Was soll das? Zweierlei Maß in Aulepps Ressort, an der Universität und im Bauressort

23.04.2024 0 Von Axel Schuller

Wissen Sie, was ich nicht verknusen kann? Wenn Leute zweierlei Maß anlegen. Je nachdem, wie’s gerade passt. Beispiele: Die Bildungssenatorin feiert die künftige City-Lage der Berufsschule für Erzieher, verbannt aber gleichzeitig  Lehrlinge des Bauhandwerks an den Rand der Stadt. Oder: Die Universität hob bei ihrer Gründung den interdisziplinären Ansatz hervor, bejubelt nun aber das inhaltlich zweifelhafte Herausreißen und „Umpflanzen“ der Juristen in die City als große Tat. Oder: Im neuen Fernbusbahnhof müssen Busse rückwärts ausparken. Bei einem Borgfelder Baumarkt verdammt die Baubehörde den gleichen Vorgang für LkW als zu gefährlich. 

Der Reihe nach.

Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) freute sich jüngst, die „Inge-Katz-Berufsschule“ werde zum 1. August in das frühere Sparkassengebäude am Brill umziehen. Und da Aulepp so selten gelobt wird, tat sie es halt selbst. 

In ihrem Pressedienst schrieb sie: “Die Ausbildung unserer künftigen Erzieherinnen und Erzieher findet nun im Herzen der Stadt statt… Überdies ist die zentrale Innenstadtlage für die Fachschülerinnen und -schüler sowie Berufspraktikantinnen und -praktikanten attraktiv und der neue Standort mit dem ÖPNV gut zu erreichen.“

Ganz anders im Juni 2022. Da reagierte dieselbe Bildungssenatorin fuchsteufelswild auf Kritik, dass die Berufsschule für das Bau-, Metall- und Elektrohandwerk weit weg in Bremen-Nord auf dem BWK-Gelände gebaut wird. Da lederte Aulepp (laut WK) volle Kanne los: Es sei erstaunlich, dass ein Anfahrtsweg von deutlich unter einer Stunde zu einem Riesenproblem gemacht werde. Außerdem „sendet der Berufsschulcampus Blumenthal nicht nur wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung unseres nördlichsten Stadtteils aus, sondern er ist auch entscheidender Bestandteil der stadtentwicklungspolitischen Strategie des Senats“.

Kann man als betroffener Berufsschüler m/w verstehen, muss man aber nicht. Oder hat man die Jugendlichen und Lehrer m/w gefragt, ob sie liebendgern und selbstverständlich „entscheidender Bestandteil der stadtentwicklungspolitischen Strategie des Senats“ sein wollen?

Anderes Thema. Die Bremer Uni wurde 1971 bewusst als Ort des „interdisziplinären“ Lehrens und Lernens gegründet. Und nun will der Senat partout 1.500 Jurastudenten und 160 Beschäftigte vom Campus ins Ex-Landesbankgebäude am Domshof umsiedeln. Vom Oberziel der Interdisziplinärität (Behandlung eines Themas / einer Aufgabe unter Einbeziehung verschiedener Fachrichtungen) redet niemand mehr. Über die monatlichen Mietkosten in Höhe von 232.000 Euro auch nicht. Geld spielt in Bremen bekanntlich keine Rolle. Und, dass noch immer geeignete Hörsäle fehlen – geschenkt.

Hauptsache, junge Menschen peppen die alt-wirkende Kulisse in der City optisch auf. Aber wer weiß, womöglich verteilt der Senat unter den 1.500 Studenten noch Zahlkarten, damit die in der Innenstadt auch tatsächlich für mehr Umsatz sorgen (können).

Drittes Beispiel: Jörg Viohl will in Borgfeld Wohnungen, Super- und Drogeriemarkt bauen. Und natürlich auch einen kleineren neuen Baumarkt errichten. Dies scheitert bislang hauptsächlich an dem Plan, dass die Lieferanten mit ihren Lastwagen rückwärts aufs Gelände fahren sollen. Dies sei zu gefährlich.

Und wie ist das am nagelnagelneuen Fernbusbahnhof? Da fahren die Reisebusse vorwärts in die Bucht und müssen rückwärts ausparken…

Was in Borgfeld verboten wird, ist am Bahnhof tägliche Praxis. Welch ein seltsamer Widerspruch!

Munter bleiben!

Herzlichst 

Ihr Axel Schuller

P.S.: Bevor ich es vergesse. Während die Bildungsbehörde über den Umzug der Erzieher ins Ex-Sparkassen-Gebäude am Brill jubiliert, kriecht mir eine Erinnerung in den Hinterkopf. Die Sparkasse hatte 2016 die Aufgabe des alten Gebäudes am Brill unter anderem damit begründet, dass der Altbau – energetisch gesehen – eine wahre Katastrophe sei…

P.P.S.: Neues von der Weser-Kurier-Auflage: Die verkaufte Auflage sank im 1. Quartal 2024 auf 101.739 Exemplare (inkl. 20.166 ePaper). Im 1. Quartal 2023 betrug die verkaufte Auflage noch 110.935 Exemplare (inkl. 18.780 ePaper). Neu: Seit dem 4. Quartal 2023 dürfen “Nutzungsrechte für paid-content” ausgewiesen werden. Diese betrugen in 1/24 laut ivw 4.158. “ivw” bedeutet: Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.