Neue Steuer soll Bremens Tourismus retten / Greift Bovenschulte nach dem Geld?

16.11.2023 0 Von Axel Schuller

Haben Sie, wie 100.000 andere Menschen, das Festival Maritim, mit 200.000 Gleichgesinnten die Breminale oder wie 150.000 andere La Strada besucht? Hat es Ihrer Lebensfreude gutgetan? Wollen Sie auch künftig keinen Eintritt für solche  Großveranstaltungen bezahlen? Wenn ja, dann heißt es jetzt  Daumen drücken. Bremen kann sich diese Großveranstaltungen nämlich nicht mehr, oder nicht mehr in diesem Umfang leisten. Rettung verspricht eine neue Steuer: Die City-Tax soll ab 1. April 2024 auch für Geschäftsreisende gelten.

Och nee, noch ne Steuer…könnte man jetzt aufjaulen. Aber: Zum einen muss die kein Bremer berappen und zum anderen kassieren andere Städte die Steuer bereits – Hamburg, München, Dresden usw. 

Wer heute privat in Bremen übernachtet, muss 5 Prozent des Übernachtungspreises als „Tourismusabgabe“ oder “Bettensteuer” zahlen. Diese Zusatzeinnahme haben nahezu alle attraktiven Städte in Deutschland eingeführt. Die City-Tax auch von Geschäftsreisenden zu verlangen, war 2012 am Bundesverwaltungsgericht gescheitert. Die Bundesverfassungsrichter hingegen hatten voriges Jahr ein Einsehen mit klammen Kämmerern m/w. Seitdem darf auch „Profi“-Reisenden der Obolus abgeknöpft werden.

Der rot-grün-rote Bremer Senat, nicht faul im Einnahmen generieren, schrieb 2023 in den Koa-Vertrag:

„…wie in Hamburg zu prüfen, ob zur Erhöhung der Mittel aus der City-Tax für den Tourismus zukünftig auch eine Besteuerung der Geschäftsreisenden erfolgen soll. Die hierdurch erzielten Steuereinnahmen sollen dabei unmittelbar dem Tourismus zu Gute kommen.“

Soweit der Koa-Vertrag. Nach der Unterzeichnung tat sich erstmal nix. Nun hat sich Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) den möglichen Mehreinnahmen angenommen. Und dass, obwohl das Finanzressort ja laut Koa-Verrtrag nix davon abbekommen soll. Die geschätzten 3 bis 3,5 Millionen sollen nämlich ausschließlich in einen Fonds fließen – für Tourismus und entsprechende Werbung.

Oliver Rau, oberster Touristiker des Landes und Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) hofft inständig auf die Mittel. Beim jüngsten Tourismusgipfel in Bremerhaven und Dienstag bei der Auszeichnung des Bremen-Norder Unternehmens des Jahres (Fähren Bremen-Stedingen) machte Rau als Festredner deutlich, dass künftig viele vom Publikum begehrten Großveranstaltungen nur noch abgespeckt oder gar nicht mehr stattfinden könnten, wenn der entsprechende WFB-Topf für 2024 nicht ganz fix gefüllt werde. Alternative: Die Veranstalter müssten Zäune und Kassenhäuschen aufstellen…

Die Finanzbehörde verschickt mittlerweile einen Verordnungsentwurf der Stadt Köln zur Abstimmung mit allen Beteiligten. Ziel des Finanzsenators: City-Tax für alle Bremer Gäste ab 1. April 2024.

Die Hoteliers haben ihre frühere Gegenwehr gegen die Abgabe mittlerweile aufgegeben, weil sie wohl gemerkt haben: Bremens deutlich steigende Übernachtungszahlen stehen in direktem Zusammenhang mit Werbung und Aktionen der Rau-Truppe.

Was unsere welterfahrenen Verwalter und Regenten bislang aber offenbar nicht auf dem Radar haben: Viele Tagungs-, Messe-, Firmentermine mit entsprechenden Hotelbuchungen für 2024 sind längst unter Dach und Fach. Sprich: Hoteliers haben Verträge mit Festpreisen pro Nase und Zimmer geschlossen. Eine nachträgliche Erhöhung der Raten um die 5-prozentige City-Tax ginge zu Lasten der Hotel-Betreiber.

Bei Großbuchungen werden ohnehin Nachlässe gewährt, welche die Marge drücken. Nochmal 5 Prozent runter, passt einfach nicht.

Lösung: Die Steuer wird nicht in den Hotelpreis inkludiert, sondern separat vom Hotel für Bremen eingenommen. So könnten die Vermieter den Quartiermeistern m/w der Firmen mit breiter Brust erklären: Sorry, nachträgliche Steuer ist Schuld der Stadt. Schöner Nebeneffekt: booking und Co würden nicht auch noch vom City-Tax-Umsatz profitieren.

Was sich außerdem zum Ärgernis der Branche auswächst, sind professionelle Privatvermieter (Airbnb) und Jugendherbergen, in denen zunehmend erwachsene Gruppenreisende absteigen – und keine Tourismusabgabe zahlen.

Fragen über Fragen, die unter Fachleuten, im Senat und schließlich in der Bürgerschaft geklärt werden müssen. Und plötzlich merken einige gemütlich veranlagte Staatsbedienstete: oh je, die Zeit ist aber knapp.

Und das größte mit der Abgabe verbundene Problem ist dabei noch nicht gelöst: Wie lässt es sich sicherstellen, dass die gut drei Millionen Euro am Ende weder im allgemeinen Haushalt, noch – und das wird vielleicht die größere Herausforderung – in den Krallen von Kultursenator Andreas Bovenschulte landen? Der will ja partout ein Stadtmusikantenhaus für (anfangs) 15 Millionen Euro haben…

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Liebe Leserinnen und Leser, ich danke für die vielen Kommentare zum vorigen Weser-Kurier-Stück (schauen Sie mal). Wäre ich dort noch beschäftigt – gliche meine Stirn vermutlich einem Waschbrett. Übrigens: Gerade im Zusammenhang mit dem WK-Stück wurde ich mehrfach gefragt: Herr Schuller, sehen Sie eigentlich, wer unter den Artikeln Daumen hoch/runter anklickt? Zu Ihrer Beruhigung: NEIN, Likes und Dislikes kann ich nicht zuordnen.