Geht Bürgermeister Bovenschulte als “Verlierer des Landes” in die Annalen ein?

18.04.2024 4 Von Axel Schuller

So leid es mir für den Menschen Andreas Bovenschulte auch tut: Der Bürgermeister hat aktuell große „Chancen“, als Loser in die bremischen Annalen einzugehen. Er hat die strategische Fehlentscheidung zu verantworten, mit rot-grün-rot weiterzumachen, statt eine bürgerliche Koalition zu schmieden und die CDU in die Verantwortung zu zwingen. Und jetzt? Bremen ist finanziell so fertig, wie man es sich zuvor noch nie vorstellen konnte.

Über die 1,3 Milliarden zusätzliche Schulden könnte man ja nachdenken, wenn Bremen nicht bereits mit 22,6 Milliarden Euro bei Banken in der Kreide stünde. Und, wenn das Land (finanziell) eine positive Perspektive hätte. Hat es aber nicht.

Beispiele: Die Bremer Straßenbahn AG wird – gefühlt – seit „ewigen Zeiten“ subventioniert. Aber: Die Zuschüsse sind nicht, wie dies zwischen BSAG und Senat in „Kontrakten“ festgeschrieben wurde, gesunken, sondern sie steigen munter an.

Die BSAG ist ein starrer Laden geworden. Statt in Randgebieten endlich auf ein Mini-Bus-Rufsystem (wie in Hamburg; Moja) zu setzen, kurven in Bremen häufig minimal gefüllte Busse normaler Größe durch die Gegend. Oder aber: Die BSAG lässt bestimmte Gebiete einfach links liegen.

Ex-Mobilitätssenatorin Dr. Maike Schaefer (Grüne) hatte als Aufsichtsratsvorsitzende die Anschaffung offenbar zu vieler (sehr teurer) E-Busse durchgesetzt, die aktuell – so ist zu hören – gar nicht alle eingesetzt werden. Viele Dieselbusse sind bilanziell nämlich noch nicht abgeschrieben, müssen also aus rein wirtschaftlichen Gründen weiterfahren. Bei der BSAG ist generell der Wurm drin. Krankheitsraten von 20 Prozent stellen dem Management ein schlechtes Zeugnis aus. 

Neben der BSAG (75 Millionen Euro) muss auch die GeNo erneut mit 86 Millionen über die Runden gebracht werden. Kenner haben errechnet, dass Bremen in den vergangenen 10 Jahren über 500 Millionen Euro in die GeNo gesteckt hat – sei es als direkte Verlustübernahme, Landesbürgschaft oder als Kapitalerhöhung. 

Wie oft eigentlich noch? Bis Bovenschulte das Rentenalter erreicht hat?

Nicht zu vergessen: Bremen verfügt neben den vier GeNo-Häusern auch noch über freie Kliniken. Bis Herr Dr. Lauterbach mit seiner Finanzreform für Hospitäler zu Potte gekommen sein wird, leiden auch freie Kliniken. Was geschieht eigentlich, wenn RotesKreuz– oder Diako-Krankenhaus finanziell schlapp machen? Wer nimmt dann die Patienten auf?

Zurück zur Finanznotlage des kleinsten Bundeslandes: Bremen mag entschuldigend darauf verweisen, dass auch Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und das Saarland für sich Notlagen festgestellt haben, um mit diesem Trick die Schuldenbremse zu umgehen. 

Bremen kann sich mit diesen Ländern freilich nicht vergleichen: Das kleinste Land steht nämlich unter Beobachtung des Stabilitätsrates des Bundes und der Länder. Und dieser „Stabi“ fordert bis Herbst ein Konzept, wie Bremen finanziell in geordnete Bahnen zurückkehren will.

Ich vermute, neue Schulden gelten nicht unbedingt als eine seriöse Maßnahme.

Und die enorme Aufstockung des Personals vermutlich auch nicht. Bremen hat in den vergangenen fünf Jahren sage und schreibe 2.200 zusätzliche Stellen geschaffen. Viele Senatsressorts haben fröhlich neue Mitarbeiter m/w eingestellt – ohne Absprache mit anderen Ressorts. Die Abgeordneten der rot-grün-roten Koalition im Haushaltsausschuss erweisen sich allzu häufig als willfährige Helfer, nicht aber als Mahner oder gar Aufpasser.

Den schlimmsten Beleg für Geldverschwendung einiger Ressorts liefert im heutigen WK-Interview Finanzsenator Björn Fecker (Grüne). Ich zitiere: “Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode versucht, in der Finanzbehörde eine Fachstelle für Personalbedarfsplanung für die gesamte Verwaltung einzurichten. Das ist seinerzeit an starken Widerständen gescheitert.”

Wenn das die Mitglieder des Stabilitätsrates zu lesen bekommen, müssen die Bremen sofort die Lizenz zur Selbstständigkeit entziehen.

Bremen leidet übrigens unter einer weiteren Perspektivlosigkeit. Sollte der Bund, so wie es Olaf Scholz einst als Bundesfinanzminister anstrebte, irgendwann doch noch die Städte und Gemeinden von ihren Schulden entlasten, wird das Land Bremen davon wohl wenig profitieren.

Der Grund: Der Senat hat die Städte Bremen und Bremerhaven 2020 bereits weitgehend entschuldet. Und dass der Bund die Länder entschuldet, muss bezweifelt werden.

Ein, beileibe nicht zu vernachlässigendes, weiteres Problem: Bayern klagt aktuell gegen den Länderfinanzausgleich. Verständlich, denn die Südstaatler zahlen exakt die Hälfte der Gesamtsumme von 19 Milliarden Euro in den Topf ein.

Liebe Leserschaft, ich will keine schlechte Stimmung verbreiten. Der Senat muss vermutlich so tun, als habe er alles im Griff. Hat er aber nicht. Die CDU hat mit “Ach und Krach” einem zusätzlichen Kreditrahmen von 450 Millionen Euro zugunsten der klimagerechten Umstellung der Stahlwerke zugestimmt (die plötzlich von ArcelorMittal aus zu wackeln scheint). Mehr soll’s aber nicht geben. Der Senat will jetzt im Wege eines erneuten Notlagebeschlusses 715 Millionen Euro – in Wahrheit – auch für ganz normale Ausgaben bei den Banken leihen. Dazu sollen jeweils 300 Millionen Euro für neue Gesellschaften für Schulbauten und Stadtentwicklungsmaßnahmen aufgenommen werden. Unterm Strich: 1,3 Mrd. Euro.

Diese Mega-Kreditaufnahmen kann die Union unmöglich durchwinken. Im Gegenteil: Sie muss dagegen klagen.

Wie gesagt, Andreas Bovenschulte und die SPD-Spitze haben vor einem Jahr strategisch versagt, als sie die CDU vom Mitregieren ferngehalten haben. Säße die Union mit der SPD im Regierungsboot, hätten die Sozis den Schwarzen viele unangenehme Aufgaben andrehen können. Beispielsweise: Rettung der bremischen Finanzen, Umkrempeln des kaputten Bildungssystems, Brutal-Genesungs-Kur für die GeNo und und und. Wäre zumindest sehr aufschlussreich geworden.

Menschlich gesehen: Armer Andreas Bovenschulte. Politisch betrachtet: selber schuld.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

P.S.: Wie genau es die rot-grün-rote Koalition mit dem Geld sparen nimmt, kann man übrigens auch am Fall Besetzung der Antidiskriminierungsstelle (angesiedelt beim Parlament) sehen. Dort sollen heute die Anforderungen an die Leitung der sechsköpfigen Behörde geändert werden, damit eine der Koalition genehme Frau einem erfahrenen Mann vorgezogen werden kann. Als I-Tüpfelchen obendrauf soll die Leitungsstelle für fünf Mitarbeiter von A 16 auf B2 angehoben werden. Soll man so beim Stabilitätsrat den Sparwillen dieser Koalition ernst nehmen? By the way: “Antidiskriminierungsstelle”. Brauchen wir die wirklich, samt Apparat?