GeNo – droht Bremen der Ruin? Skeptiker zweifeln Seriosität der Planungen an / Teil 2
Liebe Leserinnen und Leser, ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr und weiterhin – abwechselnd – Erkenntnisgewinn, Spaß, Nachdenklichkeit, aber zuweilen durchaus auch mal einen „dicken Hals“ durch bremensogesehen.com/blog/ . Nun folgt ein ganzer Strauß von Gedanken zur GeNo-Restrukturierung von anderer Warte, nämlich jener, die den „Tod“ des Klinikums Links der Weser (KLdW) nicht hinnehmen wollen – Beiräte, einige Bürgerschaftsabgeordnete, Betriebsräte und auch Mitglieder der engagierten Ärzteschaft.
Kritiker bemängeln: Die wahren von der GeNo verursachten Kosten würden stets aufgeteilt in Defizite des Geschäftsbetriebes, in bilanzierte Abschreibungen (beispielsweise den TeilErsatzNeubau – TEN des KBM), Betriebsmittelkredite und Kapitalkosten. Auf diese Weise würden die tatsächlichen Kosten zumindest nicht transparenter – jedenfalls für Außenstehende, wie Politiker.
In der Summe sei bis 2032 (neben den Investitionskosten von 733 Millionen) mit einem Defizit von 300 Millionen Euro zu rechnen – wofür die Stadt Bremen geradestehen muss.
Break und bange Frage: Wird diese Mega-Summe von über einer Milliarde Euro (entspricht übrigens 2x der Bremer Vulkan-Pleite!) am Ende den bremischen Haushalt sprengen? Welcher Politiker – Senat und Bürgerschaft – kann dies verantworten?
Bis zum Erscheinen des vorigen Blogs war die konkrete Investitionssumme in Höhe von 733 Millionen Euro in ihren Einzel-Posten Stadtteil– und Bürgerschaftsabgeordneten nicht bekannt.
(Noch) freundlich formulierte Frage: Nehmen Bremer Oppositionspolitiker ihren Job eigentlich ernst?
Weiter im Reigen kritischer Anmerkungen, speziell vom linken Weserufer: Die Kosten für die Vorbereitung des Klinikums Mitte für die Integration des KLdW würden „bewusst niedrig gehalten“. Befürchtung. Diese Ausgaben könnten sich am Ende verdoppeln. Begründung: Die GeNo, respektive das KBM, habe die Bedarfe der heutigen LdWler bislang nicht ausreichend erkundet.
Unfassbar sei auch, dass für das demnächst extrem erweiterte KBM noch immer kein Verkehrskonzept existiere. Dieser noch ausstehende Plan wird nach Ansicht der LdW-Schließungs-Gegner weitere horrende Kosten nach sich ziehen.
Zur Erläuterung ein paar Zahlen. Die vier GeNo-Häuser kümmern sich jährlich um etwa 150.000 Patienten, davon besuchen 15.000 stationäre und 18.000 ambulante Patienten m/w das LdW.
Hinzu kommen – so die GeNo-Skeptiker – etwa 40.000 Patienten der beiden Herz-Praxen. Diese spielten in den Planungen (angeblich) keine Rolle, würden das künftige Verkehrsaufkommen am KBM jedoch dramatisch erhöhen – wie auch dazugehörige Besucher, Taxis und natürlich Rettungswagen.
Um den zusätzlichen enormen Besucherandrang zu bewältigen, wird es aus Sicht der LdW-Anhänger erforderlich, zusätzliche und größere Straßen zu bauen. Fragt sich bloß: Wo?
Die Stadt verkauft weiter große Flächen des Alt-KBM-Areals, um Geld zum Defizit-Ausgleich der GeNo in die Kasse zu kriegen – und Wohnraum zu schaffen.
Nachteil: Diese Flächen entfallen für etwaige Erweiterungen der künftigen Groß-Klinik in der St-Jürgen-Straße. Somit sei es wohl zwingend, dass das bisherige „Bettenhaus“ nicht für die dringend notwendige Ausbildung von medizinischem und pflegerischem Personal genutzt werde, sondern einem Riesen-Parkhaus mit mindestens 1.000 Plätzen weichen müsse.
Und der ÖPNV zum und vom KBM müsse dramatisch ausgebaut werden. Bloß: Woher kommen zusätzliche Fahrzeuge und Fahrer m/w?
Die Nachnutzung des Klinikums Links der Weser als MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) wird eine Stange Geld kosten. In den bisherigen Senats-Unterlagen taucht dazu indes keine Zahl auf.
Als weiteres Manko der offiziellen Neu- und Umbaupläne für LdW, KBO und KBM nennen die Kritiker die fehlende Kosten-Darstellung für Abbrucharbeiten alter Gebäude.
Hardcore-Kritiker in Arsten, Kattenturm, Habenhausen und der Neustadt äußern gar den Verdacht, dass die nun bekannt gewordene GeNo-Invest-Summe in Höhe von 733 Millionen locker auf 900 Millionen Euro emporschnellen könnte.
Außerdem wird angezweifelt, dass die umfangreichen Neu- und Umbaupläne der GeNo bis 2032 zu verwirklichen seien. Folge: Kostensteigerungen.
Aus all dem ziehen die Anhänger des LdW-Erhalts den Schluss: Das ganze Restrukturierungs-Konzept sei auf Sand gebaut. Die Verlagerung des LdW werde zu erheblichen Personal- und Patientenverlusten führen. Das LdW-Personal verfüge über einen ausgeprägten Team-Geist, der im KBM nicht einfach implantiert werden könne.
Schon allein deshalb, weil sich die KBM-Belegschaft in der Vergangenheit stets als etwas Besseres empfunden und auch so verhalten habe. Es sei bezeichnend, dass mancher Notfall-Patient die Sanitäter geradezu anflehe, „bitte nicht nach Mitte“ gebracht zu werden“. Der Ruf des KBM sei ungeachtet der medizinischen Leistungen – vornehm ausgedrückt – sehr entwicklungsfähig.
Ungläubiges Staunen und tiefe Skepsis bei Betroffenen auf dem linken Weserufer hat folgendes ausgelöst:
Die Aufwand der Komplett-Sanierung des LdW hatte der Architekt Hofrichter für die GeNo im Dezember 2022 auf 232 Millionen Euro beziffert. Nur vier Monate später habe er Kosten auf 341 Millionen Euro kalkuliert. Ergebnis: Plötzlich sei die Variante 2 der Restrukturierungs-Überlegungen günstiger als die Variante 3.3. (Sanierung des LdW im Bestand) gewesen. (Sie Blog vom 31.12.2023)
Stadtteilpolitiker von links der Weser ärgern sich noch heute: Senat, Bürgerschaftsabgeordnete und Aufsichtsrat hätten diese Zahlen-Explosion ohne Überprüfung der Daten geschluckt und der „Variante 2“ (KLdW dicht) zugestimmt.
Nicht verwunderlich: In Kreisen der Stadtteilpolitiker und der LdW-Anhänger bleibt man bei der Knallhart–Kritik:
Das angeblich beste Bremer Krankenhaus (KBM) wurde neu gebaut, um damit die attraktivste und leistungsfähigste Klinik zu werden. Dabei hänge das KBM der GeNo wie ein Klotz am Bein (Personalmangel und Patientenmangel). Rund 400 KBM-Betten (50%) stünden leer, aber niemand frage:
Warum ist dies so?
Statt dessen solle das medizinisch zweifellos leistungsfähige LdW dorthin verlagert werden, um das KBM zu retten. Dies werde nicht gelingen, denn die größten KBM-Probleme seien brutale interne Mängel, bloß werde daran nichts geändert.
Was tun?
Die Kämpfer für den Erhalt des KLdW fordern: Eine radikale Neuausrichtung der GeNo. Bedeutet: Weniger statt immer mehr Zentralisierung, Abbau des „Wasserkopfes“ namens Zentrale mit inzwischen angeblich 450 Mitarbeitern m/w, weniger Berater, mehr Entscheidungsbefugnis für die einzelnen Häuser.
Als Stern am Bremer Klinik-Himmel wird aktuell das KBO gepriesen: Dort bringe eine neuer Direktor das Haus auch wirtschaftlich voran, indem er dynamisch entscheide. Außerdem steht er im Ruf, erst “sein Haus” und dann die Zentrale im Blick zu haben.
Auf dem linken Weserufer ruft man schier verzweifelt: Saniert das KLdW rasch, sonst läuft das Fachpersonal, laufen die fähigsten Ärzte – insbesondere des Herzzentrums – noch vor der geplanten Schließung der Klinik weg.
Und immer wieder wird an das Angebot privater Investoren (alles zu bauen und dann der GeNo zu vermieten – sell and lease back) erinnert, dass Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (LINKE) ausgeschlagen habe.
Liebe Leserinnen und Leser, ich ahne, dass diese umfassenden Ausführungen zur GeNo für Sie extrem anstrengend, wenig lustbringend – aber halt notwendig waren.
Für die weiteren Stücke Ihres „Lieblings-Blogs“ verspreche ich (auch) wieder mehr Unterhaltung.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Mir hat schon vor langen Jahren ein niedergelassener Facharzt im Bremer Umland gesagt, das KBM sei keine Einrichtung zur Beförderung des Patientenwohls, sondern des Mitarbeiterwohls. Nach meinen zugegebenermaßen wenigen persönlichen Erfahrungen wollte ich ihm dies gerne glauben. Entnervte und muffige Mitarbeiter vermitteln das Gefühl, man sei als Patient ein lästiger Bittsteller. Dieses Grundgefühl kenne ich vom Umgang mit dem sonstigen Bremer Öffentlichen Dienst. Obwohl bemerkenswert gut ausgestattet – Bremen verfügt über eine Spitzendichte an öffentlich besoldeten Personal – sind alle sehr unzufrieden und bekommen wenig auf die Kette. Mein Verdacht: Eine Organisation mit zu großer Binnenorientierung auf ihr eigenes Personal produziert paradoxe Effekte wie in der Kindererziehung. Die verwöhnten Gören reagieren auf die Verwöhnung mit gereizter Übersättigung und Verweigerung. Anders kann ich mir die Mischung aus enormen Kosten für das Personal und dessen gleichzeitiger Unzufriedenheit nicht erklären. Interessant wäre es in diesem Zusammenhang zu erfahren, welche Erfahrungen Hamburg mit der Übergabe seiner kommunalen Kliniken an den Asklepsios Konzern vor 30 Jahren zwischenzeitlich gemacht hat. Vielleicht wäre es an der Zeit für Bremen, seine Kliniken ebenfalls aufzugeben. Es können ja auch konfessionell gebundene Träger sein, nur bitte nicht Bremen selber.
In Norddeutschland sagt man in solchen Fällen gerne mal, der Fisch stinkt zuerst am Kopf. Der Kopf ist sicherlich zuerst das verantwortliche Management. Das wurde im Laufe der Jahre bereits mehrfach ausgewechselt. Besser geworden ist es nicht wirklich. der Senat ist der eigentliche Kopf, weil er jedwedes Missmanagement mitträgt und großzügig ausgleicht. Buten un Binnen berichtete am 17. Februar 2023, dass seit 2016 bereits knapp eine halbe Milliarde an Zuschüssen aus dem Staatssäckel, sprich dem Steueraufkommen und wenn das nicht reichte, dann eben gerne auch kreditfinanziert, an die Geno überwiesen wurden, um die jährlichen Defizite auszugleichen. Da sind die Zinsen sicher nicht mit eingerechnet, wie man das von solchen Angaben kennt. Der Verkauf der Grundstücke auf dem Gelände des KBM reicht auch nicht, um die Defizite auszugleichen, obwohl sie bis jetzt deutlich mehr eingebracht haben, als erwartet. Kein Wunder also, dass dann kaum noch etwas für andere Bereiche wie Bildung und Infrastruktur sowie innere Sicherheit übrigbleibt. Aber was interessieren schon die Belange der Bremer Bürgerinnen und Bürger? Aber zurück zu den 733 Millionen. Wer glaubt eigentlich, dass diese Summe ausreichen wird? Wenn man zurückschaut, erinnern wir uns, dass der Neubau des KBM 230 Millionen kosten sollte und am Ende 480 Millionen gekostet hat. Ein bisschen mehr als das Doppelte. Also, das passt doch ungefähr. Da hilft der Bürger und die Bürgerin doch gerne mit Steuermitteln aus. Solide Haushaltsführung sieht zwar anders aus, aber Bremen macht es eben so gut es kann. So richtig viel ist das nicht, wenn man sich anschaut, wo überall wir den letzten Platz belegen. Am schlimmsten getroffen sind die Bereiche Bildung und Infrastruktur. Gewurschtelt wird also in vielen Bereichen. Wie lange kann das mit der Geno noch so weitergehen? Aus den 733 Millionen können in Anlehnung an die Erfahrungen mit dem Neubau schnell mal ein bisschen mehr als das Doppelte werden. Dass bei den Plänen Rechenkünstler am Werk waren und auf diese Weise aus dem politisch Gewünschten das angeblich ökonomisch Notwendige wurde, darf man sicher unterstellen, wenn man sich die Hofrichter-Gutachten und die plötzliche Preissteigerung anschaut.
Wir werden es erleben, falls Bremen dann noch einen eigenen Haushalt hat und nicht inzwischen nach Niedersachsen eingemeindet wurde. Vielleicht nicht die schlechteste Lösung.
Die Gleichung, kommunale oder freigemeinnützige Gesundheitseinrichtungen sind gut, private dagegen suspekt, weil dort angeblich das ökonomische Interesse Vorrang hat, geht nicht auf. Alle Träger stehen vor gleichen ökonomischen und gesundheitspolitischen Herausforderungen, müssen hohe fachliche Standards anstreben, eine glaubwürdige Patientenorientierung demonstrieren und für ein Betriebsklima sorgen, in dem diese Ziele erreichbar sind.
Jahr um Jahr wird deutlicher, dass in Bremen nur die GeNo an dieser Aufgabe scheitert. Wirtschaftlich tun sich Abgründe auf, qualifizierte Fachkräfte wandern ab oder kommen gar nicht erst, und informierte Patienten suchen sich Alternativen. In Bremen findet eine Abstimmung mit den Füßen statt.
Die Vorstellung, dass den Bremer Bürgern am besten gedient ist, wenn ein großer Teil der Gesundheitsversorgung in öffentlicher Hand bleibt, ist ein Mythos. Je eher hier ein Umdenken stattfindet, desto besser für alle Beteiligten.