Dokumentation: „BI Platanen“ hadert mit dem Senat und mit den Bremer Tages-Medien
Die Die Bürgerinitiative „Platanen am Deich“ fiebert dem kommenden Montag, 11. März, entgegen. Dann wird der Staatsgerichtshof um 10 Uhr im Justizzentrum am Wall voraussichtlich urteilen, ob die bremischen Wähler darüber abstimmen dürfen, die 136 Platanen an der Weser zwischen Kleiner Pieper und Beck&Co zu erhalten oder nicht. Der Senat hatte diese Abstimmung (zusammen mit der vorigen Bürgerschaftswahl Mai/2023) verhindert, indem die Regierung den Staatsgerichtshof zur Klärung angerufen hatte.
Die obersten bremischen Richter müssen entscheiden, ob ein Thema wie Hochwasserschutz zur Abstimmung durch alle Wähler möglich ist. Vielleicht beschäftigen sich die Richter auch mit der generellen Frage, ob über Hochwasserschutz-Maßnahmen an der Bundes-Wasserstraße Weser in die Entscheidungshoheit des Landes, oder in die des Bundes fällt.
Die BI konnte meine Kollegen der Bremer Tages-Medien (außer dem Weser-Report) offenbar nicht für ihre jüngste Presseerklärung interessieren. So haben sie sich hilfesuchend an mich gewandt, um ihre Gedanken zumindest über meinen Blog in die Öffentlichkeit zu tragen.
(Wobei ich dafür – sorry – keinen eigenen Newsletter an meine Abonnenten rausschicke. Den reserviere ich für meinen nächsten eigenen Blog).
Hier nun die Original-Presseerklärung der BI
„BREMER SENAT FAKED SENATSSITZUNG -– BI FORDERT ZULASSUNG DES PLATANEN-VOLKSBEGEHRENS
Gewissermaßen zwischen Weihnachtsplätzchen backen und Tannenbaum schmücken wollen die Mitglieder des Bremer Senats am 22.12.2022 einen Beschluss gefasst haben, in dem der Bremer Staatsgerichtshof aufgefordert wird, das von unserer BI beantragte Platanen-Volksbegehren für unzulässig zu erklären. Damit wollte der Senat einen Volksentscheid zur Rettung der 136 stadtbildprägenden und gesundheitsschützenden Platanen und sicheren Hochwasserschutz am Neustädter Deich zur Bürgerschaftswahl 2023 verhindern.
Auf Grund dieses „Beschlusses“ eröffnete der Bremer Staatsgerichtshof bekanntermaßen ein Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit des Platanen-Volksbegehrens, welches dann am 30.01.2024 in einer ersten öffentlichen Sitzung verhandelt wurde.
Nachdem bereits auf dieser Sitzung es zumindest zweifelhaft blieb, ob ein ordnungsgemäßer Senatsbeschluss am 22.12.2022 überhaupt zustande gekommen war, liegt unsere BI inzwischen das Protokoll der „Sitzung“ vor, aus dem eindeutig hervorgeht, dass dies nicht der Fall war, und damit das Platanen-Volksbegehren nach dem Gesetz über das Verfahren beim Volksentscheid zugelassen werden muss!
So ist dem Protokoll der „Sitzung“ des Senats vom 22.12.2022 zu entnehmen, dass besagter „Beschluss“ in einem „E-Mail-Umlaufverfahren“ gefasst worden ist (teilweise haben SenatorInnen per Smartphone ihr Votum abgegeben!). Eine Abstimmung bzw. Beschlussfassung in einem „E-Mail-Umlaufverfahren“ ist aber nach der Geschäftsordnung des Bremer Senats nicht zulässig, weil zu einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung die persönliche Anwesenheit von mindestens drei Senatsmitgliedern vorgeschriebenen ist. Die GO des Senats ist keine nach Gutdünken zu handhabende Formalität, sondern dabei handelt es sich um eine rechtliche Regelung, die in einem amtlichen Verkündungsblatt (Bremisches Amtsblatt) bekannt gemacht worden ist und nur durch Senatsbeschluss geändert werden kann (dieser liegt nicht vor). Wenn die Geschäftsordnung ein bloßes Internum des Senats wäre, bräuchte sie nicht in einem gesetzlich vorgesehenen Verkündungsblatt veröffentlicht zu werden.
Darüber hinaus wurde bei dem „Senatsbeschluss“ kein einstimmiges Votum gefasst (2 Senatorinnen der LINKEN stimmten dagegen), was nach der GO des Senats ebenfalls unzulässig ist, da in einer Koalitionsregierung nur einstimmige Beschlüsse gefasst werden dürfen.
Der Beschluss des Senats über die Anrufung des Staatsgerichtshofs wegen der Zulässigkeit eines Volksbegehrens ist eine verfassungsrechtlich bedeutsame Entscheidung. Gerade im Hinblick auf die in der Verfassung garantierte Volksgesetzgebung bedeutet dieses, dass auch der Senatsbeschluss rechtlich einwandfrei sein muss. Das ist er hier nach der Geschäftsordnung des Senats nicht. Wegen der verfassungsrechtlichen Bedeutung eines zu einem geplanten Volksbegehren erfolgten Senatsbeschlusses über die Anrufung des Staatsgerichtshofs, muss dieser für seine Wirksamkeit zwingend den bestehenden Regelungen über eine Beschlussfassung des Senats folgen. Das liegt hier aber nicht vor.
Außerdem ist zu konstatieren, dass noch nicht einmal ein Beschluss im – nach der Geschäftsordnung ohnehin nicht vorgesehenen – Umlaufverfahren erfolgt ist. Ein ordnungsgemäßes Umlaufverfahren hat es nicht gegeben. Ein Umlaufverfahren stellt ein schriftliches Beschlussverfahren dar, bei dem eine Beschlussvorlage nacheinander unter den Mitgliedern des Beschlussgremiums umläuft, die ihre Zustimmung oder Ablehnung auf der Beschlussvorlage schriftlich zu vermerken haben. Die elektronische Übermittlung einer Beschlussvorlage an alle Mitglieder ist kein Umlauf und diese Vorgehensweise ist nach der Geschäftsordnung des Senats auch nicht erlaubt. Ein Umlaufverfahren hätte auf keinen Fall durch Übermittlung einer Beschlussvorlage per E-Mail erfolgen können. Dieses stellt keinen Umlauf dar. Eine Zustimmung zu Beschlüssen per einfacher E-Mail-Äußerung ist in der Geschäftsordnung des Senats nicht vorgesehen und wäre auch im Hinblick auf die Anforderungen des Signaturgesetzes rechtlich mehr als problematisch.
Aus Sicht unserer BI ist am 22.12.2022 in mehrfacher Hinsicht kein rechtsgültiger Beschluss des Bremer Senats zustanden gekommen und wir fordern deshalb die umgehende Zulassung des von unserer BI beantragten und von rund 26.000 BremerInnen unterstützten Volksbegehrens.
BI PLATANEN AM DEICH“
Soweit der Originaltext der Bürgerinitiative.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Für den Erhalt der Platanen wird seit ca. 2017 gestritten. Von Seiten der Politik wird seither das Konzept zum Hochwasserschutz einschl. der Abholzung der Platanen so gut wie unverändert verfochten. Ich werfe den zuständigen politischen Entscheider*innen vor allem vor, dass das von der BI vorgelegt Konzept zum Hochwasserschutz bei Erhalt der Platanen völlig unzureichend geprüft und geringschätzig abgetan wurde. Nun soll das Volksbegehren abgeschmettert werden, obwohl tausende Bürgeri+innen dafür unterschrieben haben.
Angesichts der Klimaerwärmung wissen alle über die Bedeutung von Bäumen für ein erträgliche Luft in den Städten Bescheid! Was geschieht aber in Bremen?? Es müssen in diesem Frühjahr jede Menge geschädigte Bäume gefällt werden. Es gibt jedoch kaum Geld für Nachpflanzungen, stattdessen sollen die 136 Platanen als nächste dran glauben. Von einer an Nachhaltigkeit orientierten Politik würde ich aber erwarten, dass sie ALLES daran setzt, Erhaltung der Bäume und Hochwasserschutz zu integrieren, anstatt gegeneinander auszuspielen.
Interessantes Dokument! Aber wie kommt die BI darauf, dass Senatsbeschlüsse einstimmig gefasst werden müssen? In Paragraph 13 der Senats-GO steht es anders: “ Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. „
Diese Spitzfindigkeiten hat der Staatsgerichtshof nicht für wesentlich gehalten, sondern den Volksentscheid mit Recht aus anderen Gründen für unzulässig erklärt!
Diese „Pappelheimer“ sollten endlich mal ihr albernes Mundwerk halten!
Korrektur zu meinem Kommentar vom 11. März: Inzwischen habe ich in der Geschäftsordnung des Senats einen von mir zunächst übersehenen Satz gefunden, den man als eine Art Einstimmigkeitsklausel sehen kann: „Im Senat darf kein Koalitionspartner überstimmt werden.“ Wenn jeder Koalitionspartner geschlossen abstimmt, also ohne Abweichler, dann darf der Senat tatsächlich nur einstimmig votieren, um keinen der Partner zu überstimmen. Laut Urteil des Staatsgerichtshofs bindet die GO aber nur den Senat selbst, ohne Wirkung nach außen. Etwaige Verstöße gegen die GO bleiben deshalb im Außenverhältnis ohne Folgen.