Rentner drängen auf Inflationsausgleich / Schweiz führt „13. Rente“ ein / Steht Alten-Demo bevor?

05.05.2024 5 Von Axel Schuller

Im Land Bremen leben rund 180.000 Frauen und Männer über 60 Jahre. In der praktischen Politik spielen die „Alten“ aber kaum eine Rolle. Es gibt zwar eine vom Senat anerkannte „SeniorenVertretung“, aber die hat im Grunde nix zu sagen. Passend dazu: Gerade hat die Bremer Regierungskoalition einen CDU-Gesetzentwurf zur rechtlich gesicherten Teilhabe von Senioren verhindert. Die Forderung der Seniorenvertretung, auch Rentnern endlich einen Inflationsausgleich auszuzahlen, verpuffte – auch in den Medien – ungehört. Kleiner Denkanstoß am Rande: In der Schweiz wurde jüngst – per Volksabstimmung – eine 13. Rentenzahlung im Jahr beschlossen.

Es gibt Meldungen, die triggern mich. Jüngst war zu lesen: „Mit der Rentenerhöhung um 4,57 Prozent zum 1. Juli wachsen die Renten stärker als die Inflation.“ 

Wenn man die aktuelle Inflationsrate von 2,2 Prozent anschaut, stimmt das zwar. Aber sobald man an das vorige Jahr mit horrenden Preissteigerungen denkt, reichen die 4,57 Prozent bei weitem nicht aus. 2023 mussten viele Rentner zu den „Tafeln“ für Bedürftige gehen, weil sie sich Gemüse, Milch, Obst und manche Dienstleistung nicht mehr leisten konnten.

Für Verdruss unter besonders armen Rentnern sorgt, dass das Bürgergeld in 2024 um 12 Prozent erhöht wurde, die Rentensteigerung Mitte des Jahres aber wesentlich geringer ausfällt.

Man sagt zwar, den künftigen Rentnern werde es schlechter gehen als den heutigen. Das mag bei dem in finanziell schwere See steuernden Rentensystem so sein. Aber auch heute schon betrug 2021 die Durchschnittsrente eines Mannes (West) gerade mal 1.218 Euro. Frauen (West) erhielten im Schnitt sogar nur 809 Euro

Das durchschnittliche Einkommen eines pensionierten Beamten betrug 2.600 Euro. Österreich hat mittlerweile alle Rentensysteme zusammengelegt. Auch für Selbstständige. Die durchschnittliche Rente im Nachbarland beträgt aktuell 2.174 Euro – allerdings bei höheren Beiträgen.

Die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus in Bremen-Nord fordert aktuell, Rentner müssten besser gestellt werden. Aufgrund ihrer überwiegend niedrigen Einkommen litten sie mehr als andere Menschen unter rasanten Preissteigerungen. Die Nord-Bremer SPD-60plus-Politiker weisen darauf hin, dass Rentner in vielen europäischen Ländern deutlich besser gestellt seien. 

Als Beispiele führen sie an:

Schweden (Zusatzrente im Dezember); Norwegen (Zusatzrente im November); Italien (Weihnachtsgeld zum Jahresende); Schweiz (nach Volksabstimmung 13. Rente ab 2024); Luxemburg (Jahresendzulage – sie richtet sich nach den Versicherungsjahren und beträgt bis zu 848 Euro); Portugal (14 Renten).

Soweit die Auflistung der Alt-SPDler.

Ich bin mal gespannt, ob und wann dieser Antrag des SPD-Unterbezirks Nord die Landesebene übersteht und beim nächsten SPD-Bundesparteitag landet.

Viele Arbeitnehmer von Firmen und Öffentlichem Dienst haben in den vergangenen Monaten neben Gehaltserhöhungen von 10 und mehr Prozent zusätzlich steuerfrei 3.000 Euro als Inflationsausgleich erhalten. Selbst pensionierte Beamte können sich über einen anteiligen Ausgleich freuen.

Die Bremer SeniorenVertretung (in der Hansestadt zuständig für 140.000 Seniorinnen und Senioren) hat sich dazu klar geäußert, in den Medien aber leider keinen Widerhall gefunden. Deshalb dokumentiere ich die Äußerungen der Senioren in einem Extra-Stück (lang, aber interessant!).

Leserbriefen verärgerter Rentner kann man immer wieder Frust, Verzweiflung und Hilflosigkeit entnehmen. Häufig wird die Frage gestellt: Wer organisiert endlich eine Demo gegen die Ungerechtigkeit?

Das wäre eigentlich die Stunde der offiziell vom Senat anerkannten – geduldeten – SeniorenVertretung. Deren Vorsitzender Michael Breidbach (früher kampferprobter Betriebsratschef der Stahlwerke) vertröstet bislang aber nur: „Bis Herbst werden wir was auf die Beine stellen.“

Breidbach möchte vielleicht mehr, aber in seinem Vorstand der SeniorenVertretung fehlt offenbar der notwendige Drive. 

Ich vermute, dies liegt auch an der Konstruktion des Gebildes.

Die SeniorenVertetung nach aktueller Machart basiert auf einem Auswahlsystem, das extrem an die Parteien gebunden ist.

Pro 4.000 Bürger über 60 Jahre in ihrem Wahlbezirk dürfen Ortsamtsbeiräte jeweils ein Mitglied in die SeniorenVertretung der Stadt entsenden. Die Nominierung dieser auserwählten Frauen und Männer obliegt den im Beirat vertretenen Parteien. Die Zahl der von SPD, CDU oder LINKEN entsandten Vertreter wird auf Grundlage der jeweiligen  Wahlergebnisse der Parteien bei der Direktwahl der Beiräte ermittelt.

Die Parteien entscheiden also, wer in der SeniorenVertretung sitzt. Außerdem entsenden Wohlfahrtsverbände, Kirchen, Gewerkschaften und Sozialverbände Vertreter in die Gremien. Dieser große Kreis wählt einen Vorstand.

Die SeniorenVertretung unterhält aktuell drei Arbeitskreise für: „Gesundheit und Pflege“, für „Bauen, Wohnen, Verkehr und Umwelt“ sowie für Seniorenpolitik und Soziales“.

Die SeniorenVertretung hat laut einem vom Senat beschlossenen Statut die Aufgabe, „die Interessen älterer Bürger und Bürgerinnen…gegenüber dem Parlament, den Verwaltungen, Parteien, Verbänden, Vereinen zu vertreten.“

Der Gesetzentwurf der CDU sah konkrete Beteiligungsrechte für Senioren vor (Details finden Sie im Dokumentationsstück). 

Das ging SPD, Grünen und LINKEN zuweit. Sie lehnten den Vorstoß der Oppositionspartei ab. Dafür beschlossen sie einen weniger konkreten Antrag.

Liebe Leserschaft, bitte lesen Sie auch das heutige zweite Blog-StückDokumentation: SeniorenVertretung…“. Es enthält die Presseerklärung der SeniorenVertretung mit der Forderung nach einem Inflationsausgleich sowie den (von der Mehrheit abgelehnten) Gesetzentwurf  der CDU und den (angenommenen)  Antrag von SPD, Grünen und LINKEN.

Munter bleiben!

Herzlichst

Ihr Axel Schuller

*Transparenzhinweis: Ich bin mit demnächst 70 bekennender Rentner 🙂