Ex-Senator fordert: Gewoba-Gewinn in Sozialwohnungen investieren

27.11.2023 2 Von Axel Schuller

Bremen benötigt dringend günstigen Wohnraum. Doch neue Sozialwohnungen sind Mangelware. Hohe Zinsen, hohe Materialpreise und vorgeschriebene Niedrig-Mieten bremsen den Neubau aus. Peter Sakuth, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Freier Wohnungsbau (ARGE), schlägt nun einen Ausweg vor: Die Stadt solle auf die Millionen-Gewinne aus ihren Wohnungsgesellschaften Brebau und Gewoba verzichten und diese in den Bau neuer Sozialwohnungen investieren.

Sakuth (75) ist kein unerfahrener Polit-Träumer. Im Gegenteil: Er gehörte der Landesregierung von 1988 bis 1991 als Innensenator an. Zuvor saß er von 1983 bis 1988 sowie von 1991 bis 1995 für die SPD in der Bürgerschaft. Nach dem Ausscheiden aus der aktiven Politik stieg er bei dem Wohnungsbauunternehmen Gebrüder Rausch ein, wurde Geschäftsführer und Teilhaber. Bis zuletzt auch 2023 saß er alle vier Jahre jener SPD-Kommission vor, welche die Bürgerschaftsliste der Sozialdemokraten zusammenstellte.

Also, als Träumer oder gar Spinner kann man Sakuth nicht abtun. Einräumen muss man freilich, dass Finanzsenator Björn Fecker “jede Mark” braucht, um die vielen Haushaltslöcher zu stopfen. Andererseits wird in Bremen auch immer noch viel Geld für allerlei nicht-Notwendiges verplempert.

In seiner Eigenschaft als ARGE-Chef hat Peter Sakuth seine Gedanken zum Sozialen Wohnungsbau in der aktuellen Ausgabe von „BAUEN“ kundgetan. In seinem Kommentar („Position“) schreibt er: 

„In diesem Zusammenhang taucht für Bremen die Frage auf, weshalb die Erlöse von städtischen oder mehrheitlich von Stadt und Land Bremen beherrschten Unternehmen, etwa die Gewoba, nicht konzentriert für den Bau neuer Wohnungen (im sozialen Wohnungsbau) verwendet werden. Tatsächlich ist es aber so, dass die erwähnte Gesellschaft ihre jährlichen Erträge überwiegend an die Gesellschafter ausschüttet. Wer hier wirklich schnelle Lö- sungen erreichen will, sollte diese Frage – ohne Voreingenommenheit – diskutieren und zu entsprechenden Entscheidungen kommen.“ 

Soweit das Zitat aus der ARGE-Zeitschrift „BAUEN in und um Bremen“ .

Geneigte Leserschaft, damit sie eine bessere Vorstellung davon bekommen, wie viel Musik in diesem Vorschlag steckt, habe ich in die Bilanzen von Gewoba und Brebau geschaut.

Die Gewoba, zu 75 Prozent im Besitz Bremens, hat 2021 einen Überschuss von 30,6 Millionen Euro erwirtschaftet. Etwa die Hälfte davon wurde in die Rücklagen eingestellt. 

Fazit: Unterm Strich wurden 15 Mio ausgeschüttet. Davon 3/4 an Bremen, macht: 11,3 Millionen Euronen.

Die Brebau (gehört zu 100 Prozent Bremen) machte 2021 laut Bilanz 5 Millionen Euro Gewinn, wovon 2.054.766,01 Euro an die Stadt ausgeschüttet wurden. 1,5 Mio gingen in die Rücklagen für die Instandhaltung der Immobilien, weitere 1,5 Mio landeten im Topf „freie Rücklagen“. Besonderheit: 1 Million Euro dieser „Freien Rücklage“ sind laut testierter Bilanz „ausschüttungsgesperrt“. Heißt: Hej, stets geldhungriger Finanzsenator, lass die Finger davon!

Sakuths Idee würde im Fall der Umsetzung bedeuten: Bremen könnte 13,4 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsbau stecken – jährlich. Davon ließen sich – über den dicken Daumen gepeilt – rund 65 Wohnungen bauen; jährlich.

Ex-Politiker und Immobilien-Mann Sakuth liefert in „seiner“ Verbandszeitschrift übrigens auch gleich Argumente mit, weshalb er und seinesgleichen aktuell nicht selbst keine Sozialwohnungen erstellen (können).

Er schreibt: „…die privaten ARGE-Mitgliedsfirmen werden seit Jahren zwangsweise genötigt, den geförderten Wohnungsbau durch die Schaffung von sozialen Wohnungen zu verbessern. Doch weil diese Wohnungen in der Herstellung deutlich teurer sind als die vertraglich zulässige Miete, nimmt ein verantwortungsvoll denkender Kaufmann derartige Projekte erst gar nicht in Angriff…“

Ende des Zitates.

Und dazu gesellt sich in Bremen laut der ARGE eine Landesbauordnung (LBO), welche die Herstellungskosten von Wohnraum durch (aus Sicht der Firmen) unsinnige und übertriebene Vorschriften unnötig in die Höhe treibe. So verlangt die Behörde beispielsweise die komplette Einglasung von Balkonen gegen Straßengeräusche. Allein dies treibe die Kosten pro Einheit um 10.000 Euro in die Höhe.

Die ARGE hofft offenbar, dass Bremens neue Bausenatorin Özlem Ünsal (SPD) die unsinnigsten LBO-Vorschriften ihrer Vorgängerin Dr. Maike Schaefer (Grüne) kassiert – und so das Bauen in Bremen günstiger macht.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Schauen Sie mal wieder in die Kommentare. Zum vorigen Stück (Innenrevisoren von Soziales fordern Änderung des Personalvertretungsgesetzes) ist beispielsweise der  bedenkenswerte Kommentar eines offensichtlichen Kenners der Materie eingegangen. Ich kann’s nur stets wiederholen: Viele Kommentare verdienen Ihre Aufmerksamkeit!

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