Verknüpfung von Medienpädagogik und politischer Bildung ist das Modellprojekt #future_fabric (Träger LidiceHaus), das von 2020 bis 2024 durch das Bundes-
programm Demokratie leben! und anteilig durch bremische Mittel gefördert wurde. In diesem Projekt wurden gemeinsam mit Jugendlichen, Fachkräften und Multiplikator:innen Bildungsan- gebote entwickelt, die sich mit Desinformation, rechter Agitation in digitalen Räumen sowie der Beeinflussung politischer Wahlen durch soziale Medien (z. B. Microtargeting) auseinandersetzten.
So entstand u. a. eine Wanderausstellung zu Desinformation und ein Escape Game zum Thema Microtargeting und Wahlen. Zudem wurden Fachtage, Workshops und Modulare Fortbildungsreihen im Themenfeld „Demokratiebildung in der digitalen Welt“ umgesetzt. Nach Ende der Förderperiode 2024 fehlten Anschlussfinanzierungen, um die Ansätze langfristig zu
verstetigen.
Im Rahmen der Expert:innenkonferenz und den Digiboxen (Digi4OJA) werden Desinformationen, Verschwörungserzählungen und Hass im Netz thematisiert. Bei den Digiboxen handelt es sich um ausleihbare Bildungsmaterialien zu verschiedenen Themenschwerpunkten im Bereich der digitalen Medien und Medienkompetenz.
Die Stadtbibliothek hat den ortsgesetzlichen Auftrag mit einem öffentlichen, allgemein zugänglichen zentralen und dezentralen Medienangebot einen nachhaltigen Beitrag zur Erfüllung des
Bildungs-, Kultur- und Informationsauftrages der Stadtgemeinde Bremen zu leisten. Damit haben alle Bürger:innen die Möglichkeit, sich aus frei zugänglichen Quellen ungehindert zu informieren (siehe auch Artikel 5 des Grundgesetzes) und sich ihre Meinung, auch zu politischen Themen, zu bilden.
Mit ihrem umfangreichen Angebot von Fachdatenbanken stellt sie zudem eine Sammlung seriöser Online-Quellen zur Verfügung, die fortlaufend aktualisiert und ergänzt werden.
Neben dem Medienangebot ist die Stadtbibliothek auch ein Raum der Begegnung für Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten, die einen gemeinsamen Raum „teilen“, auch dadurch entsteht Austausch, jedoch mindestens das Wahrnehmen anderer Lebenswelten. Damit wirkt sie mit ihren Räumlichkeiten und zahlreichen Angeboten auch Einsamkeit entgegen.
Studien belegen, dass unter Vereinsamung leidende Personen anfälliger sind für populistische Parolen und ein Misstrauen gegen Politik hegen.
Mit ihren diversitätssensiblen Formaten bringt die Stadtbibliothek zudem Menschen ganz unterschiedlicher Lebenswelten zusammen und hilft, Vorurteile abzubauen. Sie leistet so einen wichtigen Beitrag zu gesellschaftlicher Toleranz. Gleichzeitig fungieren die Bibliotheksstandorte auf Anfrage als Orte politischer Teilhabe, zuletzt mit der Konferenz „Armut und Klima“ in der Stadtteilbibliothek Gröpelingen.
Mit den Aufgaben außerschulische Leseförderung und Aktivitäten zur Sicherung der Kulturtechnik Lesen sowie der Aufgabe „Vermittlung von Medienkompetenz“ ermöglicht die Stadt-
bibliothek mit vielseitigen Formaten und Angeboten die Stärkung dieser Kompetenzen, die auch wesentlich für Quellenkritik und das Erkennen von Fake News sind. Mit Vorträgen, Diskursformaten, Ausstellungen und weiteren Angeboten bietet die Stadtbibliothek bereits niedrigschwellige Formate für alle Altersgruppen zur Förderung der Demokratiekompetenzen.
Derzeit entwickelt die Stadtbibliothek Bremen darüber hinaus in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung neue Formate für Erwachsene zur Förderung der sozialen Kom-
petenzen einer demokratischen Gesellschaft (Ambiguitätstoleranz, Medienkompetenz, Argumentationstoleranz, Gewaltfreie Kommunikation, etc.). Und die Unterhausdebatte, ein
neues Diskursformat, wird ab September in der Zentralbibliothek erprobt.
Anlässlich der Bundestagswahl 2025 wurde in Bremen eine Informationskampagne realisiert, die gezielt und im öffentlichen Raum auf das Thema Desinformation einging. Die Initiatoren
der Kampagne waren der Verfassungsschutz Bremen, die Bremische Bürgerschaft und die Landeszentrale für politische Bildung Bremen. Unter der Adresse „desinformation-erken-
nen.de“ wurde u. a. auf Werbetafeln auf die Gefahren von Desinformationen hingewiesen. Es gelang, die Kampagne bundesweit auszuspielen.
Neben wahlbezogenen Projekten gibt es in Bremen ein stetiges und vielfältiges Angebot im Bereich politischer Medienkompetenz. Dazu gehören u. a. die bundesweiten Aktionstage Netz-
politik & Demokratie, an denen sich Bremen, koordiniert von der Landeszentrale, jährlich beteiligt. Hierzu gehören auch die 2021 ins Leben gerufenen Bremer Medienschultage, die zum
Ziel haben, an Bremer Schulen die Prinzipien der faktenbasierten Berichterstattung zu erklären und damit demokratiefeindlichen Tendenzen und Manipulationen entgegen zu wirken. Gemeinsam mit der Stadtbibliothek Bremen setzt die Landeszentrale mit den Formaten „Unterhausdebatte“ und dem „Demokratorium. Reden – Zuhören – Verstehen“ zudem aktuell zwei
Projekte um, die explizit demokratische Diskussionskultur fördern und Dialogkompetenzen vermitteln wollen.
Als etablierter und auf Medienpädagogik spezialisierter außerschulischer Träger bietet das ServiceBureau Jugendinformation zudem kontinuierliche Angebote rund um die Themen Desinformation, Fake News und Hass im Netz.
Die Bremer vhs bietet ein breites, kontinuierlich weiterentwickeltes Programm zur Förderung von Medien- und Digitalkompetenzen. Dieses orientiert sich an aktuellen medialen, technolo-
gischen und gesellschaftspolitischen Entwicklungen.
Für Kinder und Jugendliche stehen insbesondere praxisnahe Ferienangebote bereit, die Themen wie Roboterbau, Programmierung oder digitale Zusammenarbeit in virtuellen Welten aufgreifen.
Der Schwerpunkt liegt jedoch im Erwachsenenbereich. Hier richtet sich das Angebot an unterschiedliche Zielgruppen und umfasst insbesondere:
• Digitale Grundbildung
• Arbeiten mit Office-Anwendungen und Microsoft 365
• Soziale Medien
• Kreatives digitales Gestalten
• Künstliche Intelligenz
• Digitale Alltagsservices
• Programmierung und IT-Kompetenzen
Damit leistet die Bremer vhs einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Medienkompetenz in Bremen und unterstützt Menschen aller Altersgruppen dabei, aktiv, kritisch und souverän an der digitalen Gesellschaft teilzuhaben.
Eine zentrale Aufgabe der Bremer vhs ist die Demokratiebildung, insbesondere durch Förderung des kritischen Umgangs mit Medien und Desinformation. In den Fachbereichen Politik/Gesellschaft sowie IT/Medien – ebenso wie in den Regionalstellen – werden entsprechende Veranstaltungen angeboten.
Ziele sind u. a.:
• Stärkung des kritischen Denkens
• Vermittlung demokratischer Werte und Rechtsstaatlichkeit
• Empowerment und Selbstbefähigung
• Förderung des Dialogs über gesellschaftliche Gruppen hinweg
So wird Teilnehmenden ermöglicht, zwischen verlässlichen und unzuverlässigen Informationsquellen zu unterscheiden und digitale Medien wie soziale Netzwerke kritisch zu reflektieren.
Die Nachfrage nach Veranstaltungen der Erwachsenenbildung basiert auf freiwilliger Teilnahme und ist stark von inhaltlichen, strukturellen und finanziellen Faktoren beeinflusst. Angebote zu gesellschaftskritischen Themen stehen in Konkurrenz zu anderen Freizeitaktivitäten und werden daher häufig weniger nachgefragt.
Zudem muss die Bremer vhs aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage Teilnahmegebühren erheben, was die Zugangsschwelle zusätzlich erhöht. Eine gezielte Förderung von Angeboten zur
Stärkung der Medienkompetenz könnte die Nachfrage deutlich verbessern.
Im Zeitraum Januar 2023 bis Dezember 2025 führte die Bremer vhs insgesamt 44 Veranstaltungen durch, die explizit das Thema Medien/Desinformation im Titel oder in der Beschreibung
auswiesen.
• Formate: Bildungszeiten, Online-Vorträge, Kurse, Fortbildungen für Dozent:innen
Ergebnisse:
o 30 Veranstaltungen mit rund 240 Teilnehmenden wurden erfolgreich durchgeführt
o 4 Veranstaltungen sind für den Herbst vorgesehen
o 10 Veranstaltungen mussten wegen zu geringer Nachfrage abgesagt werden
Darüber hinaus wurden in rund 300 weiteren Veranstaltungen der politischen und gesellschaftlichen Bildung Inhalte zu Medienkompetenz und Desinformation direkt oder indirekt integriert.
Für eine resiliente Informationsgesellschaft benötigt es zukünftig allerdings bundesweite und auch länderübergreifende Konzepte, die ganzheitlich angelegt sind. Um gezielter Desinformation entgegen zu wirken, müssen Strategien entwickelt werden, die bisher von einander losgelöste Ansätze, etwa die Strafverfolgung, die Plattformregulierung, journalistische Faktenchecks oder Angebote politischer Medienbildung, zusammendenken. Es benötigt integrierte Modelle, die präventive und wehrhafte Maßnahmen vereinen. Die Gefahren von Fake News und gezielter Desinformation müssen außerdem unter den Bedingungen von text- und bildgenerierender Künstlicher Intelligenz (KI) noch einmal neu bewertet werden. KI-genierte und KI-gestützte Desinformationskampagnen stellen ein verschärftes Risiko für Gesellschaft und Demokratie dar, die nicht allein mit Bildungsangeboten beantworten werden können.
2. Welche Rolle spielt die Bremische Landesmedienanstalt brema, deren gesetzlicher Auftrag die Förderung von Medienkompetenz ist, in diesem Zusammenhang?
Die Bremische Landesmedienanstalt (brema) nimmt ihren gesetzlichen Auftrag zur Medienkompetenzvermittlung sehr ernst. Neben eigenen Projekten werden oft auch Projektpartnerschaften mit zahlreichen anderen Akteuren aus dem Bildungsbereich oder mit zivilgesellschaftlichen Partnern durchgeführt. Die Notwendigkeit, über Fake News und deren Entlarvung aufzuklären, ist in den letzten fünf Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Anfragen
zu Vorträgen oder Workshops haben sich vervielfacht. Die Bekämpfung von Desinformation sowie die Aufklärung über Fake News stellt daher einen Schwerpunkt in der Medienkompetenzvermittlung der brema dar.
Aktuell hält die brema zu den Themen „Fake News, Desinformation und Deep Fakes“ beispielsweise folgende Angebote bereit:
• Workshops und Vorträge für verschiedene Zielgruppen (z.B. Schüler:innen, Senior:innen
oder auch in leichter Sprache für Geflüchteten-Wohngruppen), die anhand praktischer Beispiele vermitteln, wie Nutzende Fake News identifizieren und sich davor schützen können,
• Erklärvideos in Kooperation mit Radio Bremen, die aufzeigen, wie Fake News entstehen und wie sie erkannt werden können,
• medienpädagogische Angebote im „media lab nord“ in Bremerhaven, die sich gezielt mit digitalen Falschinformationen auseinandersetzen und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen.
Alle Einrichtungen oder auch Personengruppen aus Bremen und Bremerhaven können auf Anfrage von den kostenlosen Angeboten der brema profitieren. Die Workshops der brema verfolgen einen nachhaltigen, auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnittenen Ansatz und beinhalten stets interaktive Elemente. Es wird auf eine angemessene Gruppengröße geachtet, da sich gezeigt hat, wie wichtig der direkte Austausch zwischen den Teilnehmenden und den Mitarbeitenden der brema ist. Für die Zielgruppe Senior:innen ist das Thema besonders relevant. Diese Zielgruppe wird mittlerweile im digitalen Raum immer mehr mit Fake News konfrontiert. Mit den Workshops werden Berührungsängste abgebaut und Kompetenzen im Umgang mit Social Media vermittelt. In den Workshops werden „echte“ Fake News Beispiele
gezeigt, aber auch bewährte Methoden und Rüstwerkzeuge, wie sie identifiziert und entlarvt werden können. Besonders wichtig ist nach Erfahrung der brema, aufzuzeigen, was das Ziel von Desinformationen und Fake News ist, wer davon profitiert und wie sie an Reichweite gewinnen. Wer einmal begriffen hat, warum die Behauptung, in Frankreich habe es im Sommer 2023 massenhaft Bettwanzen gegeben, in Wahrheit eine gezielte Kampagne war um Frankreich als Urlaubsland unattraktiv zu machen, wird auch in Zukunft skeptischer gegenüber Social Media-Inhalten sein.
Daneben hat die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland in Zusammenarbeit mit den deutschen Ländern und der Agentur planpolitik das interaktive Planspiel „Fakt oder
Fake“ zum Umgang der EU mit Desinformation und Hassrede entwickelt. Das Spiel wurde vom Materialkompass der Verbraucherzentrale – Bundesverband mit „sehr gut“ ausgezeichnet und kann inklusive einer eingebetteten Schulung für Lehrkräfte noch bis Februar 2026 kostenfrei und unter Anleitung durchgeführt werden.
3. An welchen Stellen wird sichergestellt, dass politische Grundverständnisse und Zusammenhänge in der Schule vermittelt werden, sodass Schüler*innen in die Lage ver-
setzt werden, sich gezielt kritisch zu informieren und die Falschbehauptungen einzuordnen?
Die Erziehung zur Bereitschaft, politische und soziale Verantwortung zu übernehmen, ist bereits in den Bildungs- und Erziehungszielen des Bremischen Schulgesetzes verankert (§ 5
BremSchulG). Dazu gehört auch, dass die Schule den Auftrag hat, “Basiskompetenzen und Orientierungswissen sowie Problemlösefähigkeiten zu vermitteln […]. Die Schülerinnen und
Schüler sollen insbesondere lernen, […] Informationen, insbesondere solche aus dem Internet, kritisch zu nutzen, sich eigenständig an Werten zu orientieren und entsprechend zu han-
deln; […] Wahrheit zu respektieren und den Mut zu haben, sie zu bekennen“.
Fachlich wird die Wissensvermittlung insbesondere im Politikunterricht umgesetzt bzw. in den Fächern „Gesellschaft und Politik“ (Oberschule Sek I) sowie „Welt-Umweltkunde, Geschichte,
Geografie, Politik“ (Gymnasium Sek I) sowie altersangemessen auch im Fach Sachkunde an der Grundschule. Wesentlich dabei ist auch der Aufbau methodischer Kompetenzen, zu denen
es gehört, dass die Schüler:innen Informationen aus Quellentexten, Bildern, Karten und anderen Medien entnehmen und zielgerichtet nutzen, sie kritisch auswerten und in Zusammenhänge einordnen bzw. mit Medien zielorientiert und quellenkritisch umgehen. Zentral ist der fachgerechte Umgang mit Quellen und Darstellungen auch im Fach Geschichte: „Durch die selbstständige Auseinandersetzung mit schriftlichen Quellen wägen sie (Anm: die Schüler:innen) deren Aussagekraft ab und lernen, Beschönigungen oder Instrumentalisierung von Geschichte zu erkennen“ (Bildungsplan Geschichte, Gymnasium Jg. 7 – 10).
Die unterrichtliche Befassung wird wie unter der Antwort auf Frage 1 dargestellt ergänzt, auch durch Kooperationen mit außerschulischen Partnern.
Für weiterführende Schulen bietet die Stadtbibliothek Fake News-Workshops an, in denen es gezielt darum geht, Informationen einzuordnen, zu bewerten und ein Verständnis für Quellen
und Quellenseriösität zu entwickeln. Formate zur Vermittlung von Recherchekompetenz geben Hilfestellungen bei der Recherche bspw. in Fachdatenbanken und vermitteln dabei auch Quellenkritik.
Als außerschulische Freizeitangebote können neue Technologien wie VR-Brillen, KI-Tools, 3D-Drucker und andere kreativ erprobt und genutzt werden. In kreativen Workshop-Formaten
zur Förderung von Medienkompetenz wird u. a. auch der Umgang mit Bildern und der Möglichkeit zur Manipulation bspw. mit Einsatz von Künstlicher Intelligenz vermittelt.
4. Welche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten bietet der Senat fachfremden Lehrkräften, um nicht nur im Politikunterricht, sondern fächerübergreifend Schüler*innen
für „Fake-News“, Desinformation und populistische Strategien in den sozialen Medien zu sensibilisieren?
Die Unterstützung fachfremder Lehrkräfte erfolgt mit einer neu konzipierten, mehrteiligen und innovativ angelegten Fortbildung, die vom Referat 10 – Medien und Bildung in der digitalen
Welt der Senatorin für Kinder und Bildung – und der Referentin für politische Bildung am Landesinstitut für Schule entwickelt wurde. Sie verbindet aktuelle Medienwelten von Kindern und
Jugendlichen (etwa TikTok-Trends) mit der Analyse von Social Bots, Deep Fakes und KI-basierten Manipulationen. Durch diesen multiprofessionellen Ansatz werden Lehrkräfte aller Fächer befähigt, Schüler:innen fächerübergreifend für Desinformation und populistische Strategien zu sensibilisieren und Demokratiebildung zeitgemäß und praxisnah zu gestalten.
Des Weiteren findet im Oktober mit dem Medienfachtag eine Veranstaltung statt, bei der sich Lehrkräfte, Journalisten, Medienpädagog:innen und weitere Fachkräfte zu Themen wie Meinungsfreiheit, Fake News, Datensicherheit KI und Social Media durch Impulsvorträge und praxisorientierte Workshops fortbilden und austauschen können.
Die Angebote sollen Lehrkräfte gezielt für den Umgang mit digitalen Herausforderungen stärken und den Blick auf Medienkompetenz im demokratischen Kontext schärfen.
Das Referat 10 – Medien und Bildung in der digitalen Welt – bietet verschiedene Formate im Themenspektrum Digitalisierung und Medienbildung an, darunter auch schulinterne Fortbildungen. Praktisch unterstützen die Makemedia Studios Lehrkräfte bei der Arbeit mit dem iPad im Unterricht. Weitere Angebote im Bereich Medienbildung/Digitalisierung sind im Fortbildungsprogramm des LIS zu finden.
Im Bundesland Bremen gibt es außerdem ein besonderes Supportsystem für die Lernplattform itslearning durch pädagogische Mitarbeitende und Referent:innen des Referats 10. Neben Einführungen, Fortbildungen zu einzelnen Funktionen, Erklärvideos u.v.m., verantwortet das Team auch die Unterstützungsforen für Lehrkräfte.
Eine Bezugsgrundlage in der Arbeit mit Medien und Digitalität ist die KMK-Empfehlung „Lehren und Lernen in der digitalen Welt. Ergänzung zur Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 09.12.2021) sowie Handlungsempfehlung für die Bildungsverwaltung zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz in
schulischen Bildungsprozessen (Beschluss der Bildungsministerkonferenz vom 10.10.2024).
5. Welche Angebote und Formate kennt und empfiehlt der Senat zur auch generationen-übergreifenden Medienkompetenzförderung im Hinblick auf die aktuellen medialen, technologischen und politischen Entwicklungen?
Der Bremer Senat fördert generationsübergreifende Medienkompetenz durch die Unterstützung diverserer unterschiedlicher Einrichtungen und Projekte. Besonders wirksam sind institutionelle Angebote mit niedrigschwelligen Zugängen, wie z.B. Bibliotheken, die Bremer vhs oder die Landeszentrale für politische Bildung. Zudem ist die brema im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages ein wesentlicher Akteur.
Das ServiceBureau Jugendinformation führt in unregelmäßigen Abständen Workshops mit altersgemischten Zielgruppen durch.
Die Arbeitnehmerkammer Bremen hat eine einrichtungsübergreifende Arbeitsgruppe initiiert, die sich zweimal jährlich zum Thema Digital Divide und Digitalkompetenz trifft.
Niedrigschwellige Formate zur Vermittlung von digitalen Grundkompetenzen, z.B. für Senior:innen in der Reihe Medienmontag. In Kooperation mit der brema bietet die Stadtbibliothek zudem wechselnd an den Bibliotheksstandorten Fake-News-Workshops für Senior:innen an.
Auch kreative Workshops zu KI, Stop-Motion-Filmen und Robotik wurden bereits erprobt. Neben der Förderung von digitalen Kompetenzen werden hierbei auch soziale Kompetenzen wie
Zusammenarbeit und Kommunikation gestärkt und Selbstwirksamkeit durch die Gestaltung von Inhalten gestärkt.
Seit 2020 werden vom Netzwerk Digitalambulanzen und im Rahmen des „DigitalPakt Alter“ im Bundesland Bremen Mediensprechstunden und Smartphone-Schulungen für Senior:innen angeboten. Die Digitalambulanzen bündeln die Angebote verschiedener Anbieter (darunter Landesmedienanstalt, Martinsclub, DRK, Bremer vhs).
Darüber hinaus werden immer wieder von verschiedenen Akteuren medienpädagogische Bildungszeiten für diese Zielgruppe angeboten, z.B. der Bremer vhs oder vom Evangelischen
Bildungswerk.
Die brema ist eine zentrale Akteurin im Bereich der Medienkompetenzvermittlung an Menschen von der Kita bis ins hohe Alter. Es gibt u.a. folgende Angebote:
• medienpädagogische Projekte in Kitas und Schulen, z.B. zur sicheren Nutzung digitaler Endgeräte und sozialer Netzwerke sowie zum Entlarven von Desinformation,
• Medieninformationsabende für Eltern von Kita- sowie Schulkindern,
• Förderung barrierefreier und inklusiver Medienbildung, insbesondere für Menschen mit Behinderungen,
• Aufklärungskampagnen, z.B. die Kampagne „Weil fürs Internet niemand zu alt ist“, die Senior:innen zur sicheren Nutzung digitaler Medien motivieren soll,
• Vorträge und Workshops für Senior:innen, um für Themen wie Künstliche Intelligenz und Desinformation zu sensibilisieren,
• Smartphonekurse für Senior:innen, um deren digitale Teilhabe zu stärken,
• Vorträge und Workshops für Schüler:innenzu Themen wie Cybermobbing oder Fake News,
• Organisation von Fachtagen, z.B. der Fachtag #Teilhabe,
• Preisverleihungen (Medienkompetenzpreis „das ruder“), um die ehrenamtliche Leistung Bremer Bürger:innen rund um Medienkompetenzförderung anzuerkennen und auszuzeichnen,
• Internet-ABC für Grundschulen, um Lehrkräfte zu unterstützen, digitale Medien und dementsprechende Medienkompetenzförderung in ihren Unterricht einzubinden.
Alle genannten Formate sind darauf ausgelegt, die Bremer Bevölkerung in ihrer Vielfalt zu erreichen und Medienkompetenz als gesellschaftliche Schlüsselqualifikation zu stärken – unabhängig von Alter, Herkunft oder Bildungshintergrund. Die Angebote fördern nicht nur den sicheren Umgang mit digitalen Technologien, sondern bereichern auch die kritische Reflexion medialer Inhalte und der eigenen Mediennutzung. Zudem ermöglichen die Formate eine aktive Teilhabe am demokratischen Diskurs.
6. Gibt es Bestrebungen, sich mit anderen Bundesländern stärker über Strategien im Umgang mit „Fake News“ auszutauschen? Falls ja, welche konkreten Maßnahmen sind
geplant oder bereits in Umsetzung?
Die Bildungsminister:innen sind über derartige Strategien im kontinuierlichen Austausch, zumal es die Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 09.12.2021) und zugehörige Empfehlungen gibt (KMK-Empfehlung „Lehren und Lernen in der digitalen Welt. Ergänzung zur Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 09.12.2021) sowie Handlungsempfehlung für die Bildungsverwaltung zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz in schulischen Bildungsprozessen (Beschluss der Bildungsministerkonferenz vom 10.10.2024).
Die Online-Redakteur:innen der FHB (Freien Hansestadt Bremen) haben sich in einem Netzwerk zusammengeschlossen und sensibilisieren hier auch in dem Bereich. Ähnlich verläuft es auf dem bundesländerübergreifenden Netzwerktreffen „Politoscope“, das im November 2025 erneut in Berlin stattfindet.
Das Planspiel FakeHunter (Projektinformationen – FakeHunter) wurde von der Büchereizentrale Schleswig-Holstein entwickelt und kann von Bibliotheken in allen Bundesländern nachgenutzt werden. Darüber hinaus werden in zahlreichen Formaten Good-Practice-Beispiele von Bibliotheken mit Kolleg:innen zur Nachnutzung geteilt.
Der Medienstaatsvertrag wie auch der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag liegen in der Gesetzgebungskompetenz der Länder. Um den rechtlichen Rahmen kontinuierlich an neue Entwicklungen im Mediensektor anzupassen und seine Wirksamkeit zu überprüfen, stehen die Länder in einem fortlaufenden Austausch und stimmen sich regelmäßig über notwendige An-
passungen und Weiterentwicklungen ab.
7. Inwiefern sieht der Senat Handlungsbedarf in der Regulierung digitaler Plattformen, um die Verbreitung von „Fake News“ und „Hate Speech“ einzudämmen?
Fake News und Hate Speech sind Phänomene, die vor allem über soziale Medien verbreitet werden. Häufig werden künstliche Bots eingesetzt, um eine hohe Reichweite zu erzeugen, die den Eindruck vermittelt: „Was so viele Klicks hat, wird schon stimmen.“ Auf diese Entwicklungen hat die Rundfunkkommission mit dem Medienstaatsvertrag (MStV) 2020 reagiert und in § 19 MStV journalistische Sorgfaltspflichten auch auf Telemedien ausgeweitet, sofern diese journalistisch-redaktionell gestaltet sind und regelmäßig Nachrichten oder politische Inhalte enthalten. Weiter müssen große Online-Plattformen einen inländischen
Zustellungsbevollmächtigten benennen, Teile ihrer Algorithmen offenlegen und sicherstellen, dass redaktionelle Angebote nicht ohne sachlichen Grund diskriminiert werden. So soll verhindert werden, dass Algorithmen gezielt Inhalte (etwa „Fake News“) bevorzugen oder unterdrücken und dadurch die Meinungsvielfalt beeinträchtigt wird. Verstöße können von den Landesmedienanstalten verfolgt werden, allerdings nur, wenn der Anbieter sich nicht dem Presserat oder einer anderen anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle angeschlossen hat. Ergänzend regeln der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und das Jugendschutzgesetz (JuSchG), dass Kinder und Jugendliche vor entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten geschützt werden müssen, was auch Hassrede und
extremistische Desinformation umfasst.
Der Digital Services Act (DSA) bildet auf EU-Ebene den zentralen Rechtsrahmen für digitale Plattformen im Binnenmarkt. Er zielt darauf ab, illegale Inhalte, Hassrede und die Verbreitung
von Desinformation wirksam einzudämmen. Alle Vermittlungsdienste von Internetzugangsanbietern über Hosting-Dienste bis hin zu sozialen Plattformen sind verpflichtet, klare Regeln für Inhaltsmoderation, transparente Nutzerbeschwerdeverfahren und umfassende Informations-
pflichten umzusetzen. Besonders große Plattformen mit mehr als 45 Millionen EU-Nutzer:innen müssen zusätzlich systematische Risikoanalysen zu Hassrede und Desinformation durchführen, regelmäßige Audits ermöglichen und problematische Inhalte zügig entfernen. Nutzer:innen sollen dabei stets transparent über Moderationsentscheidungen informiert werden, und funktionierende Melde- und Beschwerdemechanismen sind obligatorisch. Die Aufsicht erfolgt sowohl national durch zuständige Behörden als auch auf EU-Ebene für besonders große Plattformen, wobei bei Verstößen hohe Geldbußen drohen.
In Deutschland setzt das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) den DSA um und bündelt dabei bisherige Regelungen wie das Telemediengesetz und Teile des Netzwerkdurchsetzungsgeset-
zes. Es ergänzt diese durch neue Pflichten und stärkt die Rolle der Medienaufsicht.
Landesmedienanstalten, die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) sowie der bzw. die Bundesdatenschutzbeauftragte übernehmen zentrale Aufsichts- und Kontrollfunktionen, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu sichern und den Schutz von Nutzer:innen auf digitalen Plattformen zu gewährleisten.
Ergänzend besteht der Kodex zur Bekämpfung von Desinformation, eine Selbstverpflichtung großer Anbieter, die Maßnahmen wie Faktenchecks, die Eindämmung von Fake-Accounts oder mehr Transparenz bei politischer Werbung umfasst.
Die brema und die Medienanstalten der anderen Bundesländer haben der EU-Kommission zigtausende Verstöße – deutlich mehr als alle anderen Mitgliedstaaten zusammen – gemeldet
und so Informationen für eine Entscheidungsgrundlage geliefert.
Gleichzeitig haben die Landesmedienanstalten bei den Plattformen diese potenziellen Verstöße angezeigt. Die Erfahrung lehrt, dass die Plattformen in der Folge reagieren und die Inhalte in den meisten Fällen umgehend sperren. So konnte die brema in den vergangenen Jahren eine Löschquote von nahezu 100% erreichen.
8. Wie bewertet der Senat den „Digital Services Act“ der Europäischen Union als Mittel zur Eindämmung von Desinformationen und „Fake News“ auf digitalen Plattformen?
Die Plattformregulierung ist – wie unter Frage 7 ausgeführt – inzwischen in den Verantwortungsbereich der EU getragen worden. Die Europäische Kommission betrachtet die Regulierung digitaler Plattformen dabei kompetenzbedingt vorrangig aus wirtschaftlicher und weniger aus kultureller oder gesellschaftlicher Perspektive. Entsprechend beansprucht sie in hohem Maße die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich und setzt verstärkt auf Verordnungen, die unmittelbare Gesetzeskraft haben und nur wenig Raum für ergänzende nationale Rechts-
akte lassen. Mit dem Digital Services Act (DSA) hat die Kommission nach eigener Auffassung einen umfassenden Rechtsrahmen geschaffen, um Plattformen auch im Hinblick auf Desinfor-
mation und „Fake News“ weitgehend abschließend zu regulieren.
Der DSA adressiert zentrale Herausforderungen im Kampf gegen Desinformation, indem er sowohl präventive als auch reaktive Maßnahmen vorsieht. Er verpflichtet insbesondere sehr
große Online-Plattformen dazu, systemische Risiken wie die Verbreitung von Fake News zu analysieren, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen und ihre Verfahren transparent zu gestalten. Damit setzt er auf strukturelle Prävention und stärkt zugleich Transparenz- und Rechenschaftspflichten: Plattformen müssen ihre Algorithmen, Empfehlungsmechanismen und
Moderationspraktiken offenlegen und sich unabhängigen Audits unterziehen. Dies soll die Nachvollziehbarkeit erhöhen und die Gefahr manipulativer oder intransparenter Inhalteverbreitung eindämmen.
Gleichwohl zeigt sich, dass der DSA Grenzen hat. Eine einheitliche Definition von „Fake News“ enthält er nicht; vielmehr fokussiert er auf den Umgang mit illegalen Inhalten und systemischen Risiken. Die Bewertung, ob Inhalte als Desinformation einzustufen sind, verbleibt damit bei den Plattformen selbst bzw. ist von der nationalen Rechtsordnung abhängig (wie z.B. dem Strafrecht).
Nicht alle problematischen Inhalte im Netz sind strafrechtlich relevant. Zwar handelt es sich bei vielen Vorfällen um klare Gesetzesverstöße, doch insbesondere im Bereich der Desinfor-
mation liegen häufig keine strafbaren Handlungen vor. Gerade deshalb reicht der DSA allein nicht aus, um wirksam gegen die Verbreitung von Fake News und Hate Speech vorzugehen.
Um Plattformen effektiv zu regulieren, muss der DSA durch ergänzende Regelungen auf Länderebene unterstützt werden, wie sie etwa im Medienstaatsvertrag verankert sind.
Zugleich hat die europäische Regulierung konkrete Auswirkungen auf nationale Regelwerke wie den Medienstaatsvertrag, der auch vom Land Bremen mitbeschlossen wurde. Dessen weitergehende Regelungen werden von Plattformbetreibern strikt abgelehnt. Ob und gegebenenfalls inwieweit der Medienstaatsvertrag neben dem DSA weiterhin Geltung beanspruchen kann, ist derzeit Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof. Wann eine
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hierzu vorliegt, ist bislang offen.
9. Sieht der Senat Notwendigkeiten und Möglichkeiten (ggf. neue) soziale Plattformen als Teil der Daseinsvorsorge in Europa zu etablieren und auf welche Weise setzt er sich
ggf. dafür ein?
Das Thema der digitalen Souveränität Europas ist dem Senat ein wichtiges Anliegen. Bremen wird dieses Thema in den kommenden Jahren – nicht nur im Bereich der Soziale Plattformen
– weiter thematisieren und so vorantreiben.
Die Unabhängigkeit unserer digitalen Infrastrukturen im Allgemeinen und unserer digitalen Kommunikationswege im Speziellen ist zentral für das Bestehen unserer Demokratie. Das ist
sie mit Blick auf sicherheitspolitische Risiken durch gesteuerte Desinformationen von außen, aber auch in Bezug auf den bewussten Einsatz von Fake News demokratiefeindlicher Akteure
im Inland. Die mit Blick auf Diskriminierung, Hate Speech und sexualisierter Gewalt weitestgehend unregulierten Plattformen sowie die digitale Monopolbildung im Big Tech-Bereich sind
zudem immer auch kritisch und hinsichtlich der Wahrung unserer freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewerten. Die aktuelle Integration von KI-Angeboten innerhalb sozialer Plattformen werfen außerdem neue datenschutz- und urheberrechtliche Fragen auf.
Neue soziale Plattformen können nicht allein auf Landesebene geschaffen, jedoch unterstützt werden. Die Bremer vhs trägt dazu bei, indem sie Bürger:innen in Bremen befähigt, die digitale
Welt sicher und reflektiert zu nutzen – von Datenschutz über die kritische Nutzung sozialer Medien bis hin zu kreativen Anwendungen. Ziel ist es, Chancen neuer Plattformen wahrzu-
nehmen und zugleich selbstbestimmt mit Risiken wie Desinformation umzugehen.
Beschlussempfehlung:
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats auf die Große Anfrage Kenntnis.“
Dokumentation ENDE
Liebe Leserschaft, wer sich durch diesen Wust gekämpft hat, erhält heute sinnbildlich eine Tapferkeitsmedaille. Zugleich steigt bei Normallesern wie mir das Unverständnis über Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft. Wie kann man es bloß zulassen, im Rahmen eines solchen Sermons, keinerlei Hinweis auf die Wirkung dieser Maßnahmen und deren Kosten zu erhalten?
Unfassbar. Noch ein Gedanke: Wer definiert eigentlich für die Allgemeinheit, was „Fake News“ und „Desinformationen“ sind?
Munter bleiben!
Ihr as
Es könnte der Verdacht aufkommen, der Senat hat die Fragen selbst vorbereitet und über Bande (Parlament) sich selbst stellen lassen.
Ein „richtiges“ Parlament hat HB schon lange nicht mehr. Zu lange in nur einer Hand.
Eher so „Chinesischer Nationaler Volkskongress“….
Verwaltung über Generationen nur mit Gefolgsleuten besetzt, Qualifikation Nebensache, richtige Haltung zählt.
Keine Trennung von Land und Kommunen, alle miteinander bekannt, keine Konkurrenz – keine Kontrolle – Alles ist erlaubt – Keiner schwärzt dich an.
Immer mehr Freunde in den Staatsdienst geholt, Versager bleiben unerkannt,
Es könnte besser gehen….
„Zeit, dass sich was dreht…“
Lieber Axel Schuller, ich beantrage die Verleihung der Tapferkeitsmedaille an mich. Das war wirklich eine Zumutung. Wenn in Bremen etwas entwickelt ist, dann die Fähigkeit vielwortig nichts zu sagen, Laberkultur at it‘ best. Gepaart mit einer gehörigen Portion Eitelkeit. Ohne die hätten die Endredakteure wenigstens noch einmal ChatGPt mit der Maßgabe guter Lesbarkeit über den Text geschickt. Sie hatten wohl Angst vor dem, was dabei rausgekommen wäre.
Ich habe die Senatsantwort gelesen und kann die Kritik in keiner Weise nachvollziehen. Auch die Zusammenfassung von ChatGbT finde ich nicht ädäquat, zumal dort die Fragestruktur nicht angemessen wiedergegeben ist und wichtige Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen nur sehr verkürzt oder gar nicht enthalten sind. Ich finde,die Antwort gibt einen sehr guten Überblick über die Bremischen Akteure und Projekte, die sich mit dem Thema kritischer Medienerziehung und Fake News auseinandersetzen. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen werden gut beschrieben. Wenn die Politik sich zum Thema sinnvoll verhalten soll, muss man sich ja erstmal einen Überblick verschaffen, welche Ansätze es schon gibt und wo es politischen Handlungsbedarf gibt. Dafür ist die Antwort eine sehr gute Grundlage, um perspektivisch eine übergreifende Strategie zu entwickeln. Auch das Thema Wirksamkeit wird an mehreren Stellen angesprochen – etwa dass langfristige Projekte wirksamer sind als kurze Workshops. Natürlich ist die Frage nach der Wirksamkeit berechtigt, aber ähnlich wie z. B. die Wirksamkeit von Plakatwerbung schwer zu messen ist, ist auch die mittel- und langfristige Wirksamkeit von Maßnahmen der politischen Bildung nur schwer messbar. Die Ursachen von demokratiefeindlichen Verhaltensweisen sind mehrdimensional. Somit ist es auch schwierig, konkret messbare Zielvorgaben für Bildungsmaßnahmen zu definieren, weil die Beziehung zwischen Maßnahme und Wirksamkeit keine eineindeutige ist – wir Menschen sind keine Automaten oder Nürnberger Trichter!
Wenn ein Verkäufer einem etwas vollkommen sinnloses, etwas was man garantiert nicht braucht, würde andrehen wollen, dann müsste er weit ausholen und mit einem ellenlangen Vortrag eine Begründung erfinden, warum man es doch kaufen sollte.
Wie ist es hier gelagert?