Um den Frieden kümmert sich in Bremen gezielt nur die SPD

13.01.2024 21 Von Axel Schuller

Geht es Ihnen auch so: Egal mit wem und wo man ins Gespräch kommt, fallen aktuell fast immer zwei Begriffe: „Ukraine“ und „Scholz“. Über diesen Kanzler – ist schon genug gesagt worden. Über den Krieg in der Ukraine denken nach meiner Beobachtung inzwischen Menschen anders als direkt nach Putins Überfall. Dazu kommen „Aufreger“-Meldungen wie: „Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko übernimmt in Hamburg eine Villa im Wert von 5,5 Millionen Euro.“

Der deutsche Mainstream-Journalismus hält sich noch zurück. Wer auch nur ansatzweise kritische Fragen zur Ukraine stellt, wird umgehend als Putin-Freund diffamiert. 

Zugegeben, liebe Leserschaft, „international“ ist nicht meine Kernkompetenz. Aber ich habe einen Kopf zum Denken, und der kann die Kriegsnachrichten kaum noch ertragen. Das Fass zum „Überlaufen“ brachte die Klitschko-Meldung in der Berliner Zeitung und bei t-online.de.  

Wenn man im Freundeskreis, bei Empfängen oder auch auf der Straße über die Ukraine spricht, hat fast unmerklich ein Wandel stattgefunden. Noch vor anderthalb Jahren war eine breite Mehrheit überzeugt: Deutschland und Europa müssten sich Putin in der Ukraine entgegenstellen, sonst, marschiere der bis Berlin. Während einige auf eine direkte Beteiligung Deutschlands mit allen verfügbaren Waffen setzten, riet ein anderer Teil der Putin-Gegner, Panzer, Abwehrsysteme und Raketen nie als erstes Land zu liefern. Das war zu Beginn die Scholz-Linie.

Ein kleinerer Teil der Bevölkerung forderte von Beginn an: Statt Waffen zu liefern, sollte Deutschland sein (damals noch vorhandenes) internationales Ansehen und Gewicht nutzen, um die Kriegsgegner an den Verhandlungstisch zu bringen. Schließlich sterben täglich auf beiden Seiten hunderte, wenn nicht auch tausende. 

Und: Der Krieg zerstört die Ukraine, so dass irgendwann alles kaputt sein wird.

Mittlerweile höre ich in Bremen auch andere Töne. Selbst in Unternehmerkreisen. Vom erhofften „Sieg der Ukraine“ ist nicht mehr die Rede. Auch weniger vom Zurückdrängen der Russen. Nein, jetzt lautet das Ziel häufiger: Am Ende der Kämpfe darf auf keinen Fall ein „Siegfrieden“ der Russen stehen.

Neu ist auch, dass Menschen im Zusammenhang mit den Zahlungen und Lieferungen an die Ukraine auf „Löcher in unseren Straßen“, mangelhafte Infrastruktur, fehlende Kindergärten und Personalmangel allerorten, inklusive bei der Polizei, hinweisen.

Das Thema Ukraine bewegt in Bremen lediglich eine Partei: Die alte Tante SPD, dort speziell den Arbeitskreis Frieden. Die CDU verfügt über keine derartige Runde. Die Bremer Grünen (früher: „Frieden schaffen ohne Waffen“ – heute offenbar „transformiert“: Frieden schaffen mit Waffen) verfügen in der Hansestadt über keinen Extra-Kreis. Die Arbeitsgruppe „Frieden und Antimilitarismus“  Linken existiert aktuell nur auf dem Papier. Vielfältig aktiv ist das Bremer Friedensforum.

