Zahl des Grauens: GeNo braucht 733 Millionen Euro für Neu- und Umbauten / Teil 1

31.12.2023 6 Von Axel Schuller

Hieße ich Dreizehnter wie die GeNo-Chefin, Bernhard wie die Gesundheitssenatorin oder Boveschulte wie der Bürgermeister – ich wäre vermutlich feige genug, sofort das Weite zu suchen. Den Fluchtinstinkt in mir löst eine Senatsvorlage zum Thema Gesundheit Nord aus. Der Kern: Damit die GeNo dauerhaft auf eigenen Beinen stehen kann, müssen 733 Millionen Euro investiert werden. Diese Senatsvorlage enthält wohl nicht ohne Grund den Vermerk: „Nicht zur Veröffentlichung geeignet“.

Das Papier aus dem Gesundheitsressort für die Senatssitzung vom 26.9.2023 weist Szenarien aus, die einen Firmenchef, der mit dem eigenen Geld haftet, vermutlich in einen Herzinfarkt treiben würde.

Die GeNo „hat fertig“, würde ein bekannter Ex-Trainer vermutlich die finanzielle Situation des Klinikkonzerns beschreiben. Dass noch keine Insolvenz angemeldet werden musste, verdankt Bremens größtes Krankenhaus-Unternehmen seinem Eigentümer – der Stadt Bremen.

In mehreren Senatsressort nimmt freilich das Murren darüber zu, dass die GeNo mit ihrem Finanz-Hunger in der Spitze von 100 Millionen Euro für den laufenden Betrieb dem klammen Bremen zunehmend die Kraft für die notwendigen (Brückensanierung) und schönen Dinge (Fahrradbrücken) raubt

Weiteres Bremer Mega-Problem: Auch die Bremer Straßenbahn AG erweist sich zunehmend als „Groschen“-Grab. Aktuell werden 100 Millionen Euro an Zuschuss benötigt.

Zunächst aber die Grob-Daten zur GeNo (auf Grundlage jener “geheimen”) Senatsvorlage).

Während fast alle deutschen Krankenhäuser um ihre Finanzierung kämpfen, steht es um den Bremer Klinikkonzern besonders schlecht. Hier sind nicht nur wie bundesweit lediglich 68 Prozent aller Betten belegt. Nein, in den GeNo-Häusern sind es durchschnittlich bloß 60 Prozent der 2.000 Betten. Kenner der Szenerie äußern den Verdacht, dass es das Klinikum Mitte aufgrund seines (begründet oder unbegründet) nicht gerade prächtigen Rufes zuweilen gerade mal auf 50 Prozent schaffe.

Experten jedoch halten (laut Senatsvorlage) erst eine Auslastung ab 85 Prozent für auskömmlich. 

Bremen leidet insbesondere unter dem Mangel an Pflegepersonal, an der „Ambulantisierung“ medizinischer Dienstleistungen, am Sanierungsstau in allen Häusern sowie an der teilweise veralteten Technik. Der Personalmangel muss häufig durch Zeitarbeitskräfte teil-ausgeglichen werden. Diese Leih-Mitarbeiter kosten jedoch doppelt so viel wie Festangestellte. 

Der Personaleinsatz ist bei der GeNo offenbar extrem verbesserungswürdig. Immerhin rechnet die Geschäftsleitung selbst vor: „Eine leistungsgerechte Personalplanung erspart bis 2027 kumuliert 50,4 Millionen Euro.  

Kommen wir zu den entscheidenden Gremien: GeNo-Geschäftsführung, GeNo-Aufsichtsrat und der Senat haben sich darauf verständigt, den Klinik-Konzern zu „restrukturieren“ und setzen dabei auf die sogenannte „Variante 2“ von mehreren untersuchten Möglichkeiten.  

Das bedeutet

Das Klinikum Bremen Mitte (KBM) wird durch Andocken der Herz-Spezialisten vom Klinikum Links der Weser (KLdW) auf universitäres Level gehoben.

Das Klinikum Ost (KBO) bleibt erhalten und wird aus- und überwiegend neugebaut. Details später – Sie werden Augen machen!

Klinikum Bremen Nord (KBN) wird abgespeckt, bleibt aber erhalten und wird rundum-saniert. Ein Teil-Neubau soll von einer Flächen-Reduzierung (40.000 statt bislang 64.000 Quadratmeter) begleitet werden.

Das Klinikum Links der Weser (KLdW) muss den Krankenhausbetrieb einstellen, wird zu einem „Nahversorger“ umgebaut. Das soll 19,5 Millionen Euro sparen helfen. Jedoch: Die Kosten für das neue Medizinische Versorgungszentrum (und den vorherigen Umzug der Kardiologen ins KBM) stehen noch nicht fest.

Um dies alles – nur baulich – zu realisieren, sind bis 2032 laut Gesundheitsressort 733,1 Millionen Euro notwendig.

Wow, hinsetzen, tief Luft holen!

Die Maßnahmen im Einzelnen:

Die Küche am KBM wird abgerissen und wie die Küchen der dann zwei anderen Standorte eingestellt. Statt dessen wird am KBO eine neue, für alle drei Standorte zuständige große Zentralküche gebaut. Kosten: 20,7 Millionen Euro.

Ein Hintergrund der Küchenentscheidung: Das KBM braucht Platz für die gewinnbringenden Herzabteilungen und –praxen, die vom LdW in die St. Jürgenstraße umgesiedelt werden sollen. Folge (u.a.): Die KBM-Küche muss weichen, um Platz für die jetzt noch daneben befindliche Energie-Zentrale der swb zu schaffen. Die künftige Fernwärmezentrale samt zwei Großkesseln für das KBM wiederum soll an der Stelle der jetzigen Küche entstehen. 

Die Labore aller GeNo-Häuser werden im KBM konzentriert. Besonderheit: KBO, KBN und KLdW haben derzeit eigene Labore, das KBM hat diese Arbeiten an ein privates Unternehmen vergeben. Am Ende der Umstrukturierung soll es ein GeNo-eigenes Großlabor am KBM und kleine Not-Einheiten am KBO und KNO geben. Unter dem Strich, so die GeNo-Spitze, werde alleine diese Neuordnung jährlich 3,3 Millionen Euro sparen helfen.

Ferner ist am KBM eine Zentraleinheit zur Aufbereitung (Sterilisation) aller OP-Bestecke und medizinischer Geräte geplant. Diese Konzentration werde, so die Leitung, jährlich eine Million sparen. Zusätzlich muss die Notaufnahme  im KBM-Haus 1 drastisch erweitert werden, um die KLdW-Kapazitäten aufzunehmen. Baukosten laut Senatsvorlage für diese Umbauten: 60,9 Millionen Euro.

Weiter geht’s mit den Investitionen. Erweiterung des Hauses 3 (an der Bismarckstraße) zur Aufnahme weiterer LdW-Teile und der Verwaltung: 51,2 Millionen Euro.

In einem weiteren „Finger“ des KBM-Neubaus sollen zentrale Stellen für alle Geno-Häuser einziehen: 21,8 Millionen Euro.

Umzug der Palliativ-Station von KLdW ans KBO: 6,4 Millionen.

Neubau Somatik (körperliche Beschwerden) am KBO: 201,1 Millionen Euro.

Neubau der KBO-Psychiatrie: 146,7 Millionen Euro.

Und zum Schluss: Sanierung und Teilneubau des verkleinerten KBN: 224,3 Millionen Euro.

Unter dem Strich kommt für das kleine, ohnehin hoch verschuldete Bremen bis 2032 die unfassbar hohe Investitionssumme von 733,1 Millionen Euro heraus. Damit das Land daran nicht erstickt, sollen die Baumaßnahmen “priorisiert”, also möglichst Stück für Stück angepackt werden.

By the way: In diesem Mörder-Betrag ist nicht eine einzige Investition in einer der sechs anderen (nicht-städtischen) Bremer Krankenhäuser enthalten! Null, nix, gar nix.

Die GeNo-Leitung plant all diese Maßnahmen natürlich nicht aus Jux und Dollerei, sondern um dank Personalabbau, Bettenabbau um 500 Einheiten und sinnvollere Abläufe ab 2032 endlich Geld zu verdienen. Das Management stellt dem Senat in Aussicht, nach Abschluss aller Um- und Neubauten sowie internen Umstrukturierungen eine jährliche Marge von 2,5 bis 4 Prozent (etwa 22 Millionen Euro) zu erwirtschaften.

Nur dann werde es möglich sein, den von der Stadt gewährten Betriebsmittelkredit (max. 257 Millionen Euro) und vorherige Schuldverschreibungen (100 Millionen) abzubezahlen.

Oberstes Ziel: Bis 2032 sollen aus vier Krankenhäuser drei werden, die Bettenzahl auf 1.450 bis 1.500 sinken und 4.976 Vollzeitkräfte ausreichen.

Liebe (heute bewundernswert ausdauernde) Leserinnen und Leser, gegen diesen Gesamtplan gibt es (na klaro) Bedenken und Widerstände von Betriebsräten, Beiräten links der Weser und im Parlament. Auf die werde ich in Kürze (ausnahmsweise) in einem zweiten Teil dieses Blogs eingehen. 

Munter bleiben und „guten Rutsch“! Teil 2 folgt im neuen Jahr.

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

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