Dokumentation: In Hamburg entscheiden Eltern über Sonderschul- oder Inklusions-Teilnahme
Die Zahl der Bremer Erstklässler mit „geistigen Beeinträchtigungen“ steigt rapide an. Aktuell benötigen 140 Jungen und Mädchen „sonderpädagogischen Förderbedarf“. Im kommenden Schuljahr wird die Zahl auf 220 ABC-Schützen steigen. Die Bremer Bildungsbehörde will dies „auffangen“, indem Inklusionsklassen im kommenden Schuljahr 6 statt jetzt schon 5 Kinder mit geistiger Beeinträchtigung aufnehmen müssen. Ich habe bei der Hamburger Schulbehörde nachgefragt, wie man dort diese Kinder „beschult“ – mit überraschenden Aussagen: HH verfügt weiter über insgesamt 31 Sonderschulen. In HH entscheiden die Eltern, ob ihre Kinder eine Inklusions- oder Sonderschulklasse besuchen. Bemerkenswert (und vielsagend) auch die Antwort auf meine Frage nach der Zusammenarbeit zwischen HH und HB – auf Arbeitsebene.
Für Bildungspolitiker aller Parteien, interessierte Eltern und Journalisten:
Meine Fragen an die HHer Behörde und deren Reaktion – by the way: Der Pressesprecher der „Senatorin für Schule und Berufsbildung“ schickte die Antworten am Sonnabend…
Hier die Dokumentation:
Sehr geehrte Damen und Herren,
für meinen Bremen-Blog bremensogesehen.com bitte ich um Auskunft.
Weshalb hält Hamburg an der Schulart „Sonderschule“ fest?
Antwort:
“Bereits seit dem Schuljahr 2010/2011 arbeiten alle Hamburger Schulen inklusiv. Die Freie und Hansestadt Hamburg setzt das in § 12 des HmbSG verankerte Elternwahlrecht konsequent um. Sorgeberechtigte eines Kindes bzw. Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf entscheiden, ob die Beschulung in einer allgemeinen Schule oder in der Bildungsabteilung eines Regionalen Bildungs- und Beratungszentrums (ReBBZ) bzw. einer speziellen Sonderschule erfolgt. Diese Wahlfreiheit der Sorgeberechtigten für die Schulform ihres Kindes mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist ein hohes Gut der elterlichen Entscheidungsfreiheit.“
Wieviele Sonderschulen (öffentlich und privat) existieren aktuell in Hamburg?
Antwort:
“In Hamburg existieren aktuell 13 staatliche spezielle Sonderschulen und 5 Sonderschulen in freier Trägerschaft und darüber hinaus 13 Regionale Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ). Die Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) beraten und unterstützen in Erfüllung ihres inklusiven Bildungsauftrags die allgemeinbildenden Schulen der jeweiligen Region in ihrem Zuständigkeitsbereich mit einem umfassenden qualifizierten Bildungs- und Beratungsangebot in multiprofessioneller Aufstellung. Sie beraten schulische Fachkräfte, Schulen, Sorgeberechtigte, Schülerinnen und Schüler sowie andere Institutionen in schulischen, schulpsychologischen, sonderpädagogischen sowie diagnostischen Fragestellungen und in Fragen zur schulischen Förderung. Die Bildungsabteilungen der ReBBZ beschulen Schülerinnen und Schüler, deren Sorgeberechtigte eine Beschulung in der Bildungsabteilung eines ReBBZ wünschen, und bei denen ein sonderpädagogischer Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache und/oder in den Bereichen der emotionalen und sozialen Entwicklung vorliegt.“
Passt dies zum in Bremen stets zitierten UN-Menschenrecht der Inklusion?
Antwort:
“Inklusion als zentrale Leitidee der UN-BRK (UN-Behindertenrechtskonvention; Anm. d. Redak.) lebt davon, dass in allen Bereichen gesellschaftlichen Lebens die Rechte von Menschen mit Behinderungen geachtet und ihre Belange berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für das Bildungssystem. So ist gemäß Artikel 24 Absatz 1 UN-BRK vorgegeben, dass die Staaten beziehungsweise Länder ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen bis hin zum Feld des lebenslangen Lernens gewährleisten. Mithilfe eines solchen umfassenden Systems inklusiver Bildung soll sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen in jeder Altersphase ihren Anspruch auf chancengleiche Bildung ohne Diskriminierung verwirklichen können. In Hamburg wird dies in allen Bildungsbereichen von der frühkindlichen über die schulische und berufliche Bildung bis hin zur Erwachsenenbildung gewährleistet.“
Welche Erfahrungen hat HH bislang mit inklusivem Unterricht in Grundschule, Sek 1 und Sek 2 gemacht?
Antwort:
“In Hamburg ist eine sonderpädagogische Förderung für die Gruppe der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung grundsätzlich in allen Grundschulen und weiterführenden Schulen möglich. Um inklusive Bildung zu gewährleisten, ergreifen Schulen geeignete Maßnahmen, beispielsweise die Bereitstellung individueller Unterstützungsangebote, die Anpassung des Unterrichts an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler sowie die Förderung von Vielfalt und Toleranz. Durch die Umsetzung inklusiver Bildung können Schülerinnen und Schüler mit und ohne Beeinträchtigungen voneinander lernen und voneinander profitieren, was zu einer Bereicherung für alle Beteiligten führen kann. Hamburgs Schulen blicken auf weitreichende Traditionen und Kompetenzen in inklusivem Lernen zurück.“
Findet ein Austausch zwischen Hamburger und Bremer Bildungsbehörde auf Arbeitsebene statt?
Antwort:
“In der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (kurz: Kultusministerkonferenz) arbeiten die für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Ministerinnen und Minister bzw. Senatorinnen und Senatoren der Länder zusammen. Dabei nehmen die Länder ihre Verantwortung für das Staatsganze selbstkoordinierend wahr. In Angelegenheiten von länderübergreifender Bedeutung sorgen sie für das notwendige Maß an Gemeinsamkeit in Bildung, Wissenschaft und Kultur.“
Ende der Doku.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller