Weltfremder Plan der Linken: 50 Prozent Sozialwohnungen in Schwachhausen

13.10.2023 3 Von Axel Schuller

Bremens Linke glänzen erneut mit Weltfremdheit. Neubauten in „reichen“ Stadtteilen wie Schwachhausen müssen – geht es nach den Gleichmachern – künftig 50 Prozent Sozialwohnungen aufweisen. Welch unausgegorener Plan. Aber der Weser-Kurier kommentierte immerhin: „Die Linken sind mit ihren Ideen auf dem richtigen Weg,…“ OMG. Hat der Kommentator selbst nachgedacht, vielleicht sogar recherchiert oder ist er dem Charme vermeintlicher “Solidarität” erlegen? Man weiß es nicht.  

Die Bremer Linken bewegen sich möglicherweise noch in einer Art DDR-Gedankenwelt. Alles muss gleich sein. Und wo etwas nicht gleich ist, werden halt Hammer und Sichel so lange eingesetzt, bis alles gleich ist. Müsste diese (immerhin Regierungs-) Partei ohne ihre vielfach anerkannten Senatorinnen Kristina Vogt und Claudia Bernhard auskommen – sie müsste wohl den Sinn des Lebens in den Niederungen der außerparlamentarischen Opposition erkunden.

Nach dieser kurzen Aufwallung zu den nackten Fakten: Bremens Linke hat einen (so volksnah wie die Partei eben ist) Antrag formuliert: „Segregation entgegenwirken: Sozialwohnungen in allen Stadtteilen!“ Bedeutet: In Stadtteilen mit hohem Anteil an Sozialwohnungen (Gröpelingen: 35 pro 1.000 Einwohner) sollen künftig weniger neue gebaut werden als in Stadtteilen mit wenigen (Schwachhausen: 1 pro 1.000 Einwohner). Ziel: Gleichmäßige Mischung der Bevölkerung in allen Stadtteilen.

Grundsätzlich gilt in Bremen bereits, dass neue Immobilien ab 20 Einheiten 30 Prozent Sozialwohnungen enthalten müssen. Künftig, so die Linken, sollen in Gröpelingen bloß noch 10 Prozent geförderte Wohnungen entstehen, in Schwachhausen und Co. jedoch bis zu 50 Prozent. Und: Diese Vorschrift soll – Achtung: Knaller – in neuen Gebäuden ab 8 Einheiten gelten. Dass die Grundstücke in Schwachhausen deutlich teurer sind als in Gröpelingen – geschenkt. Bislang subventionieren 70 Prozent der besser gestellten Käufer/Mieter über hohe Kauf-/Mietpreise die 30 Prozent Sozialwohnungen indirekt mit. Der Investor will mit den B-Schein-Wohnungen unterm Strich ja keinen Verlust machen.

Generell zum Thema Sozialwohnungen. Deren Anzahl ist in Bremen  brutal gesunken. Von 12.300 im Jahr 2006 auf 6.247 Ende 2022. Dies hängt damit zusammen, dass vom Staat geförderte Wohnungen meist nach 20 Jahren aus der Mietpreisbindung herausfallen. Für sozialen Wohnraum darf der Vermieter – unabhängig von den Baukosten – nur 6,80 Euro pro Quadratmeter verlangen. Allein in den vergangenen 5 Jahren sind 1.676 Wohnungen aus der Bindung herausgefallen. Bremen kurbelt zwar den Neubau von geförderten Wohnungen mit vergünstigten Darlehen an, schafft es aber nicht, die Gesamtzahl dieser Behausungen zu erhöhen. Im Gegenteil: im Vergleich 2022 zu 2018 gibt es aktuell 630 Sozialwohnungen weniger als zuvor.

In der Vergangenheit, als die Gewerkschafts-eigene Neue Heimat (Ende der 1980er) pleite ging und die Gewoba in Bremen und Bremerhaven deren Wohnungen übernahm, hat die Gewoba über Jahre viele Ex-Sozialwohnungen an Mieter verkauft, um Geld in die Kasse zu bekommen. Zur Erinnerung: Die Stadt Bremen ist mit etwa 75 Prozent Großaktionär der Gewoba und hat stets auf ihre Dividende bestanden.

Seit dem aktuell drastischen Anstieg der Zinsen, Baukosten etc. ist der Neubau auch in Bremen fast zum Erliegen gekommen. Sollten die Zinsen wieder sinken oder der Staat Milliarden-Subventionen in den Wohnungsbau pumpen und damit die Branche reanimieren, sorgen freilich auch sehr spezielle Bremer Neubau-Richtlinien für Verdruss. Denken Sie nur an den Irrsinn, dass Balkone (z.B. an der Hemmstraße) wegen zu lauter Straßengeräusche (so die Behörde) für 10.000 Euro pro Stück eingeglast werden müssen. Da beißt die Branche schon mal aufs Kantholz – statt aufzuschreien.

Private Bauträger können bereits heute die 30-Prozent-Sozialwohnungs-Quote in Immobilien ab 20 Einheiten bloß mit Tricks erfüllen. Investoren orientieren sich – klaro – beim Bau neuer Wohngebäude an den Kunden-Wünschen. Viele Menschen wollen noch immer XXL-Wohnzimmer, exquisite Ausstattung mit Echtholz-Parkett, Luxusbäder, sowie Fahrstuhl und Tiefgarage haben. Ein Bauherr kann in einem solchen Gebäude keine 30 Prozent Sozialwohnungen errichten. Bei 6,80 Euro qm-Miete (statt 14 bis 16 Euro) sind Luxus-Keramik, Stäbchen-Parkett etc. nicht drin.

Ebenfalls schwierig: Die Grundrisse moderner Wohnungen harmonieren ganz und gar nicht mit denen von geförderten Wohnungen. Denn: Vater Staat schreibt z.B. für eine geförderte 3-Zimmer-Sozialwohnung vor, dass diese nicht größer als 75 qm sein darf. Die Grundrisse vieler Neubauten sehen aber allein schon 50 Quadrat fürs Wohnzimmer vor.

Außerdem: Bauträger bauen und verkaufen Wohnungen. Die Bewirtschaftung von Sozialwohnungen ist indes die Domäne städtischer Firmen wie der Gewoba und Brebau. Diese Unternehmen haben aber keinen Bock, einzelne, auf mehrere Gebäude verstreute, Wohnungen zu bewirtschaften. Dies führt dazu, dass Investoren gezielt komplette Gebäude mit geringeren  Standards für Sozialwohnungen hochziehen und diese zuweilen sogar plus-minus-null an städtische Träger weiterschieben, also verkaufen. Siehe Überseestadt.

Fazit: Die Linken toben sich in ihrem Antrag möglicherweise sozialistisch gleichmachend korrekt, aber leider völlig weltfremd aus. Selbst ideologisch gefestigte Linken-Politiker könnten durchaus davon profitieren, mit Leuten vom Fach zu reden, bevor sie krudes Zeug in Anträgen formulieren…

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Nachschlag für detailinteressierte Blogleser m/w: Sozialwohnungen pro 1.000 Einwohner m/w in Bremer Stadtteilen. Gröpelingen 35; Walle 25; Burglesum 20; Woltmershausen 15; Huchting 14; Mitte 12; Findorff 11; Blumenthal 10; Neustadt 8; Obervieland 8; Horn-Lehe 8; Vegesack 8; Osterholz 7; Hemelingen 7; Oberneuland 5; Vahr 4; Östliche Vorstadt 3; Schwachhausen 1.