Wenn nicht jetzt, wann dann? Personalvertretungsgesetz ändern!

12.12.2023 6 Von Axel Schuller

Das muss man sich mal vorstellen: Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1995 das Personalvertretungsgesetz für den öffentlichen Dienst in Schleswig-Holstein (SH) in drei Punkten als verfasssungswidrig zurückgewiesen. Das entsprechende Bremer Gesetz gilt seit 1974. Es enthält ähnliche wie vom obersten Gericht (21 Jahre später) monierte SH-Bestimmungen – aber: In Bremen juckt das niemand! Vor diesem Hintergrund erscheinen die teilweise katastrophalen Arbeitsergebnisse bremischer Behörden in einem anderen Licht… Unkeusche Frage: Verfügt die Bremische Bürgerschaft eigentlich noch über Kontrollettis, Opposition genannt? 

Die Innenrevision des Sozialressorts hat das Thema Bremisches Personalvertretungsgesetz (BPVG) mal wieder auf die Rampe geschoben. Beim Aufarbeiten der teilweise Schlamp-Arbeit des Sozialressorts unter ihrer ehemaligen Chefin Anja Stahmann (Grüne) haben die Revisoren etwas Ungewöhnliches getan. Sie haben die mangelhafte Organisationsstruktur der Sozialbehörde aufs Korn genommen. Und: Zugleich haben sie die Forderung aufgestellt, die Rechte der Personalräte einzuschränken. Arbeitnehmervertreter würden das BPVG nämlich immer wieder nutzen, um Entscheidungen zu blockieren.

Die Revisoren weisen außerdem darauf hin, dass Personalräte an jeder Entscheidung beteiligt würden, aber nie Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen müssten. Anders als Amtsleiter, denen ihre Vorgesetzten Erfolgsbilanzen abverlangten.

Und die Opposition – CDU, FDP und BD – macht jetzt was?

Möglicherweise dasselbe, was sie (CDU und FDP) seit dem 4.9.2021 getan hat: Nix. Seinerzeit hatte die Chefin der Bremer Stadtreinigung, Daniela Enslein, in einem Weser-Kurier-Gastkommentar auf die Folgen der übermäßigen Rechte von Personalräten hingewiesen. Die Überschrift lautete:  „Allzuständigkeit – Macht ohne Verantwortung“.

Reaktion von CDU und FDP: Schweigen im Walde. 

Ich kann es (leider) immer nur wiederholen: Wer von einer derart wachen Opposition „beaufsichtigt“ und von – sagen wir mal – nicht immer aufmerksamen  Medien begleitet wird, der kann bequem regieren.

Zum Personalvertretungsgesetz. Zu verdanken haben wir dies einem Mann, der zunächst ÖTV-Sekretär und später Bremer Bürgermeister war: Hans Koschnick. Der entstammte einer von den Nazis verfolgten Familie, hatte einen Horror vor Konflikten. Daraus resultierte seine zwar gut gemeinte, mit dem  BPVG aber leider gescheiterte Sicht: Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten sich stets zusammenraufen und gemeinsam einen Kompromiss finden.

Herausgekommen ist 1974 jenes Gesetz, das unter anderem die „Allzuständigkeit“ der Personalräte im öffentlichen Dienst festschreibt. Die Folge: Möchte ein Amtsleiter einen Mitarbeiter auch nur von der linken Seite des Behördenganges auf die rechte umsetzen muss der Personalrat zustimmen.

Das fanden die höchsten Deutschen Richter 1995 (für SH) verfassungswidrig. Weitere Beispiele gefällig? Bremer Personal, das in der City eingesetzt wird, darf ohne Zustimmung des Personalrates nicht in einen anderen Stadtteil versetzt werden. Selbst wenn dort akuter Personalmangel herrscht.

Übertragen Sie das mal gedanklich auf Bremens größten Arbeitgeber, Mercedes Benz. Wenn dort – beispielsweise – die SL-Produktion nicht ausgelastet ist, die C-Klasse aber brummt, dann…ja dann wechseln Mitarbeiter – ohne Murren – an die andere Fertigungsstraße. Logo. Der Betriebsrat wird informiert und stimmt in der Regel zu. Schließlich wollen alle ihre Arbeit und Einkommen behalten.

Es gab mal Zeiten in Bremen, da haben CDU, FDP und selbst Grüne laut überlegt, man müsse das Personalvertretungsgesetz überprüfen und ändern.

Aber die SPD meint, ihr Wohl und Wehe hänge vom Öffentlichen Dienst ab. Ergo hatten die genannten Parteien keine Chance, mit ihren Vorschlägen und Anträgen durchzudringen. Die FDP war 2017 sogar so keck, dass sie – sinnvoller Weise – eine Expertengruppe (Enquetetekommission) einsetzen lassen wollte. Die Grünen (damalige Fraktionschefin: Dr. Maike Schaefer) wurde ebenfalls 2017 von den Sozen umgehend domestiziert.

Und so trug es sich zu, dass in Bremen, anders als in Schleswig-Holstein, niemand das Bremische Personalvertretungsgesetz einem Gericht zur Klärung vorgelegt hat. Wo kein Kläger, bekanntlich auch kein Richter.

Die Folge: Bremer Personalräte, mit der Arbeitsplatzgarantie des öffentlichen Dienstes gesegnet, blockieren (laut Revisionsbericht) auch in der Sozialbehörde jede Strukturänderung

Dabei pfeifen es die berühmten Spatzen von den Dächern:

Die Neuordnung der Sozialen Dienste (NOSD) war ein Griff ins Klo. Früher gab es ein Sozialamt in vier Bezirken. Die vier Leiter stellten die Spitze. Vorteil: Sie saßen vor Ort, hatten ihren jeweiligen Laden mehr oder weniger im Griff

Heute dagegen gibt es ein Dach namens Amt für soziale Dienste. Darunter existieren 6 Sozialzentren mit jeweils einem Leiter fürs Sozialamt und einem für Jugendhilfe. Die beiden „Dach-Residenten“ sind fernab in der Überseestadt.

Eine Rückkehr zur möglicherweise besseren Alt-Struktur scheitert – auch – am Personalrat, ist dem Innenrevisionsbericht zu entnehmen.

Und was lernen wir aus alledem? Bremen schafft sich seine Probleme auf vielen Ebenen selbst und jammert anschließend gern und laut: Mimimi, die anderen müssen uns mehr Geld überweisen.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller  

P.S.: Noch ein Schmankerl für Humor-Junkies. Im aktuellen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und LINKEN heißt es zum Personalvertretungsgesetz:

„Die Koalition sieht in der Mitbestimmung der Personalräte einen wichtigen Faktor für die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Gemeinsam mit dem Gesamtpersonalrat und den Gewerkschaften werden wir erörtern, wo Mitbestimmungsprozesse in beiderseitigem Interesse gestrafft werden können. Das BremPersVG soll dabei unverändert bestehen bleiben.“

So formuliert man, wenn man nichts verändern will.