Gibt sich Bremen gerade selbst auf? Und: BSAG auf der „schiefen Bahn“…

17.09.2023 3 Von Axel Schuller

Alle Nase lang derselbe Mist: Einbrüche, Überfälle und Raube. Dealer verticken Drogen offen in Stein- und Ostertor. Leute setzen ihren Heroin-Schuss unbehelligt in den Wallanlagen – selbst, wenn die Polizei Streife läuft. Autos werden gleich im Dutzend aufgebrochen. Gibt sich unsere schöne Stadt gerade selbst auf? Zu diesen Straftaten gesellt sich die drohende finanzielle Schwindsucht des Gemeinwesens. Dazu heute nur ein Beispiel: die BSAG.

Zunächst zur Kriminalitätsentwicklung. Eigentlich unvorstellbar, aber wahr: Am vorigen Wochenende musste die Polizei über 1.400mal aktiv werden. Sie schritt laut Polizeipressestelle ein bei: „Auseinandersetzungen, Schlägereien, Raubdelikten. Insbesondere nachts und in den Morgenstunden kam es im Viertel, in der Bahnhofsvorstadt und rund um die Innenstadt zu Straßenrauben“. Ach ja, Unfälle, „Diebstähle und Wohnungseinbrüche“ wollten auch noch aufgenommen werden. Welche Straftaten in jeweils welcher Anzahl zu verfolgen waren, vermochte die Polizeipressestelle auf Anfrage „auf die Schnelle“ leider nicht zu sagen.

Was in der Stadt (auch) so los ist, beschreiben Blog-Leser sehr anschaulich: „Auf den paar Metern vom Fehrfeld zum Ziegenmarkt habe ich nachmittags 20 offensichtliche Dealer gesehen – aber nicht einen einzigen Polizisten“, so eine Leserin. Oder: In den Wall-Anlagen sind zwischen Haus des Reichs und „Tendüre“ mittlerweile Bänke abmontiert worden. Ziel: Dealer und Drogensüchtigen den Aufenthalt zu vermiesen. Folge. Gedealt wird in einiger Entfernung dennoch, „konsumiert“ in den Gebüschen. Streife laufende Polizisten „sehen nichts“, wie Blog-Leser beschreiben. Darauf angesprochen, die entwaffnende, aber ehrliche Polizisten-Antwort: „Wir sehen zu, dass das hier nicht ausufert.“ Na, besten Dank auch. Und weiter: „Wenn wir den Krankenwagen rufen, kommen die Drogenkranken nach Ost – und sitzen zwei Stunden später wieder hier.“ Damen und Herren Senats- und Landtagsmitglieder: Dies ist kein „Schlechtreden„, sondern Realität.

Überfälle, Raube, Dreck haben nun auch die Handelskammer auf den Plan gerufen. Ergebnis: Alle Teilnehmer eines Rund Tisches – u.a. Geschäftsleute, Kneipiers, fünf Senatoren – beschlossen die Gründung eines Arbeitskreises – neben der bereits bestehenden „Task Force“ des Senats. Mein erster, vermutlich schändlicher Gedanke: Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis

Was soll das ändern? Wenn’s gegen Kriminelle und Ruhestörer aller Art konkret wird, ist sich die rot-grün-rote Koalition in Wahrheit nicht einig. Das fängt beim Thema Elektro-Schocker an; geht über die umstrittene Alkohol- und Drogen-Verbots-Zone am Bahnhof (da wird mittlerweile für die flaschen-tragenden Werder-Fans um einzelne Meter gerungen); Regressforderungen gegen die „Letzte Generation“ wiederum scheuen Grüne und Linke; bessere Gehälter und Zulagen für Polizisten (wie in anderen Bundesländern) scheitern am massiven Geldmangel.

Apropos Klima und Geld: Die BSAG hat eher beiläufig in Politik-Kreisen platziert, dass ihr Defizit in 2023 hammermäßige 100 Millionen Euro betragen wird (statt früher 50 und in 2022 durch Pandemie und Energiekrise sogar 70,5 Millionen Euro). Aber 100 Millionen? Oh, du fröhliche…

Da bleibt einem doch glatt die Spucke weg. Möglicherweise will der neue Vorstand aber auch bloß reinen Tisch machen, um im nächsten Jahr mit besseren Zahlen zu glänzen. Aber, mal by the way: Hat die BSAG eigentlich kein tagesaktuelles Controlling? Bietet beispielsweise SAP an. Dieses Mega-Finanzloch droht doch nicht von einem Tag auf den anderen!

Die Ex-Umweltsenatorin und BSAG-Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Maike Schaefer hatte noch kurz vor ihrer Demission 50 sauteure Elektrobusse bestellen lassen. Dazu eine neue, zentrale BSAG-Strom-Zapfstelle in Blumenthal. Gesamtkosten: 99 Millionen Euro, von denen Bremen 59 und die BSAG selbst 14,7 Millionen Euro tragen. Für den Rest ließ sich der Bund (also auch Steuergelder) einspannen. Ferner beschloss die Bremer Koalition das sogenannte StadtTicket für Bedürftige: Erwachsene löhnen im Monat 25 Euro, Kinder gar nix. Kostet Bremen nach meinen Informationen 15 bis 16 Millionen Euro. Strom und Sprit – wissen Sie, liebe Leserinnen und Leser, aus leidvoller Erfahrung selbst: Die Kosten für Energie fressen die Einnahmen häufig schier auf. Es sei denn, Sie sind Nutznießer eines Dienstwagens. Ach ja, die Löhne der Bus- und Bahnfahrer werden um locker zehn Prozent erhöht, um überhaupt noch Fahrpersonal zu kriegen. 

Und dann ist da noch das DeutschlandTicket. Der Kunde muss dafür 49 Euro berappen – das Ticket verursacht aber deutlich höhere Kosten. Die drei Milliarden Euro, welche Bund und Länder als Zuschuss aufbringen, reichen nicht. Jene drei Milliarden bezogen sich übrigens auf einen Ticket-Preis von 69 Euro. Politisch einigte man sich dann aber kurzerhand auf das 49-Euro-Ticket. Nun klafft ein Loch von zusätzlich etwa 1,3 Milliarden Euro.

Es kommt aber noch dicker. Das 49 Euro-Ticket, das allseits gewünscht wird, ist für das Jahr 2024 bislang nämlich null Komma null, also gar n i c h t finanziert

Gleichzeitig fordern Politiker, Klima-„Aktivisten“ – eigentlich Jedermann – die Öffis müssten – natürlich – viel häufiger durch die Stadt fahren, um Autofahrer als Kunden zu gewinnen. Wie soll das ohne Massen an Zusatz-Personal und Fahrzeugen gelingen?  Und, woher soll die bekanntlich nie ausreichend vorhandene Staats-Knete kommen? Vom berühmt-berüchtigten Lindner-Geldbaum, der in Berlin neben dem Finanzministerium gedeiht?

Hier kreuzen sich Wunsch und Realität auf schon fast grausame Weise.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Wie ich bereits schrob, verfügt dieser hypermoderne Blog – ungeachtet des zweifelsohne Old-School-Autoren – über eine Kommentarfunktion. Leider haben mehrere Leserinnen und Leser offenbar angenommen, sie könnten nur mir auf diese Weise ihre Sicht der Dinge mitteilen. Das können Sie auch gerne tun. Jedoch: Bitte kennzeichnen Sie Ihren Text eindeutig mit einem Hinweis: Zur Veröffentlichung, oder auch: nur für as

Vielen Dank!

Übrigens, um das auch mal loszuwerden: Es macht Spaß, für Sie tätig zu sein. Die vielen Rückmeldungen (überwiegend positiv) halten meine Motivation für diese ehrenamtliche Tätigkeit aufrecht.