SPD und Gewerkschaften sind in Bremen “zu eng”

21.12.2023 5 Von Axel Schuller

Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) ist Verdi-Mitglied. Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte auch. Bausenatorin Özlem Ünsal (SPD) marschierte bereits am 1. Mai wie viele andere Senatsmitglieder hinter einem DGB-Banner her. Gewerkschafter und „Genossen“ fühlen sich zusammengehörig. Man duzt sich. Doch, ist diese enge Verquickung von Gewerkschaften und Politikern für Bremens Entwicklung wirklich zuträglich? Beispiel: In Bremer Behörden muss der Personalrat sogar einer Vertragsauflösung innerhalb der Probezeit zustimmen. Das nennt man wohl  „Allzuständigkeit“.

Geneigte Leserschaft, jetzt nicht abdrehen, eher wundern oder staunen. 

Die Auswirkungen solch abstruser Regelungen des bremischen Personalvertretungsgesetzes auf die Effizienz des Behördenapparates wissen Insider bestens einzuschätzen. Außenstehende denken jedoch häufig: Ja, was soll’s? Damit müssen die halt irgendwie klarkommen.

Tun sie aber nicht. Siehe Blockadepolitik des Personalrates in der Teil-Chaos-Sozialbehörde. Behaupte nicht ich, sondern ist von behördeninternen Ermittlern festgestellt worden.

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt das Zusammenspiel von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Deutschland ist mit diesem Modell der Sozialpartnerschaft überwiegend gut gefahren.

Bremen ist leider ein Negativ-Beispiel dafür, was dabei herauskommt, wenn Politik und Gewerkschaften „zu eng“ sind.

Der Einfluss des Öffentlichen Dienstes auf unser aller Landeskinder-Leben ist wirklich nicht zu unterschätzen. Die enge Verknüpfung von SPD und DGB-Gewerkschaften wirken beileibe nicht immer positiv. Das unheilvolle Umarmen zieht sich seit dem Wiederaufbau unseres Bundeslandes durch die Jahrzehnte.

Beispiele: Hans Koschnick, Ex-ÖTV-Sekretär (Verdi-Vorläufer), Bürgermeister von 1967 bis 1985; Richard Boljahn, SPD-Fraktionsvorsitzender von 1951 bis 1969, viele Jahre parallel DGB-Chef; Erwin Schmidt SPD-Bürgerschaftsabgeordneter 1975 bis 1983, teilweise zeitgleich DGB-Chef; Helga Ziegert, 1999 bis 2011 SPD-Abgeordnete und 2001 bis 2009 DGB-Chefin; Carsten Sieling, Gewerkschaftsmitglied, Referent der Arbeitnehmerkammer, jahrzehntelang SPD-Abgeordneter, Fraktionschef, Bundestagsabgeordneter, Bürgermeister von 2015 bis 2019 Bürgermeister.

Diese Aufzählung ist alles, aber nicht komplett!

Kommen wir zum aktuellen Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte. Beim jährlichen Senatsempfang für Betriebs- und Personalräte merkte er jüngst an: „Mitbestimmung ist wichtig für den sozialen Frieden und gesellschaftliche Stabilität“. Unternehmen und Beschäftigte müssten sich auf Augenhöhe begegnen. Seltsamerweise fühlten sich die städtischen Personalräte besonders gebauchpinselt.

Mitbestimmung – ja. Bovenschultes umfassendes Loblied würde ich aber für den Öffentlichen Dienst in Bremen und die vielen öffentlichen „Firmen“ wie Uni, Bremer Stadtreinigung bis hin zu Radio Bremen so nicht unterschreiben. Dafür räumt das sehr spezielle Bremische Gesetz den Personalräten einfach zu viele Rechte ein.

Und die Oppositionellen von CDU, FDP und Bündnis Deutschland? Haben wohl Schiss, es sich mit dem öffentlichen Dienst zu verderben.     

Dabei könnte ich mir vorstellen: Politiker, die an besagtem Gesetz substanziell etwas ändern wollen, würden allenfalls den Zorn betroffener Funktionäre auf sich ziehen. Mehr nicht. 

Vielleicht sind es einige öffentlich Bedienstete inzwischen selbst leid, dass „ihre“ Personalvertreter zumindest ab und zu nach der Devise vorgehen: Worum geht’s? Wir sind dagegen.

Manchmal geschehen dann aber doch Zeichen und Wunder. Die zentrale Personalstelle des bremischen öffentlichen Dienstes, Performa Nord, hat jüngst tatsächlich mal Mitarbeiter wegen tätiger Nicht-Arbeit rausgeschmissen. Zwei Angestellte hatten offenbar über einen längeren Zeitraum bloß ein Drittel ihres Arbeitssolls erbracht. 

Übrigens, die Realität kennt kein Pardon: Die Männer waren ausgerechnet beim „Bürgertelefon“ „tätig“.

Werden solche Fälle ausnahmsweise publik und geahndet, könnte dies den einen oder anderen Bürger m/w durchaus auf den Gedanken bringen, ob derart strammer Arbeitseinsatz auch in anderen Behörden anzutreffen ist. Kommen vielleicht deshalb zuweilen Fehl- oder sogar Nichtleistungen zustande?

Zur Erinnerung: Im Sozialressort hatte man über Jahre 2.007 Akten „aus dem Blick verlorenen“. Bei der Polizei lagern (u.a. aufgrund massiven Personalmangels) noch immer über 18.000 unbearbeitete Anzeigen. Oder: Beim „Bürger“serviceCenter „steht“ man tagelang online oder am Telefon in der Schlange, nur um einen Termin zu betteln. Und: Bauherren müssen – gefühlt –  Ewigkeiten auf Baugenehmigungen warten.

Den „Vogel“ schießt die Stadt aber seit März 2022 beim bislang erfolglosen Versuch ab, ein Taubenhotel auf dem Parkhaus am Brill zu errichten. Was Lehrlinge der swb am Müllheizwerk binnen Wochen geschafft haben, kriegt die versammelte bremische Stadtverwaltung einfach nicht gebacken“. Ich hoffe, dass die Statikberechnung nicht zu kompliziert ist…

NDR-Extra 3, bitte übernehmen Sie…  

Zurück zur Liebelei des bremischen Senates mit Gewerkschaften und deren Funktionären. Die aktuelle rot-grün-rote Koalition hat sich offenbar vorgenommen, künftig nicht nur mit den Personalräten zu liebäugeln. Erstmals ist im Koa-Vertrag ein Satz untergebracht, der ein klein wenig hoffen lässt:

„Wir werden künftig einmal im Jahr eine Strategieklausur mit den Führungskräften im Konzern Bremen durchführen.“

Ich hoffe inbrünstig, dass der Senat diese Treffen nicht “vergisst”, um wenigstens einmal im Jahr sein Führungspersonal zu wertschätzen. Und: Dass Personalräte zu diesen Gesprächen nicht eingeladen werden.

Die „Belegschaftsvertreter“ erfahren ja ohnehin alle Details. Dafür werden schon die gewerkschaftlich organisierten Senatsmitglieder sorgen.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller