Bitte Realität beachten: Auch das Klinikum Links der Weser macht inzwischen Miese

22.09.2023 4 Von Axel Schuller

Tatü tata, die Zahlen-“Polizei” ist da! Nur selten ist ein wichtiges Thema kommunikativ so in der Grütze gelandet. bremensogesehen.com bringt jetzt Licht ins Klinik-Umzugs-Dunkel. Die Ausgangslage: Angeblich ist der Senat so bescheuert, dass er die (angeblich) einzig profitable und für den gesamten Bremer Süden (angeblich) unverzichtbare Geno-Klinik LDW aufgeben will. Die Regierung hat sich zum Teil selbst in diese blöde Situation gebracht. Durch Schweigen. Leider fielen Wahlen in den dringend notwendigen Entscheidungsprozess. Und wir Stimmvolk entscheiden bekanntlich, sagen wir mal, nicht immer klug.

Ich erinnere nur an Gerhard Schröders Agenda 2010. Damit war er 2005 bei der Bundestagswahl unten durch.

Zur Geno.

Über die Geno-Klinik Links der Weser braut sich eine Saga zusammen, die nach sachlicher Betrachtung schreit.

Zunächst einige Behauptungen eifriger Klinik-Retter: Das Klinikum LDW ist das einzige Krankenhaus für den gesamten Bremer Süden. Der Weg zum nächsten, dem Klinikum Mitte, ist viel zu weit, als dass Kranke dorthin gebracht werden könnten. 80 Prozent der LDW-Mitarbeiter wollen einen Umzug zum KBM nicht mitmachen. Die renommierte Herzklinik des LDW wird durch einen Umzug dauerhaft geschädigt. Die Palliativstation wird sterben. Und völlig klar: Das LDW ist die einzige Geno-Klinik, die Gewinne erwirtschaftet – also eine Cash Cow. Der darf man doch nicht den Garaus machen.

Soweit Argumente der „Umzugs-Gegner“. Hier nun einige Fakten als Denkanregung. Auf der linken Seite der Weser befindet sich in der Neustadt das Rote Kreuz Krankenhaus. Das ist keine Billig-Klitsche, sondern ein „Akutkrankenhaus“ mit 302 Betten und mehreren hoch spezialisierten Abteilungen (siehe  roteskreuzkrankenhaus.de ). Die Entfernungen: Laut Routenplaner trennen sagenhafte 7,5 Kilometer das LDW von Mitte. Vom LDW zum RKK sind es gerade mal 5,1 Kilometer.

Geneigte LDW-Fighter, ich stamme aus einem Flächenland. Dort kann die nächste Klinik schon mal 80 oder gar 110 Kilometer weit weg sein. Dies muss nicht der Maßstab sein, könnte aber den stadtstaatlich bremischen Blick gerne mal etwas in Richtung Normalität lenken.

Jetzt wird’s noch heftiger. 80 Prozent der Mitarbeiter wollen (angeblich) nicht mit umziehen. Experten haben anhand der Mitarbeiter-Adressen folgendes ermittelt: Für 396 Beschäftigte wird der Arbeitsweg kürzer, für 412 länger, für 221 Mitarbeiter m/w bleibt der Weg gleich lang. Und die Palliativstation soll in Mitte oder Ost wieder aufgebaut werden.

Ein brutaler Mangel ist indes, dass die Verantwortlichen noch kein Verkehrskonzept für eine fusionierte Klinik in Mitte haben. Ostertor, Steintor, östliche Vorstadt sind bereits sehr belastet. Auf dem KBM-Gelände muss dringend ein riesiges Parkhaus für Mitarbeiter, Patienten und Besucher entstehen, bevor das LDW umzieht. Zahlen: Wenn alle heutigen LDW-Patienten nach Mitte gelotst würden, wären dies 17.000 stationäre und 46.000 ambulante Fälle, die zusätzlich in der St.Jürgen Straße versorgt werden müssten.

Eine Debatte über die Auflösung des LDW zu beginnen, bevor die Frage der verkehrlichen Anbindung gelöst ist, war – zumindest auf den ersten Blick – fahrlässig

Aber: Das Defizit des Geno-Konzern frisst Bremen allmählich auf. Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte, und der Senat stehen mithin unter Handlungsdruck. Bremen schafft es nicht, dauerhaft zig Millionen zur Geno rüberzuschieben.

Womit wir bei der angeblichen Cash-Cow wären. LDW war mal eine dank der exzellenten Herz– und Kardio-Kliniken. Mittlerweile ist auch das LDW im wirtschaftlich roten Bereich. Nach dem letzten Plus in 2019 in Höhe von 2,3 Millionen Euro, rutschte das LDW in 2020 auf -8,6 Millionen und in 2021 auf minus 4,4 Millionen Euro ab. Im vorigen Jahr waren’s -1,4 Millionen.

Dass der Senat bereits nächste Woche das Ende des LDW  zementieren wird, hat mit der sich zuspitzenden Situation zu tun. Auch den Kliniken laufen die Kosten davon. Der Hang zu ambulanten Behandlungen schreitet voran. Der Fachkräfte-Mangel nimmt rasant zu. Die Folgen: Die Geno zählt in ihren vier Kliniken nur rund 70.000 vollstationäre Behandlungen – statt wie vor ein paar Jahren 100.000. Rund 30 Prozent der Betten werden nicht benötigt. Dazu kommt die Ungewissheit, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit immer neuen Plänen für die Kliniken verbreitet.

Fazit: Das Ende des LDW ist wohl unumgänglich, will der Senat den kommunalen Klinikkonzern Geno als Ganzes erhalten.

Dafür muss er jetzt in Bürgerversammlungen wie jüngst in Obervieland nicht nur die eine, sondern auch die andere Backe hinhalten. Aber: So viele Unterstellungen, teilweise Plattheiten haben mich überrascht – da konnte man fast schon Mitleid mit den Senatsmitgliedern Bovenschulte, Bernhard (Gesundheit) und Fecker (Finanzen) bekommen…

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Worüber derzeit übrigens kaum geredet wird: Für die Klinik Mitte wird es zur extremen Belastung werden, wenn das neue Hulsberg-Viertel parallel zum Krankenhausbetrieb gebaut wird. Und noch eins: Die Geno-Leitung muss sich nicht nur um das Thema „fehlender Teamgeist“ in und zwischen den Häusern kümmern. Sondern auch um die Freundlichkeit und Aufmerksamkeit aller Mitarbeiter den Patienten gegenüber; ist eine der günstigsten Image-Maßnahmen… 

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