Weser-Kurier fummelt Motto der RAF-Demo zur distanzlosen Überschrift um

18.03.2024 6 Von Axel Schuller

„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ Ich hatte mir – ehrlich – ganz fest vorgenommen, so lange es irgendwie geht, zum Thema Weser-Kurier zu schweigen. Aber meine Finger hält es nicht länger von der Tastatur fern. Die montägliche Überschrift (18.3.) zur RAF-Demo in Vechta „Solidarität mit Daniela Klette“ – im WK wohlgemerkt ohne Anführungsstriche – hat mich fassungslos gemacht. Mein Gedanke: Jetzt ist die Redaktion völlig durchgeknallt.

Noch schlimmer als die Überschrift (in Wahrheit war es das Motto der Demo vorm Frauenknast in Vechta) habe ich das komplette Drumherum empfunden: Obwohl die Demo-Anmelderin eine Bremer Krankenschwester ist, obwohl die GeNo-Intensivschwester Betriebsrätin in Bremen ist, obwohl diese 2021 „Bremer Frau des Jahres“ war – stand der 1-Spalter im Niedersachsen-Ressort, auf Seite 12.

Gespür für eine ungeheuerliche Geschichte? – Fehlanzeige in diesem teilweise wirklich entsetzlichen Lokalblättchen.

Herrgott noch mal! Wer kümmert sich in dem Verlag endlich darum, dass die Redaktion wenigstens halbwegs normal funktioniert? Wollen die diesen teilweise Verwaltungs-Journalismus so lange treiben lassen, bis das Blatt wirtschaftlich endgültig in den Wicken landet?

Aktuell ist in allen Bremer Medien große Aufregung. Die GeNo hat ihre angeblich 70jährige Intensivschwester vom Dienst freigestellt. Rauswerfen war dem städtischen Unternehmen wohl zu riskant, weil: Wer Kranke versorgt, muss nicht zwingend stets die Verfassung unterm Arm tragen.

Der Betriebsrat des Klinikums Mitte hat der Frau den Status als freigestellte Betriebsrätin entzogen. Sie war eine der 5 von 19 Betriebsratsmitgliedern, die nicht mehr an Krankenbetten stehen musste.

Hätte die GeNo-Geschäftsführung sie nicht freigestellt, hätte Ariane Müller ab Montag wieder auf Station arbeiten müssen.

Wenn man in der taz nachliest, welch verquere Gedanken Müller und ihresgleichen im Zusammenhang mit der RAF geäußert haben, kann’s einem ganz anders werden.

Da äußerten die Demonstranten vor maximal 30 (!) Mitstreitern wirklich krudes Zeug. Die Stadtguerilla sei „Teil linker Politik und trotz ihrer Fehler ein Versuch, dieses verbrecherische System aus den Angeln zu heben“. Mit „verbrecherischem System“ ist wohlgemerkt nicht die RAF, sondern unser Staat gemeint. Müller soll die RAF-Frau Klette als „politische Gefangene“ bezeichnet haben. Und von der „Faschisierung der Gesellschaft“ – sorry – geschwafelt haben.

Mindestens genauso bemerkenswert finde ich, dass diese durch-und-durch linke Ideologin 2021 zur „Bremer Frau des Jahres“ gekürt wurde. Darauf hatte die FDP am Wochenende dankenswerterweise hingewiesen.

Zur Fairness gehört: Im Jahr 2021 hatte der „Landesfrauenrat Bremen“ neben Müller neun weitere Frauen als „Corona-Heldinnen“ ausgezeichnet.

Da fällt mir ein: Ich habe mich bereits in meiner aktiven Dienstzeit als Journalist stets gefragt, wo der Frauenrat bloß diese angeblichen Super-Vorbild-Frauen hergezaubert hat.

Man hatte häufig den Eindruck, dass die Frauentruppe teilweise verzweifelt nach Frauen gesucht hat, denen sie den Titel um den Hals hängen konnten.

2019 habe ich mich beispielsweise gefragt, weshalb sie den Verein belladonna, nicht aber Janina Marahrens-Hashagen  ausgezeichnet haben. Die Unternehmerin war immerhin die erste Frau auf dem Chefstuhl der Handelskammer (Präses) und 2023 auch die erste weibliche  Schafferin. Aber: Frau und Frau ist im Frauenrat offensichtlich nicht das gleiche.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller