SPD und Gewerkschaften sind in Bremen “zu eng”
Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) ist Verdi-Mitglied. Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte auch. Bausenatorin Özlem Ünsal (SPD) marschierte bereits am 1. Mai wie viele andere Senatsmitglieder hinter einem DGB-Banner her. Gewerkschafter und „Genossen“ fühlen sich zusammengehörig. Man duzt sich. Doch, ist diese enge Verquickung von Gewerkschaften und Politikern für Bremens Entwicklung wirklich zuträglich? Beispiel: In Bremer Behörden muss der Personalrat sogar einer Vertragsauflösung innerhalb der Probezeit zustimmen. Das nennt man wohl „Allzuständigkeit“.
Geneigte Leserschaft, jetzt nicht abdrehen, eher wundern oder staunen.
Die Auswirkungen solch abstruser Regelungen des bremischen Personalvertretungsgesetzes auf die Effizienz des Behördenapparates wissen Insider bestens einzuschätzen. Außenstehende denken jedoch häufig: Ja, was soll’s? Damit müssen die halt irgendwie klarkommen.
Tun sie aber nicht. Siehe Blockadepolitik des Personalrates in der Teil-Chaos-Sozialbehörde. Behaupte nicht ich, sondern ist von behördeninternen Ermittlern festgestellt worden.
Das Betriebsverfassungsgesetz regelt das Zusammenspiel von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Deutschland ist mit diesem Modell der Sozialpartnerschaft überwiegend gut gefahren.
Bremen ist leider ein Negativ-Beispiel dafür, was dabei herauskommt, wenn Politik und Gewerkschaften „zu eng“ sind.
Der Einfluss des Öffentlichen Dienstes auf unser aller Landeskinder-Leben ist wirklich nicht zu unterschätzen. Die enge Verknüpfung von SPD und DGB-Gewerkschaften wirken beileibe nicht immer positiv. Das unheilvolle Umarmen zieht sich seit dem Wiederaufbau unseres Bundeslandes durch die Jahrzehnte.
Beispiele: Hans Koschnick, Ex-ÖTV-Sekretär (Verdi-Vorläufer), Bürgermeister von 1967 bis 1985; Richard Boljahn, SPD-Fraktionsvorsitzender von 1951 bis 1969, viele Jahre parallel DGB-Chef; Erwin Schmidt SPD-Bürgerschaftsabgeordneter 1975 bis 1983, teilweise zeitgleich DGB-Chef; Helga Ziegert, 1999 bis 2011 SPD-Abgeordnete und 2001 bis 2009 DGB-Chefin; Carsten Sieling, Gewerkschaftsmitglied, Referent der Arbeitnehmerkammer, jahrzehntelang SPD-Abgeordneter, Fraktionschef, Bundestagsabgeordneter, Bürgermeister von 2015 bis 2019 Bürgermeister.
Diese Aufzählung ist alles, aber nicht komplett!
Kommen wir zum aktuellen Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte. Beim jährlichen Senatsempfang für Betriebs- und Personalräte merkte er jüngst an: „Mitbestimmung ist wichtig für den sozialen Frieden und gesellschaftliche Stabilität“. Unternehmen und Beschäftigte müssten sich auf Augenhöhe begegnen. Seltsamerweise fühlten sich die städtischen Personalräte besonders gebauchpinselt.
Mitbestimmung – ja. Bovenschultes umfassendes Loblied würde ich aber für den Öffentlichen Dienst in Bremen und die vielen öffentlichen „Firmen“ wie Uni, Bremer Stadtreinigung bis hin zu Radio Bremen so nicht unterschreiben. Dafür räumt das sehr spezielle Bremische Gesetz den Personalräten einfach zu viele Rechte ein.
Und die Oppositionellen von CDU, FDP und Bündnis Deutschland? Haben wohl Schiss, es sich mit dem öffentlichen Dienst zu verderben.
Dabei könnte ich mir vorstellen: Politiker, die an besagtem Gesetz substanziell etwas ändern wollen, würden allenfalls den Zorn betroffener Funktionäre auf sich ziehen. Mehr nicht.
Vielleicht sind es einige öffentlich Bedienstete inzwischen selbst leid, dass „ihre“ Personalvertreter zumindest ab und zu nach der Devise vorgehen: Worum geht’s? Wir sind dagegen.
Manchmal geschehen dann aber doch Zeichen und Wunder. Die zentrale Personalstelle des bremischen öffentlichen Dienstes, Performa Nord, hat jüngst tatsächlich mal Mitarbeiter wegen tätiger Nicht-Arbeit rausgeschmissen. Zwei Angestellte hatten offenbar über einen längeren Zeitraum bloß ein Drittel ihres Arbeitssolls erbracht.
Übrigens, die Realität kennt kein Pardon: Die Männer waren ausgerechnet beim „Bürgertelefon“ „tätig“.
Werden solche Fälle ausnahmsweise publik und geahndet, könnte dies den einen oder anderen Bürger m/w durchaus auf den Gedanken bringen, ob derart strammer Arbeitseinsatz auch in anderen Behörden anzutreffen ist. Kommen vielleicht deshalb zuweilen Fehl- oder sogar Nichtleistungen zustande?
Zur Erinnerung: Im Sozialressort hatte man über Jahre 2.007 Akten „aus dem Blick verlorenen“. Bei der Polizei lagern (u.a. aufgrund massiven Personalmangels) noch immer über 18.000 unbearbeitete Anzeigen. Oder: Beim „Bürger“serviceCenter „steht“ man tagelang online oder am Telefon in der Schlange, nur um einen Termin zu betteln. Und: Bauherren müssen – gefühlt – Ewigkeiten auf Baugenehmigungen warten.
Den „Vogel“ schießt die Stadt aber seit März 2022 beim bislang erfolglosen Versuch ab, ein Taubenhotel auf dem Parkhaus am Brill zu errichten. Was Lehrlinge der swb am Müllheizwerk binnen Wochen geschafft haben, kriegt die versammelte bremische Stadtverwaltung einfach nicht „gebacken“. Ich hoffe, dass die Statikberechnung nicht zu kompliziert ist…
NDR-Extra 3, bitte übernehmen Sie…
Zurück zur Liebelei des bremischen Senates mit Gewerkschaften und deren Funktionären. Die aktuelle rot-grün-rote Koalition hat sich offenbar vorgenommen, künftig nicht nur mit den Personalräten zu liebäugeln. Erstmals ist im Koa-Vertrag ein Satz untergebracht, der ein klein wenig hoffen lässt:
„Wir werden künftig einmal im Jahr eine Strategieklausur mit den Führungskräften im Konzern Bremen durchführen.“
Ich hoffe inbrünstig, dass der Senat diese Treffen nicht “vergisst”, um wenigstens einmal im Jahr sein Führungspersonal zu wertschätzen. Und: Dass Personalräte zu diesen Gesprächen nicht eingeladen werden.
Die „Belegschaftsvertreter“ erfahren ja ohnehin alle Details. Dafür werden schon die gewerkschaftlich organisierten Senatsmitglieder sorgen.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Manchmal sind Deine “Offenlegungen” so gruselig, dass ich Sie nicht gelesen haben möchte. Es bewahrheitet sich, dass Macht immer wieder und immer wieder mißbraucht wird und zu Absurditäten führt, die einfach nach einem Zeitraum X dann als “normal” angesehen werden. Wo soll Bremen da nur landen, wenn nicht als Schlusslicht.
Wenn Unternehmen schlecht geführt werden oder aus anderen Gründen in Schieflage geraten, werden sie insolvent und müssen im schlimmsten Fall Konkurs anmelden und scheiden aus dem Markt aus. Das ist normal: Das Bessere ist der Feind des Guten. Oftmals sind solche rechtzeitig erkannten Umstände Anlass für eine sehr pragmatische und ganz oft auch sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit der Sozialpartner: „Wenn wir das und das nicht ändern, gehen wir pleite!“ Diese Aussicht diszipliniert oftmals alle Beteiligten, durch miteinander vereinbarte Maßnahmen gemeinsam Verantwortung für den hoffentlich nachhaltigen Erhalt der Arbeitsplätze zu übernehmen. Die Konsequenzen – Erfolg oder Misserfolg – werden in der freien Wirtschaft gemeinsam getragen. Die Sozialpartnerschaft sorgt für eine gemeinsame Verantwortung und gemeinsame Konsequenzen. Das ist der Kern der betrieblichen Mitbestimmung in Deutschland. Kein Exportschlager, aber trotzdem Basis einer erfolgreichen Sozialpartnerschaft im Rahmen unserer sozialen Marktwirtschaft. Eine gute Basis!
Bremen kann nicht pleite gehen, ein Korrektiv für Fehlentscheidungen der politischen Führung (sozusagen des „Managements“) sind die Wahlen, während die Arbeitnehmenden anders als in der freien Wirtschaft keine Arbeitslosigkeit zu befürchten haben. Von „Augenhöhe“ kann daher schon bei den Konsequenzen keine Rede sein – im Gegenteil.
In Bremen ist zudem durch das Personalvertretungsgesetz (PVG) die Arbeitnehmerseite mit einer „Allzuständigkeit“ besonders machtvoll – allerdings ohne die sich daraus ergebene gleichermaßen hohe Verantwortung tragen zu müssen. In der Konsequenz regiert in Wirklichkeit („egal, wer unter uns Senator ist“) die behördliche Verwaltung, die zudem nicht durch demokratische Wahlen legitimiert und durch das PVG hochgradig geschützt ist. So muss man sich konsequenzfreie „Mitverantwortung“ vorstellen. Sozialpartnerschaft in einer sozialen Marktwirtschaft sieht jedenfalls anders aus.
Ein entschlossener Senat unter einem kraftvollen Bürgermeister könnte das PVG im Bedarfsfalle „überstimmen“, wenn er denn wollte, übrigens der einzige Grund, warum das Bremische PVG nicht grundsätzlich verfassungswidrig ist. In den letzten Jahren ist dies allerdings noch nie vorgekommen….
Fazit: in Bremen leben wir – zugespitzt formuliert – in einer Bürokratie, die keine Wahlen zu fürchten hat, solange es einen schwachen und in der Sache des PVG uneinigen Senat gibt. Das Ergebnis bekommen die Bürgerinnen und Bürger durch die Qualität der öffentlichen Verwaltung hautnah zu spüren.
Ich denke ohnehin, dass der Öffentliche Dienst ein Hort der leistungsgeminderten Transusigkeit ist. Bremen schießt hierbei noch den Vogel ab. Bremens SPD hat es wie nirgendwo sonst geschafft, Mittelmaß zum Maximum zu erklären, was man Menschen bei der Arbeit abverlangen darf. Das führt dazu, dass ansonsten nicht übermäßig begabte Mitglieder der Partei im ÖD Positionen finden, denen sie in „normalen“ Unternehmen nicht gewachsen wären. Jeder Genosse, der 5 Sätze hintereinander fehlerfrei zu Gehör bringen kann, wird zur rhetorischen Lichtgestalt und Führungspersönlichkeit. Das qualifiziert für Leitungsfunktionen im ÖD direkt, in der benachbarten „Sozialindustrie“ oder durch das Land Bremen beherrschten Unternehmen. Gepaart mit dem unseligen Wirken von Gleichstellungsbeuaftragten entsteht so ein Biotop aus sozialdemokratisch-feministisch Leistungsverweigerung mit einer feindseligen Grundhaltung gegenüber allen, die den unausgesprochenen Konsens zur Minderleistung aufbrechen könnten.
Als ehemals im ÖD Tätiger, kann ich von einem Fall berichten, der so typisch ist für die unselige Macht der Personalräte. Als Damen einer Fachabteilung des ÖD ihre Mittagszeit grundsätzlich nutzten, um Einkäufe etc. zu erledigen und grundsätzlich etwa 3 Stunden dafür in Anspruch nahmen, habe ich dieses Fehlverhalten meinem damaligen Senatsdirektor und Senator mitgeteilt. Die Antwort war, dass man nichts unternehmen werde, weil man ein Problem mit dem Personalrat befürchtete. Soweit sind wir in Bremen bereits gekommen !!
Nun könnte eine Serie gestartet werden:
– Wie eng ist die Bremer FDP mit wem und warum zu sehr verbandelt – mit welchen Folgen für wen?
– Wie eng ist Bündnis 90 / Die Grünen in Bremen mit wem und warum liiert – mit welchen Folgen für wen?
– Wie eng ist die Bremer CDU mit wem und warum zusammen – mit welchen Folgen für wen?
– Wie eng ist BD im Land Bremen mit wem und warum verbandelt – mit welchen Folgen für wen?
Gleichgültig, ob mit oder ohne besondere Duzgewohnheiten.