Zum Tod des tatkräftigen Ex-Wirtschaftsstaatsrates Prof. Dr. Frank Haller
Prof. Dr. Frank Haller (80) ist tot. Für viele aktive Politiker m/w ist der Mann ein Unbekannter. Dabei hat Haller ab den 1980ern Bremens Zukunft massiv beeinflusst. Der Ökonom begann als Leiter des Bremer Ausschusses für Wirtschaftsforschung (BAW), wirkte von 1987 bis 1999 als Senatsdirektor/Staatsrat im Wirtschaftsressort unter den Senatoren Uwe Beckmeyer (SPD), Claus Jäger (FDP) und Josef Hattig (CDU). Er galt als Verfechter eines Outlet-Centers auf dem Gelände der ehemaligen AG Weser-Werft, als Vater des Technologieparks an der Universität, als Spiritus Rektor des Bremer Investitionsprogramms, als Kämpfer für das Gewerbegebiet Hemelinger Marsch und einer Nutzung des Hollerlandes, Als Forderer „großer“ Verkehrslösungen um Bremen herum, inkl. Wesertunnel bei den Stahlwerken. Haller war engagierter Freund/Unterstützer des Pferdesports. Zusammen mit seiner Frau Marlene (eine bis zum letzten Arbeitstag hoch-motivierte Grundschullehrerin) widmete er sich nach seiner Amtszeit der Pferdezucht. Tochter Eva leitet in Irland ein großes Gestüt. Seine Gegner haben ihn über Jahrzehnte bekämpft. Seine zuweilen etwas abgehobene Haltung („Ist mir egal, wer unter mir Senator ist“) brachte ihm mehr Gegner als Freunde ein. Am Ende zählt, was er geleistet hat. Das kann man heute an vielen Bremer Ecken anschauen.
Persönliches: Wir hatten beruflich ungezählte Mal miteinander zu tun. Ein kumpelhaftes „Du“ kam nie zustande. Jeder hatte seine Rolle. Er der stets zielorientierte Wirtschaftsförderer, ich der Journalist. Gleichwohl erinnere ich noch, wie ich mich in der Weser-Kurier-Lokalredaktion vor dem Kollegium regelrecht verteidigen musste, dass ich mit Haller ein umfangreiches Interview zur Erweiterung von Uni und Technologiepark bis hinein ins Hollerland geführt hatte. „Warum bietest du einem solchen Betonkopf so viel Raum?“, lauteten Reaktionen von Kollegen, deren Herz offen für den Erhalt des Hollerlandes schlug. Die Gerold Janssen beim Kampf zum Erhalt der Landschaft und des Pappelwaldes offen unterstützten. Später – als Weser-Reporter – konnte ich Haller für die viel beachtete Serie „Frank und Frei“ gewinnen. Was vielen Bremer Ökos und Roten ganz und gar nicht gefiel.
In den vergangenen zwei Jahren diskutierten wir immer wieder über Inhalte meines Blogs bremensogesehen.com Er bemängelte häufig, dass Bremen zu wenig für seine Weiterentwicklung unternehme. Haller war Zeit seines Lebens „Wirtschaftsförderer“, und er war hochgradig politisch. Unvergessen seine Rolle im Hintergrund, als Ex-Sparkassenchef Friedrich Rebers und Ex-Wirtschaftssenator Werner Lenz (früher SPD und Bremerhavener Oberbürgermeister) 1995 die Wählergemeinschaft „Arbeit für Bremen“ gründeten. Da konnte er Bremer Politik direkt beeinflussen, ohne selbst auf der Bühne zu stehen. Gleichwohl musste er höllisch aufpassen, dass sein Tun nicht mit seinem Amt als Staatsrat kollidierte.
Frank Haller hatte stets den Schalk im Nacken. Er lästerte liebend gern über viele und vieles. Aus seinem Mund stammte die Einschätzung des damaligen Wirtschaftssenators Hartmut Perschau (CDU) „Hamburger Zitteraal“ – weil Perschau häufig alle Positionen, lange abwägend, unter einen Hut bringen wollte, ohne irgendwo anzuecken.
Frank Haller ist bereits am 18. April gestorben. Bremen verliert mit ihm – bei allen Widersprüchen – einen Macher, der in seiner aktiven Zeit stets ein großes Ziel vor Augen hatte: Bremen wirtschaftlich so zu stärken, dass es seine Selbstständigkeit wahren kann. In seinen letzten Jahren keimten Zweifel in ihm, ob Bremen wirklich noch zu einem eigenen Bundesland tauge.
Ich wünsche Marlene und Eva Haller in diesen für sie so schweren Tagen und Wochen viel Kraft!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
Ein großer, bekennender Bremer ist von uns gegangen. Ich bin sehr glücklich, diesen Mann als Weser-Kurier-Journalist über viele Jahre begleitet zu haben. Jedes Treffen war ein Gewinn, von Frank Haller konnte ich viel lernen. Selten habe ich in meinem langen Berufsleben einen so gradlinigen, aufrechten und ehrlichen Menschen kennengelernt. Er war trickreich, zielorienitiert, aber nie verletzend. Bremen ist durch den Tod von Frank Haller ärmer geworden. Ich wünsche seiner Frau Marlene viel Kraft in dieser schweren Zeit Ich danke für die schönen gemeinsamen Stunden, ich erinnere mich besonders an unsere gemeinsame Reise nach Berlin zum Pokalendspiel mit Werder. Lieber Frank Haller, Sie werden mir immer in bester Erinnerung bleiben, ruhen Sie sanft!
Debatte einiger Abgeordneter in der Lobby der Bremischen Bürgerschaft. „Haller gibt die Vorlagen für die Deputation so spät raus, dass wir die nicht mehr in Ruhe bearbeiten können“. Frank Haller und ich stehen hinter einer Säule und hören das zufällig. Haller: „Er kann die nicht bearbeiten, dafür müssste man lesen können“. Böse, aber auch nicht ganz falsch!
Mit Professor Haller hatte ich die Ehre, über viele Jahre die HanseProjekt GmbH zu führen. Unser Ziel war es, Bremen voranzubringen und wir verstanden uns als Treibrieben zur Übersetzung der Kraft von Politik und Wirtschaftsförderung in die Wirtschaft – und umgekehrt. Professor Haller war mein Motivator, mein Mentor, und ich habe in der Zeit mit ihm mehr gelernt, als jemals davor oder danach. Ich verdanke ihm sehr viel. Und in gewisser Weise gilt dies für ganz Bremen. Obgleich unsere Wege sich später kaum mehr gekreuzt haben, trifft mich die Nachricht seines Todes. Er möge in Frieden ruhen. Seiner Frau und Tochter gelten meine Gedanken.