Ist das Stahlwerk wirklich gerettet? Bovenschulte hat nicht einen einzigen Euro auf der Naht

07.02.2024 8 Von Axel Schuller

Mitarbeiter des Bremer ArcelorMittal-Stahlwerkes mögen ja am Montagabend möglicherweise glücks-trunken ins Bett gefallen sein. Aber: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte – zwar anders als zuvor in Saarlouis – k e i n e n  Scheck mitgebracht, und Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hat bislang keinen einzigen Euro für die Umgestaltung der Stadtwerke im Haushalt – aber beide taten so, als sei der Umbau zur „grünen“ Stahlherstellung gemachte Sache. Ist das wirklich so? Nicht einmal der Stahlkonzern selbst hat bislang eine verbindliche Zusage für Bremen gemacht.

Radio Bremens „butenunbinnen“ war am deutlichsten. Zeigte am Ende des Beitrags sogar einen um Zustimmung der Werksleitung  heischenden  Bundesminister („Wenn ihr das Geld jetzt nicht ausgebt, guck’ ich dumm aus der Wäsche“).

Der Weser-Kurier berichtete ausführlich emotionslos und meldete die Rettung der rund 3.000 Arbeitsplätze auf der Hütte. Der Weser Report hatte die rosarote Jubelbrille auf: „Habeck macht glücklich: ‚Es ist alles geklärt’.“

Ist tatsächlich alles geklärt? Ich will nicht unken, habe aber den Eindruck, alle Beteiligten hatten sich fest vorgenommen: Heute wird gejubelt. Auch, wenn noch keine endgültigen Zusagen vorliegen. Weder vom Bund, noch die Erlaubnis der EU – von beiden gibt es Zustimmung, aber keine rechtsverbindliche Zusage. Habeck sagte hoffnungsfroh: „Das Projekt wird genehmigt werden.“

Die Bremer Politik ist fest entschlossen, die Transformation zum Grünen Stahl und damit eine enorme Reduktion von CO2 mit 250 Millionen Euro zu begleiten. 

Und ArcelorMittal selbst erklärte – das war der eigentliche „Schlechte-Laune-Macher“ – man müsse jetzt etwa ein Jahr lang planen und prüfen – immerhin benötige man ja „Unmengen an Strom, Gas und Wasserstoff“. Außerdem sind die vom Bund avisierten 840 Millionen Euro nicht nur für das Bremer Werk, sondern auch für das in Eisenhüttenstadt vorgesehen. 

Übrigens: Andernorts in Deutschland wird längst für die neue Stahlerzeugung gebaggert

Und an der Weser muss jetzt – 30 Monate nach dem ersten  Förderantrag an den Bund – noch ein Jahr lang geplant werden, bevor etwas passiert? Ist das wirklich ein gutes Zeichen?

Dass sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für eine Absichtserklärung von Stahlwerkern feiern lässt, ist angesichts seiner durch mehrere Krisen stark belasteten Psyche durchaus nachvollziehbar. 

Dass Bürgermeister Andreas Bovenschulte trotz fehlender Finanzzusagen des Parlaments breitbeinig erklärt: „Wir werden dafür sorgen, dass die 250 Millionen an Landesmitteln kommen, egal was passiert!“ ist für einen Landesvater – sagen wir mal – äußerst mutig.

Was denkt sich der Mann bei solchen Sätzen? Er hat in Wahrheit nichts, aber auch gar nix auf der Naht, macht aber vollmundige Versprechungen.

Geneigte Leserschaft, ich will wirklich nicht den „Maulibert“ geben, aber die „Jubelarie“ vom Montag schien mir überhöht.

Bovenschulte hat die CDU bei den Koalitions-Sondierungen im vorigen Mai unnötig brutal vor den Kopf gestoßen. Und dieselbe Union soll jetzt helfen, 250 Mio „irgendwie“ zusammenzukratzen.  

CDU-Fraktionschef Frank Imhoff hat zu recht bei „butenunbinnen“ die logischste aller logischen Fragen aufgeworfen: „Wie wäre es zum Beispiel mal mit sparen?“

Bislang erklären die rot-grün-roten Anführer Bovenschulte, Fecker und Vogt unisono: Bremen könne die 250 Stahl-Millionen nicht aus dem Haushalt, sondern nur auf Pump finanzieren.

Warum eigentlich? Noch vor den Haushaltsverhandlungen haben Bovenschulte und der Senat – ohne jede Not – die „Freizeitkarte“ für alle 0- bis 18jährigen Bremer verteilt – mit Kosten von locker 14 Millionen für zwei Jahre. Bovenschulte musste – noch vor der Wahl – unbedingt das „Stadtmusikantenhaus“mit einer langfristigen Finanzverpflichtung von etwa 25 Millionen Euro auf die Spur bringen. Die neue rot-grün-rote Regierung hat nach der Wahl als erstes drei zusätzliche Staatsratposten damit dazugehörenden Mitarbeitern geschaffen. Noch immer nimmt Bremen mehr Flüchtlinge auf als verpflichtend vorgeschrieben ist. Gerade gestern hat der Senat erneut 10 Millionen Euro für die weitere Anmietung von Leichtbauhallen im Überseehafengebiet gebilligt.

Merkt dieser Senat tatsächlich nicht, wo er Geld einsparen könnte? Will er das nicht, oder kann er das vielleicht nicht?

Völlig abseitig wirkt das Verhalten des IG-Metall-Bevollmächtigten Volker Stahmann. Der Mann ist – Überraschung – zugleich SPD-Bürgerschaftsabgeordneter und „wirtschaftspolitischer“ Sprecher seiner Fraktion. Ein Berufs-Gewerkschafter als „Wirtschafts“-Experte, das hat schon was.

Statt ein, zwei CDU-Spitzenvertreter zu der Habeck-Veranstaltung einzuladen, also zu versuchen, die Schwarzen einzubinden und für die Transformation zu begeistern, macht der Sozi lieber, was er vermutlich in Gewerkschaftsschulungen gelernt hat: herumholzen. Das hört sich unter anderem so an: „Die CDU-Klage (gegen den Haushalt) ist Verrat an den Interessen unserer Stahlindustrie.“

Weitsicht, Herr Stahmann, ist vermutlich etwas anderes.

Ach, Herr „Bovi“, da haben Sie wohl ausgesprochen strategische Intelligenz an Ihrer linken 🙂 Seite.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller