Benjamin Piel – Weser-Kurier verpflichtet einen Hoffnungsträger
Achtung, liebe Leserschaft. Es gibt doch noch Hoffnung. Der Weser-Kurier befindet sich einerseits auflagen-technisch bekanntlich auf dem absteigenden Ast, andererseits kann es jetzt nur noch bergauf gehen. Die Bremer Tageszeitungen AG hat zum 1. Januar 2025 einen neuen Co-Chefredakteur verpflichtet. Benjamin Piel (40), aktuell Chefredakteur des Mindener Tageblatts, gilt in der Branche als Hoffnungsträger.
Man kann sagen: Dem Mann eilt ein Ruf wie ein Donnerhall voraus. Als ehemaligem und überzeugtem Lokal-Redakteur freut es mich besonders, dass Piel ein engagierter, meinungsstarker Kollege aus dem Lokalen ist. Vom MediumMagazin wurde er so charakterisiert: „Aufklärerisch, unbestechlich, konsequent.
Benjamin Piel, verheiratet, drei Kinder, hat das Mindener Tageblatt (verkaufte Auflage: 22.289 Exemplare) seit 2018 schier auf den Kopf gestellt. Er ist ein Verfechter des Lokalen, tritt dafür auch offensiv ein. Unter anderem veröffentlichte er ein Plädoyer zugunsten des Lokaljournalismus’ im Medien-Fachdienst Kress. Im MT erzählt man sich unter den noch Älteren mit echter Hochachtung: Piel habe in seinem ersten Jahr als Chefredakteur weit über 200 Termine wahrgenommen und auch noch darüber geschrieben.
Außerdem hat er sich nicht nur den in Journalisten-Kreisen hoch angesehenen Theodor-Wolf-Preis erschrieben, sondern gehört mittlerweile sogar der Jury dieses Preises an!
Ein umfassenden Lobgesang auf Piel werden Weser-Kurier-Leser demnächst vermutlich auch in ihrem Abo-Blatt lesen. Deshalb möchte ich heute hier – fast – enden.
Piels Berufung zum Co-Chefredakteur neben Silke Hellwig (61) weist leider einen Haken auf. Die Chefin der schreibenden Abteilung bleibt nämlich laut Verlagsmitteilung auf LinkedIn weiter die allein presserechtlich Verantwortliche. Bedeutet: Damit ist und bleibt sie die letztendscheidende Chefin.
Dies halte ich für einen Fehler. Frau Hellwig hatte in der Vergangenheit aus gutem Grund mehrfach Chefredakteure an der Seite, die ihr dank presserechtlicher Verantwortung vorgesetzt waren. Nach dem Wechsel von Lars Haider zum Hamburger Abendblatt leitete sie das Blatt allein, bekam dann aber nach mehreren Querelen mit dem eigenen Personal Peter Bauer als vermeintlichen Co-Piloten an die Seite. Wobei Bauer eben das letzte Wort hatte.
Nachdem Peter Bauer das Rentenalter erreicht hatte, kam Moritz Döbler vom Berliner Tagesspiegel zum WK. Wiederum wurde er die Nummer 1 der Chefredaktion. Nach Döblers Wechsel zur Rheinischen Post übernahm Hellwig allein das Zepter. In der Folge verließen viele fähige Kolleginnen und Kollegen die WK-Redaktion.
Benjamin Piel wäre also gut beraten, auf die presserechtliche Verantwortung zu drängen. Letztendlich entscheidet auch in einer mehrköpfigen Chefredaktion stets eine/einer über die Details der redaktionellen Arbeit.
Da fängt mit der Festlegung der „Linie“ eines Blattes an, was auch partei-politische Neutralität bedeutet. Oder: Wird der Diskurs in einer Stadt gefördert, oder gibt’s überwiegend die mittlerweile in vielen „großen“ Zeitung vorherrschende „Mainstream-Meinung“. Ganz wichtig ist die Auswahl des Personals. Es gibt Journalisten, die innerlich so klein sind, dass sie keinerlei Kritik abkönnen. Und dann gibt es Menschen in diesem Beruf, die Kritik als Ansporn zur Selbstreflexion verstehen. Chefredakteure entscheiden letztendendes über die Themenauswahl, aber auch darüber, ob die Texte der Redaktion lektoriert und korrigiert werden. Am letztgenannten hapert es aktuell massiv im WK.
Für die Qualität einer Redaktion und ihres Outputs entscheidend ist die Art, wie die kreative Gruppe von Redakteurinnen und Redakteuren geführt wird. Autokratisch oder teamorientiert – mit einem Letztentscheider m/w.
Neben Hellwig und Piel (demnächst) gehört übrigens noch Michael Baltes zur Chefredaktion. Er ist offenbar für Internes/Orga zuständig. Ich kann mich nicht erinnern, ihn jemals im WK als Autor wahrgenommen zu haben. Gibt man in der WK-Suchmaske „Michael Baltes“ ein, landet man stets im Impressum.
Munter bleiben!
Herzlichst
Ihr Axel Schuller
P.S. Der künftige Co-Chefredakteur gibt aktuell beim Mindener Tageblatt einen wöchentlichen Newsletter „Post von Piel“ mit persönlichen Kommentaren heraus. Vielleicht führt er dies in Bremen ja fort. Falls ja: Willkommen, Herr Kollege!
»Unter anderem veröffentlichte er ein Plädoyer zugunsten des Lokaljournalismus« Hört sich vielversprechend an. Der Mann hat erkannt WARUM Menschen heute noch ein Tageszeitung lesen.
Kann ja nur besser werden . Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Rätselhafte Informationspolitik . Habe im WK noch nichts gefunden . Wahrscheinlich kämpft man noch um Formulierungen . Platzhirsch gegen Eindringling.
Der WK kann nur gewinnen. Mit Benjamin Piel kommt ein Journalist mit echtem Herzblut für den Lokaljournalismus, der es nicht scheut, sich zu Positionieren.
Benjamin Piel , kenne ich noch aus seiner Schweriner Zeit, er brannte für die Themen. Selten so einen charakterlich starken Journalisten getroffen zu haben.
Die Botschaft hör ich wohl… . Es wäre schön, wenn die Verpflichtung von Benjamin Piel zu einem Qualitätssprung in der (Lokal-)Berichterstattung führen würde. Aber an Bremer Verhältnissen sind schon ganz andere Leute gescheitert.
Hi ! Ich wünsche Benjamin Piel viel Glück ,Widerstandskraft und Durchsetzungsvermögen . Das braucht man nämlich, wenn man im „Löwenkäfig WK“ Erfolg haben will. Seine bisherigen Stationen
sprechen für ihn ! Es wird nämlich höchste Zeit, dass jemand in der WK-Redaktion aufräumt ,den offensichtlichen Schlendrian beseitigt und den permanenten Auflagenverlust stoppt !Und, ganz wichtig: Den gegenwärtigen Chaoten-Senat kritisch beleuchtet und entsprechend sachlich und ohne parteipolitische Rücksichtnahmen kommentiert !
Willkommen in Bremen , lieber Benjamin Piel !