Doku: Schriftwechsel mit der Verbraucherzentrale und: Handelskammer zur hanseWasser-Verstaatlichung
Liebe Leserschaft, heute mehrere Texte in der Doku. Zunächst mein Schriftverkehr mit der Verbraucherzentrale zum Thema Weser-Kurier kündigt Erhöhung des Abopreises an.
Im Teil II – wie versprochen – die Presseerklärung der Handelskammer zur Rekommunalisierung von hanseWasser, die in der Dienstagausgabe des Weser-Kurier unter den Tisch gefallen ist. Funfact am Rande: Der WK begründet seine Preiserhöhung unter anderem mit dem Ziel, seine redaktionelle Qualität hochhalten zu wollen.
Hier zunächst mein Mailverkehr mit der Verbraucherzentrale Bremen zum Thema Erhöhung des Abo-Preises:
ZITAT Anfang:
Von: Axel Schuller <axel_schuller@gmx.de>
Gesendet: Montag, 17. Februar 2025 11:55
An: Presse Verbraucherzentrale Bremen <presse@vz-hb.de>
Betreff: Anfrage zu Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhung
Sehr geehrte Damen und Herren der Verbraucherzentrale Bremen,
ich betreibe in Bremen den Blog bremensogesehen.com.
Dafür bitte ich kurzfristig um folgende Auskunft:
Der Weser-Kurier hat in seiner Ausgabe vom 14.2. angekündigt, den Abopreis zum 1.3.2025 um 2 Euro zu erhöhen.
1. Darf man in einer (redaktionellen) Mitteilung die Erhöhung um 2 Euro ankündigen, ohne den neuen Endpreis zu nennen? Gibt es dafür Vorschriften hinsichtlich einer korrekten Preisauszeichnung?
2. Der WK-Artikel enthält keinerlei Hinweis auf ein mögliches Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhung (ohne Zustimmung). Ist das rechtens?
Ich freue mich auf Ihre hoffentlich raschen Antworten.
Herzlichen Dank vorab.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Schuller
Journalist
01724226974
Erste Antwort der Verbraucherzentrale Bremen am Dienstag, 18.2., 9.48 Uhr
Moin Herr Schuller,
Grundsätzlich können Preise bei langlaufenden Verträgen steigen, beispielweise bei einem Abo. Allein vom Unternehmer bestimmte Preiserhöhungen sind aber grundsätzlich nur zulässig, wenn es dafür eine entsprechende Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt. Außerdem muss eine solche Preiserhöhungsklausel auch richtig und klar formuliert sein. Ansonsten fehlt es an einer rechtlichen Grundlage für die Preiserhöhung. Es muss z.B. aus der Klausel eindeutig hervorgehen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang mit einer Preiserhöhung zu rechnen ist. Als Preiserhöhungsfaktoren könnten dann steigende Personal- und Energiekosten genannt werden. Außerdem muss sich der Anbieter im Gegenzug verpflichten, auch Kostensenkungen an Kunden weiterzugeben.
Schon vor Vertragsschluss sollte man darauf achten, ob sich der Anbieter in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen spätere Preiserhöhungen vorbehält. Fehlt es an einer solchen Preisanpassungsklausel, sollten Betroffene im Falle einer Preiserhöhung dieser vorsorglich widersprechen. Sie sollten den Anbieter darauf hinweisen, dass die mitgeteilte Preisanpassung mangels entsprechender Regelung in den Geschäftsbedingungen unzulässig ist und damit weiter der bisherige Preis gilt.
Zunächst einmal sollten Betroffene einer Preiserhöhung keinesfalls einfach so zustimmen. Sind Verbraucher:innen unsicher, ob eine Preisänderung berechtigt ist, können sie sich bei der Verbraucherzentrale individuell beraten lassen.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit weiterhelfen.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dies war – aus meiner Sicht keine Antwort auf meine Fragen. Deshalb habe telefonisch darum gebeten, doch bitte auf meine Fragen einzugehen.
2. Antwort der VZ 18.2., 11.04 Uhr:
Moin Herr Schuller,
hier noch ein paar Antworten auf die Rückfragen:
Es muss dem Verbraucher zumindest möglich sein, den neuen Preis einfach zu ermitteln.
Im Falle einer wirksamen Preisanpassungsklausel ist eine einseitige Preiserhöhung in der Regel auch ohne Zustimmung des Verbrauchers zulässig.
In diesem konkreten Fall Verbraucher kann sich Sonderkündigungsrecht lediglich aus einer allgemeinen Vorschrift ergeben (siehe z.B. § 314 Abs. 1 BGB). Diese Voraussetzungen müssten aber erfüllt sein.
Es gibt in anderen Rechtsgebieten gesonderte Regelung, z.B. im Telekommunikations- oder Energierecht. Diese kommen hier jedoch nicht zur Anwendung.
Ich hoffe, damit konnte ich Ihnen weiterhelfen.
ZITAT Ende
Na, liebe Leserschaft, sind Sie jetzt schlauer?
TEIL II der Doku
Stellungnahme der Handelskammer zur Rekommunalisierung von hanseWasser
ZITAT Anfang
Die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven spricht sich entschieden gegen die vom Senat in der Sitzung am 11. Februar favorisierte Neuorganisation der Stadtentwässerung und Trinkwasserversorgung aus. Die Pläne sehen vor, die Bereiche der Abwasserentsorgung und Trinkwasserversorgung in öffentliche Verantwortung zu überführen, sobald die bestehenden Verträge mit der hanseWasser Bremen GmbH und der swb AG im Jahr 2028 auslaufen.
André Grobien, Präses der Handelskammer Bremen, sagt: „Obwohl der Bürgermeister von einem minimalinvasiven Eingriff spricht, signalisiert die geplante Rekommunalisierung der Stadtentwässerung und Trinkwasserentsorgung ein Misstrauen gegenüber privaten Unternehmen.
Anders als der Bremer Senat“, so der Präses, „rechnen wir nicht mit zurückgehenden Gebühren. Im Gegenteil – aus unserer Sicht werden die Gebühren absehbar sogar zunehmen durch zusätzliche Personalstellen, durch mehr Aufgaben und durch Effizienzverluste. Die Gebühren in der Stadt Bremen sind bereits heute überdurchschnittlich hoch.“ Das Beispiel der kommunalen Müllentsorgung habe gezeigt, dass die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger und für die Unternehmen durch die Rekommunalisierung deutlich gestiegen sind.
Der Bremer Senat verspricht sich von einer öffentlichen Übernahme der Abwasserentsorgung geringere Gebühren, da in dieser Konstellation keine Umsatzsteuer anfallen würde. Ob die dafür nötigen steuerrechtlichen Voraussetzungen überhaupt vorliegen, muss jedoch erst noch vom Finanzressort geprüft werden.
Präses André Grobien betont: „Da 57,5 Prozent der eingenommenen Umsatzsteuer an Länder und Kommunen fließen, müsste die Stadt Bremen diese Mindereinnahmen bei der Umsatzsteuer anderweitig durch Mehreinnahmen kompensieren. Zusätzlich wären Investitionen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags nötig, um die Infrastruktur zu übernehmen. Die Zinsen für diese Kredite müssten über die Abwassergebühr von den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern refinanziert werden.“
Zudem begründet der Senat seine Entscheidung mit dem Ziel, die Trinkwasserversorgung zu sichern und auf Klimawandelfolgen vorbereitet zu sein: „Das Trinkwasserversorgungskonzept 2050, das kürzlich unter Federführung der swb AG erarbeitet und von der Umweltsenatorin vorgestellt wurde, zeigt, dass qualitative Ziele wie verbesserte Abwasserreinigung und Projekte zur Schwammstadt auch durch entsprechend formulierte Verträge erreicht werden können“, sagt Präses André Grobien. Ohne Not schaffe der Senat mit seiner übereilten Ankündigung Unsicherheiten für Unternehmen und Beschäftigte.
Da die Kündigung der bestehenden Verträge erst 2026 erforderlich ist, wäre es sinnvoll gewesen, vorab zumindest die steuerrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen. Unverständlich ist weiterhin, wieso das Gutachten, auf das der Senat sich für seine Pläne bezieht, nicht öffentlich gemacht und mit den beteiligten Unternehmen erörtert wird. Eine objektive Diskussion der Handlungsoptionen ist dementsprechend nicht möglich.
„Die öffentliche Hand“, so der Präses, „sollte sich auf die Aufgaben konzentrieren, die private Anbieter nicht abdecken können: eine leistungsfähige Infrastruktur, ein exzellentes Bildungssystem und öffentliche Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger.“
ZITAT Ende
Munter bleiben!
Herzlichst Ihr as
Der Staat ist bekanntlich selten der bessere Unternehmer! Die miterlebte Bremer Rekommunalisierung der Abfallwirtschaft und Straßenreinigung war ein gutes Beispiel dafür. Ein privater Unternehmer trägt in der Regel u.a. auch das Risiko seines Handelns; beim Staat trägt es der (nicht gefragte) Steuerzahler und die evtl. falsch Handelnden werden beim Scheitern nicht angemessen für ihr Fehlverhalten sanktioniert. Gerade in bereits völlig überforderten sowie überschuldeten Kommunen wie Bremen sollte man eine straffe Aufgabenkritik durchführen (lassen) und sich seitens der staatlichen Behörden (Exekutive) auf die maßgeblichen Kernaufgaben zurücknehmen! Der hiesigen Handelskammer kann man mit Vernunft nur eindeutig zustimmen! Aber weiten Bevölkerungsteilen fehlt leider der Einblick und der notwendige ökonomische Sachverstand – erst recht, wenn diese aus Bremer Schulen stammen . . . Hier herrschen ideologische Allmachtsphantasien plus die beschrieben, linke Skepsis ggü. Unternehmer:innen.