Senat legt „Förderprogramm“ für AfD auf / Heutiges P.S.: Vernichtendes Insider-Urteil

29.03.2024 5 Von Axel Schuller

Eines muss man Senat und Behörden lassen: Die wissen wirklich, wie man die Bevölkerung gegen sich aufbringt. Beispielhaft: Da beschließt ein gewähltes Kommunalparlament einstimmig, dass mitten in einer Wohnsiedlung KEIN Container-Dorf für Flüchtlinge aufgebaut werden soll – und die Behörde kümmert sich einen Kehricht darum. Außerdem: „Alternative“ stellen – vogel- und vertragsfrei – in Walle auf einer stadteigenen Wiese eine Wagenburg zusammen. Und: Nix geschieht. Das steigert – 100pro – den Glauben der Bevölkerung an den Rechtsstaat… Noch schlimmer: Auf diese Weise fördert der Senat die Erfolgsaussichten der AfD. Freundlich: Denn sie wissen nicht, was sie tun…

Manchmal muss man in unserem Bremchen so sehr mit dem Kopf schütteln, dass einem (zum Glück nur fast) eine Gehirnerschütterung droht.

Erstes Beispiel:

Der Beirat Osterholz – wahrhaft keine Hochburg rechter Spinner, sondern bodenständiges Gremium, besetzt mit allen bürgerlichen Parteien – fasste am 16. Dezember 2022 einen einstimmigen Beschluss:

Sehr klar und eindeutig: „Wir lehnen die Errichtung des „Roten Containerdorfes“ mitten im Wohngebiet Am Hilgeskamp (zwischen Osterholzer Landstraße und Zürcher Straße) ab.“ Vorausgegangen war am 6.12.22 eine Einwohnerversammlung mit entsprechendem Votum.

Der Beirat übte zudem „scharfe Kritik“ daran, dass die Behörde der damaligen Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) eine Absprache mit Ortsamtsleiter und Beiratssprecher vom 15. November 2022 gebrochen hatte, wonach der Pachtvertrag nicht vor der Bürgerbeteiligung geschlossen werde. Gesagt – nicht getan.

Von diesem Wortbruch erfuhren Einwohner, Ortsamtsleiter und Beiratsmitglieder während der Versammlung am 16.12.22.

Seitdem ist weit mehr als ein Jahr ins Land gestrichen. Nun liegt die Baugenehmigung für das Rote Dorf (acht Container mit 70 Wohneinheiten für maximal 180 Bewohner) vor. Am Hilgeskamp.

Liebe Leserschaft, können Sie sich vorstellen, welche Gefühle in Reihen der betroffenen Bevölkerung langsam aber sicher hochkriechen?

Das I-Tüpfelchen des Guten kommt noch: Der schon immer sozial-beseelte Beirat Osterholz hatte das „Rote Dorf“ nicht in Bausch und Bogen abgelehnt. Nein, der Beirat – gar nicht bockig – hatte der Sozialbehörde einen Alternativ-Standort vorgeschlagen – neben der Bezirkssportanlage Osterholz, nahe der Gesamtschule Ost.

Wer jetzt noch darauf setzt, dass der neue Beirat (ab Mai 2023) doch noch grünes Licht für die Hilgeskamp-Container gegeben haben könnte, sei hiermit bitterlich enttäuscht.Der Bauausschuss des Beirates verwies in seiner Sitzung lediglich auf den ablehnenden Beschluss des alten Beirates (Nummer 110-22).

Punkt. Fertig. Aus die Maus.

Wir lernen: senatorische Behörden kümmern sich dreisterweise Nullkommanix um den Willen vor Ort.

Sollte der AfD-Stimmanteil bei der nächsten Wahl (2027) „zufällig“ in die Höhe schnellen, kann ich auf das heuchlerische Gejammer von Wahlanalytikern, entsetzten Politikern der „etablierten“ Parteien gut verzichten. „Es darf doch nicht sein, dass die AfD so viel mehr Stimmen einsammelt, obwohl sie ja inhaltlich nix zu bieten hat“, und Blablabla.

Der letzte Punkt mag ja zutreffen – aber Senat und Verwaltung liefern mit ihren mangelhaften Leistungen wiederkehrend Gründe für die Wahl der „Alternativen“.

Frage: Findet dieser Zusammenhang irgendwann doch noch Eingang in die Schädel der großartigen Polit-Strategen?

Zweites Beispiel:

Bündnis Deutschland hat per Großer Anfrage an den Senat publik gemacht, dass in Walle seit Ende 2018 eine illegale Wagenburg steht. Ohne Wasser, ohne Müllentsorgung, ohne Anschluss an die Kanalisation – eben halt, was jedem Normal-Bürger so alles erlaubt ist… Um die Meldepflicht der Bewohner dort kümmert man sich erst recht nicht

Erfreulicherweise hat Kollege Jörg-Helge Wagner pointiert im Weser-Kurier darüber berichtet.

Die sogenannte Ölhafen-Initiative kampiert demnach seit Jahren – ohne jede Pachtzahlung – am Hagenweg in Walle. Während benachbarte Kleingärtner schon mal schnell die Ordnungsmacht im Vorgarten stehen haben, wenn sie beim Übernachten in der eigenen Parzelle ertappt werden, kräht im Dauer-Fall der Wagenburg-Bewohner kein Hahn danach.

Im  Februar hatten einige Unbekannte von dieser Ungleichbehandlung die Nase so voll, dass sie die Karawaner mit Steinen und Pfefferspray attackierten. 

Die LINKE-Bürgerschaftsfraktion wusste sofort: Das waren Rechte. Und: Sie hatte umgehend ein Herz für die Illegalen und wollen sie nun beschützen.

Da Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) den LINKEN sein Amt verdankt (ohne diese unsägliche Partei hätte Rot-Grün die Regierungsmehrheit längst verloren), würde es mich nicht wundern, wenn die Stadt den Ölhafen-Leuten demnächst ein ganz speziell gedrechselten Vertrag feilböte…

Auch hier die bange Frage: Wem nutzt dieses zweierlei Maß bei der Beurteilung des illegalen Übernachtens (hier Wagenburg, dort Parzellisten)?

Die AfD muss in dieser Stadt eigentlich besoffen vor Glück sein – sofern sie nach der Selbst-Zerlegung bei der vorigen Bürgerschaftswahl wieder auf die Beine kommt. Senat und Behörden schaufeln dieser Partei unaufhörlich Stimmen zu.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Zum Schluss noch etwas zum Lachen, das – ACHTUNG – sensiblen Menschen durchaus im Halse stecken bleiben kann. 

Die FAZ hat jüngst den Chef der Deutschen Entertainment AG, Peter Schwenkow, nach seinen Erfahrungen als Mitglied des Berliner Landtages befragt. 

FAZ: „Warum haben Sie die Politik eigentlich nach fünf Jahren wieder direkt verlassen?

Schwenkow: Ich wollte ja nicht Politiker werden. Ich wollte nur verstehen, wie Politik funktioniert.

FAZ: Dafür reichen fünf Jahre?

Schwenkow: Definitiv. Meine Erkenntnisse sind: Parlamentssitzungen sind primär Show, die eigentliche Arbeit passiert im Hintergrund in Ausschüssen. Und: Zehn Prozent sind engagierte, altruistische Politiker, weitere zehn Prozent haben eine riesige Expertise. Die anderen 80 Prozent sind auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Karriere wird oft nicht durch Kompetenz gemacht, sondern indem man sich in der Partei richtig positioniert.“

Zitat Ende.

Puh, ich bin jetzt wirklich heilfroh, dass Schwenkow nur über seine Erfahrungen aus dem Berliner Abgeordnetenhaus berichten kann  – und er nicht der Bremischen Bürgerschaft angehört hat. Glück gehabt. 🙂

P.P.S.: Als Extra gibt’s heute am Zeitungs-freien Tag noch eine Doku (unter diesem Blog-Stück). Es lautet: „Dokumentation: Ein Koalitions-Antrag zum Thema Operationen von Trans*Menschen“