In unserem Land geht allmählich jedes Maß verloren – leider auch in Bremen

11.03.2024 2 Von Axel Schuller

Kennen Sie finanziell gut gestellte Menschen? Oder Mittelständler mit einigen Millionen im Kreuz? In diesen Kreisen macht sich eine erschreckende Haltung breit: „Ich habe keine Lust mehr, mich mit diesem ganzen Kram zu beschäftigen.“ „Bringt doch nix – es gibt einfach zu viele dumme Menschen, die alles mit sich machen lassen.“ „Ich verlege meinen Firmensitz auf jeden Fall aus Bremen.“ Oder sogar: „Ich wandere aus.“ Herrgott noch mal: Woher rührt und wohin führt diese innere und bald tatsächliche Abkehr wirklich wichtiger Menschen? Heute, Sie ahnen es, liebe Leserschaft, ein paar Gedanken – im Allgemeinen, aber auch im Speziellen.

Ludwig Erhard, Verfechter der Sozialen Marktwirtschaft, darf sich glücklich schätzen, dies alles nicht mehr erleben zu müssen:

Eine Eisenbahngewerkschaft, ist ohne jedes Maß. Sie weist einen Vermittlervorschlag brüsk zurück, der sehr nah an ihre Forderung heranreicht. Ein erneuter Streik, der Menschen und Gütertransport massiv betrifft. Dagegen waren die Bauern-Blockaden in ihren Auswirkungen schon fast harmlos.

Sollten wir nicht endlich die „kritische Infrastruktur“ unseres Land unter besonderen Schutz stellen?

Streiks bei ÖPNV-Unternehmen, im Einzelhandel, öffentlichen Dienst und (bereits früher) in der (angeblich notleidenden) Stahlindustrie.

Ja, alle arbeitenden Menschen benötigen ein möglichst auskömmliches Einkommen.

Das Lufthansa-Bodenpersonal dürfte bereits jetzt darüber verfügen, das LH-Kabinenpersonal ebenfalls.

Und dennoch: Deutschland entwickelt sich zum Streikland, wie einst England eines war. Hat der Wirtschaft auf der Insel, also allen Bürgern, nicht so richtig gut getan.

Kleinstgewerkschaften wie die GdL und (zu große) wie Verdi toben sich nach Belieben aus.

Zwischenfrage: Geht es mit unserer Wirtschaft gerade steil bergauf, oder doch eher zurück? 

Sie können ja mal Herr Stihl fragen, weshalb er seine Motorsägen künftig im Hochlohnland Schweiz fertigen lassen will.

Dort werden Mitarbeiter besser bezahlt, aber der Staat gängelt die Unternehmen nicht ständig und überall mit teilweise blödsinnigen Vorschriften

Aus meiner (früheren) beruflichen Perspektive: Werden unsere Medien noch ihrer Rolle gerecht, oder wandeln sie sich von kritischen Beobachtern zu (im Extremfall) Liebedienern aller möglichen Gruppen?

Zwei Beispiele aus Bremen: Ist es angemessen, dass der WeserKurier einer Gruppe wie den „SUW-Reifen-Luft-Ablassern“ viel Platz zur Rechtfertigung ihrer strafrechtlich relevanten Handlungen bietet? Und diesen Leuten dazu auch noch Anonymität gewährt.

Ähnliches bei „butenunboinnen“ von Radio Bremen. Ist es journalistisch noch vertretbar, Carla Hinrichs von der (angeblich) Letzten Generation zum Interview einzuladen, in dem der Zweck des Gesprächs  („Was wollen Sie anders machen“?)  nicht beantwortet wird? Die junge Frau dann aber die Zuschauer widerspruchslos manipulieren darf („Hitze-Februar des Jahrtausends“)? Schauen Sie sich das Interview (Quelle: Radio Bremen) hier gerne an und bilden sich ihr eigenes Urteil. Ich würde es für die Journalistenschulung nutzen – Wie man es nicht machen soll.

Interview mit Carla Hinrichs

Und schaue ich über Bremen hinaus, ist es leider nicht besser. Meine Kollegen verbreiten mittlerweile jeden Blödsinn.

Wenn dies nur einzelne Medien – und mit unterschiedlichem Zungenschlag – täten, okay: Dann würde es der Vielfalt dienen. Das Schlimme: Sie machen fast alle das Gleiche. Es lebe der Mainstream! Nicht anecken, immer mitschwimmen und lediglich durch besonders griffige (also skandalisierende) Formulierungen auffallen.

Was ist aus diesem Land geworden, das sich früher seiner Dichter und Denker gerühmt hat?

Da palavern hochrangige Bundeswehroffiziere – einer davon aus einem Hacker-freundlichen Hotel in Singapore – über eine Attacke mit „Taurus“ auf die Verbindungsbrücke zur Krim. Klingt wie zwischen Kaffeetrinken und Abendbrot. Nachdem dieses Gequatsche von Russland veröffentlicht worden war, erklärte der Verteidigungsminister als erstes: Putin eröffnet den Cyber-Krieg. Statt: Wie können u.a. ein Luftwaffeninspekteur und ein General so achtlos und verantwortungslos herumpalavern.

Oder: Der Papst, für viele Nicht-Katholiken ohnehin ein „rotes Tuch“, empfiehlt der Ukraine wohl bedacht, die (realistischen) Zeichen der Zeit zu erkennen, also eher zu verhandeln statt unterzugehen. Im NDR hieß es in der Presseschau, diese Papst-Äußerungen seien weltweit auf Unverständnis gestoßen. Auch in  Russland, in China, in Brasilien, in der Türkei – die allesamt zumindest von Verhandlungen sprechen?

Außer natürlich unserem Panzer-Toni Hofreiter, FDP-Waffen-Walze Strack-Zimmermann oder unserer stets wunderbarbar gestylten Außenministerin Baerbock

Man kann ja gerne über die Papst-Worte streiten, ihn aber in die Ecke des ahnungslosen Spinners zu schieben, geht hier zu weit. Der Chef-Katholik hat aus meiner Sicht versucht, die Realität in seine Wort zu fassen. Und die Realität sieht so aus: Der Westen liefert weniger Waffen. Scholz verweigert als einer der letzten „Taurus“. Die ukrainischen Soldaten sind ausgezehrt. Das Land zerfällt immer mehr in Schutt und Asche usw. 

An unseren warmen, bierseligen Stammtischen tönt es bereits: Der Papst sollte sich lieber als Freiwilliger in der Ukraine an die Front begeben. Leute, welch ein Bullshit.

Zurück zum Anfang. Viele Menschen fühlen sich von den Medien nicht mehr ausgewogen informiert. Die Politik sucht die Schuld für Bürger-Unverständnis stets bei anderen. Allein das Ansinnen, der AfD mögliche Wähler entziehen zu wollen, indem man die Partei verbieten lässt, ist an Weltfremdheit nicht zu toppen.

In die Kategorie „weltfremd“ passt auch der jüngste BREMER Koalitionsvorstoß, die Rechte deutscher Betriebsräte via Betriebsverfassungsgesetz auszuweiten. Etwa, weil unser Bremisches Personalvertretungsgesetz so segensreich funktioniert?

Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich (leider) zunehmend Leistungsträger der Gesellschaft mit dem Gedanken: „Bloß weg von hier.“

Ob es woanders besser ist (außer Klima und Steuersätzen) muss sich erst noch herausstellen.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Konnten Sie es sich vorstellen, dass 25 Jahre nach Ende der RAF Menschen in Berlin zugunsten der letzten RAF-Täter protestieren? Der Bremer LINKE-Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Zimmer bedauerte im Zusammenhang mit der Festnahme einer RAF-Terroristin die von Medien und Staat veranstaltete “Menschenhatz”… Und: Was soll man dazu sagen, dass die Berliner Polizeipräsidentin ihren Beamten verbietet, während der Fußball-EM Deutschland-Flaggen an die Dienstwagen zu kleben? Aus Neutralitätsgründen… Das Hissen und Aufkleben der Regenbogenfahne am Christopher Street Day schreibt die Polizeiführung (auch in Bremen) dagegen vor. Aus Neutralitätsgründen?