Die Bremer SPD-Friedens-„Aktivisten“ um den Europa-Abgeordneten Joachim Schuster, den Ex-Betriebsrat- und Ex-Abgeordneten Peter Sörgel, den Landesvorsitzenden Reinhold Wetjen und den Bürgerschaftsabgeordneten Arno Gottschalk haben es sogar geschafft, dass der Landesverband Bremen ein Friedenspapier zum SPD-Bundesparteitag im vorigen Dezember eingereicht hatte. Den (und anderer SPD-Verbände) hatte der Bundesvorstand „kassiert“ und in seinen eigenen Antrag eingearbeitet. Entstanden ist ein wahres Konvolut von 22 Seiten. Mit viel Mühe kann man einen Kern erkennen: Es müsse alles daran gesetzt werden, daß bei den vielen kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Welt mehr Gewicht auf Verhandlungen als auf die Lieferung von Waffen gelegt werden solle.

Das Papier enthält jedoch keinerlei Forderungen an die Bundesregierung, keine Waffen mehr an die Ukraine zu liefern. Man wollte, hieß es beim Parteitag, „den Olaf“ nicht beschädigen. Der Kanzler ist im Land inzwischen so was von unten durch, dass alle wichtigen Sozis Schiss haben, den „Königsmörder“ zu geben.

Ein Ergebnis: Der Kanzler prüft mittlerweile seit Wochen, ob die bis nach Russland fliegenden Taurus-Raketen nach Kiew geliefert werden können. Als ob ihm auch nur ein denkender Bürger m/w abnehmen würde, dass man dies über einen so langen Zeitraum „prüfen“ könnte.

Dass bei der Unterstützung der Ukraine etwas geschehen muss, ist inzwischen überdeutlich. Die Aufnahme in die EU, die von der EU-Chefin Ursula von der Leyen machtvoll betrieben wird – überzeugt leider überhaupt nicht. Erstmals in der Geschichte des vereinten Europas höre ich mich (selbst überrascht) sagen: Wenigstens  Ungarns Victor Orban (noch?) hält noch gegen die EU-Aufnahme des im Krieg befindlichen Landes.

Nicht außer Acht lassen sollte man auch: Polen ist seit der Wahl zwar wieder auf EU-Kurs, aber weiter größtes Nehmerland. Würde die Ukraine mit den größten Ackerflächen Europas aufgenommen, wechselte der Nachbarn vermutlich in den unbeliebten Status eines Geber-Landes.

Und bei aller Euphorie und „Blauäugigkeit der obersten EU-Dame  bitte nicht vergessen: Die Ukraine gilt immer noch als hochgradig korruptes Land. Zu-schlechter-letzt: Welchen Nutzen hätte Europa von einer Ukraine, das nach schier endlosem Krieg am Ende wäre?

Willy Brandt würde vermutlich mahnen: Es wird in Europa keinen Frieden gegen, sondern nur mit Russland geben.

Außenministerin Annalena Baerbock fliegt währenddessen durch die Welt und empfiehlt Ländern (egal, ob riesengroß oder klein) ungefragt, was diese zu tun und zu lassen haben. 

Längst überfällige Impulse für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind offenbar „von ihrer Agenda gerutscht“

Dabei gibt es durchaus praktische Überlegungen, wie man die Befriedung beider Seiten vorantreiben könnte. Dafür müsste Wolodymyr Selenskyj jedoch von der Maximalforderung runterkommen, alle bereits 2014 von Moskau besetzte Gebiete zurückzuerhalten. Denkbar wäre eine Abstimmung der  Bevölkerung von Krim und Donbas darüber, ob sie zur Ukraine oder zu Russland gehören wollen – selbstverständlich nur unter intensiver internationaler Aufsicht.

Liebe Leserinnen und Leser, wenn Sie sich mehr mit der Vorgeschichte des grausamen Krieges in der Ukraine beschäftigen wollen, empfehle ich unter anderem: Programme des Kabarettisten Volker Pispers. Und Bremer Buchautoren wie Dr. Stefan Luft, Dr. Jürgen Wendler, Walter Ruffler, Peter Sörgel etc. 

Munter bleiben, bei allem Hadern mit den Zuständen hier und überall!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Ich gelobe: Beim nächsten Mal geht’s wieder um ein rein bremisches Thema. Und ich vermute, von dem haben Sie bislang wenig, wohl eher gar nix gelesen…