Bitte Realität beachten: Auch das Klinikum Links der Weser macht inzwischen Miese
Tatü tata, die Zahlen-“Polizei” ist da! Nur selten ist ein wichtiges Thema kommunikativ so in der Grütze gelandet. bremensogesehen.com bringt jetzt Licht ins Klinik-Umzugs-Dunkel. Die Ausgangslage: Angeblich ist der Senat so bescheuert, dass er die (angeblich) einzig profitable und für den gesamten Bremer Süden (angeblich) unverzichtbare Geno-Klinik LDW aufgeben will. Die Regierung hat sich zum Teil selbst in diese blöde Situation gebracht. Durch Schweigen. Leider fielen Wahlen in den dringend notwendigen Entscheidungsprozess. Und wir Stimmvolk entscheiden bekanntlich, sagen wir mal, nicht immer klug.
Ich erinnere nur an Gerhard Schröders Agenda 2010. Damit war er 2005 bei der Bundestagswahl unten durch.
Zur Geno.
Über die Geno-Klinik Links der Weser braut sich eine Saga zusammen, die nach sachlicher Betrachtung schreit.
Zunächst einige Behauptungen eifriger Klinik-Retter: Das Klinikum LDW ist das einzige Krankenhaus für den gesamten Bremer Süden. Der Weg zum nächsten, dem Klinikum Mitte, ist viel zu weit, als dass Kranke dorthin gebracht werden könnten. 80 Prozent der LDW-Mitarbeiter wollen einen Umzug zum KBM nicht mitmachen. Die renommierte Herzklinik des LDW wird durch einen Umzug dauerhaft geschädigt. Die Palliativstation wird sterben. Und völlig klar: Das LDW ist die einzige Geno-Klinik, die Gewinne erwirtschaftet – also eine Cash Cow. Der darf man doch nicht den Garaus machen.
Soweit Argumente der „Umzugs-Gegner“. Hier nun einige Fakten als Denkanregung. Auf der linken Seite der Weser befindet sich in der Neustadt das Rote Kreuz Krankenhaus. Das ist keine Billig-Klitsche, sondern ein „Akutkrankenhaus“ mit 302 Betten und mehreren hoch spezialisierten Abteilungen (siehe roteskreuzkrankenhaus.de ). Die Entfernungen: Laut Routenplaner trennen sagenhafte 7,5 Kilometer das LDW von Mitte. Vom LDW zum RKK sind es gerade mal 5,1 Kilometer.
Geneigte LDW-Fighter, ich stamme aus einem Flächenland. Dort kann die nächste Klinik schon mal 80 oder gar 110 Kilometer weit weg sein. Dies muss nicht der Maßstab sein, könnte aber den stadtstaatlich bremischen Blick gerne mal etwas in Richtung Normalität lenken.
Jetzt wird’s noch heftiger. 80 Prozent der Mitarbeiter wollen (angeblich) nicht mit umziehen. Experten haben anhand der Mitarbeiter-Adressen folgendes ermittelt: Für 396 Beschäftigte wird der Arbeitsweg kürzer, für 412 länger, für 221 Mitarbeiter m/w bleibt der Weg gleich lang. Und die Palliativstation soll in Mitte oder Ost wieder aufgebaut werden.
Ein brutaler Mangel ist indes, dass die Verantwortlichen noch kein Verkehrskonzept für eine fusionierte Klinik in Mitte haben. Ostertor, Steintor, östliche Vorstadt sind bereits sehr belastet. Auf dem KBM-Gelände muss dringend ein riesiges Parkhaus für Mitarbeiter, Patienten und Besucher entstehen, bevor das LDW umzieht. Zahlen: Wenn alle heutigen LDW-Patienten nach Mitte gelotst würden, wären dies 17.000 stationäre und 46.000 ambulante Fälle, die zusätzlich in der St.Jürgen Straße versorgt werden müssten.
Eine Debatte über die Auflösung des LDW zu beginnen, bevor die Frage der verkehrlichen Anbindung gelöst ist, war – zumindest auf den ersten Blick – fahrlässig.
Aber: Das Defizit des Geno-Konzern frisst Bremen allmählich auf. Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, und der Senat stehen mithin unter Handlungsdruck. Bremen schafft es nicht, dauerhaft zig Millionen zur Geno rüberzuschieben.
Womit wir bei der angeblichen Cash-Cow wären. LDW war mal eine dank der exzellenten Herz– und Kardio-Kliniken. Mittlerweile ist auch das LDW im wirtschaftlich roten Bereich. Nach dem letzten Plus in 2019 in Höhe von 2,3 Millionen Euro, rutschte das LDW in 2020 auf -8,6 Millionen und in 2021 auf minus 4,4 Millionen Euro ab. Im vorigen Jahr waren’s -1,4 Millionen.
Dass der Senat bereits nächste Woche das Ende des LDW zementieren wird, hat mit der sich zuspitzenden Situation zu tun. Auch den Kliniken laufen die Kosten davon. Der Hang zu ambulanten Behandlungen schreitet voran. Der Fachkräfte-Mangel nimmt rasant zu. Die Folgen: Die Geno zählt in ihren vier Kliniken nur rund 70.000 vollstationäre Behandlungen – statt wie vor ein paar Jahren 100.000. Rund 30 Prozent der Betten werden nicht benötigt. Dazu kommt die Ungewissheit, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit immer neuen Plänen für die Kliniken verbreitet.
Fazit: Das Ende des LDW ist wohl unumgänglich, will der Senat den kommunalen Klinikkonzern Geno als Ganzes erhalten.
Dafür muss er jetzt in Bürgerversammlungen wie jüngst in Obervieland nicht nur die eine, sondern auch die andere Backe hinhalten. Aber: So viele Unterstellungen, teilweise Plattheiten haben mich überrascht – da konnte man fast schon Mitleid mit den Senatsmitgliedern Bovenschulte, Bernhard (Gesundheit) und Fecker (Finanzen) bekommen…
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S.: Worüber derzeit übrigens kaum geredet wird: Für die Klinik Mitte wird es zur extremen Belastung werden, wenn das neue Hulsberg-Viertel parallel zum Krankenhausbetrieb gebaut wird. Und noch eins: Die Geno-Leitung muss sich nicht nur um das Thema „fehlender Teamgeist“ in und zwischen den Häusern kümmern. Sondern auch um die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit aller Mitarbeiter den Patienten gegenüber; ist eine der günstigsten Image-Maßnahmen…
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Die GENO ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie man kommunale Krankenhäuser nicht managen sollte. Interessanterweise haben die Non-GENO-Krankenhäuser in Bremen nicht diese hausgemachten Probleme. Der Staat ist wirklich der schlechteste Manager in fast allen Dingen. Und Du ignorierst die wirklich schlechte Verkehrssituation und Parksituation (falls die Familie mal ihren kranken Vater besuchen möchte) beim ZKH Mitte. Bzgl. des Rot-Kreuz-Krankenhaus gebe ich Dir Recht, obwohl Du leider auch insgesamt ignorierst, dass durch den demographischen Wandel die Bettenzahl insgesamt steigen werden muss – in allen Bremer Krankenhäusern. Und was Du völlig ignorierst, ist der Hubschrauberlandeplatz am LDW inkl. der Wartungshallen und das Tanklager. Das Einzugsgebiet der Hubschrauber ist riesig (bis an die Nordsee und bis kurz vor Harburg) und das Gute war, dass im LDW die Geretteten SOFORT versorgt werden konnten. Und jetzt versuche mal, IRGENDWO im Bremer Stadtgebiet eine derartige Infrastruktur – mit Tanklager, Logistik und Wartungshallen wieder aufzubauen. Das kannst Du vergessen bei der aktuellen “not in my backyard”-Mentalität der Leute. Das Schließen des LDW ist ein großer Fehler. Der in weniger als zehn Jahren, wenn der Bedarf gestiegen ist, benötigte Wiederaufbau wird Unsummen an Geld verschlingen.
Lieber Herr Redder,
Die Verkehrs und Park Situation wurde doch von Herrn Schuller angesprochen, hier muss dringend ein Parkhaus am KBM gebaut weden. Sicher bei dem Umzug eine leichte Aufgabe.
Beim Hubschrauber muss ich sie korrigieren:
1 Heli ( der rot weißen) steht am Flughafen und wird da bleiben.
1 Heli ( der gelbe) steht am LDW, auch der wird da bleiben. Alternativ könnte der zusammen mit dem anderen am Flughafen stehen. Sind aber unterschiedliche Betreiber.
Die intensiv Patienten wurden bisher auch schon zum KBM ( oder ins UKE oder MHH) geflogen und nicht ins LDW. Somit wird sich am flugaufkommen in Mitte durch die Zusammenlegung nichts ändern.
Die Schließung des LDW ist die einzig vernünftige Handlung des Senats! Besser wäre es vermutlich nur, die Geno zu privatisieren
Ich halte zum jetzigen Zeitpunkt die Schließung verfrüht. Hier wird Strategie (Was für eine Krankenhausversorgung braucht Bremen?) mit Taktik (Wie erreichen wir das Ziel unter medizinischen, ökonomischen und demographischen Aspekten?) verwechselt. So etwas bezeichnet man als Aktionismus. Weil politisch die Kraft für einen neuen Krankenhausbedarfsplan fehlt, schließt man schnell eine Klinik. Das kann nicht gutgehen. Langfristig wird in Bremen nur ein Krhs der Maximalversorgung und vier Krhs der Allgemeinversorgung benötigt. Es ist eine Tatsache, dass die Ambulantisierung ähnlich wie die Digitalisierung nicht still stehen wird. Die hoch gelobte Senatorin wird sich als überfordert herausstellen, weil ihr der notwendige Weitblick fehlt. Die Restrukturierung der GENO/Klinikum Mitte wird alle finanziellen Mittel für Krankenhausinvestitionen in Bremen für die nächsten Jahre aufzehren, was zum Ausbluten der übrigen Kliniken führen wird. Irgendwie erinnert mich das an das Sterben der Werftindustrie in Bremen.
1. Die Ertragslage in den Coronajahren 2020 bis 2022 ist kein Vergleichsmaßstab. Alle Kliniken waren da im Minus.
2. natürlich leidet die Versorgung: die Notaufnahme des RKK wird kaum die Patienten des LDW aufnehmen können. Auch nicht die Notaufnahme des St. Jürgen Krankenhauses. Dafür sind sie nicht ausgelegt und baulich ist auch kein Platz für große Erweiterungen.
3. Vom RKK zum LDW mögen es nur etwas über 5 Km sein. Diese müssen aber ggf. zusätzlich durch die Innenstadt gefahren werden.
4. Das nächste Krankenhaus nach Süden weg liegt in Bassum. Das ist eine Ecke weg…
5. Es gibt in 2023 keine Orte in Deutschland, die 110 Km von der nächsten Notaufnahme entfernt liegen.
6. Das Patientenaufkommen ist da. Das LDW hat bewiesen, daß es sich allein tragen kann. Der Fokus liegt auf Mitte. Hier muss man lernen, aus eigener Kraft ertragreicher zu werden.
7. Natürlich steigt das Flugaufkommen. Das LDW versorgt nicht nur Intensivpatienten, sondern bspw. die Nordseeinseln mit Geburtshilfe etc. per Heli.